DDR heruntergewirtschaftet

Toll, diese Eigenversorgung, aber neben den LPGs in der DDR, gab es nur kleine Gärten, die wie ich mich erinnern kann mit all möglichen Sorten an Früchten bepflanzt waren.

Doch die Ernte blieb meist in der Familie, einen Marktplatz zum Verkaufen des Obstes und Gemüses gab es nicht, ich kann mich jedenfalls nicht dran erinnern. War wohl auch zu kapitalistisch, so ein Markt. :D
Hierzu Folgendes:
Die DDR kaufte den Kleingärtnern Obst und Gemüse ab, und die Kleingärtner konnten eben dieses Obst im Laden billiger wieder zurückkaufen.

Quelle: Berliner Kleingrten (SZ) - Bleibe, wo du giet! - Reise - sueddeutsche.de
Somit wären wir dann wieder zurück beim Thema: DDR heruntergewirtschaftet.
 
Toll, diese Eigenversorgung, aber neben den LPGs in der DDR, gab es nur kleine Gärten, die wie ich mich erinnern kann mit all möglichen Sorten an Früchten bepflanzt waren.

Doch die Ernte blieb meist in der Familie, einen Marktplatz zum Verkaufen des Obstes und Gemüses gab es nicht, ich kann mich jedenfalls nicht dran erinnern. War wohl auch zu kapitalistisch, so ein Markt. :D

Aber ohne diese Eigenversorgung hatte es eine Familie nicht leicht, sich nur von Grundnahrungsmitteln zu ernähren. Aber hat dass ganze beim Herunterwirtschaften nachgeholfen?

Die Ernte hätte wohl auch kaum ausgereicht, um damit auch noch Handel zu treiben. Aber man war nicht nur in der DDR, sondern auch heute noch verpflichtet, als Kleingärtner irgendwelches Gemüse anzupflanzen.
Siehe bei: Rechte und Pflichten eines Kleingärtners

Die Verpflichtung zur "kleingärtnerischen Nutzung" hat imho eher nicht zum wirtschaftlichen Niedergang der DDR beigetragen, sondern hatte wohl eher den gegenteiligen Effekt, weil damit die Unzufriedenheit über die Warenknappheit etwas abgemildert wurde. Obst und Gemüse konnte man auch an Bekannte und Verwandte weiter gegeben und man bekam dafür dann eine Gegenleistung...
Eine Hand wusch die andere - also alles wie gehabt.
;)
 
Die Verpflichtung zur "kleingärtnerischen Nutzung" hat imho eher nicht zum wirtschaftlichen Niedergang der DDR beigetragen, sondern hatte wohl eher den gegenteiligen Effekt, weil damit die Unzufriedenheit über die Warenknappheit etwas abgemildert wurde.
Die durchgeplante Staatswirtschaft versuchte mit mehr "Eigenengagement der Bürger" über die Runden zu kommen. Ein erster Offenbarungseid?
 
Die durchgeplante Staatswirtschaft versuchte mit mehr "Eigenengagement der Bürger" über die Runden zu kommen. Ein erster Offenbarungseid?

Einen ersten Offenbarungseid würde ich es nicht nennen wollen, sondern ein "Teileid" (so es soetwas überhaupt gibt). Ich erinnere mich, daß es Ende der 1980'er erlaubt wurde, daß Kleingärtner aus eigner Produktion Blumen, Obst und Gemüse frei verkaufen durften, und zwar zu freien Preisen (sic!). Mit Sicherheit ließe sich aus dem GBl. der DDR auch die entsprechende Belegstelle finden. Aber das sind m.E. wirtschafthistorische Lappalien.

Die DDR war bis zu ihrem Ende eine Zentralverwaltungswirtschaft mit der nationalen Besonderheit, einer geteilten Nation und dem damit einhergehenden Informationstransfer ("Systemvergleich") sowie dem daraus erwachsenden "Rechtfertigungsdruck" bei dem Konsumvergleich.

Wirtschaftshistorisch gesehen, sind Zentralverwaltungswirtschaften immer mit dem empirisch festzustellenden Stigma des "Mangels" behaftet. Zentralverwaltungswirtschaften treten als Phänomen immer dann auf, wenn der Verbrauch von Ressourcen die Möglichkeit der Bereitstellung von Ressourcen übersteigt z.B. bei Kriegsverwaltungswirtschaften. Spätestens seit dem I. WK müssen bei einem Krieg die Volkswirtschaften auf die Kriegsproduktion ausgerichtet werden. Der Ressourcenverbrauch überschreitet in eim Krieg, mindestens mit Beginn des I. WK, regelmäßig die mögliche Ressourcenbereitstellung der nationalen Volkswirtschaft. Die sozialistischen Staaten haben, beginnend mit der Sowjetunion, diese kriegswirtschaftlichen Bedingungen auch in die "Friedenszeiten" transponiert*. Zumal die zentralisierte Leitung der Volkswirtschaft den "totalitären" Ansprüchen der jeweiligen Machtapperaten in den sozialistischen Staaten entgegenkam. Zwangsverwaltungswirtschaften sind jenseits aller Systemgrenzen unter anderem dadurch wirtschaftshistorisch gekennzeichnet, daß sie im Kern "nonmonetäre" Regulierungsmechanismen bevorzugen, also die Zuteilung der knappen Ressourcen gemäß Bedarfsanmeldung resp. der politischen Macht der Bedarfsträger.

Soweit mein Verständnis von Zentralverwaltungswirtschaft. Zurück zur guten alten DDR. ;)

In der DDR wurde die entscheidende "nonmonetäre" Lenkung der Volkswirtschaft unter dem Prinzip der Einheit von:

Plan => Bilanz** => Vertrag subsumiert.

Plan: War die monetäre und nonmonetäre Antizipierung volkswirtschaftliche Zielstellung der politischen Elite. (Schlagworte: "Erfüllung der Hauptaufgabe", "Verwirklichung der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" etc.). Er stellte somit mithin die Fokussierung der Volkswirtschaft auf der "Zielebene" dar.

Bilanz: War die nonmonetäre Regulierung der knappen Ressourcen, also die Zuteilung der Güter an die Bedarfsträger. Letztlich das Kernstück der Zentralverwaltungswirtschaft .

Vertrag: War der Interssensausgleich der individuellen Bedarfsträger, der aber vornehmlich durch die volkswirtschaftlichen Metainteressen des Planes (volkswirtschaftliche Zielfokussierung) und der Ressourcenregulierung durch die Bilanzierung, also die Güterzuteilung an Bedarfsträger, beschränkt war. Darüber hinaus war die Vertragsfreiheit durch Preisregulierung und Ressourcenzuteilung eingeschränkt.

Das aus meiner Erinnerung und mit Sicherheit verknappten Darstellung.

M. :winke:

* der Begriff stammt aus der Musikwissenschaft, aber ich finde er kann hier verwendet werden

** bitte nicht verwechseln mit der Bilanz (HGB), Bilanzierung bedeutete in der DDR Zuteilung von Ressourcen
 
Zuletzt bearbeitet:
Zentralverwaltungswirtschaften treten als Phänomen immer dann auf, wenn der Verbrauch von Ressourcen die Möglichkeit der Bereitstellung von Ressourcen übersteigt z.B. bei Kriegsverwaltungswirtschaften.
Das mag zwar oft Hand in Hand gehen, aber ich sehe keine zwingende Notwendigkeit dafür.

Wir haben in einigen Bereichen auch heute keinen freien Markt, auch da regiert der Plan. Problematisch wird es dann, wenn der Plan von der Realität abweicht und keine ausreichenden Korrekturmöglichkeiten existieren.

Und dies traf auf die DDR zu. Neben schlechten Startbedingungen hatten die Pläne immer größeren Korrekturbedarf, sollte das System nicht irgendwann zusammenfallen.

* der Begriff stammt aus der Musikwissenschaft, aber ich finde er kann hier verwendet werden
Ich kenne ihn auch aus der Mathematik. ;)

Solwac
 
Das mag zwar oft Hand in Hand gehen, aber ich sehe keine zwingende Notwendigkeit dafür.

@Slowac

Evident ist aus meiner Sicht, daß mit dem I. WK Volkswirtschaften zur Zwangsverwaltungswirtschaft übergingen.

Kriegsrohstoffabteilung ? Wikipedia

Vor 1914 gab es zwar protektionistische Eingriffe wie die Schutzzollpolitik z.B.:
Schutzzollpolitik

Aber der Versuch eine staatlichen Lenkung mit gleichsam außerökonomischen Mitteln unterblieb und wurde erst mit der virulenten Ressourcenknappheit im I. WK als notwendig angesehen.

Die Bolschewiki griffen die Idee der zentral gelenkten Kriegswirtschaft mit der Kategorie des Kriegskommunismus auf.

Vergl.:
Kriegskommunismus ? Wikipedia

Das von Dir angesprochenen Korrektivdefizit bei Zentralverwaltungswirtschaften wurde bereits sehr früh erkannt und versucht mittels Reformen aufzulösen (NEP). In der DDR hieß dieser Versuch NÖS und ÖSS.

Alle diese Versuchen scheiterten, und zwar aus meiner Sicht aus dem latenten Widerspruch zwischen totalitärem Machtanspruch in der Wirtschaft einerseits und sich aus einer "Liberalisierung" ergebenden wirtschaftlichen "Inselentwicklung" andererseits, die sich der Kontrolle des Staates entziehen konnten oder vermeintlich entziehen hätten haben können.

Ein weiterer Punkt zum topic "DDR heruntergewirtschaftet".

Nach dem Wiederaufbau nach dem II.WK so ca. Ende der 1950 Jahre (meist gemessen am BIP oder Nationaleinkommen 1936), sank das Wirtschaftswachstum in der DDR ab (eigentlich logisch).
Vergl.:

http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/profs/bauer/pdfs/WSY2.pdf

Gleichzeitig sank die Akkumulationsrate. Mit der Preisreform in den 1960'er Jahren wurden in der DDR die "Grundmittel" stets überbewertet und somit das Absinken der Akkumulationsrate statistisch verschleiert, da mit begann m.E. das "Leben aus der Substanz". Hinzu trat die problematische "Grundfondsabgabe".

Vergl.:

Die DDR-Wirtschaftsreform der ... - Google Bücher

JSTOR: An Error Occurred Setting Your User Cookie


Zielkonformität der sowjetischen ... - Google Bücher


M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Evident ist aus meiner Sicht, daß mit dem I. WK Volkswirtschaften zur Zwangsverwaltungswirtschaft übergingen.
Zentrale Wirtschaftssysteme gab es auch schon früher, nur in der Neuzeit halt erst wieder im Zeitalter der industriellen Kriege.

Die von Dir angesprochenen Korrekturen in der DDR funktionierten nicht, auch wenn ihre Notwendigkeit bekannt war. Zum einen umfassten sie nicht alle Bereiche konsequent genug (Fertigprodukte, die zur Erfüllung der Schrottquote verwendet wurden; aufgekaufte Produkte der Privatpersonen, die über dem Verkaufspreis bezahlt wurden), zum anderen wurden sie politisch behindert (Priorisierung des Lebensstandards und Hemmnisse durch den RGW).

Solwac
 
Zentrale Wirtschaftssysteme gab es auch schon früher, nur in der Neuzeit halt erst wieder im Zeitalter der industriellen Kriege.

Meinst Du damit merkantilistische resp. kameralistische Wirtschaftsmodelle?

Die von Dir angesprochenen Korrekturen in der DDR funktionierten nicht, auch wenn ihre Notwendigkeit bekannt war. Zum einen umfassten sie nicht alle Bereiche konsequent genug (Fertigprodukte, die zur Erfüllung der Schrottquote verwendet wurden; aufgekaufte Produkte der Privatpersonen, die über dem Verkaufspreis bezahlt wurden), zum anderen wurden sie politisch behindert (Priorisierung des Lebensstandards und Hemmnisse durch den RGW).

Werter Mitdiskutant, das ist vollkommen unbestritten!


M.
 
Meinst Du damit merkantilistische resp. kameralistische Wirtschaftsmodelle?
Nein, das wäre ja ebenfalls Neuzeit. ;)

Ich meine z.B. die Palastwirtschaft in der Antike. Trotz fehlender Theorie und unzureichender Informationen (im Verhältnis zu heute) wurden große Reiche über Jahre hinweg gut versorgt und auch Missernten konnten ausgeglichen werden.

Solwac
 
@Solwac

Der Thread bezieht sich aber auf die DDR und damit sind vorantike und antike Wirtschaftsformen als Vergleichsbasis eher nicht lege artis.

M. ;)
 
@Melchior: Wir sind etwas vom Thema abgekommen. ;)

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass Konzept Planwirtschaft nicht gerade förderlich für die Wirtschaft der DDR war? Entscheidend für den Niedergang war aber die Umsetzung. :friends:

Solwac
 
@Melchior: Wir sind etwas vom Thema abgekommen. ;)

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass Konzept Planwirtschaft nicht gerade förderlich für die Wirtschaft der DDR war? Entscheidend für den Niedergang war aber die Umsetzung. :friends:

Solwac

@Solwac

Ja, wir waren weit weg vom Thema. :winke:

Ich meine, daß die Planwirtschaft nicht nur für die DDR nicht förderlich war, sondern als Modell der Wirtschaftslenkung in industrialisierten resp. postindustrialisierten Volkswirtschaften hat sich die Zentralverwaltungswirtschaft (Zentralverwaltungswirtschaft setze ich hier gleich Planwirtschaft) noch nie bewährt *. Die Ausnahme ist die Kriegswirtschaft (ökonomische und nationale Ausnahmesituation). Hinzu tritt, daß die Zentralverwaltungswirtschaft in den "sozialistischen" Staaten noch eine ideologische Verbrämung erhielt (z.B. "Vergesellschaftung der PM" usw.). Ob die Umsetzung, des von der Sowjetunion geprägten Modells der volkswirtschaftlichen Lenkung, in der DDR besonders "schlecht" war, kann nur dann entschieden werden, wenn wir uns innerhalb der "Systemgrenzen" des sowjetischen Modells der Zentralverwaltungswirtschten bewegen, also gleichsam innerhalb der Systemgrenzen bleiben und die nationalen Besonderheiten der DDR ausklammern.

Laß mich bitte darüber nachdenken und etwas recherchieren.

O.t. aber interessant finde ich auch planwirtschftliche Ansätze z.B. beim "New Deal" und der sog. "Planification" in Frankreich:

New Deal ? Wikipedia

Planification ? Wikipedia

Das allerdings sind m.E. volkswirtschaftliche "Inselansätze", hervorgerufen durch die Knappheit der Ressource Kapital.


M.

* Vllt. kennt ein geneigter Mitdiskutant ein funktionierendes Beispiel aus der Wirtschaftsgeschichte (jenseits der Kriegswirtschaft), dann bitte los.
 
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