Munition/Düngemittel: Das Manhattan-Projekt des 1. Weltkrieges

Repo

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Ammoniak-Synthese 1914

Der 1. Weltkrieg war Weihnachten 1914 schon zu Ende.
Die Deutschen hatten nichts mehr zum Schießen.
Und im Jahr darauf mangels Dünger auch nichts mehr zu beißen.

Wenn das nicht gelungen wäre:
Von militärischer Bedeutung ist Ammoniumnitrat (Ammonsalpeter), ein Produkt aus Ammoniak und Salpetersäure, zur Herstellung von Sprengstoff, daher wurde die Weiterentwicklung des Verfahrens bis zur großindustriellen Anwendbarkeit 1914 auf Druck des deutschen Generalstabsschefs Erich von Falkenhayn forciert. Als das Deutsche Reich während des Ersten Weltkriegs durch die alliierte Seeblockade von natürlichen Stickstoffquellen (Chilesalpeter) abgeschnitten war, gelang es nur mit Hilfe des Haber-Bosch-Verfahrens, den schon Ende 1914 drohenden Zusammenbruch der deutschen Munitionsproduktion abzuwenden und auch die Düngemittelproduktion aufrecht zu erhalten.
Großanlagen wurden unter anderem in Ludwigshafen-Oppau, Leuna und Bitterfeld durch die BASF und nach Fusion im deutschen Großkonzern der I.G. Farben betrieben. Der erste zur Produktion eingesetzte Hochdruck-Reaktor ist heute noch im Original erhalten und kann im öffentlichen Park vor dem BASF-Kasino in Ludwigshafen besichtigt werden.
Die Verfügbarkeit großer Mengen an Stickstoffdünger gab Anlass für umfangreiche landwirtschaftliche Forschungen, in denen die verwendeten Düngermengen je nach Boden und Pflanzenart optimiert wurden (Minimum-Tonne). Durch großflächigen Düngemitteleinsatz konnte die weltweite landwirtschaftliche Produktion deutlich gesteigert werden.
aus Wiki
Angeregt durch eine Diskussion über des Adolfen-Bombe, meinte ich diese
High-Tech Entwicklung des Jahres 1914 mal dem Vergessen entreisen zu müssen.
 
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Was jetzt und hier untersucht gehört, wäre doch, welche Auswirkung dieses Wissen bei der zu erwartenden Seeblockade auf die Entscheidungen der Reichsleitung im Juli 1914 hatte.

Man kann ja zunächst nicht unterstellen, dass die Stickstoff-Produktion großtechnisch auch tatsächlich gelingt. Innerhalb weniger Monate gelingt!
Ergo: Die Deutschen waren nicht in der Lage einen Krieg, der länger als ein paar Monate ging durchzukämpfen.

Da braucht man sich doch keine Gedanken über eine hinhaltende Verteidigung im Westen machen. Da muss ein Offensiv-Schlag kommen der den Krieg gleich und sofort entscheidet.
Eben der Schlieffenplan.
Klar, zum Zeitpunkt des Schlieffenplans war ein Abschneiden von den Salpeterlieferungen aus Übersee kriegsentscheidend.

Aber die Produktion von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren begann 1913 in Ludwigshafen. Ohne diesen Stand der Technik kann ich mir das "Salpeterversprechen" im Jahr 1914 nicht vorstellen. Die Großserienproduktion war also bei Kriegsausbruch schon machbar, was sich ja auch in der kurzen Bauzeit von nur neun Monaten für das Werk in Leuna widerspiegelt.

Deutschland konnte also ausreichend auf den unerwartet hohen Verbrauch an Munition und den Bedarf für die Landwirtschaft reagieren. Da die Innovationen schon in der Zeit vor dem Krieg stammen, gefällt mir der Vergleich mit dem Manhattan-Projekt nicht wirklich.

Solwac
 
Soweit ich das bisher mitbekommen habe, sind sowohl das Vereinigte Königreich als auch das Deutsche Kaiserreich von einem kurzen Krieg ausgegangen. Für den Kaiserlichen Generalstab war das scheitern des Schlieffenplanes wohl eine böse Überrachung. Ebenso für die Entente das das Kaiserreich sich an der Somme eingegraben hat, und nicht zusammengebrochen ist. Durch die hohe Technisierung des Militärs ist zu dem ein sehr hoher Munitionsbedarf entstanden. Das bedingte damit einen schnellen Ausbau der Ammoniakanlagen.
Aber das Ammoniak alleine genügt nicht. Ammoniak muss erst noch zu Salpetersäure verarbeitet werden um Natriumnitrat herzustellen. Das Ostwaldverfahren wurde aber erst nach dem Haber-Bosch-Verfahren entwickelt.
Wann das Ostwald-Verfahren entwickelt wurde muss ich aber erst mal nachschlagen.

Apvar
 
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Klar, zum Zeitpunkt des Schlieffenplans war ein Abschneiden von den Salpeterlieferungen aus Übersee kriegsentscheidend.

Aber die Produktion von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren begann 1913 in Ludwigshafen. Ohne diesen Stand der Technik kann ich mir das "Salpeterversprechen" im Jahr 1914 nicht vorstellen. Die Großserienproduktion war also bei Kriegsausbruch schon machbar, was sich ja auch in der kurzen Bauzeit von nur neun Monaten für das Werk in Leuna widerspiegelt.

Deutschland konnte also ausreichend auf den unerwartet hohen Verbrauch an Munition und den Bedarf für die Landwirtschaft reagieren. Da die Innovationen schon in der Zeit vor dem Krieg stammen, gefällt mir der Vergleich mit dem Manhattan-Projekt nicht wirklich.

Der Vergleich liegt in der direkten Einbindung von Industrie und Grundlagen-Forschung.
Es waren 1913 bei weitem nicht alle Probleme der großtechnischen Umsetzung gelöst. Genau diese in kurzer Zeit gefunden Lösungen wären anders wohl nicht zu finden gewesen.
 
So hab mal recherchiert. Laut Wikipedia wurde das Salpetersäurepatent 1908 an die BASF erteilt.
Aber erst im Mai 1915 ist die erste Salpetersäure Grossanlage mit 150 TaTo in Betrieb gegangen. Aber nicht mit einem Pt-Netz als Katalysator, sondern mit einem Fe-Bi-Mn-Kontakt. Der war wegen Pt-Mangel noch rechtzeitig von Alwin Mittasch entwickelt worden. (Geschichte der deutschen Großchemie von Walter Teltschik).
Der Bereich zu den IG Farben im ersten Post ist leider nicht Korrekt. Die IG Farben ist als Firma erst am 9. Dez. 1925 gegründet worden. Vorher war es nur ein Zusammenschluss von mehr oder weniger Eigenständigen Firmen und Firmen-Verbünden.

Apvar

P.S. Ein weiteres Problem war das Herstellen von Wasserstoff in ausreichender Menge und Güte. Es darf kein CO im Wasserstoff vorhanden sein, weil sonst der Katalysator/Kontakt nach kurzer Zeit nicht mehr wirken würden.
Zum anderen gab es große Schwierigkeiten mit den Materialien und Apparaturen aufgrund des Wasserstoffes, des Druckes, der Temperatur und des pH-Wertes.

P.S.S. Die Ammoniak-Synthese ist ein sehr spannender Teil der Geschichte der Naturwissenschaften.
 
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P.S.S. Die Ammoniak-Synthese ist ein sehr spannender Teil der Geschichte der Naturwissenschaften.

Das finde ich auch.

Man stellt sich das gerne etwas zu einfach vor, vom Labor, über die Produktion im kleinen Maßstab bis zur großtechnischen Umsetzung ist ein sehr weiter Weg. Oftmals vergeblich.

Es gab damals noch 2 weitere Verfahren zur Ammoniak-Synthese die ebenfalls im kleinen Maßstab funktionierten, also auch da durchaus die Möglichkeit Irrwegen zu folgen.


So hab mal recherchiert. Laut Wikipedia wurde das Salpetersäurepatent 1908 an die BASF erteilt.
Aber erst im Mai 1915 ist die erste Salpetersäure Grossanlage mit 150 TaTo in Betrieb gegangen. Aber nicht mit einem Pt-Netz als Katalysator, sondern mit einem Fe-Bi-Mn-Kontakt. Der war wegen Pt-Mangel noch rechtzeitig von Alwin Mittasch entwickelt worden. (Geschichte der deutschen Großchemie von Walter Teltschik).
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Apvar

P.S. Ein weiteres Problem war das Herstellen von Wasserstoff in ausreichender Menge und Güte. Es darf kein CO im Wasserstoff vorhanden sein, weil sonst der Katalysator/Kontakt nach kurzer Zeit nicht mehr wirken würden.
Zum anderen gab es große Schwierigkeiten mit den Materialien und Apparaturen aufgrund des Wasserstoffes, des Druckes, der Temperatur und des pH-Wertes.

Die Vielzahl an Problemen die hier innerhalb sehr kurzer Zeit gelöst wurden, lassen den Vergleich mit dem "Manhattan-Projekt" mMn durchaus zu.


PS: Vielen Dank für diesen kurz gefassten verständlichen Aufriss.
 
Es gab damals noch 2 weitere Verfahren zur Ammoniak-Synthese die ebenfalls im kleinen Maßstab funktionierten, also auch da durchaus die Möglichkeit Irrwegen zu folgen.

Es gibt meist mehrere Verfahren zu einem Produkt. Zum einen aufgrund unterschiedlicher Rohstoffe, als auch anderer Rahmenbedingungen. Und auch in den Fachbüchern stehen leider auch nicht alle Routen zu einem Produkt.

Ein großer Umbruch in der Chemie war die Umstellung von Kohle hin zum Erdöl. Dadurch wurden andere Rohstoffe günstiger. Zum Teil fielen Koppelprodukte weg und neue kamen hinzu. Genauso ist es wenn neue Techniken gefunden werden. Bestes Beispiel ist da die Festbettkatalyse, welche mit dem Haber-Bosch-Verfahren ihren Durchbruch feiern konnte. Und sie ist heute mehr den je in vielen Fällen das mittel der Wahl.

Apvar
 
Aber die Produktion von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren begann 1913 in Ludwigshafen. Ohne diesen Stand der Technik kann ich mir das "Salpeterversprechen" im Jahr 1914 nicht vorstellen. Die Großserienproduktion war also bei Kriegsausbruch schon machbar, was sich ja auch in der kurzen Bauzeit von nur neun Monaten für das Werk in Leuna widerspiegelt.

Die BASF-Seite gibt hierzu folgende Informationen:
1902 - 1924 - BASF - The Chemical Company - Corporate Website

Jahresproduktion im Oppauer Werk ab 1913 ca. 7200 to Ammoniak zur Weiterverarbeitung von 36000 to. Ammonsulfat. Das Zweigwerk der BASF in Leuna bei Merseburg wurde erst im April 1917 angefahren.

Bitterfeld scheint keine eigene Ammoniak-Produktion besessen zu haben, sondern erhielt ab 1917 Zulieferungen von Leuna-Merseburg. Interessant sind die Bemerkungen über spanische und US-Zulieferungen bis 1916. So ganz undurchlässig scheint die Blockade nicht gewesen zu sein (Niederlande?).

Sind denn die Produktionswerte und die Lieferwege wirtschaftshistorisch irgendwo behandelt worden? Möglicherweise bestanden auch Pufferlager/Vorräte für den Chilesalpeter im Deutschen Reich.

Zum Salpeterversprechen vom Frühjahr 1915 (Bitterfeld wiederum als Abnehmer von Leuna-Merseburg, ohne eigene Ammoniak-Produktion):
Die elektrochemischen Werke in ... - Google Bücher

Beruhte demnach die gesamte Produktion 1914-1916 auf dem Oppauer Werk? Welche Zulieferungen erfolgten daneben für das ebenfalls blockierte Österreich-Ungarn?
 
In Antwerpen sollen grössere Mengen an Chilesalpeter gelagert haben, welche dann nach dem Deutschen Einmarsch in die Hände des Militärs gefallen sind. Dies hat natürlich die Sache erst einmal entspannt.

Bei Einführung von neuen Verfahren benutzt man erst einmal eine Anlage, relativ klein, um das Verfahren kennen zu lernen und auch die Leute darin einzuweisen. Danach kann man über weitere Standorte zur Produktion nachdenken.

Apvar
 
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Hat das Deutsche Reich damals eigentlich alle seine kleineren Alliierten mit Munition oder deren Bestandteile beliefert? Die anderen Mittelmächte waren doch genauso von Salpeter-Lieferungen abgeschnitten .
 
In der Biographie über Haber finden sich noch weitere Angaben:

1. deutsche Importe von Chilesalpeter 1913 ca. 750.000 to., was einer Menge an gebundenem Stickstoff von 116.250 to. entsprach.

2. deutsche Vorkriegs-Produktion von Zechenammoniak als Nebenprodukt der Verkokung bis zu 120.000 to. jährlich.

3. Tagesleistung der Oppauer Fabrik Frühjahr 1914 ca. 30 to., somit ca. 11.000 to. im Jahr (1914, nach rd. 7.200 to. beim Anlauf 1913).


Die Anlage Ludwigshafen-Oppau allein hätte demnach 1914-16 nur rd. 5% der Vorkriegs-Tonnnage abgedeckt. Die Leuna-Anlage produzierte erst im Jahresverlauf 1917. Dass Jahres-Importmengen von Chilesalpeter als Beute eingebracht wurden, halte ich für wenig wahrscheinlich.

Die Kuppelproduktion bei der Koksherstellung ist ebenfalls rückläufig. Nimmt man hier den Produktionsindex der Branche, dürfte sich das Zechenammonik von rd. 120.000 JaTo auf 96.000 JaTo (auf rd. 78 bis 82 %) vermindert haben. Bereits diese Fehlmenge übersteigt die Oppau-Produktion 1914/15 um das Doppelte.

Ich würde daher vermuten, dass die Verwendung 1915 radikal von der Düngemittel-Industrie (möglicherweise komplett) auf die Sprengstofferzeugung umgesteuert worden ist und deren Bedarf durch die verbleibenden Mengen an Zechenammoniak gedeckt werden konnte.

Schaut man sich die Folgen für die Landwirtschaft an, so rutschten die Hektarerträge um rd. 30-50% bis 1917 gegenüber dem Vorkriegsniveau ab. Zusätzlich sank die genutzte Anbaufläche gegenüber 1913 um rd. 25%. Beides zusammen führten zu den drastischen Ernterückgängen. Insbesondere der Hektareffekt müßte wesentlich auf die ausgefallene Düngung zurückzuführen sein, der Rückgang an Anbauflächen auf Personal/Ausrüstungen.
 
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Hintergründiges zum Thema:

aus dem Link
Patard (oder seine Berater) waren schlau genug zu wissen, dass die moralisch hochstehende Schließung der deutschen Werke der französischen Industrie nichts bringen würde. Denn nicht nur der US-Sprengstoffkonzern Du Pont hatte sich jahrelang mit beschlagnahmten deutschen Patenten ergebnislos herumgeplagt. Ohne praktische Ingenieurskenntnisse hatte man bei Du Pont nicht einmal zwischen den zielführenden Patenten und den hunderten so genannten Umgehungspatenten (die nur dazu in die Welt gesetzt worden waren, um Konkurrenten in die Irre zu führen) unterscheiden können. Ob man wollte oder nicht: Zum Aufbau einer französischen Großchemie brauchte man den guten Willen und den Einsatz der BASF-Betriebsingenieure vor Ort. Wie so häufig ging Geschäft vor Moral und man einigte sich zähneknirschend auf eine gemeinsame Ausbeutung des französischen Marktes und so kam es zur Weisung nach Versailles, Oppau und Leuna in Ruhe zu lassen.
und weiter
Den Auftrag zum Bau der ersten Fabrik für die Ammoniaksynthese nach Haber-Bosch erhielt die ebenfalls 1919 von der "Société Air Liquide" und dem Glashersteller Saint-Gobain gegründete "Société Chimique de La Grand Paroisse". Als Standort wurde Toulouse ausgewählt, womit das dortige Chemiezentrum begründet wurde. Die Anlage, von BASF-Ingenieuren mit aufgebaut ging 1928 in Betrieb, zu einem Zeitpunkt, als die deutschen Chemiker des großen Kartells unter BASF-Führung, der I.G. Farben, die neuen französischen Kontakte bereits unter der Rubrik "gute Erfahrungen" verbuchten.
 
Hab gerade ml in der Biographie über Fritz Haber von Friedrich Stolzenberg nachgeschlagen:

Tonnen Stickstoff, gebunden.

Kokereien 90000 (15/16) 100000 (16/17) 100000 (17/18)
Kalkstickstoffindustie 20000 (15/16) 58000 (16/17) 66000 (17/18)
BASF 24000 (15/16) 64000 (16/17) 105000 (17/18)


In dem schon erwähnten Buch über die Geschichte der deutschen Großchemie sind folgende Zahlen aufgeführt:

Nur für die BASF 1913 40000t in Ludwigshafen, 1920 122000 t in Ludwigshafen und Leuna, 1929 635000 t.
1989 Weltgesamtproduktion 150 Millionen Tonnen Ammoniak.

Die Steigerung durch die BASF ist also enorm, vor allem wenn man bedenkt das sehr viel Stahl und Maschinen auch in andere Bereich geliefert werden musste. Die Eisenbahn und natürlich das Militär selbst haben da viel abgegriffen. Und die Anlagen mussten ja auch gebaut werden. Wer hat die eigentlich im 1. Weltkrieg gebaut und betrieben? Zum fahren der Anlagen sind zum Teil glaube ich Frauen herangezogen worden, oder vertue ich mich da?

Apvar
 
Die Angabe der Erzeugung aus den Kokereien ist vermutlich auch hier durch Indexierung erfolgt. Die Werte stimmen grob mit den Output-Angaben der Kokserzeugung (mit entsprechender Schlüsselung) überein.

Oppau müßte demnach bis 1917 etwa auf die Dreifache Jahresproduktion von 1914 erweitert worden sein. Der Schub 1917/18 beruht auf Leuna.

Die Erzeugung "Kalkstickstoffindustrie" ist mir für 1913 unbekannt. Ist das ebenfalls im Kriegsverlauf entstanden?


Auch die Werte können so interpretiert werden, dass bis 1917 eine Umsteuerung in die Sprengstofferzeugung erfolgt sein muß. Die Verbesserung 1917 könnte in die Düngemittel geflossen sein, da merkwürdigerweise die Hektarerträge für die Ernte 1917 deutlich angezogen haben. Das übersteigt mE witterungsbedingte Schwankungen.
 
Es scheint tatsächlich so zu sein.
Bis 1917 und der Inbetriebnahme von Leuna hieß es "Brot oder Munition".

Die immense Bedeutung ist mir bisher nicht klar gewesen. Und, habe ich zumindest den Eindruck, der Geschichtswissenschaft auch nicht im erforderlichen Ausmaß.

Naturwissenschaft und Forschung dagegen schon, sind doch an den Fingern abgezählt mindestens 3 Nobelpreise dafür vergeben worden.
 
Es scheint tatsächlich so zu sein.
Bis 1917 und der Inbetriebnahme von Leuna hieß es "Brot oder Munition".
Die immense Bedeutung ist mir bisher nicht klar gewesen. Und, habe ich zumindest den Eindruck, der Geschichtswissenschaft auch nicht im erforderlichen Ausmaß.

Ja,

außer ein paar Detailanalysen, Regionalanalysen und dem veralteten, zT tendenziösen Material zur Blockade gibt es mE keine befriedigenden Analysen der militär-ökonomischen Entwicklungen des Ersten Weltkrieges. Ein paar Brocken hier, ein Dokumentenband des Reichsarchivs dort, ein wenig oberflächliches Blabla ala Ferguson.

Das MGFA war bislang wohl zu sehr mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt, und die üblichen Verdächtigen unter den Wirtschaftshistoriker interessierte ebenfalls mehr 1928-45. :grübel:
 
Hab noch mal in der Geschichte der Großchemie nachgeschlagen. Leuna wurde offiziell am 29.04.1917 in Betrieb genommen. Ursprünglich war geplant 36kt gebunder Stickstoff als Jahresproduktion geplant. Während der 11 Monate Aufbau wurde auf 75 kt erweitert. und nach dem Krieg auf 130 kt.

Leuna wurde wohl als 2. Produktionsstandort ins Auge gefasst weil am 27. 05.1915 der erste französische Fliegerangriff auf Ludwigshafen geflogen wurde. Danach regelmäßig und haben dabei die Ammoniak und auch die Salpetersäureanlage bombardiert.

Nach dem Krieg stieg die BASF in die Düngemittelproduktion im größeren Maßstab ein. 1922 wurde die erste Großtechnische Anlage zur Produktion von Harnstoff mit 40 Tato in Betrieb genommen. Die Verfahrensforschung wurde aber schon 1914 in Angriff genommen. Hier gab es aber wieder technische Schwierigkeiten aufgrund der Rahmenbedingungen. 150 bar Druck,200°C Reaktortemperatur und Korrosion.

Zur Kalkstickstoffindustrie kann ich im Moment nur spekulieren. Hab aber bei Wikipedia was zum Kalkstickstoff gefunden. http://de.wikipedia.org/wiki/Kalkstickstoff Danach scheint es so zu sein das mit Kalkstickstoff wohl gedüngt wurde, und kein Ammoniak oder Salpetersäure hergestellt. Deshalb die Zahlen als gebundener Stickstoff, aber nicht als Ammoniak oder Salpetersäure.

Apvar
 
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Salpetersäure

Als erstes soll Walter Rathenau die Probleme durch fehlen des Chilesalpeter aufgefallen sein. Aber die Generalität soll sich auf den Schlips getreten gefühlt haben und einen Verweis gegen Rathenau ausgesprochen haben. Nach dem die Westfront sich an der Marne festgefahren hat,war wie schon gesagt nicht mehr mit einem schnellen Kriegsende zu rechnen. Danach kam es dann doch noch zu einer Konferenz zwischen Sachverständigen und dem Militär. Bosch (BASF) soll dabei gesagt haben: "Wenn die Vorräte an Chilesalpeter zu Ende gehen,, sind wir fertig". Daraufhin wurden auf die Kalisalzlager in Straßfurt verwiesen. Dem Militär war wohl nicht klar das Chilesalpeter und Kalisalzlager was ganz verschiedenes war. Kurz danach sind die Chilesalpeterlager in Antwerpen in Deutsche Hand gefallen. Trotzdem hätten die Vorräte sowohl bei der Chemischen Industrie als auch bei der Landwirtschaft nur bis Mitte 1915 gereicht.
Bosch gab nach Rücksprache mit seinem Mitarbeitern der OHL das Versprechen ein Verfahren zu entwickeln, welches Salpetersäure in großen Mengen herstellen kann. Bis zu diesem Versprechen war noch kein Kilo Salpetersäure nach dem neuen Verfahren produziert worden, von einer Planung für eine Grossanlage ganz zu schweigen. Nach dem einige Zeit keine Fortschritte zu verzeichnen waren, soll er sehr verzweifelt gewesen sein. Aber schon im Mai 1915 lief die erste Grossanlage mit 150 tato Salpetersäure. Ammoniak wird dabei bei 900°C mit Luft verbrannt über einem Katalysator in Form eines Netzes um NO zu erzeugen. Anschliessend wird weiterer Luftsauerstoff zugegeben um daraus Stickstoffdioxid zu machen. Das wird in Rieseltürmen mit Wasser und Luft dann eine 40-50% ige Salpetersäure. Inzwischen ist das Verfahren deutlich weiterentwickelt worden, um grössere Konzentrationen an Salpetersäure zu erreichen.

Apvar
 
Gibt es eigentlich keine vernünftige Analyse der landwirtschaftlichen Produktion, der Distrubution und des Einsatzes von Düngemitteln für den Zeitraum 1914-1918? :motz:
 
Gibt es eigentlich keine vernünftige Analyse der landwirtschaftlichen Produktion, der Distrubution und des Einsatzes von Düngemitteln für den Zeitraum 1914-1918?

  • Skalweit: Die deutsche Kriegsernährungwirtschaft. 1922
  • Aereboe: Der Einfluß des Krieges auf die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland. 1927
  • League of Nations (Ed.): Agricultural Production in Continental Europe During the 1914-18 War and the Reconstruction Period. 1943
  • Roerkohl: Hungerblockade und Heimatfront. Die kommunale Lebensmittelversorgung in Westfalen im Ersten Weltkrieg. 1998
  • Huegel: KriegsernährungswirtschaftDeutschlands im Ersten und Zweiten Weltkrieg im Vergleich. 2003
Problem: Da ich diese z.T. nicht gelesen und z.T. wieder vergessen habe, kann ich mich für das "vernünftig" nicht verbürgen...:red::heul: Steht in der "Enzyklopädie" nix? (Habe ich leider ausgeliehen.)
 
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