"Biotreibstoff"

Sascha66

Aktives Mitglied
Beim Lesen des Untertextes zu diesem Bild sind sind mir einige Fragen gekommen. Dieses Bild gibt es auch auf englischen Seiten mit gewissen (übersetzungsbedingten) Unterschieden, die aber nichts zur Sache tun.
Das Bild zeigt den B-25j-10-nc Bomber "Jaunty Jo" kurz nach Abwurf der 250 Pfund Fallschirmbombe auf die Byoritsu-Raffinerie auf Formosa. Der Bomber wurde dabei von getarnter Flak getroffen und stürzte Sekunden später ab.

Meine Frage bezieht sich aber auf die Raffinerie, in der lt. Untertext synthetischer Treibstoff aus "Zuckerrüben" (der englische Text spricht von Zuckerrohr, was mir auch wahrscheinlicher ist) hergestellt wurde.
Zu meinem Erstaunen ist lt. Wiki das Verfahren ja damals schon 80 Jahre bekannt gewesen und der Treibstoff wurde seit Anfang des Jahrhunderts auch schon auf Fahrzeugen gefahren. Ob nun gemischt oder pur ist erstmal egal.

Mich würde jetzt interessieren, wofür die Japaner das nutzten.
Nur LKW/PKW/Krad oder auch Panzer?
Ich denke mal Flugzeuge fallen da wohl aus.

P.S.: Ich hab die Überschrift mal in Anführungsstriche gesetzt, weil mir der Begriff Biotreibstoff nicht historisch erscheint.
 
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Wenn Zuckerrüben oder -Rohr verwendet wurden, dann wird es Ethanol gewesen sein. Damit kann man theorethisch auch Flugzeuge fliegen lassen.
In den 80.er Jahren wurde in Südamerika, hauptsächlich in Brasilien viel Alkohol als Treibstoff verwendet, sowohl pur als auch als Beimischung. Man merkte kaum ein Unterschied zu "reinem" Benzin (ausser im Geruch) es mussten jedoch geeignete Leitungen verwendet werden, da das Zeug das normale Gummi angriff.

Upss! Gerade gesehen, dass im Wikipedia-Artikel das alles erklärt wird.
 
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Formosa ist für den Anbau geeignet gewesen (die übrige - geringe - synthetische Produktion auf den japanischen Hauptinseln bezog sich auf Pinienöl).

Speziell auf Formosa waren Anlagen für Alkohol- und Butanol-Produktion errichtet worden, was der US-Luftwaffe bekannt war. Die Anlagen dienten nach US-Erkenntnissen der Flugbenzin-Erzeugung.

Die Angriffe begannen ab Ende März 1945 (vermutlich 25.3.). In Byoritsu befand sich auch ein Kraftwerk neben der Raffinerie. Weitere Ziele waren fast drei Dutzend Kleinanlagen dieser Art auf der Insel, auf der reichlich Zuckerrohr angebaut wurde. Als Reaktion wurde die japanische Flak an den Fabriken im Juni 1945 wesentlich verstärkt. Aus der Zeit könnte möglicherweise das Foto stammen, da die Abwehr vorher schwach bis nicht vorhanden war.

Die letzte Mission dieser Art wurde am 12. Juli 1945 gegen Taiharo/Formosa geflogen. 17 von den 30 Fabriken wurden komplett zerstört, 9 mittelschwer, insgesamt fielen 75% der Alkohol/Butanol-Erzeugung aus.

History US-AAF, Band 5, S. 484/85 zu der Kampagne.
 
Zu was die Japaner den "Sprit" produziert haben, weiß ich nicht.
Man kann mit Alkohol Motoren betreiben, meist wird der Alkohol aber lediglich beigemischt, entweder zur Qualitätsverbesserung des Benzins, oder um es zu "strecken".
Kann also beides sein.

Die Alkoholbeimischung zum Benzin ist seit "ewigen" Zeiten bekannt und wird praktiziert.
Bis in die 60er Jahre hinein auch bei uns zur Qualitätsverbesserung statt anderer (teurerer) Additive.

In Brasilien wird auch heute dem Benzin (recht viel) Alkohol beigemischt, aus verschiedenen Gründen.

Wenn es interessiert kann ich mal mehr dazu schreiben, aber eben leider nicht zu den japanischen Gründen.
 
Mir ging es im erster Linie um die Japaner. War das eine kriegsbedingte Notlösung aufgrund mangelnder Ölvorräte oder von vornherein geplant.

Ich schrieb ja schon, das der Wiki-Artikel mich überraschte. Dort steht auch, das Ford für sein T-Modell Agraralkohol, also Bioethanol vorgesehen hatte. Es wäre vieleicht noch interessant zu erfahren, warum es letztendlich doch mit Benzin betrieben wurde.
Ich würde mich freuen, wenn Repo oder wer anders dazu etwas wüsste.
 
Nun, Japan hatte schon immer Probleme an entsprechende Ölvorräte zu kommen, bzw. war auf "fremdes" Öl angewiesen. Es wurden häufiger z.B. auch Verträge mit China bezüglich Schweröl-Vorkommen und der Nutzungsrechte gebrochen, und gerade die Grenzbereiche zu Russland und China waren schwierig.

Es ist ganz normal, dass man versuchte den Mangel auf andere Art auszugleichen. Nur müsste das auch China entsprechend betreffen. Interessant finde ich hier gerade die neueren Bemühungen, sich vom Import unabhängig zu machen und auf größere Biogas-Projekte umzusteigen. Dabei warnten Experten im eigenen land davor, dass die hohen Abnahmemengen die Preise im Land zerstören würden.
 
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Ich schrieb ja schon, das der Wiki-Artikel mich überraschte. Dort steht auch, das Ford für sein T-Modell Agraralkohol, also Bioethanol vorgesehen hatte. Es wäre vieleicht noch interessant zu erfahren, warum es letztendlich doch mit Benzin betrieben wurde.
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Benzin war in der Regel immer sehr viel billiger. Deshalb griff man nur in Krisenzeiten auf Alkohol zurück. Sogar in Brasilien, wo das Zeug immer billig war, während Benzin importiert werden musste, hat man es im großen Stil erst nach der Erdölkrise der 70.er verwendet. Als später jedoch der Zuckerpreis anzog, zwangen die Exporteure die Regierung wieder zur Abkehr davon.
 
Die Anfänge bei Japan liegen in den 1920ern.

Mit dem Krieg in China wurde 1937 ein 7-Jahres-Programm aufgelegt, Ziel war die Erzeugung von 2 Mio. Jahres-Tonnen synthetischen Treibstoffs. Dabei waren alle gängigen Verfahren berücksichtigt, und auch die deutsche Industrie (I.G. Farben etc.) war aktiv. Der massive Ausbau der Industrie führte ab 1938 - es wurde auch eine staatliche Dachgesellschaft gegründet - zum Bau vieler Anlagen zur synthetischen Erzeugung.

1943/44 wurde dann so ziemlich aus allem synthetischer Treibstoff gewonnen, es gab auch viele Kleinanlagen.
 
Die Anfänge bei Japan liegen in den 1920ern.

Mit dem Krieg in China wurde 1937 ein 7-Jahres-Programm aufgelegt, Ziel war die Erzeugung von 2 Mio. Jahres-Tonnen synthetischen Treibstoffs. Dabei waren alle gängigen Verfahren berücksichtigt, und auch die deutsche Industrie (I.G. Farben etc.) war aktiv. Der massive Ausbau der Industrie führte ab 1938 - es wurde auch eine staatliche Dachgesellschaft gegründet - zum Bau vieler Anlagen zur synthetischen Erzeugung.

1943/44 wurde dann so ziemlich aus allem synthetischer Treibstoff gewonnen, es gab auch viele Kleinanlagen.

Ich find jetzt auf die schnelle keine Zahlen, aber ich geh dann mal davon aus das die Lagerstätten im Osten Chinas damals noch nicht erschlossen waren.
 
Ich find jetzt auf die schnelle keine Zahlen, aber ich geh dann mal davon aus das die Lagerstätten im Osten Chinas damals noch nicht erschlossen waren.

Und die 1942 besetzten Fördergebiete in Niederländisch-Indien waren zerstört, brauchten zur Inbetriebnahme rd. 1,5 Jahre und wurden schließlich ab Mitte 1944 von einer weiteren Bomber-Offensive erfaßt ...

... von der massenweisen Vernichtung an japanischer Tanker-/Tranportkapazität und der späteren Durchtrennung der Versorgungswege ganz zu schweigen.

Die IJN wurde auch deswegen in der Nähe der Produktionsstätten gehalten, um Treibstoff bzw. dessen Transport zu sparen.
 
Benzin war in der Regel immer sehr viel billiger. Deshalb griff man nur in Krisenzeiten auf Alkohol zurück. Sogar in Brasilien, wo das Zeug immer billig war, während Benzin importiert werden musste, hat man es im großen Stil erst nach der Erdölkrise der 70.er verwendet. Als später jedoch der Zuckerpreis anzog, zwangen die Exporteure die Regierung wieder zur Abkehr davon.

Es ist OT:
Benzin ist immer und sehr viel billiger. Was das Problem aller "Ersatztreibstoffe" ist.

Ich würde in dem Fall auch unterstellen, dass die Japaner mit dem Alkoholsprit nicht glücklich wurden. Die benötigten Mengen sind schlicht nicht zu ernten.
Als Additiv sieht die Welt dann gleich anders aus.
 
Es ist OT:
Benzin ist immer und sehr viel billiger. Was das Problem aller "Ersatztreibstoffe" ist.

Ich würde in dem Fall auch unterstellen, dass die Japaner mit dem Alkoholsprit nicht glücklich wurden. Die benötigten Mengen sind schlicht nicht zu ernten.
Als Additiv sieht die Welt dann gleich anders aus.
Nicht immer. In Brasilien hat man es deswegen zeitweilig sogar Pur verwendet. Benzin kostete harte Dollar, Alkohol gab es im Land zu billigen Cruzeiros.
 
Nicht immer. In Brasilien hat man es deswegen zeitweilig sogar Pur verwendet. Benzin kostete harte Dollar, Alkohol gab es im Land zu billigen Cruzeiros.

Wenn ich mich richtig erinnere war der Hauptgrund Autarkiestreben im Gefolge der 1974er Ölkrise.
Eben eine Sonderentwicklung wie die deutsche Kohle-Hydrierung, nach der man 1974 auch lautstark verlangt hat.
 
Wenn ich mich richtig erinnere war der Hauptgrund Autarkiestreben im Gefolge der 1974er Ölkrise.
Eben eine Sonderentwicklung wie die deutsche Kohle-Hydrierung, nach der man 1974 auch lautstark verlangt hat.

Wobei das Fischer-Tropsch-Verfahren zur Kohle-Hydrierung heute noch in Südafrika verwendet wird. Dies wird dort verwendet weil die Kohle relativ preiswert abgebaut werden kann.

Apvar
 
Wobei das Fischer-Tropsch-Verfahren zur Kohle-Hydrierung heute noch in Südafrika verwendet wird. Dies wird dort verwendet weil die Kohle relativ preiswert abgebaut werden kann.

Apvar


Ja, stimmt. Hatte ich vergessen.

Aber, wie gesagt, alles Sonderentwicklungen.
An sich ist die Brühe trotz aller Ölmultis, Scheichs usw. nach wie vor konkurrenzlos billig.
 
Eine Fussnote:

1978 wurde in Deutschland nochmals eine "halbtechnische" Versuchsanlage in Betrieb genommen.
Es gelang aber nicht die entsprechend effiziente Produktion.
Der "break-even-Point" wäre erst bei einem "astronomischen Barrel-Preis von DM 160,--" (1979) erreicht worden.

Gehen wir also mal davon aus, dass der Barrelpreis die 100 $ (heutiger Preisstand) nie nachhaltig übersteigen wird:devil:
 
Diesmal TT.

Den Japanern wurde Mitte der 30erJahre ein Angebot gemacht, die Patente des Bergius-Verfahrens zur Kohleverflüssigung zu erwerben.
Sie lehnten ab, man würde seit längerem an einem eigenen Verfahren arbeiten, das deutlich effizienter wäre.
Es gelang aber in der Folge nicht, dieses Verfahren vom Labormaßstab in die technische Produktion umzusetzen.

Die japanische Firma Mitsui dagegen erwarb 1936 die Fischer-Tropsch-Lizenz und produzierte, unter größten Schwierigkeiten und lange nicht in dem erhofften Umfang, mit diesem Verfahren in Japan.

Prophyläen Technikgeschichte, Band 5
 
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