War der Unabhängigkeitskrieg ein Guerillakrieg?

G

Gentleman

Gast
Die amerikanischen, Milizen/Patrioten waren mit dem Gelände besser vertraut und nutzen wohl auch Hinterhalte usw. besser aus. Während die britischen Streitkräfte mehr regulär kämpften?

Stimmt diese Darstellung des Krieges:
http://geschichts-blog.blogspot.com/2010/08/die-entstehung-der-vereinigten-staaten.html
 
Die amerikanischen, Milizen/Patrioten waren mit dem Gelände besser vertraut und nutzen wohl auch Hinterhalte usw. besser aus. Während die britischen Streitkräfte mehr regulär kämpften?

Stimmt diese Darstellung des Krieges:
Geschichtsblog: Die Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika


Wie die meisten pauschalen Urteile, ist diese Darstellung nicht zutreffend. Die Briten verfügten bereits während des French and Indian Wars über leichte Infanterie, die sich dem Guerillakrieg verschrieben hatte.

Legendär war der Ruf der Truppe von Major Robert Rogers und seiner Ranger, die den Kleinkrieg weit ins gegnerische Territorium trugen und feindliche Indianerdörfer überfielen. Rogers war möglicherweise neben Daniel Boone eines der Vorbilder für James F. Coopers Romanheld Nathaniel Bumppo.

Auch die britischen Verbündeten waren erfahren im Kleinkrieg. Im hessischen Militär wurden bereits im 30 Jährigen Krieg Jäger mit gezogenen Büchsen eingesetzt. Das Jägerkorps wurde zu einer Eliteeinheit, die aus Forstbediensteten und Anwärtern auf den Forstdienst rekrutiert wurden. Die wachsende Bedeutung leichter Infanterie wird schon daraus deutlich, dass ein Jäger doppelt soviel Sold wie ein Grenadier erhielt und von Schanz- und Wachdienst freigestellt wurde.

In Amerika erwarb sich der Hauptmann Johann Ewald aus Niedervellmar bei Kassel bei Freund und Feind Respekt. Ewald verfasste die wohl erste deutschsprachige Anleitung für den Guerillakrieg. Friedrich II. von Preußen war sehr von dieser Schrift beeindruckt, die übrigens auch heute noch, allerdings englisch nachgedruckt wird. Ewald verließ allerdings nach dem Krieg das hessische Militär und brachte es in dänischen Diensten bis zum Generalleutnant.


Bewaffnet waren die Jäger mit kurzen Stutzen, wesentlich kürzer, als die Pennsylvania/ Kentuckyrifles der anerikanischen "Riflemen".
Die Hessians verzichteten schon bei ihrem ersten gefecht bei Flatbush auf Silbertressen und ringkragen, da die ein gutes Ziel boten, doch wirklich gefürchtet waren die Riflemen nicht. Augenzeugen berichteten, dass diese vor Bajonettatacken der britischen und deutschen Regimenter türmten und mit Bajonetten getötet wurden.
 
Die amerikanischen, Milizen/Patrioten waren mit dem Gelände besser vertraut und nutzen wohl auch Hinterhalte usw. besser aus. Während die britischen Streitkräfte mehr regulär kämpften?
...

Wie es Scorpio schon sagte. Das ist mehr an Mithos als sonst etwas. Die britische Armee wurde letzendlich durch reguläre Truppen geschlagen, sowohl im Feld wie bei Belagerungen. Bemerkenswert war z.B. die Leistung der Rebellen, die Artillerie die in Fort Ticonderoga erbeutet wurde, zur Belagerung nach Boston zu schaffen und so diesen Hafen für die britische Flotte unbrauchbar zu machen.

Besonders wichtig war die französische Kontribution, sowohl mit Material wie mit Truppen und Kriegsschiffen. Auch die Kampagne des spanischen Generals Galvez, der den Briten im Süden mehrere Niederlagen beifügte und so truppen vom Norden abhielt sollte gewürdigt werden. Sogar holländische Truppen lieferten einen Beitrag.

Dass sind aber alles Sachen, die nicht so sehr zum amerikanischen Selbstbild passen. Der Minuteman mit dem Kentucky-Rifle schon eher, auch wenn er nach den ersten Schlachten nach Hause ging un den restlichen Kampf den regulären Truppen überließ.
 
Die amerikanischen, Milizen/Patrioten waren mit dem Gelände besser vertraut und nutzen wohl auch Hinterhalte usw. besser aus. Während die britischen Streitkräfte mehr regulär kämpften?
Der Aspekt des Kampfes aus dem Hinterhalt war vor allem bedeutend für die Zeit der Gefechte bei Lexington und Concord.
Schau mal hier unter "Rückmarsch": Gefechte von Lexington und Concord ? Wikipedia

Ansonsten stimme ich Scorpio und Bdaian zu.

Es gab gute leichte Infanterie auf beiden Seiten. Wobei die leichte Infanterie auch zu den regulären Truppen zählen konnte.
 
Die amerikanischen Milizen spielten bei der Schlacht von Saratoga, die gemeinhin als Wendepunkt bezeichnet wird, eine große Rolle. Die Briten blieben bei Saratoga in einem Meer feindlicher Milizen aus dem westlichen Neuengland eingekesselt, die zu Tausenden zusammenströmten, um die Kontingente der Kontinentalarmee von Horatio Gates zu verstärken. Das dürfte eines der wenigen Gefechte des Unabhängigkeitskrieges gewesen sein, bei denen die Milizen nach dem Ideal der Minutemen funktionierten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Bedeutung der Milizen noch folgendes: in den Kolonien galt seit dem 17. Jh. für Männer eines bestimmten Alters (freilich mit Ausnahmen) eine Pflicht an den Übungen der Milizen teilzunehmen. Diese Pflicht wurde am Vorabend der Revolution in vielen Regionen nicht mehr ernst genommen. 1776 nutzten die von den Revolutionären beherrschten Kolonien die formal bestehende Dienstpflicht dahingehend, die Bevölkerug zu zwingen, ihre Passivität aufzugeben und sich hinter die Sache der Revolution zu stellen. Zudem wurde 1776 nicht nur die Unabhängigkeit verkündet sondern auch lokale Sicherheitskomitees gegründet, die mit Hilfe der Milizen die loyalistische Opposition einschüchterte, unterdrückte, vertrieb, plünderte, etc. In diesem Bereich spielten die Milizen eine wichtige Rolle.

Guerillakrieg wurde vor allem in jenen Regionen geführt, die von der jeweils andere Seite kontrolliert wurde. In Regionen, die von Revolutionären kontrolliert wurden, gab es loyalistische Guerillaverbände, und umgekehrt revolutionäre. Der Übergang von Milizen zu Guerillaverbänden war fliessend (hing eben von der jeweiligen Ausrichtung ab). Die Guerillaverbände nahmen häufig "Rache"/"Vergeltung" für Übergriffe der jeweils anderen Seite.

Quelle: Marion Breuning, Die Amerikanische Revolution als Bürgerkrieg, Diss. 1998.
 
Zur Bedeutung der Milizen noch folgendes: in den Kolonien galt seit dem 17. Jh. für Männer eines bestimmten Alters (freilich mit Ausnahmen) eine Pflicht an den Übungen der Milizen teilzunehmen. Diese Pflicht wurde am Vorabend der Revolution in vielen Regionen nicht mehr ernst genommen. 1776 nutzten die von den Revolutionären beherrschten Kolonien die formal bestehende Dienstpflicht dahingehend, die Bevölkerug zu zwingen, ihre Passivität aufzugeben und sich hinter die Sache der Revolution zu stellen. Zudem wurde 1776 nicht nur die Unabhängigkeit verkündet sondern auch lokale Sicherheitskomitees gegründet, die mit Hilfe der Milizen die loyalistische Opposition einschüchterte, unterdrückte, vertrieb, plünderte, etc. In diesem Bereich spielten die Milizen eine wichtige Rolle.

Guerillakrieg wurde vor allem in jenen Regionen geführt, die von der jeweils andere Seite kontrolliert wurde. In Regionen, die von Revolutionären kontrolliert wurden, gab es loyalistische Guerillaverbände, und umgekehrt revolutionäre. Der Übergang von Milizen zu Guerillaverbänden war fliessend (hing eben von der jeweiligen Ausrichtung ab). Die Guerillaverbände nahmen häufig "Rache"/"Vergeltung" für Übergriffe der jeweils anderen Seite.

Quelle: Marion Breuning, Die Amerikanische Revolution als Bürgerkrieg, Diss. 1998.



Du sprichst einen bedeutenden Punkt an, der später übrigens die ehemaligen Kriegsgegner so sehr beeindruckte, dass sie 1806 und 1809 hofften, mit ähnlichen Methoden die Franzosen vertreiben zu können, die von vielen bereits als Unterdrücker betrachtet wurden.


Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg war nicht nur ein Guerillakrieg, sondern auch ein amerikanischer Bürgerkrieg, bei dem die unterlegene Seite, die Loyalisten rücksichtslos enteignet wurden.
Der Krieg war daher militärisch wie politisch sehr schwer, vielleicht überhaupt nicht zu gewinnen.

Die englische Krone führte den Krieg nach Meinung vieler ihrer Verbündeter nicht konsequent genug auf die Vernichtung des Gegners. Der Oberkomandierende selbst, General William Howe war selbst ein Whig und sympathisierte mit vielen Forderungen der Amerikaner und Georg III. überschätzte die Anzahl der Torries und Loyalisten, so dass der Versuch die Amerikaner zum Einlenken zu bewegen, recht unrealistisch scheint.

Gleichzeitig mischten sich die europäischen Mächte Frankreich und Spanien ein, während GB gleichzeitig einen kurzen Seekrieg mit den Generalstaaten der Niederlande führten und Russlands Zarin deutlich machte, dass ihr an einem Vertrag mit Großbritannien nichts lag, denn der Hof von St. James hoffte, in Russland die benötigten Truppen für den Krieg in Nordamerika anzuwerben.


Die Briten mussten daher mit deutschen Fürsten verhandeln, wo sie bereits zuvor schon Truppen gemietet hatten.
 
Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg war nicht nur ein Guerillakrieg, sondern auch ein amerikanischer Bürgerkrieg, bei dem die unterlegene Seite, die Loyalisten rücksichtslos enteignet wurden.
Der Krieg war daher militärisch wie politisch sehr schwer, vielleicht überhaupt nicht zu gewinnen.
Dass der Unabhängigkeitskrieg auch ein Bürgerkrieg war, wird häufig übersehen, wenn man von "den Amerikanern" auf der einen und "den Briten" auf der anderen Seite spricht. John Adams behauptete während des Konfliktes, die Revolution sei bereits vor Beginn des Krieges "in the minds of the people" vollzogen gewesen. Nach dem Krieg räumte er ein, dass die Gruppe der Revolutionäre, der Neutralen und der Loyalisten ungefär gleich groß gewesen seien. Die Revolutionäre nahmen die Gefahren, die von den Loyalisten ausgingen sehr ernst und bestraften diese als Hochverräter, währenddessen die Briten die Chancen, die sich ihnen durch die Loyalisten boten, nicht nutzten und gefangengenommene revolutionäre Milizen als Kriegsgefangene behandelte.
 
Zurück
Oben