Aufgeklärtes Mittelalter - reaktionäre Neuzeit

Leibeigenschaft gabs sehr wohl im MA und Sklaverei und Sklavenhandel auch. Nur hat sich keiner darüber aufgeregt und wenige davon berichtet.
 
zum Thema religös motivierte Kriege im Mittelalter will ich mal die Katharerkriege in Südfrankreich in den Ring werfen.. Hier habe wir m.E. eine Art von Krieg, der sehr an die neuzeitlichen Konfessionskriege erinnert, wobei insbesondere von französisch-katholischer Seite mit Massakern wie dem von Beziers (Tötet sie alle,Gott wird die Seinen erkennen) ,dem Einsatz von Ketzergerichten und Massenautodafees die neuzeitlichen Praktiken vorweggenommen wurden.
Hier wurde systematisch eine Kultur christlichen Ursprungs ,nämlich die des französischen Südens, ausgelöscht, indem man ganze Landstriche entvölkerte und deren gewachsene Infrastruktur weitgehend zerstörte.

Zum Punkt demokratische/protodemokratische Strukturen sei auf die Verfassung der freien Städte und Reichsstädte des ausgehenden Mittelalters verwiesen, die durch die Beteiligung der Zünfte und der Stände an der Stadtregierung zumindest demokratisch-republikanische Ansätze zeigte.

Zum Thema Absolutismus und Mittelalter ist zu sagen, daß mittelalterliche Könige und Herrscher in ein kompliziertes Geflecht von Rechts-und Herrschaftsstrukturen eingebunden waren , das die Rechte bestimmter Gruppen,Stände,Zünfte ,Städte und Territorien genau regelten und an die der Herrscher (im Gegensatz zum Absolutismus) genauso gebunden war wie seine Untertanen.
 
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zum Thema religös motivierte Kriege im Mittelalter will ich mal die Katharerkriege in Südfrankreich in den Ring werfen.. Hier habe wir m.E. eine Art von Krieg, der sehr an die neuzeitlichen Konfessionskriege erinnert, wobei insbesondere von französisch-katholischer Seite mit Massakern wie dem von Beziers (Tötet sie alle,Gott wird die Seinen erkennen) ,dem Einsatz von Ketzergerichten und Massenautodafees die neuzeitlichen Praktiken vorweggenommen wurden.
Hier wurde systematisch eine Kultur christlichen Ursprungs ,nämlich die des französischen Südens, ausgelöscht, indem man ganze Landstriche entvölkerte und deren gewachsene Infrastruktur weitgehend zerstörte.

Das möchte ich mit einigen Fragezeichen versehen...

1. Autodafe ist als volksfestartig inszenierte Form von Schauprozessen und Ketzerverbrennungen so erst im ausgehenden Spätmittelalter Spaniens entstanden (Stichwort: Torquemada): gemeinhin festzumachen am Jahr 1481.
Anm.: Massenautodafe dürfte übrigens ein Pleonasmus sein, denn ein Autodafe kennzeichnet mW nicht Einzelprozesse.

2. Ketzergerichte traten in der Frühen Neuzeit gegenüber Hexenprozessen mehr und mehr zurück; und mit diesen Entwicklungen verlagerte sich zudem auch die Masse der Prozeßführungen von der Inquisition mehr und mehr zu weltlichen Gerichten.

3. Die neuzeitlichen Konfessionskriege lassen sich auch dahingehend charakterisieren, daß die verfeindeten Lager in den seltensten Fällen konfessionell homogen waren - zumindest das kann für die Katharerkriege jedoch (vom Grafen Raymond als Schutzherrn einmal abgesehen) als sehr wahrscheinlich angenommen werden.

4. Religiös motiviert waren diese Kriege - selbst der Albigenserkreuzzug - nur teilweise: dem Papst ging es durchaus um den Kampf gegen Häretiker, dem französischen König jedoch ging es v.a. um die Einverleibung der bis dahin eigenständigen okzitanischen Provinzen. Immerhin zeigt sich hier kurioserweise eine deutliche Parallele zu neuzeitlichen Konfessionskriegen.

5. Die Sache mit der religiösen Motivation bzw. sogar mit dem offiziellen Status des Kreuzzuges ging für den Papst sogar ungewollt "nach hinten los": beide große Ritterorden, welche in Frankreich bedeutsam waren - Johanniter wie Templer -, sprachen sich gegen den Zug aus und nahmen auch nicht daran teil, weil sie zu der Zeit noch dem strikten Grundsatz folgten, daß Christen nicht gegen Christen kämpften (und Häretiker waren für sie trotz allem nach wie vor Christen).
Anm.: Man mag in diesem Kontext ja der These der verschworenen Gemeinschaft incl. Verbindungen zwischen Katharern und Templern folgen (ich halte sie - wie an anderer Stelle bereits ausgeführt - für ausgemachten Humbug), doch selbst dann bleibt noch ein großer Ritterorden übrig, der o.g. Punkt stützt.

6. Systematisch waren diese Kriege incl. das folgende harte Vorgehen der Inquisition zweifelsfrei, aber in erster Linie wurde Okzitanien samt seiner bis dahin eigenständigen Kultur ins französische Königreich eingegliedert und die katharische Häresie bis zum Ende des 13. Jh. beendet. Dennoch behielt diese Region auch nach der direkten Unterstellung unter die französische Krone Sonderrechte, welche bis 1779(!!!) bewahrt blieben; und der kulturelle Unterschied - meinetwegen auch Gegensatz - zwischen Nordfrankreich und Südfrankreich wirkt noch bis in die heutigen Tage.
 
Zum Punkt demokratische/protodemokratische Strukturen sei auf die Verfassung der freien Städte und Reichsstädte des ausgehenden Mittelalters verwiesen, die durch die Beteiligung der Zünfte und der Stände an der Stadtregierung zumindest demokratisch-republikanische Ansätze zeigte.
Da müsste man genau schauen.

In der Regel wurden die Städte zumindest bis etwa 1500 vor allem von Adelsfamilien regiert, welche sich in den Städten angesiedelt hatten. Zur Verschleierung dieser Art Adelsrepublik trägt sicherlich für den Betrachter von heute bei, dass es neben dem zumeist bedeutenden Inneren Rat auch ein weiteres Gremium existierte, welches eher direkt gewählt wurde. Letzteres hatte nur kaum bis keinen Einfluss auf die Politik der Städte.

Interessant wäre hier, ob man genaue Beispiele von Städten nennen kann, wo "protodemokratische" oder gar "demokratische" Strukturen auszumachen wären und wo entsprechend gewählte Vertretungen der Einwohner auch tatsächlich Politik mitbestimmten.
 
Da müsste man genau schauen.

In der Regel wurden die Städte zumindest bis etwa 1500 vor allem von Adelsfamilien regiert, welche sich in den Städten angesiedelt hatten. Zur Verschleierung dieser Art Adelsrepublik trägt sicherlich für den Betrachter von heute bei, dass es neben dem zumeist bedeutenden Inneren Rat auch ein weiteres Gremium existierte, welches eher direkt gewählt wurde. Letzteres hatte nur kaum bis keinen Einfluss auf die Politik der Städte.

Interessant wäre hier, ob man genaue Beispiele von Städten nennen kann, wo "protodemokratische" oder gar "demokratische" Strukturen auszumachen wären und wo entsprechend gewählte Vertretungen der Einwohner auch tatsächlich Politik mitbestimmten.

Freilich müssen wir da genau hinschauen - ich hatte dies bspw. in Beitrag #17 bereits kurz angesprochen...

Etwas vereinfacht lassen sich für verschiedene Länder/Regionen gewisse Entwicklungslinien ausmachen; ich führe sie in Kurzform einmal an.

Island
Althing stammt aus dem 10. Jh. und besteht bis heute
Logting dto.
Isle of Man
Tinvaal dto.
Anm.: Selbst in den skandinavischen Königreichen (Dänemark, Norwegen, Schweden) bestand das Thing mindestens bis 1100.
England
Thing -> angelsächsisches Witan -> normannische Curia Regis -> britisches Parlament
Schweiz
Eidgenossenschaft gegr. 1291
Heiliges Römisches Reich (Deutschland)
Bürgerräte in Freien Reichsstädten
(mitunter werden auch die dem germanischen Stammesrechtskreis entstammenden Femegerichte als demokratische Rechtsform gewertet - mE auch zu Recht)
 
Nun, die Beispiele oben zeigen, das die "demokratischen" Formen der Germanen schon im Mittelalter zu rückgedrängt und eingeschränkt wurden. Erst in der frühen Neuzeit gibts ein zaghaftes Wiederaufleben parallel zum aufkommenden Absolutismus. Der Adel wird da quasi von Bürgern und Herrschern entmachtet
 
Heiliges Römisches Reich (Deutschland)
Bürgerräte in Freien Reichsstädten
Mir ging es um die verschiedenen Verfassungen innerhalb dieser Städte.
Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt.

Ich habe mich mal mit Hall (Schwäbisch-Hall) ein bisschen beschäftigt. Eine Art Stadtoberhaupt, war ein Schultheiß, der vom Kaiser eingesetzt wurde und eine Art überparteiliche Funktion inne hatte. (Dieser Beamte spielte dann mit dem Wandel der Stadtverfassung im 16.Jh. zunehmend kaum noch eine Rolle.) Wie sich das Gemium des Inneren Rates zusammensetzte ist quellenmäßig z.B. aus dem 14.Jh. überliefert. Dass die Ratsmitglieder irgendwie gewählt wurden, geht daraus nicht hervor. Die Mitglieder entsprangen bis zur Wende zur Renaissance dem Ministerialadel. Erneuert wurde diese Clique wahrscheinlich aus sich selbst heraus. Diese Adeligen scheinen sich selbst als die eigentlichen Bürger angesehen zu haben, denen allein das Recht zukam quasi über die Köpfe der Mehrheit der Einwohner die Entscheidungen zu treffen.

Meines Wissens war das in anderen Städten aber auch anders und dort spielten auch in den Räten Handwerker und Ähnliche eine wichtige Rolle. Um solche Beispiele ging es mir.
 
Nun, die Beispiele oben zeigen, das die "demokratischen" Formen der Germanen schon im Mittelalter zu rückgedrängt und eingeschränkt wurden. Erst in der frühen Neuzeit gibts ein zaghaftes Wiederaufleben parallel zum aufkommenden Absolutismus. Der Adel wird da quasi von Bürgern und Herrschern entmachtet

Das ist mir zu einfach :nono:

Natürlich kann man es so bewerten, daß Formen germanischer Stammesdemokratie zurückgedrängt, eingeschränkt, ... wurden, doch selbst dann muß man zugestehen, daß ohne diese Formen - so randständig und machtbeschränkt sie uns auch retrospektiv erscheinen mögen - die Entwicklung der neuzeitlichen Parlamente so nicht denkbar gewesen wäre. Hierzu sollten wir uns zur Verdeutlichung wieder das englische Beispiel vor Augen halten, da sich das Unterhaus (House of Commons) bereits im 14. Jh. herausbildete (wenn auch zugegebenermaßen bei weitem nicht mit dem heutigen Einfluß) und seinen Ursprung bei Vertretern von Städten und Landstädten (Boroughs), welche ab 1295 bei königlichen Parlamentsversammlungen teilnahmen. Übrigens - auch dies als Konter der Verallgemeinerung - erfuhr das House of Commons gerade während der Frühen Neuzeit die Zeit seines geringsten Einflusses gegenüber der Krone, welche erst infolge des englischen Bürgerkrieges endete. Das Wiederaufleben war also in dem Fall weder zaghaft noch parallel zum Absolutismus, sondern vielmehr ein deutlicher Qualitätssprung durch die Überwindung des Absolutismus.

Den Satz, daß der Adel von Bürgern und Herrschern entmachtet wurde, verstehe ich zudem nicht: wenn wir vom Mittelalter und von der Frühen Neuzeit (diese schließt den (Feudal-)Absolutismus bekanntlich ein) ausgehen, ist Adel und Herrschaft gewöhnlich bzw. in der Mehrzahl der Fälle synonym. Desweiteren war der Adel zu Beginn der Moderne (Ende 18. Jh.) keineswegs bereits entmachtet (daran änderte auch die Französische Revolution nur z.T. etwas), sondern konnte seine Machtstellung durchaus bis ins 20. Jh. bewahren.
 
Den Satz, daß der Adel von Bürgern und Herrschern entmachtet wurde, verstehe ich zudem nicht: wenn wir vom Mittelalter und von der Frühen Neuzeit (diese schließt den (Feudal-)Absolutismus bekanntlich ein) ausgehen, ist Adel und Herrschaft gewöhnlich bzw. in der Mehrzahl der Fälle synonym.
Das ist regional zu unterschiedlich und würde hier zu weit führen.

In vielen Gegenden gab es Ständeversammlungen. Mal aus Adel und Klerus, mal aus Adel-Klerus-3.Stand (Städte), mal Adel-Städte (war das nicht so in Kursachsen?), je nachdem.
 
Hierzu sollten wir uns zur Verdeutlichung wieder das englische Beispiel vor Augen halten, da sich das Unterhaus (House of Commons) bereits im 14. Jh. herausbildete (wenn auch zugegebenermaßen bei weitem nicht mit dem heutigen Einfluß) und seinen Ursprung bei Vertretern von Städten und Landstädten (Boroughs), welche ab 1295 bei königlichen Parlamentsversammlungen teilnahmen.

kleiner Einwand:
Das war das Model-Parlament, das 1295 von Eduard I. einberufen wurde. In seiner Zusammensetzung orientierte es sich aber am Montfort-Parlament, in dem bereits 1265 die Gemeinen (Commons) vertreten waren.

Simon de Montfort, 6. Earl of Leicester ? Wikipedia
 
Mir ging es um die verschiedenen Verfassungen innerhalb dieser Städte.
Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt.

Ich habe mich mal mit Hall (Schwäbisch-Hall) ein bisschen beschäftigt. Eine Art Stadtoberhaupt, war ein Schultheiß, der vom Kaiser eingesetzt wurde und eine Art überparteiliche Funktion inne hatte. (Dieser Beamte spielte dann mit dem Wandel der Stadtverfassung im 16.Jh. zunehmend kaum noch eine Rolle.) Wie sich das Gemium des Inneren Rates zusammensetzte ist quellenmäßig z.B. aus dem 14.Jh. überliefert. Dass die Ratsmitglieder irgendwie gewählt wurden, geht daraus nicht hervor. Die Mitglieder entsprangen bis zur Wende zur Renaissance dem Ministerialadel. Erneuert wurde diese Clique wahrscheinlich aus sich selbst heraus. Diese Adeligen scheinen sich selbst als die eigentlichen Bürger angesehen zu haben, denen allein das Recht zukam quasi über die Köpfe der Mehrheit der Einwohner die Entscheidungen zu treffen.

Meines Wissens war das in anderen Städten aber auch anders und dort spielten auch in den Räten Handwerker und Ähnliche eine wichtige Rolle. Um solche Beispiele ging es mir.

Natürlich müssen wir da auch von Stadt zu Stadt und von Fall zu Fall differenzieren.

Aber bleiben wir mal bei (Schwäbisch) Hall: Die entsprechende Festlegung zur Zusammensetzung des Rates liest sich im Original wie folgt
1340 schrieb:
... wir haben ihn auch geseczt unnd gemacht ainen rath unnd richter der sechssundczwainczigk sollen sein, zwölff burger, die richter unnd rhät sein solen, sechss mitterburger unnd achte von den hanndtwergkern, die zu dem rhat gehören...
Anm.: Die "zwölff burger" meinte dabei seinezeit tatsächlich Adlige und keine Bürgerlichen...
1540/41 schrieb:
... 12 patricii, 6 mittelburger und 8 handtwerckher...
Anm.: Die "12 patricii" müssen da übrigens nicht mehr zwangsläufig Adlige, sondern können auch Großbürger sein (was mit der sozialen Mobilität zwischen ausgehendem Mittelalter und Früher Neuzeit zu tun hat)...

Nur exemplarisch kurz hingewiesen sei an der Stelle auf das Beispiel Köln, wo Bürger und Handwerker im politischen Gefüge der Stadt eine deutlich stärkere Rolle spielten. Der Erzbischof mußte seine Position als Stadtherr bekanntlich 1288 räumen, und die Patrizier mußten 1396 endgültig ihre Vorherrschaft gegenüber den Zünften, die bis dahin nicht im Rat vertreten waren, aufgeben.



Grundsätzlich dürfen wir natürlich derartige Aspekte auch nicht an den Maßstäben moderner Demokratien messen; das funktioniert ja selbst beim allbekannten "Vorbild" - der attischen Demokratie in der Antike - nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist regional zu unterschiedlich und würde hier zu weit führen.

In vielen Gegenden gab es Ständeversammlungen. Mal aus Adel und Klerus, mal aus Adel-Klerus-3.Stand (Städte), mal Adel-Städte (war das nicht so in Kursachsen?), je nachdem.

Kein Einwand meinerseits; und ich schrieb ja auch ausdrücklich "gewöhnlich bzw. in der Mehrzahl der Fälle".
Außerdem ändert dies trotzdem nichts daran, das die von mir damit aufgegriffene Aussage - nämlich daß der Adel von Bürgern und Herrschern bereits zu Beginn der Moderne entmachtet worden war - so nicht korrekt ist.
 
@Brissotin, als Beispiel für die relativ breite Basis einer Stadtregierung fällt mir Worms ein.
Dort hatte der Rat alljährlich den Zünften Rechenschaft über die städtischen Finanzen abzulegen und jede der 24 Zünfte hatte das Reccht am Martinstag jeweils einen ehrenwerten Mann als Ratsmitglied zu ernennen.

@timotheus
-Natürlich ist das Autodafe im engeren Sinne ein Begriff der spanischen Neuzeit, aber die Massenhinrichtungen und -verbrennungen von Katharern waren m.E.materiell davon nicht mal graduell zu unterscheiden.

-Gerade in den Katharerkriegen waren die verfeindeten Lager keineswegs konfessionell homogen. Sowohl in Beziers als auch in Minerve, Carcassonne und Toulouse kämpften katharische und katholische Stadtbürger gemeinsam gegen die Angreifer ---und wurde anschließend auch gemeinsam massakriert.
Nicht nur die Grafen von Toulouse sondern auch die von Aragon und die Trenceval und viele andere Feudalherren , die auf Seiten der Katharer kämpften waren Katholiken .

-Was die von Dir zitierten Sonderechte betrifft,so blieben die nicht erhalten,sondern wurden nach Beendigung der Kriege neu vergeben und zwar an die Parteigänger der Krone, wie z.B. die Bischöfe von Albi und Narbonne.Da kann von Kontinuität keine Rede sein.

-Interessant ist tatsächlich die Haltung der beiden großen Ritterorden zum Krieg und deren Begründung für die Nichtteilnahme, da diese sich damit bewußt und öffentlich gegen Papst und König stellten.
-
 
-Natürlich ist das Autodafe im engeren Sinne ein Begriff der spanischen Neuzeit, aber die Massenhinrichtungen und -verbrennungen von Katharern waren m.E.materiell davon nicht mal graduell zu unterscheiden.

Nun; auf der Ebene wären wir dann jedoch bei Massenverbrennungen - ich würde nicht gleich so weit gehen, es sogar auf Massenhinrichtungen zu ziehen - allgemein. Und damit dann weder explizit mittelalterlich noch explizit neuzeitlich...

-Gerade in den Katharerkriegen waren die verfeindeten Lager keineswegs konfessionell homogen. Sowohl in Beziers als auch in Minerve, Carcassonne und Toulouse kämpften katharische und katholische Stadtbürger gemeinsam gegen die Angreifer ---und wurde anschließend auch gemeinsam massakriert.
Nicht nur die Grafen von Toulouse sondern auch die von Aragon und die Trenceval und viele andere Feudalherren , die auf Seiten der Katharer kämpften waren Katholiken .

Dir ist aber schon bewußt, wie mein dahingehender Einwand gemeint war?
Ein Hinweis: Ich sprach da von den Blöcken i.S.v. Machtblöcken...

-Was die von Dir zitierten Sonderechte betrifft,so blieben die nicht erhalten,sondern wurden nach Beendigung der Kriege neu vergeben und zwar an die Parteigänger der Krone, wie z.B. die Bischöfe von Albi und Narbonne.Da kann von Kontinuität keine Rede sein.

Hatte ich irgendwo etwas von Kontinuität geschrieben?
OK; das "behielt Sonderrechte" war mißverständlich, sollte jedoch nicht i.S.v. "blieben erhalten" verstanden werden...

-Interessant ist tatsächlich die Haltung der beiden großen Ritterorden zum Krieg und deren Begründung für die Nichtteilnahme, da diese sich damit bewußt und öffentlich gegen Papst und König stellten.
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Dem könnte ich nun wieder entgegenhalten: eigentlich doch so interessant oder gar ungewöhnlich oder unerwartet nicht. Zeigten doch ein ebensolches Verhalten beide Orden bereits im Vierten Kreuzzug, wo sie sich vom Heeresbann trennten, als klar wurde, daß es schon bei Zara gegen Christen ging.
 
Dir ist aber schon bewußt, wie mein dahingehender Einwand gemeint war?
Ein Hinweis: Ich sprach da von den Blöcken i.S.v. Machtblöcken...

Nun ja,Du stelltest die mangelnde konfessionelle Homogenität der einzelnen Lager(Machtblöcke bei neuzeitlichen Konfessionskriegen im Gegensatz zu einer konfessionellen Homogenität der beiden Lager im Katharerkrieg heraus....und genau das war zumindest auf der okzitanischen Seite keineswegs der Fall und zwar weder an der Führungsspitze noch an der Basis.

eigentlich doch so interessant oder gar ungewöhnlich oder unerwartet nicht.
was die Orden betrifft,so war Zara eine andere Konstellation. Dessen Eroberung war von vornherein nicht durch den päpstlichen Kreuzzugsaufruf gedeckt sondern lediglich ein Zugeständnis der Kreuzfahrer an Venedig.
Im Gegensatz dazu haben wir beim Katharerkrieg einen direkten päpstlichen Kreuzzugsaufruf und entsprechend starke päpstliche Interessen. Und die Orden waren dem Papst unterstellt..."meuterten" hier also de facto gegen ihren nominellen Oberbefehlshaber,
 
Da Du heute Geburtstag hast, möchte ich einmal versuchen, allzu scharfe Worte zu vermeiden...
:friends:

Nun ja,Du stelltest die mangelnde konfessionelle Homogenität der einzelnen Lager(Machtblöcke bei neuzeitlichen Konfessionskriegen im Gegensatz zu einer konfessionellen Homogenität der beiden Lager im Katharerkrieg heraus....und genau das war zumindest auf der okzitanischen Seite keineswegs der Fall und zwar weder an der Führungsspitze noch an der Basis.

Wir reden aneinander vorbei - was aber v.a. auch meine Schuld ist...

Klar; wir haben bei den Katharerkriegen - ob wir es auf den Albigenserkreuzzug beschränken oder nicht, ist irrelevant - zwei gegeneinander stehende Machtblöcke: hier die Gefolgsschaft von König und Amtskirche, dort die Häretiker.
Ein Häretiker - das sagt die Definition - zeichnet sich durch sein Abweichen von der Kirche aus, welcher er vorher einmal angehörte; und wer sich auf Seiten des Abweichlers stellt und gar auf seiner Seite gegen die Kirche kämpft, wird damit selbst de facto zu einem solchen (nach dem damals geltenden Recht drohte einem Landesherrn bereits die Exkommunikation, wenn er es nur unterließ, Häretiker zu bestrafen (Gefangennahme, Einziehen von Besitz und Eigentum)).
Der einzige Punkt, der hier offen bleibt und bei genauerem Nachdenken sogar mit einem weiteren Fragezeichen zu versehen ist, wäre dabei der, ob wir überhaupt so einfach von Konfessionen sprechen können bzw. sollten.

Denn: Hatten wir im 13. Jh. überhaupt bereits eine Konfessionalisierung?
Nein; Konfessionalisierung kennzeichnet einen bestimmten historischen Zeitraum - und zwar von der 1. Hälfte des 16.Jh. bis etwa 1648. Deswegen nennen Historiker diese Epoche auch konfessionelles Zeitalter, Zeitalter des Konfessionalismus, Konfessionsbildung, Zeitalter der Glaubensspaltung, Zeitalter der Glaubenskämpfe.

Die mittelalterliche Kirche war eine Universalkirche, die im westlichen Europa dem römisch-lateinischen Ritus folgte, und noch keine Bekenntniskirche - erst das Konzil von Trient 1545/63 legte (etwas lax ausgedrückt) fest, was zum katholischen Bekenntnis gehörte und was nicht -, auch wenn die römisch-katholische Kirche konsequent dieser Traditionslinie folgt.
Anm.: Beim Morgenländischen Schisma von 1054 trennte sich die lateinische Kirche von den Kirchen, welche den anderen altkirchlichen Riten (Konstantinopel, Alexandria, Antiochia, Jerusalem) folgten. Die fünf Patriarchate der Alten Kirche aber lassen sich dennoch v.a. als eins charakterisieren - nämlich als Teile der chalkedonischen Universalkirche. Mit Konfessionen oder gar Konfessionalisierung hat das jedoch nichts zu tun - einmal abgesehen davon, daß sich eigentlich jede heutige Kirche genaugenommen sowohl als orthodox (rechtgläubig) wie auch als katholisch (allgemeingültig) wie auch als evangelisch (auf das Evangelium zurückgehend) verstehen wird.

was die Orden betrifft,so war Zara eine andere Konstellation. Dessen Eroberung war von vornherein nicht durch den päpstlichen Kreuzzugsaufruf gedeckt sondern lediglich ein Zugeständnis der Kreuzfahrer an Venedig...

... was mir durchaus bekannt war und ich auch nirgendwo bestritten hatte.
Doch wir reden erneut aneinander vorbei: es geht um das Grundsätzliche und Prinzipielle.

Im Gegensatz dazu haben wir beim Katharerkrieg einen direkten päpstlichen Kreuzzugsaufruf und entsprechend starke päpstliche Interessen. Und die Orden waren dem Papst unterstellt..."meuterten" hier also de facto gegen ihren nominellen Oberbefehlshaber,

Glücklicherweise hast Du "meutern" selbst in "" gesetzt, denn das trifft es in keinster Weise: die Meister selbst ließen den Papst recht unverblümt wissen, daß auch Häretiker und Exkommunizierte noch immer Christen seien und die Ordensritter als milites christi angetreten waren, um gegen die Ungläubigen zu kämpfen (und das schloß weder Häretiker noch Exkommunizierte ein - genausowenig wie die Christen des Osten und des Orients).
 
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Da Du heute Geburtstag hast, möchte ich einmal versuchen, allzu scharfe Worte zu vermeiden...
Zu gütig, lieber timo, und daher will auch ich mich einer freundlichen Ausdrucksweise befleissigen und auch nicht bemängeln,daß Du nicht auf meine Argumente einhgehst.:D
Dennoch meine ich,daß Du mit solchen Sätzen
zwei gegeneinander stehende Machtblöcke: hier die Gefolgsschaft von König und Amtskirche, dort die Häretiker
die Problematik der Katharerkriege zu eindimensional darstellst.
Wir haben hier m.E. neben dem religiösen Konflikt Katharer-römische Amtskirche auch die politische Frontstellung Konigreich Frankreich gegen Toulouse und Aragon nebst ihren Verbündeten und letztlich auch den kulturellen Gegensatz Okzitanien /Nordfrankreich. Insofern ist der Katharerkrieg schon vergleichbar mit dem 30jährigen Krieg, bei dem der religiöse Konflikt auch nur ein Teilaspekt von vielen war.

Ich glaube auch,daß Du nicht ganz im Ziel liegst, wenn Du die Katharer als bloße Häretiker im Gegensatz zu den Konfessionen der Reformation siehst,Die Katharer hatten eine Glaubensgemeinschaft mit eigener Theologie und eigener klerikaler Hierarchie aufgebaut,die in Westeuropa so erfolgreich war., daß sie eine echte Konkurrenz zur Papstkirche darstellte. Wir haben es hier also mit einer religiösen Gemeinschaft zu tun,die sich nicht nur im Ritus,sondern auch in theologischen Grundaussagen von Rom unterschied und damit de facto durchaus konfessioneller Natur war, selbst wenn sich der Begriff streng genommen erst auf die nachreformatorische Zeit bezieht.
Insoweit finden wir im Katharerkrieg bereits die Strukturen und Handlungsmuster ,die wir aus dem 17.Jahrhundert kennen.
 
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