Süddeutsche Kelten - von den Germanen verdrängt?

Pope

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Ich lese immer noch, z.B. bezüglich der Boier (Boii, Bojer), dass die germanische Südbewegung für die Wanderung mancher Keltenstämme verantwortlich gemacht wird.

1. Ich dachte, dass die Oppida bereits vor der Ankunft der Germanen geräumt waren.

2. Gerade die Boier vermochten es, sich gegen so mächtige Völker wie die Etrusker und Römer lange zu behaupten und sich über halb Südosteuropa zu verbreiten, sollen aber vor den Germanen des 2. Jahrhunderts geflohen sein?

Anschlussfrage: gibt es denn überhaupt einen ansatzweise schlüssigen Grund, warum die Boier derart rastlos waren?
 
Hallo,
Eindeutige Anzeichen von Kämpfen zwischen Germanen und Kelten gibt es nicht.
Auch nicht in Deutschland. In Deutschland gibt es zwar Spuren von Siedlungen die abgebrannt worden sind. Aber warum es keine Spuren gibt, die auf Kämpfe zwischen Kelten und Germanen gibt, kann man sich nicht erklären...
Vermutlich wurden die Siedlungen schon vor der Ankunft der Germanen von den Kelten selbst niedergebrannt, als sie beschlossen hatten nach Westen zu ziehen. Was sie nach Westen drang wird man sich vielleicht nie erklären können.
Vielleicht hatten die keltischen Krieger Bayern verlassen um ihren helvetischen und rätischen Brüdern in den Alpen im Kampfe gegen die Römer zu helfen.
Die in Bayern übrig gebliebene kampfuntaugliche Bevölkerung hatte das Land freiwillig verlassen und zog ins Sichere Gallien (so die Vermutung eines Hystoriker und Germanisten)

Oder waren die Boier selbst ein Keltogermanisches oder gar ein germanisches Volk, das sich der keltischen Sprache und Kultur anpasste, (schließlich hatten diese beiden Völker sehr viele Gemeinsamkeiten) und eine noch bessere Heimat suchten?

Denn der Name Bayern (Bayuwaren) leitet sich letztendlich vom Stammesnamen der Boier ab..

Und die in Dänemark siedelnden Teutonen, die man für Germanen hält, waren vermutlich ebenfalls keltischen Ursprungs (denn Teuta ist ein keltisches Wort)

Wenn das möglich war, kann es ja auch gewesen sein, dass die Boier ein "keltisches Volk germanischen Ursprungs" gewesen seien,
sowie die Teutonen ein Germanenvolk keltischen Ursprungs..
 
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Hystoriker?

Kommt das Wort "Hystoriker" eigentlich vom griechischen "Hysteros" für Gebärmutter? Sind das die, die bei Nachfragen "hysterisch" werden?
:rofl:
 
naja, die Kimbern waren angeblich von der Halbinsel Jütland. Teuta und Teuto als beides keltisch, ich weiß nicht. Es gab auch eine illyrische Prenzessin Theuta.
Vielleicht sind sie aber alle nur deswegen zwei Häuser weiter, weil die Äcker ausgelaugt waren und das Gras beim Nachbarn grüner
 
In wie weit könnten, bezüglich der "Wanderungen" der Kelten, auch die Suche nach Rohstoffen eine Rolle gespielt haben?
In siedlungsfeindlichen Gebieten, wie z.B. Schwarzwald, hat man einige kleinere keltische 'Anlagen' (weiß nicht, wie man das richtig nennt..) gefunden und zumindest zum Teil mit Erzprospektoren in Verbindung gebracht. Stimmt das?
 
Die keltischen Wanderungen (das hört sich immer so gemütlich an....) der Zeit von ca 390 bis ca 200 v.Chr., der sogenannten Mittleren La Tène Zeit, hat wohl nichts mit der Suche nach Rohstoffen zu tun.
Ein momentaner Erklärungsansatz ist die aus der Pollenanalyse erkennbare, deutliche Verschlechterung der Wetterlage in dieser Zeit. Missernten und Hunger scheinen da dahinter zu stehen...

Das Ende der Keltischen Besiedlung in Süddeutschland im 1. vorchristlichen Jahrhundert bleibt immer noch rätselhaft.
Eine genaue Analyse der Fibeln durch Fr. Prof. Rieckhoff zeigt offenbar, dass die spätesten Fibeln nach LT D2a fallen, LT D2b fehlt für Süddeutschland offenbar völlig.
Oder auf nichtprofessorisch, die Besiedlung endet wohl schon in Zeit von ca 90/80 v.Chr.
Die Oppidakultur (Manching etc.) endet offenbar doch etwas früher, als bisher angenommen.

Was auch noch auffällt, ist, dass Weinamphoren und damit der Import von Wein für die Begüterten der Spätlatenezeit, schon etwas früher aussetzt.
Daraus kann man folgern, dass entweder die „Elite“ der Oppidakultur wegzog, oder, vielleicht einfacher, auch hier ein wirtschaftlicher Niedergang erfolgt, der zu einem Wegzug führte.
Nachfolgende Besiedlung durch Menschen germanischen Kulturausdrucks ist (noch) nicht feststellbar.

Offenbar stimmt aber der Eindruck der „Boiereinöde“ der Römer, die so um 15.v.Chr in Süddeutschland eintrafen wohl doch....
Es bleibt spannend...

Thomas
 
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In wie weit könnten, bezüglich der "Wanderungen" der Kelten, auch die Suche nach Rohstoffen eine Rolle gespielt haben? In siedlungsfeindlichen Gebieten, wie z.B. Schwarzwald, hat man einige kleinere keltische 'Anlagen' (weiß nicht, wie man das richtig nennt..) gefunden und zumindest zum Teil mit Erzprospektoren in Verbindung gebracht. Stimmt das?

Die Erzvorkommen im Flußgebiet der Breg wurden bereits deutlich früher, in der jüngeren Eisenzeit erschlossen. Damals siedelten sich Kelten auf dem Kapf an und errichteten für ihren verstorbenen Fürsten mit dem Maglalenenberg immerhin das größte Fürstengrab der Hallstattzeit. Da das oberflächige Erz aber nicht alzu ergiebig war, verliesen die Kelten bereits nach einem halben Jahrhundert (ca. 600-550) wieder das Gebiet und wanderten weiter. Danach siedelten dann erst wieder Römer in dieser Region.

Also spielte die Rohstoffsuche zumindest eine bedeutende Rolle bei den Wanderungen der frühen Kelten, aber wie bereits gesagt nicht für die Zeit der Boiereinöde.
 
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@Witege, jetzt kommen Begriffe durcheinander. Hallstatt ist ältere Eisenzeit. Der hier diskutierte Zeitraum um Christi Geburt herum ist dann jüngere Eisenzeit.
 
In wie weit könnten, bezüglich der "Wanderungen" der Kelten, auch die Suche nach Rohstoffen eine Rolle gespielt haben?
In siedlungsfeindlichen Gebieten, wie z.B. Schwarzwald, hat man einige kleinere keltische 'Anlagen' (weiß nicht, wie man das richtig nennt..) gefunden und zumindest zum Teil mit Erzprospektoren in Verbindung gebracht. Stimmt das?


Die Schwäbische Alb war in der "Keltenzeit" relativ dicht besiedelt. Die Bohnerze im Jura, abgebaut bis in die 1870er Jahre, als die Eisenbahn unsere Gegend erreichte, sind bekannt. Es sind zum Teil bis heute riesige Schlackenfelder festzustellen. Inzwischen hat man auch einzelne Schmelzöfen nachweisen können. Die Zuordnung ist extrem schwierig, da verbesserte Schmelzverfahren immer dazu führten, dass zuerst mal der Abraum vergangener Zeiten durch den Ofen gejagt wurde.

Nun gibt es Lokal-Historiker die ein keltisches "Schwerindustriezentrum" auf der Alb vermuten.
 
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