Die soziale Lage der Frau in der Industrialisierung (aus der Arbeiterschaft)

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Gast

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Hallo,
ich soll bald eine GFS zu diesem interessanten thema halten, nur leider konnte ich bisher nur sehr wenig dazu finden. Es sollte sich wenn möglich um die deutsche Lage handeln. Wäre nett wenn ihr mir ein paar infos oder quellen( im inet oder auch bücher) geben könntet. Vielen dank schonmal :)
 
vielen Dank!

Was meinst du mit Maggi genau? Dass sie das Kochen für die Frauen erleichtert haben? :D
 
vielen Dank!

Was meinst du mit Maggi genau? Dass sie das Kochen für die Frauen erleichtert haben? :D

Das ist das eine, man musste für eine Suppe nicht einen mordio Aufwand treiben (war so auch schnell zubereitet), zum anderen kann ein Kind (das genug alt ist und verantwortungsvoll mit Feuer/Herd umgehen kann) selbst eine Suppe zubereiten. Somit konnten sich die Kinder selbst versorgen, vielleicht noch ein Würstchen rein (falls das Geld gereicht hat) und etwas Brot, und die Mama konnte später aus der Fabrik oder braucht über Mittag gar nicht nach hause zu kommen. Ein mir bekannter Historiker sagte, dass solche Erfindungen die Welt mehr revolutioniert haben als viele andere Sachen.
 
Deine Theorie zu den Maggi-Fertigsuppen in allen Ehren Megatrend, die daraus gezogenen Schlüsse passen allerdings nicht wirklich. Zuerst war die Mangelernährung der Fabrikarbeiter, die auf zu wenig, wenig nahrhaftes und kein warmes Essen zurückgeführt wurde. Klar Mangelerscheinungen hat, wer allgemein zu wenig oder aber zu wenig gesundes Essen isst. Ob die Nahrung jetzt aber warm oder kalt ist, ist ziemlich egal. Das Problem lag eher darin, dass gesundes und nahrhaftes Essen für Fabrikarbeiter zu teuer war.

Eine Chemiebombe, vergleichbar zu den Leguminosensuppen, die Maggi um die Jahrhundertwende vertrieb, ändert allerdings nichts an den Ursachen der Mangelernährung, nämlich kein für Arbeiter bezahlbares gesundes Essen, sondern kaschiert lediglich die Symptome. Kaschieren deshalb, weil besagte Chemiebomben durch entsprechende Salze (direkt in den ersten Suppen von Maggi auch die berühmten Geschmacksverstärker) ordentlich aufschwemmen, "man" schaut also weniger verhungert aus. Gesünder leben tut man aber trotzdem nicht.

Was den "mordio Aufwand" betrifft: eine stinknormale Brühe macht keinen Aufwand, die kocht von ganz alleine, der muss man noch nicht mal gut zureden.
 
Deine Theorie zu den Maggi-Fertigsuppen in allen Ehren Megatrend, die daraus gezogenen Schlüsse passen allerdings nicht wirklich. Zuerst war die Mangelernährung der Fabrikarbeiter, die auf zu wenig, wenig nahrhaftes und kein warmes Essen zurückgeführt wurde. Klar Mangelerscheinungen hat, wer allgemein zu wenig oder aber zu wenig gesundes Essen isst. Ob die Nahrung jetzt aber warm oder kalt ist, ist ziemlich egal. Das Problem lag eher darin, dass gesundes und nahrhaftes Essen für Fabrikarbeiter zu teuer war.

Eine Chemiebombe, vergleichbar zu den Leguminosensuppen, die Maggi um die Jahrhundertwende vertrieb, ändert allerdings nichts an den Ursachen der Mangelernährung, nämlich kein für Arbeiter bezahlbares gesundes Essen, sondern kaschiert lediglich die Symptome. Kaschieren deshalb, weil besagte Chemiebomben durch entsprechende Salze (direkt in den ersten Suppen von Maggi auch die berühmten Geschmacksverstärker) ordentlich aufschwemmen, "man" schaut also weniger verhungert aus. Gesünder leben tut man aber trotzdem nicht.

Habe ich behauptet, dass man sich damals gesund ernährt hat? Habe ich behauptet, dass es damals keine Unterernährung gab? Habe ich behauptet, dass ich es gut finde, wenn die Mutter auswärts arbeiten geht und sich niemand um die Kinder kümmert?:autsch:Das sind eben genau die Konsequenzen...

Was den "mordio Aufwand" betrifft: eine stinknormale Brühe macht keinen Aufwand, die kocht von ganz alleine, der muss man noch nicht mal gut zureden.

Eine Fleischbrühe muss man sehr lange kochen/ziehen lassen, damit sie einen einigermassen Fleischgeschmack hat. Desweiteren muss man das entsprechende Fleisch haben (was damals beim Nicht-Vorhandensein von Kühlschränken wohl schwierig war).
 
Und das Arme-Leute-Essen schlechthin: Brotsuppe, um es gehaltvoller zu machen mit Ei-Einlage. Mein Vater liebte sie mit Knoblauch, so kannte er sie aus der Heimat.

Und in fast jede Suppe meiner Oma gehörte eine Mehlschwitze, um sie anzudicken und gehaltvoller zu machen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh je und was haben dann die berufstätigen Frauen bzw. Muttis in der DDR gemacht?

Maggi gab es ja im Osten nicht.:grübel:

Ah doch, es gab die Bino Speisewürze, mmhhh lecker, mit Abfällen aus der Igelit-Produktion als Zutaten, aber leider auch krebseregend.
 
Oh je und was haben dann die berufstätigen Frauen bzw. Muttis in der DDR gemacht?

Maggi gab es ja im Osten nicht.:grübel:

Ah doch, es gab die Bino Speisewürze, mmhhh lecker, mit Abfällen aus der Igelit-Produktion als Zutaten, aber leider auch krebseregend.

o.t.

@Köbis17

Lief die Entwicklung von "Bino-Speisewürze" nicht unter dem Tarnnamen "Onib" bei einem hier nicht näher zu benennden Geheimdienst?

M. :winke:
 
Habe ich behauptet, dass man sich damals gesund ernährt hat? Habe ich behauptet, dass es damals keine Unterernährung gab? Habe ich behauptet, dass ich es gut finde, wenn die Mutter auswärts arbeiten geht und sich niemand um die Kinder kümmert?:autsch:Das sind eben genau die Konsequenzen...
Nein, du stellst vielmehr einen direkten Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit der Frau und der Erfindung des Suppenwürfels her und dieser Sachverhalt ist nun mal nicht gegeben. Frauen haben auch schon vor 1908 gearbeitet und die Familien haben trotzdem gegessen. Mein Beitrag sollte eher dazu dienen, aufzuzeigen, dass die Herleitung zum einen hinkt und zum anderen mit der Erfindung des Suppenwürfels die Ursache ignoriert wurde und nur an den Symptomen gedocktert wurde, wobei man damit - wie so oft, wenn die Ursachen ignoriert werden - die Auswirkungen nur verschlimmert hat.

Eine Fleischbrühe muss man sehr lange kochen/ziehen lassen, damit sie einen einigermassen Fleischgeschmack hat. Desweiteren muss man das entsprechende Fleisch haben (was damals beim Nicht-Vorhandensein von Kühlschränken wohl schwierig war).
Ich vermute mal, du kochst nicht so oft. Eine Brühe ist so ziemlich das leichteste was man kochen kann, wurscht ob nun Fleisch-, Knochen-, Gemüse-, Hühner-, Fisch- oder Sonstwasbrühe. Wasser in den Topf, jeweilige Einlage zum Auskochen rein, aufkochen und auf kleiner Flamme gut 90 Minuten kochen. That it is. Da muss man noch nicht mal umrühren. Das geht quasi nebenbei und "Abfälle" werden auch noch verwertet, also bspw. Knochen, oder billigstes Fleisch (selbst die alte Milchkuh geht noch als Suppenfleisch und man kann das ausgekochte Fleisch danach sogar noch essen) oder aber günstiges und gut haltbares Wurzel- und Wintergemüse. Die Suppe lässt sich immer wieder aufwärmen und damit auch gut vorbereiten oder auf Vorrat kochen und gewinnt dabei sogar noch an Geschmack, sie lässt sich leicht abwandeln, je nach Einlage, also wo war nochmal der Zusammenhang zum Brühwürfel und der Berufstätigkeit der Frau? Nein, sorry, man kann zwar viel konstruieren und unterstellen, die Suppenwürfel-Berufstätigkeits-Theorie passt aber nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, du stellst vielmehr einen direkten Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit der Frau und der Erfindung des Suppenwürfels her und dieser Sachverhalt ist nun mal nicht gegeben. Frauen haben auch schon vor 1908 gearbeitet und die Familien haben trotzdem gegessen.

:motz:Jetzt verdrehst Du mir die Worte im Mund: ich habe auch nie behauptet, dass die Frauen vorher nicht gearbeitet haben! Ich habe bloss angetönt, dass es mit der Einführung der Suppenwürfel eine Vereinfachung gab (welche logischerweise auch Konsequenzen gehabt hat). Wären die Suppenwürfel nicht ein Bedürfnis gewesen, dann hätten sie sich nicht durchgesetzt. Heute gibt es noch (zwar meist nicht als Würfel) Fertigsuppen, Fertigsaucen (in Pulverform) en Masse.

Ich vermute mal, du kochst nicht so oft.

Vermuten kann man viel: 1 - 2 Mal im Tag, bin Hobbykoch, Spezialiäten wie Lasagne verde al forno, Ungarisch Gulasch, Käsefondue mit speziell auserwähltem Käse, mexikanische Spezialitäten, Currygerichte, Kalbssteak mit Morchelsauce, Armagnac-Pastete, etc...
Auch Sachen wie Kalbsfonds habe ich zubereitet.

Eine Brühe ist so ziemlich das leichteste was man kochen kann, wurscht ob nun Fleisch-, Knochen-, Gemüse-, Hühner-, Fisch- oder Sonstwasbrühe. Wasser in den Topf, jeweilige Einlage zum Auskochen rein, aufkochen und auf kleiner Flamme gut Minuten kochen. That it is. Da muss man noch nicht mal umrühren. Das geht quasi nebenbei und "Abfälle" werden auch noch verwertet, also bspw. Knochen, oder billigstes Fleisch (selbst die alte Milchkuh geht noch als Suppenfleisch und man kann das ausgekochte Fleisch danach sogar noch essen) oder aber günstiges und gut haltbares Wurzel- und Wintergemüse.

Ich wiederhole mich ungern: damals gab es noch keine Kühlschränke, und Fleisch, das über 5 Grad Celsius gelagert wird, verdirbt meistens rasch; wenn es z.B. gepökelt ist, dann vielleicht etwas besser. Aber in der Regel verwendet man für Fleischbrühe kein Pökelfleisch. Ebenso Gemüse: probiere mal, Gemüse im Hochsommer ohne Kühlschrank aufzubewahren! => wenn man einen eigenen Garten hat, dann kann man es frisch pflücken und sofort verwerten, dann ist es nicht so ein Problem. Auch Fleisch, dass in der Suppe ist, kann verderben, wenn man es bei sommerlichen Temperaturen von vielleicht geschätzten Temperaturen von 15 Grad Celsius im Keller aufbewahrt (während es draussen tagsüber vielleicht 25 - 30 Grad ist). Dies passiert mit Suppenwürfeln nicht.

Zudem braucht es einen ziemlich reich gefächerten Gemüsegarten, um das ganze Jahr durch ernten zu können; dies ist auch mit ziemlich Aufwand verbunden.
 
Wären die Suppenwürfel nicht ein Bedürfnis gewesen, dann hätten sie sich nicht durchgesetzt. Heute gibt es noch (zwar meist nicht als Würfel) Fertigsuppen, Fertigsaucen (in Pulverform) en Masse.

Bedürfnis ist immer so eine Sache. Gibt es ein Bedürfnis an Pfannkuchenteig aus der Flasche? Eigentlich nicht, was ist einfacher als Ei, Milch, Salz und Mehl vielleicht mit ein wenig Zucker zu verquirlen? Trotzdem wird's verkauft. Und der Suppenwürfel ersetzt ja nicht den Inhalt der Suppe. Er "würzt" letztlich nur. Das kann man mit ein wenig Liebstöckel, Salz, Pfeffer, Petersilienwurzel, (Chili), Sellerie etc. auch selber hinbekommen. Das Gemüse - die Einlage - muss eh in die Suppe.

Ich wiederhole mich ungern: damals gab es noch keine Kühlschränke, und Fleisch, das über 5 Grad Celsius gelagert wird, verdirbt meistens rasch; wenn es z.B. gepökelt ist, dann vielleicht etwas besser.

Fleisch ist Luxus. Das haben wir nur in Zeiten von Massentierhaltung etc. vergessen. Eine Arbeiterfamilie hatte, wenn sie Glück hatte, eine Ziege (die "Bergmannskuh") und ein paar Tauben (das "Rennpferd des kleinen Mannes") oder Hühner, vielleicht auch mal als ganz seltene Ausnahme ein Schwein oder eine Kuh.

zudem braucht es einen ziemlich reich gefächerten Gemüsegarten, um das ganze Jahr durch ernten zu können; dies ist auch mit ziemlich Aufwand verbunden.

Gerade zu Arbeiterhaushalten gehört aber auch der Gemüsegarten.
 
:motz:Jetzt verdrehst Du mir die Worte im Mund: ich habe auch nie behauptet, dass die Frauen vorher nicht gearbeitet haben!Ich habe bloss angetönt, dass es mit der Einführung der Suppenwürfel eine Vereinfachung gab (welche logischerweise auch Konsequenzen gehabt hat).
Fragt sich nur, wer hier wem die Worte im Mund herumdreht... Du stellst einen direkten Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit der Frau und der Erfindung des Suppenwürfels her. (und jetzt schreibe ich nichts mehr weiter dazu, sonst "verdrehe" ich dir wieder die Worte im Mund)

Wären die Suppenwürfel nicht ein Bedürfnis gewesen, dann hätten sie sich nicht durchgesetzt.
Ein Bedürfnis wars wohl nicht, eher eine Möglichkeit Geld zu machen, weil Menschen mit geeigneter Werbung (und da war Maggi von anfang an ganz groß) eben alles glauben und damit auch kaufen.

Vermuten kann man viel: 1 - 2 Mal im Tag, bin Hobbykoch, Spezialiäten wie Lasagne verde al forno, Ungarisch Gulasch, Käsefondue mit speziell auserwähltem Käse, mexikanische Spezialitäten, Currygerichte, Kalbssteak mit Morchelsauce, Armagnac-Pastete, etc...
Auch Sachen wie Kalbsfonds habe ich zubereitet.
Und warum tust du dann so, als wäre Brühe kochen ungefähr so herausfordernd wie die Zubereitung eines Fugu?

Ich wiederhole mich ungern: damals gab es noch keine Kühlschränke, und Fleisch, das über 5 Grad Celsius gelagert wird, verdirbt meistens rasch; wenn es z.B. gepökelt ist, dann vielleicht etwas besser.
Und wenn es in Wasser unter Zugabe diverser Kräuter und mit Gemüse gekocht wird.... Hast ne lecker Brühe und das Fleisch hält völlig ohne Kühlschrank mehrere Tage.

Ebenso Gemüse: probiere mal, Gemüse im Hochsommer ohne Kühlschrank aufzubewahren!
Mein Suppengemüse, also Karotten, Selerie, Lauch und Kohlrabi bewahre ich ganzjährig nicht im Kühlschrank auf. Klappt wunderbar und hält mehrere Wochen.

Dies passiert mit Suppenwürfeln nicht.
Man kann doch keine Brühwürfelsuppe ohne irgendwas weiter essen. Da kannst ja gleich heißes Wasser mit Salz und Pfeffer trinken. Das drüfte vom Nährwert auf das gleiche rauslaufen. Die Einlage brauchts trotzdem, bei der selbst gekochten Brühe ist sie halt ab Kochbeginn schon drin.

Zudem braucht es einen ziemlich reich gefächerten Gemüsegarten, um das ganze Jahr durch ernten zu können; dies ist auch mit ziemlich Aufwand verbunden.
Das klassische Suppengemüse lässt sich genauso wie Kartoffeln oder Äpfel ohne Probleme den ganzen Winter über lagern. Nur weil wir entsprechendes Angebot aus Neuseeland etc. gewohnt sind, war das nicht zu jeder Zeit so und trotzdem gab es ganzjährig Obst und Gemüse zu essen.
 
Als um 1800 die "soziale Frage" häufiger gestellt wurde, wunderten sich manche Zeitgenossen darüber, dass die ärmsten Fabrikarbeiter, die elendesten Landarbeiter Geld übrig zu haben schienen, um echten Kaffee zu trinken. Den verlängerten sie mit Zichorie und tranken ihn morgens, mittags und abends, worüber sich bereits 1788 ein Zeitgenosse aus der Schweiz aufregte.

Dass zur selben Zeit in Lyon und Paris Hungerrevolten ausbrachen, war die Kehrseite der medaille. Nach 1800, vor allem während des Pauperismus hatten immer größere Teile des Proletariats immer weniger zu essen.

Die Trilogie der Arbeiternahrung war Schnaps, Kaffee und Kartoffeln.

Dass der Kaffee auf dem Speisezettel der Arbeiter stand, lag aber weniger an der Genusssucht des darbenden Proletariats- Im Gegenteil: Zeitdruck und mangelnde hauswirtschaftliche Kenntnisse der Arbeiterinnen, die von Kindesbeinen in den Fabriken oder in Heimarbeit beschäftigt waren und gar nicht die Gelegenheit hatten, einen Haushalt "ordnungsgemäß" zu führen, war der Grund.

Kaffee war Droge und Lebensmittel zugleich, er stimulierte, gab ein warmes Gefühl im Bauch, und wenn man Brot hineinbrockte, sugegerierte er sogar ein gewisses Sättingungsgefühl. In Nordfriesland ernährten sich die Klöplerinnen fast nur von Kaffee und Brot. Im Heimgewerbe wurde im Erzgebirge 12- 16 Stunden gearbeitet. Ähnlich ging es bei den schlesischen Webern zu. Auf dem Speisezettel standen um 1860 Kartoffeln, wenig Brot, 50 g Butter in der Woche, Heringe, Salz, Roggen (zum rösten), Zichorie und Bohnenkaffee. Warum tranken Weber, die 20 Jahre brauchten, bis sie am Hunger krepierten, echten Bohnenkaffee? Um die allernötigsten Groschen zu verdienen, war für die Zubereitung einer warmen Mittagsmahlzeit keine Zeit. Als letztes Reizmittel für die geschwächten Mägen wurde Kaffee getrunken, der wenigstens das Hungergefühl dämpfte.

Diese Leiden linderte noch stärker ein anderes Präparat, das sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei britischen Arbeitern verbreitete- das Opium. Während 1 Pfund bengalisches Opium um 1800 noch eine Guinea kostete und türkisches noch teurer war, so bürgerte sich dank den Aktivitäten der East India Company der Opiumgebrauch in Europa ein, nachdem der chinesische Markt übersättigt war, und immer mehr Opiumpräparate nach Europa importiert wurden. Thomas de Quincey berichtete, dass um 1830 Opium bereits billiger, als Schnaps war und granweise von Manchester Apothekern verkauft wurde. Der Gebrauch von Opiaten war weder rezeptpflichtig, wurde sogar mit mehr Toleranz betrachtet, als der Alkoholismus. Karl Marx wusste recht gut, wovon er sprach, wenn er sagte: "Die religion sei Opium für das Volk.

Doch noch mal zurück zum Kaffee, den schlesischen Webern und dem Hochkapitalismus: Der Hintergrund des Kaffeekonsums war noch ein anderer: Die in Schlesien hergestellten Leinwandballen wurden via Hamburg nach Lateinamerika exportiert. Die Waren wurden mit Zucker und Kaffee bezahlt, und die Leinwandhändler erhielten kein Geld, sondern wurden in diesen Waren bezahlt. Die Kolonialware Kaffee wurde im bargeldlosen warenaustaiusch an die Weberfamilien abgegeben. Aus der Leinwand wurde Arbeitskleidung für Sklaven hergestellt.

Das kulturgeschichtliche Fazit aus dieser frühen Form der Globalisierung lautete:
Die Sklaven auf den Kaffeeplantagen Brasiliens und Santo Domingo trugen Leinen, das in der Oberlausitz und in Schlesien hergestellt wurde von Proletariern, die de facto ebenfalls "Kaffeesklaven" waren, nur raffinierter ausgebeutet werden konnten, denn einen Sklaven durfte man zwar ungestraft auspeitschen oder töten, musste ihn aber immerhin ernähren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Ernährung finde ich schon einen interessanten Aspekt. Recht gute Einblicke in die Kalkulationen eines Haushaltes liefert der Reprint von "Das häusliche Glück" nach einem Original aus dem späten 19.Jh..*

* Richard Blank(Hrsg.):
"Das häusliche Glück - vollständiger Haushaltungsunterricht nebst Anleitung zum Kochen für Arbeiterfrauen zugleich ein nützliches Hülfsbuch für alle Frauen und Mädchen, die "billig und gut" haushalten lernen wollen."
Reprint nach dem Original von 1882, Rogner & Berhard GmbH & Co Verlags KG, München, 1975
 
Karl Marx wusste recht gut, wovon er sprach, wenn er sagte: "Die religion sei Opium für das Volk.

"Opium des Volkes", um ganz genau zu sein... ;)

Ansonsten kann och Deinem Beitrag nur zustimmen; ein hartes Leben lässt sich vermutlich besoffen leichter ertragen als nüchtern, selbst wenn dann noch weniger auf den Tisch kommt. Interessant fand ich das mit dem Kaffee, war mir so nciht bewusst; erinnert mich aber an den Koka-Gebrauch in Südamerika. Da galt das früher als "heiliges Kraut" (bzw gilt es manchen heute noch), weil es Müdigkeit und Hunger unterdrückt und damit die Leistungsfähigkeit steigert.
 
Coca hat aber noch einen ganz anderen Effekt: Es hilft gegen die Höhenkrankheit in den höheren Regionen der Anden. Es ist daher in den Andenstaaten in den Andenprovinzen legal.
Problematisch wird es dort, wo daraus Kokain und Pasta Base hergestellt werden. (Pasta base ist eigentlich ein Abfallprodukt der Kokainherstellung, wird aber von der ärmeren Bevölkerung gerne benutzt).
 
Coca hat aber noch einen ganz anderen Effekt: Es hilft gegen die Höhenkrankheit in den höheren Regionen der Anden. Es ist daher in den Andenstaaten in den Andenprovinzen legal.

Sicher, das kommt dazu, gerade für Toruis, die diese Höhe nicht von Klein auf gewöhnt sind; liegt wohl v.a. daran, dass es den Kreislauf anregt. (Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. :) )

Unterdrückung von Müdigkeit und Hungergefühl stehen aber mWn* für die dort heimische Bevölkerung im Vordergrund, an die Höhe sind die gewöhnt bzw akklimatisiert.

EDIT & P.S.: Legal ist es in den betreffenden Staaten tatsächlich; Koka-Tee bzw Koka-Blätter sind in Peru so alltäglich wie hier Kaffee oder Kamillentee. Nur ausführen darf man es in keiner Form...

* Das Wissen stammt aus einer Reise in peruanische Hochland, ist also zu guten Teilen subjektiv bzw beruht auf subjetiven Aussagen dortiger menschen.
 
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