Troia und der Untergang der Stadt

Gestern lief auf Phoenix eine Dokumentation, die sich damit beschäftigte, wann in der Geschichte mit List etwas erreicht wurde/zu erreichen versucht wurde.
Ein Beitrag in diesem Film widmete sich Troia und dem troianischen Pferd. Interessant fand ich hier die These eines Professors der Universität zu Tübingen, die besagt, obwohl Troia durch ein Erdbeben vernichtet worden sein soll - Risse in der Stadtmauer lassen darauf schliessen - , dass Homers Geschichte vom troianischen Pferd genau davon erzählt. Zunächst sei wichtig, dass in Troia selbst das Pferd sehr wichtig war (wirtschaftlich...), doch dann kommt der interessante Punkt: Da das Pferd ein Attribut für Poseidon war und dieser erstens gekränkt war, weil er beim Aufbau der Stadt seinen "Kollegen" nicht helfen durfte, und zweitens auch für Erdbeben zuständig war, soll das troianische Pferd ein Bild für das Erdbeben gewesen sein, das Troia vernichtete.

Hat jemand von euch die Doku gesehen und habe ich alles richtig verstanden? Was haltet ihr von der These?

Die Sage soll keinen historischen Kern haben. Die These dieses Professors ist ziemlich weit hergeholt.
 
Professor Dieter Hertel vertritt in seinen Buch „Troia“ die Ansicht, dass keine historische Schlacht die Grundlage für die Sage bildete, sondern ganz einfach die Besiedlung Troias durch die Griechen, die ab dem 11. Jh. v. Chr. einsetze.
 
Die luwischen Einwohner werden ihre Stadt aber wohl kaum freiwillig geräumt und den Griechen zur Ansiedlung überlassen haben.
 
@rafael und lemming:

Die These dieses Professors ist nicht "weit hergeholt", sondern beschäftigt die Wissenschaft schon seit 150 Jahren.
Tatsächlich ist Poseidon als "Erderschütterer" verehrt worden, man hätte ihm also ein solches Beben mit anschliessender Feuersbrunst durchaus zugeschrieben. Ausserdem wären Flutwellen ein Zeichen von Poseidons Zorn gewesen.
Sonderbar ist nur, dass die Illias den Vorgang dann nicht wie eine Naturkatastrophe beschreibt. Allerdings kann man hier auch "dichterische Freiheit" unterstellen.

Sicher scheint mir, dass diese Sage - wie eigentlich alle Sagen - einen wahren Kern haben muss, wie genau der auch aussehen sollte. Ich gehe davon aus, dass die Geschichte über eine sehr lange Zeit überliefert wurde, bevor sie - meinetwegen von Homer - niedergeschrieben wurde.
Das Pferd wird in Anatolien in der Mittelbronzezeit eingeführt, auch für die "rossenährende Argolis" wird damit erst nach der Domestizierung eine Möglichkeit gegeben sein. Damit wäre ein "terminus post quem" gegeben, also ein frühester Zeitpunkt, in dem die Geschichte spielen könnte.

Den bisherigen Überlegungen zur zeitlichen Ansiedlung des trojanischen Krieges in den Schichten von Troja stehe ich skeptisch gegenüber, es muss eben nicht die Schicht aus der Zeit Homers gewesen sein, um die sich die Geschichte dreht.
Aus verschiedenen Überlegungen heraus habe ich kein Problem damit, mir in einer aristokratisch geprägten Gesellschaft mit den "Bänkelsängern" als Überlieferungsstrang auch mehrere Jahrhunderte (und damit mehrere Schichten von Troja) als Zeitspanne vorzustellen. Damit kämen wir dann schon an die Grenze der Mittelbronzezeit - ohne Probleme. Ich kann das gerne auch näher ausführen und belegen, falls es ausser mir jemanden interessiert.

Die Frage, was genau das antike Troja zerstört hat, werden wir in absehbarer Zeit leider nicht beantworten können. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Griechen es miterlebt haben, sei es auch eher "zufällig", ist nach der Überlieferung sehr hoch. Und das hohe Ansehen von Illias und Odyssee im antiken Griechenland spricht dafür, dass man der Geschichte eine hohe Bedeutung beigemessen hat.
"Wie immer stehen wir betroffen, der Vorhang zu und alle Fragen - offen."
 
Ob die luwische Stadt Wilusa mit Troia identifiziert werden kann, ist höchst zweifelhaft.

Zweifeln darf man immer aber seit dem Homerkongress der im Juli 2000 in Genua stattfand herrscht zumindest unter einem Teil der Homerforscher und Hethitologen Einigkeit über die Gleichsetzung von Wilusa und Troja. [1]
Schon in der Ilias selbst wird der Machtbereich des trojanischen Königs relativ genau festgesetzt. Dieser Bereich entspricht grundsätzlich der Ausdehnung des Landes Wilusa welches wir im Vertrag zwischen Muwattalli und Alaksandu erkennen. In diesem Gebiet befindet sich nur eine prähistorische Großruine die den Dimensionen der von Homer umschriebenen Stadt entspricht und zwar eben jene Ruine auf dem Hügel Hisarlık. [2]

Im Allgemeinen befinden wir uns aber bei diesem Thema mittenin einer verbissen und zu oft auch polemisch geführten Diskussion zwischen zwei Lagern. Auf der einen Seite stehen die Althistoriker hinter Frank Kolb, zu dessen Befürwortern auch Hertel gehört, und auf der anderen Seite sind die Unterstützer des inzwische verstorbenen Manfred Korfmann denen der von mir zitierte Latacz zur Seite steht.

Professor Dieter Hertel vertritt in seinen Buch „Troia“ die Ansicht, dass keine historische Schlacht die Grundlage für die Sage bildete, sondern ganz einfach die Besiedlung Troias durch die Griechen, die ab dem 11. Jh. v. Chr. einsetze.


Hertel macht es sich sehr einfach indem er Funde für sein Argument hin interpretiert. Daß aber eine absolut konfliktfreie Übername „Troias“ stattfand, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Latacz geht auch von vielen Troianischen Krigen aus. Also stellt sich auch die Frage ob nicht einzelne kriegerische Aktionen einfach unter dem Label „Troianischer Krieg“ zusammengefasst wurden. Immerhin umfasst der gesamte Konflikt auch einen Zeitraum von zehn Jahren, in denen von Achill auch etliche andere Städte zerstört werden (wenn dies auch nur am Rande erwähnt wird). Damit wird die Zeit der Seevölker, in der es im gesamten östlichen Mittelmeerraum zu Konflikten kam, eigentlich sehr gut umschrieben.

[1] Latacz Joachim: Homer Troia/Ilios: Erfindung oder bewahrte Erinnerung?, In: Traum und Wirklichkeit . Troia, Archeologisches Landesmuseum Baden-Würtenberg, Stuttgart 2001, S. 28 (Latacz verallgemeinert hier stärker. Wie aber weiter unten erläutert wird gibt es nur in einem, wenn auch bedeutendem Teillager Einigkeit.)

[2] Latacz Joachim: Wilusa (Wilios/Troia). Zentrum eines hethitischen Gliedstaates in Nordwest-Kleinasien, Basel 2002, S.6
 
Zuletzt bearbeitet:
Die luwischen Einwohner werden ihre Stadt aber wohl kaum freiwillig geräumt und den Griechen zur Ansiedlung überlassen haben.

Weiss eigentlich jemand, ob Homer in seiner Iliade von irgendwelchen Übersetzern berichtet, die bei der Kommunikation zwischen Griechen und Trojanern im Allgemeinen aushelfen mussten?

Wurde irgendwo davon berichtet, das man sich im Bereich Diplomatie oder sogar auf dem Schlachtfeld nicht verstand / Kommunikationsprobleme auftraten?
 
das man sich ... sogar auf dem Schlachtfeld nicht verstand / Kommunikationsprobleme auftraten?

τὸν πρότερος προσέειπε μέγας κορυθαίολος Ἕκτωρ·
οὔ σ’ ἔτι Πηλέος υἱὲ φοβήσομαι, ὡς τὸ πάρος περ
τρὶς περὶ ἄστυ μέγα Πριάμου δίον, οὐδέ ποτ' ἔτλην
μεῖναι ἐπερχόμενον· νῦν αὖτέ με θυμὸς ἀνῆκε
στήμεναι ἀντία σεῖο· ἕλοιμί κεν ἤ κεν ἁλοίην.
ἀλλ' ἄγε δεῦρο θεοὺς ἐπιδώμεθα· τοὶ γὰρ ἄριστοι
μάρτυροι ἔσσονται καὶ ἐπίσκοποι ἁρμονιάων·
οὐ γὰρ ἐγώ σ’ ἔκπαγλον ἀεικιῶ, αἴ κεν ἐμοὶ Ζεὺς
δώῃ καμμονίην, σὴν δὲ ψυχὴν ἀφέλωμαι·
ἀλλ' ἐπεὶ ἄρ κέ σε συλήσω κλυτὰ τεύχε' Ἀχιλλεῦ
νεκρὸν Ἀχαιοῖσιν δώσω πάλιν· ὣς δὲ σὺ ῥέζειν.

Τὸν δ' ἄρ' ὑπόδρα ἰδὼν προσέφη πόδας ὠκὺς Ἀχιλλεύς·
Ἕκτορ μή μοι ἄλαστε συνημοσύνας ἀγόρευε·
ὡς οὐκ ἔστι λέουσι καὶ ἀνδράσιν ὅρκια πιστά,
οὐδὲ λύκοι τε καὶ ἄρνες ὁμόφρονα θυμὸν ἔχουσιν,
ἀλλὰ κακὰ φρονέουσι διαμπερὲς ἀλλήλοισιν,
 
"Hector," he cried, "my son, stay not to face this man alone and unsupported, or you will meet death at the hands of the son of Peleus, for he is mightier than you.

Ἕκτορ μή μοι μίμνε φίλον τέκος ἀνέρα τοῦτον
οἶος ἄνευθ' ἄλλων, ἵνα μὴ τάχα πότμον ἐπίσπῃς
Πηλεΐωνι δαμείς, ἐπεὶ ἦ πολὺ φέρτερός ἐστι 40
σχέτλιος·

Priamos warnt seinen Sohn Hektor vor dem Kampf gegen Achilleus, den Sohn des Peuleus.
 
Priamos warnt seinen Sohn Hektor vor dem Kampf gegen Achilleus, den Sohn des Peuleus.

Nun, Hektor und Priamos werden sich wohl problemlos verständigt haben.

Die Stelle oben betrifft den ersten (dramaturgisch konstruierten?) Dialog zwischen Hektor und Achilleus, vor dem Kampf. Da gab es jedenfalls keinerlei Verständigungsprobleme. :winke:
 
Nun, Hektor und Priamos werden sich wohl problemlos verständigt haben.

Haben sie das auf Luwisch getan ? Gibt es dafür Indizien ?

Die Stelle oben betrifft den ersten (dramaturgisch konstruierten?) Dialog zwischen Hektor und Achilleus, vor dem Kampf. Da gab es jedenfalls keinerlei Verständigungsprobleme. :winke:

Danke für die verspätete Aufklärung.

War Hektor nun ein Luwier und Achilleus ein Grieche ?
 
Haben sie das auf Luwisch getan ? Gibt es dafür Indizien?
Ist das wichtig, bei Vater und Sohn?

War Hektor nun ein Luwier und Achilleus ein Grieche?
Möglicherweise der eine, sehr wahrscheinlich nach der Beschreibung der andere :winke:
Erstaunlicherweise tauschen sie sich vor dem Kampf aus, wie so manche zuvor. Vielleicht ist das aber auch den 10 Jahren geschuldet, in denen sich Verständigung bestimmt trainieren läßt.
 
Mein Senf zur Verständigung:
Es wird beschrieben, wie das Heer eingeteilt wird. Dabei erhalten die verschiedenen "Völker" jeweils eine Art Anführer, unter anderem, weil sie unterschiedliche Sprachen sprechen, schon innerhalb des einen Heeres. Es folgt also eine Gruppe des Heeres ihrem Anführer, der auch ihre Sprache spricht, denn nur den verstehen sie.
Stellen aus der Ilias dafür hab ich grad noch gesucht: 2, 362ff. für die Achaier, 2, 803ff. für die Troer und da steht auch das mit der Sprache. Hach herrlich, in der Uni lernt man was... *g*

Die Anführer kommunizieren miteinander (das sind im Grunde die Helden) und sind sehr mobil, während der Großteil der Soldaten anonyme Masse bleibt (die einzigen die da mal raustreten sind die Helden und ihr nächstes Gefolge, also persönliche Freunde...)

Wir haben also eine Masse, eingeteilt in Gruppen nach Sprache, Herkunft usw. mit jeweiligem Anführer und die "hochwohlgeborenen" Anführer sind durch ihre herausgehobene "soziale Stellung" gegenüber dem Fußvolk und auch weil sie ja sogar die Götter persönlich kennen ;) sicherlich mit umfassenden Fremdsprachkenntnissen ausgestattet, so dass sie einfach so untereinander und mit den Anführern des anderen Heeres kommunizieren können.


Ich hab auch mal eine Frage:red: : Ich versuche gerade rauszunfinden, warum der trojanische Krieg (egal ob echt oder nicht) eigentlich in eine bestimmte Zeit (um 1200 v.Chr.) datiert werden kann? Gibt es da eindeutige Hinweise in der Ilias? (ich lese sie grade, aber das dauert und dauert) Oder gibt es da andere Quellen mit genauen Zeitangaben? Wär schön, wenn mir mal jemand nen Tipp geben könnte. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab auch mal eine Frage:red: : Ich versuche gerade rauszunfinden, warum der trojanische Krieg (egal ob echt oder nicht) eigentlich in eine bestimmte Zeit (um 1200 v.Chr.) datiert werden kann? Gibt es da eindeutige Hinweise in der Ilias? (ich lese sie grade, aber das dauert und dauert) Oder gibt es da andere Quellen mit genauen Zeitangaben? Wär schön, wenn mir mal jemand nen Tipp geben könnte. :winke:

Das sind schon die antiken Autoren, die das vorschlagen:

"As for the date of the war itself, most calculations varied between around 1250 BC in Herodotus and 1135 BC in Ephorus; the earliest was 1334 BC in Doulis of Samos, the most influential the date arrived at by the librarian of Alexandria, Eratosthenes (1184-1183 BC)." Michael Wood, In search of the Trojan War. Berkeley, LA 1998, S. 28.
 
Zitat von Water
Wir haben also eine Masse, eingeteilt in Gruppen nach Sprache, Herkunft usw. mit jeweiligem Anführer und die "hochwohlgeborenen" Anführer sind durch ihre herausgehobene "soziale Stellung" gegenüber dem Fußvolk und auch weil sie ja sogar die Götter persönlich kennen sicherlich mit umfassenden Fremdsprachkenntnissen ausgestattet, so dass sie einfach so untereinander und mit den Anführern des anderen Heeres kommunizieren können.

Zitat von Silesia
Möglicherweise der eine, sehr wahrscheinlich nach der Beschreibung der andere
Erstaunlicherweise tauschen sie sich vor dem Kampf aus, wie so manche zuvor. Vielleicht ist das aber auch den 10 Jahren geschuldet, in denen sich Verständigung bestimmt trainieren läßt.

Das erinnert mich an das Makedonien Thema. Da gibt es auch einige, die sagen, das nur die makedonischen Fürsten in ihrer Eigenschaft als Diplomaten und ihrer besonderer Stellung wegen Griechisch für die Kommunikation benötigten.

Die Hellenisierung hüben wie drüben mag schon als ein Interessantes Phänomen erscheinen, was natürlich über einen längeren Zeitraum der Koexistenz (vgl. thrakische Hellenisierung) usw. erfolgen kann.
 
Mein Senf zur Verständigung:
Es wird beschrieben, wie das Heer eingeteilt wird. Dabei erhalten die verschiedenen "Völker" jeweils eine Art Anführer, unter anderem, weil sie unterschiedliche Sprachen sprechen, schon innerhalb des einen Heeres. Es folgt also eine Gruppe des Heeres ihrem Anführer, der auch ihre Sprache spricht, denn nur den verstehen sie.
Stellen aus der Ilias dafür hab ich grad noch gesucht: 2, 362ff. für die Achaier, 2, 803ff. für die Troer und da steht auch das mit der Sprache. Hach herrlich, in der Uni lernt man was... *g*
Bei den Verbündeten der Troer ist es klar, dass sie unterschiedliche Sprachen gesprochen haben, schließlich stammten sie aus halb Kleinasien und Thrakien. Aber 2 ,362 ff. kann ich nicht entnehmen, dass die Griechen verschiedene Sprachen gesprochen hätten.
 
Nee, deswegen schrieb ich ja, bei den Troern steht das mit den Sprachen. War vielleicht verwirrend formuliert.
Das andere ist eher für die Einteilung und diese Anführersache. Hab dann später bemerkt, dass da nichts mit Sprachen steht. Wollte eher darauf hinaus, dass anscheinend überhaupt nur wenige kommuniziert haben.
 
Nee, deswegen schrieb ich ja, bei den Troern steht das mit den Sprachen. War vielleicht verwirrend formuliert.
Das andere ist eher für die Einteilung und diese Anführersache. Hab dann später bemerkt, dass da nichts mit Sprachen steht. Wollte eher darauf hinaus, dass anscheinend überhaupt nur wenige kommuniziert haben.

Hast du aus 803ff geschlossen, das die Sprache des gemeinen trojanischen Volkes unabhängig von den Lykern, Dardanern (die als Bündnispartner fungierten) usw. zwingend eine nichtgriechische gewesen sein muss ?
 
Zurück
Oben