Kulturkampf Österreich

naddeline

Neues Mitglied
Was waren die Auswirkungen/Ergebnis des österreichischen Kulturkampfes?? Kann man überhaupt von einem Kulturkampf sprechen, wenn man ihn mit Deutschland vergleicht? Was kann man als Fazit des österreichischen Kulturkampfes sagen? ist der Kulturkampf erst mit dem Konkordat 1933 beendet oder gab es 2 Kulturkämpfe?

Antworten oder Links zu dem Thema wären echt super... Danke schon mal im voraus... :winke:
 
Ich bin zwar Österreicher, weiß aber trotzdem nicht, was Du mit "Kulturkampf" in Bezug auf Österreich konkret meinst. Einen "Kulturkampf" wie im Deutschen Reich unter Bismarck gab es in Österreich nicht. Natürlich gab es auch in Österreich politische Kräfte (v. a. Liberale und Sozialdemokraten), die den Einfluss des Katholizismus zurückdrängen wollten, aber das nahm keine Ausmaße wie in Deutschland an, zumal Österreich weitgehend katholisch war (und in der Monarchie einen katholischen Kaiser hatte) und nicht konfessionell geteilt wie Deutschland.

Aber wenn, dann war dieser "Kulturkampf" in Österreich mit dem Konkordat von 1933 nicht beendet. Nach 1945 war nämlich heftig umstritten, ob es überhaupt noch gelte. Die Vertreter der "Okkupationstheorie" (vor allem Konservative) waren der Ansicht, dass Österreich 1938 vom Deutschen Reich nur besetzt worden sei, aber nicht als Staat zu bestehen aufgehört habe. Daher gelte auch das Konkordat weiter. Die Vertreter der "Annektionstheorie" (vor allem Sozialisten) waren der Ansicht, dass Österreich 1938 als Staat untergegangen und 1945 neu gegründet worden sei, daher sei auch das Konkordat 1938 erloschen. Zum bisher letzten Mal wurde dieser Streit in den 90ern durch den damaligen sozialdemokratischen Minister Caspar Einem aufgewärmt.
 
Danke für die Antwort!! Ich habe im Verlauf meiner Recherchen zu meinem Referat (Kulturkampf in der habsburger Monarchie) herausgefunden, dass es durchaus einen Kulturkampf in Österreich. Dieser fie,l wie sie schon erwähnt haben, durchaus milder, im Vergleich zu Deutschland, aus hatte aber durchaus Tendenzen eines Kulturkampfes.
Es geht um die Diskussionen um das Konkordat 1855, welches 1870 aufgehoben wurde.
Ich habe mit dem Tod Pius IX aufgehört und sitze nun am Fazit des Österreichischen Kulturkampfes.
In ihm habe ich auch erwähnt, dass der Kulturkampf in Österreich sehr milde ausfällt. Rudiegier ist in diesem Zusammenhang als einziger radikaler kirchlicher Widerstand zu nennen.
als Gründe habe ich die Person Franz Joseph I und dessen "Vatikanfreundlichkeit" erwähnt. Auch der geringe Widerstand der katholischen Kirche ist nicht von minderer Bedeutung.
Was hat eigentlich die Los-von-Rom-Bewegung mit der ganzen Sache zu tun?? Was sollte ich noch in das Fazit schreiben??? Danke für die ehrliche und prompte Antwort....
 
Hinter der "Los-von-Rom-Bewegung" steckten die Deutschnationalen um Georg von Schönerer & Co. Sie hatte im Wesentlichen zwei Hintergründe: Auf der einen Seite wollten die Deutschnationalen nicht von Rom aus gesteuert werden, sondern bevorzugten eine nationale Landeskirche, weswegen sie die evangelische Kirche, teilweise auch die altkatholische Kirche, favorisierten. Auf der anderen Seite waren die katholische Kirche und die katholisch geprägten politischen Parteien vergleichsweise minderheitenfreundlich eingestellt und unterstützten Maßnahmen zugunsten der nichtdeutschen Ethnien in Österreich. Das passte den Deutschnationalen auch nicht, weswegen sie den Einfluss der Katholizismus brechen wollten.

Du hast recht, natürlich gab es auch in Österreich kulturkämpferische Tendenzen, aber sie hatten keine echte Chance. Immerhin war der Kaiser Katholik, und die Erzbischöfe hatten feste Sitze im Herrenhaus (einem der beiden Häuser des österreichischen Reichsrats, vergleichbar dem britischen House of Lords), die Bischöfe feste Sitze in den Landtagen. Auch die Christlichsoziale Partei und die Katholische Volkspartei, zwei der wichtigsten Parteien, waren katholisch ausgerichtet, und der Katholizismus war in weiten Teilen der Bevölkerung, vor allem im ländlichen Raum, fest verankert. Geschwächt wurden die Kulturkämpfer auch durch politische Reformen, nämlich die Verbreiterung des Wahlrechts, das in mehreren Reformschritten immer weiteren Bevölkerungskreisen zugänglich wurde, bis schließlich 1907 das allgemeine gleiche Männerwahlrecht eingeführt wurde. In den ersten Wahlen nach dem Zensuswahlrecht hatten noch die Liberalen und Deutschnationalen dominiert, weil damals noch in erster Linie (neben Großgrundbesitzern) die städtische Oberschicht wahlberechtigt gewesen war, unter der liberale und deutschnationale Ansichten besonders verbreitet waren.

Dass das Konkordat von 1855 aufgehoben wurde, hatte nur teilweise mit dem Kulturkampf zu tun, sondern da steckten auch die österreichischen Bischöfe selbst dahinter, die mit den Ergebnissen des Ersten Vatikanischen Konzils unzufrieden waren.
 
Worum ging es dann im "Kulturkampf"??? Die Liberalen beseitigen die privilegierte Stellung der Kirche durch das Staatsgrundgesetz 1867, es folgen die Maigesetze 68 und das Volksschulgesetz 69. Als Höhepunkt habe ich das Aufheben des Konkordats 70 erwähnt und dessen formelle Kündigung durch das Gesetz zur Regelung des äußeren Rechtsverhältnisses der katholischen Kirche. Daraufhin läutet Franz Joseph eine gemilderte Linie in der Kirchenpolitik ein und verwehrt weitere "kirchenfeindliche" Gesetze, woraufhin sich das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ab 78 wieder normalisiert. So ist grob der Verlauf des "Kulturkampfes" zusammengefasst!
Jetzt weiß ich nicht ob ich mit meinem Verlauf des Kulturkampfes richtig liege... es ist schwer etwas auszusagen, dass man nicht klar und eindeutig definieren kann. Überall in der Geschichte lassen sich Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche entdecken, immer wieder gibt und gab es Tendenzen Staat und Kirche voneinander zu trennen und ihre Rolle im Weltgeschehen eindeutig einzugrenzen. Ich muss gestehen ich bin verwirrter, als zuvor... fällt ihnen vielleicht spontan eine Frage ein, welche man dem Plenum in diesem Zusammenhang (der Kulturkampf in Österreich) stellen kann?? Ich habe mir überlegt ,dass meine Kollegen selber eine Aussage darüber treffen sollen, was das Fazit des österreichischen Kulturkampf ist... habe aber das Gefühl, dass ich dafür viel zu oberflächlich auf das Thema eingehe, da ich nur 25 min hab und es in beiden Ländern, also in Österreich und Ungarn, Tendenzen von einem Kulturkampf gab, auf die ich eingehen muss.... bieten sich aktuelle fragenthemen an?? naja... nochmals danke!!
 
Nur so als ferner Rat, mein Mitdiskutant Ravenik hilft Dir da aus österreichischer Sicht bestimmt viel besser.

Überleg, welcher "Paukenschlag" das Vaticanum I war. Hinzu kam der Untergang des Vatikanstaates. Kirchen- und staatsrechtlich eine kaum überschaubare Lage.

M.
 
Naddeline, Deine Verwirrung kann ich gut begreifen. "Kulturkampf" ist nun einmal ein schwammiger Begriff, und einen Beginn und ein Ende kann man datumsmäßig auch nicht festlegen. Wenn man will, kann man auch die josephinischen Reformen teilweise bereits als Kulturkampf bezeichnen. Ein Enddatum gibt es erst recht nicht. Wenn z. B. in den 90ern das "Liberale Forum" forderte, den Religionsunterricht an den Schulen durch einen Ethikunterricht zu ersetzen, dann ist das auch eine Form von Kulturkampf. Letztlich handelt es sich immer um Kulturkampf, wenn es darum geht, den Einfluss der katholischen Konfession zurückzudrängen oder auszubauen.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Ausdruck in der österreichischen Geschichtsschreibung nicht so eingebürgert hat wie in der deutschen, wo man unter Kulturkampf einfach den unter Bismarck versteht.
 
bedeutet dies, dass ein "echter" Kulturkampf immer ein abgeschlossener zeitlicher Vorgang ist?? Es sind einfach Formen, welche immer wieder einmal auftreten, weil es die Zeit herausfordert.. So könnte doch die Fragestellung lauten: "Kann man den Begriff Kulturkampf in Zusammenhang mit dem österreichischen Kulturkampf eindeutig definieren?"
 
Kulturkampf ist eben normalerweise nichts zeitlich Abgeschlossenes. Der deutsche "Kulturkampf" ist nur insofern ein Sonderfall, als darunter im allgemeinen Sprachgebrauch eine bestimmte Phase des Kulturkampfes, nämlich die unter Bismarck, bezeichnet wird. In Österreich hingegen hat sich der Ausdruck nie für eine bestimmte Phase explizit eingebürgert.
 
Aber hat sich nicht erst durch die deutschen Vorgängen der Begriff Kulturkampf in seiner heutigen Bedeutung eingebürgert!? Ich habe das so verstanden, dass der Kulturkampf ein Ideal ist an dem ich die anderen Auseinandersetzungen gegenüberstellen muss und dann abwäge ob es sich um einen Kulturkampf handelt oder nicht...
 
lieber M.
ich weiß immer noch nicht wie ich alles unter einen Hut bringen soll.... hinzu kommt der ungarische Kulturkampf, der auch keiner war, aber trotzdem Kulturkampf genannt wird^^
naja... enweder ich hab alles so wie meine Dozentin es hören will oder ich liege vollkommen daneben...
Fällt dir vielleicht eine frage ein, die man stellen kann???
Danke für euere Mithilfe!!!!!
 
@naddeline

Du hast doch alles auf dem "Schirm", Konkordat von 1855 usw., siehe Deine Postings. Ravenik hat Dir die Hilfestellung "Kulturkampf Österreich" im Vergleich zum "Kulturkampf" in Deutschland gegeben. Also vergleiche z.B. die Ergebnisse des "Kulturkampfes" in Österreich/Ungarn und im DR. Du selbst beschreibst die Ergebnisse des "Kulturkampfes" in Österreich als "milde". Da hast Du doch bei einer vergleichenden Darstellung zum DR schon einen Ansatzpunkt (z.B. Stellung zur Zivilehe, "Personenstandswesen" kirchlich oder weltlich (?), der Einfluß auf die Schulen, Verhältnis Staat versus katholische Kirche, waren in Österreich Bischhofsitze vakant (?), und zwar aus politischen Gründen usw.).

Ich kenne Dein Plenum nicht, wäre ich an Deiner Stelle wäre meine Frage: "Welche Auswirkung hatte das Ergebins des Vaticanum I auf die Beziehung zwischen der Kirche und dem österreichisch-ungarischen Staat?"

Aber da mußt Du echt fit sein:

- Rezeptionsgeschichte des Vaticanum I in Österreich-Ungarn
- Teilnahme von österreichischen und ungarischen Bischhöfen am Vaticanum I
- Stellungnahme der k.u.k Regierung zur Aufhebung des Kirchenstaates
- säkulare Tendenzen in der Bürokratie seit 1870, dazu hat Ravenik schon was geschrieben
- das Verhältnis zwischen Kukanien, der Kirche und dem modernen Italien
- der Katholizismus als "einendes Band"
- usw.

Keep cool. Nur der hat keine Angst vor einer Prüfung, der eh nichts gemacht hat und Du hast viel gemacht. ;)

M.
 
ja mich hab auch schon an eine ähnliche Fragestellung gedacht, aber das Problem ist, dass das Seminar nur Kulturkampf heißt und wir uns bisher nur auf Deutschland beschränkt haben... naja und ich bin bis dato die einzige Referentin , die über den Kulturkampf in einem anderen land referieren muss. Ich glaube ich würde die anderen mit einer solchen Frage überfordern, außerdem sitzt mir noch das Zeitproblem (25 min) im Nacken, wodurch ich gezwungen bin eher an der Oberfläche zu bleiben, anstatt in die Tiefe zu gehen und so den Zuhörern Antwortmöglichkeiten auf die Frage zu geben....
hab eher daran gedacht eine Frage in die Richtung der Definitionsmöglichkeit von Kulurkampf zu gehen... könnte interessant werden!!! Hoff ich...
 
Aber wenn, dann war dieser "Kulturkampf" in Österreich mit dem Konkordat von 1933 nicht beendet. Nach 1945 war nämlich heftig umstritten, ob es überhaupt noch gelte. Die Vertreter der "Okkupationstheorie" (vor allem Konservative) waren der Ansicht, dass Österreich 1938 vom Deutschen Reich nur besetzt worden sei, aber nicht als Staat zu bestehen aufgehört habe. Daher gelte auch das Konkordat weiter. Die Vertreter der "Annektionstheorie" (vor allem Sozialisten) waren der Ansicht, dass Österreich 1938 als Staat untergegangen und 1945 neu gegründet worden sei, daher sei auch das Konkordat 1938 erloschen. Zum bisher letzten Mal wurde dieser Streit in den 90ern durch den damaligen sozialdemokratischen Minister Caspar Einem aufgewärmt.

Die Annektionstheorie ist seit dem Staatsvertrag von 1955 obsolet, allerdings wurde das Konkordat von 1933 nie verfassungskonform vom Nationalrat ratifiziert. Die sozialdemokratischen Abgeordneten und der Verfassungsgerichtshof wurden vom austrofaschistischem Regime mit Hilfe des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes entmachtet. Dieses erlaubte der Regierung allerdings nur "während der Dauer der durch den Krieg hervorgerufenen außerordentlichen Verhältnisse durch Verordnung die notwendigen Verfügungen zur Förderung und Wiederaufrichtung des wirtschaftlichen Lebens zur Abwehr wirtschaftlicher Schädigungen und zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und anderen Bedarfsgegenständen zu treffen."
 
Es gibt aber auch noch einige andere zur Ständestaatszeit erlassene Gesetze, deren Gültigkeit trotzdem nicht bezweifelt wird.
 
Meines Wissens beginnt die österreichische Verfassung nicht mit den Worten:

„Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung.“

Und das Konkordat war Bestandteil dieser Verfassung.

 
Darauf kommt es nicht an. Es gibt auch noch genug Gesetze, die in der Monarchie erlassen wurden, darunter so wichtige wie das "Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch" oder die "Zivilprozessordnung". Verfassungen ändern sich, entscheidend ist die Rechtskontinuität des Staates.
 
Es gibt auch noch genug Gesetze, die in der Monarchie erlassen wurden, darunter so wichtige wie das "Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch" oder die "Zivilprozessordnung".

Dafür gibt es auch eine verfassungsrechtliche Grundlage:

Verfassungsgesetz betreffend den Übergang zur bundesstaatlichen Verfassung:

§ 1. Alle Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) des Staates - einschließlich der Reichsgesetze des ehemaligen Staates Österreich, die gemäß § 16 des Beschlusses über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. Oktober 1918, St. G. Bl. Nr. 1, für die Republik in Geltung gesetzt wurden - sowie alle Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) der Länder gelten weiter, insoweit sie nicht mit den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Oktober 1920, St. G. Bl. Nr. 450, womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird (Bundes-Verfassungsgesetz), in Widerspruch stehen.

Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich
vom 30. Oktober 1918 über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt:

§ 16 – Insoweit Gesetze und Einrichtungen, die in den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern in Kraft stehen, durch diesen Beschluß nicht aufgehoben oder abgeändert sind, bleiben sie bis auf weiteres in vorläufiger Geltung.
 
Zurück
Oben