Rembrandts Selbstporträts

Nergal

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Habe eine Zusammenstellung von den Selbstbildnissen Rembrandts angesehen, dabei fiel mir auf dass er auf den Bildrn von ca 1929 und 1934 eine deutlich zu erkennende Halsberge trägt, von ihm weiß ich aber nicht (bzw. habe nichts dazu finden können) dass er irgendeinem Beruf nachging der dies erfordert hätte.
Oder ist die Halsberge damals zu einer Art Modeaccessoire geworden, auch für Leute die mit dem Militär nichts zu tun hatten, auch keine Rüstungen trugen?
Bei den Modeerscheinungen bin ich nicht so sehr bewandert.
 

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Das ist aber keines seiner Selbstportraits...

Hier das Bild aus dem Jahr 1629, auf das sich Nergal vermutlich bezieht:
41_00385439.jpg
 
Die Selbstportraits Rembrandts zeigen ihn in den unterschiedlichsten Rollen, daher vermute ich eher, dass er auch hier mit sich selbst als Motiv gespielt hat und sich in einer Rolle abbildete.
 
Könnte das ihn nicht auch einfach als Mann der Stadtverteidigung zeigen? Waren nicht zu der Zeit noch generell alle Bürger zur Besetzung der Wehren angehalten? :fs:
Auf dem Bild von 1634 irritiert mich ein bisschen die Kopfbedeckung. Aber ich glaube auch solch eine ähnliche schon bei schottischen oder irischen Truppen unter Gustav Adolph gesehen zu haben.
 
Könnte das ihn nicht auch einfach als Mann der Stadtverteidigung zeigen? Waren nicht zu der Zeit noch generell alle Bürger zur Besetzung der Wehren angehalten? :fs:
Generell ja, ob Rembrandt de facto jemals eine Wehr besetzt hat entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Amsterdam hatte zu der Zeit als Rembrandt dort lebte aber bereits eine berufsmäßige Stadtverteildigung. Ich sehe mit der Halsberge ehrlich gesagt eher noch einen Anklang an die spanische Hofmode des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Also ein allgemein hoher Kragen, bei Männern gerne auch als militärisches Zitat aus Eisen und darunter der Spitzenkragen, den man auf beiden Selbstportraits Rembrandts ebenfalls erkennt. Zudem bietet sich gerade auch Metall als Abbildungsgegenstand an, wenn man so wie Rembrandt zu dieser Zeit gerade dabei ist die Chiaroscuro-Malerei zu perfektionieren.

Auf dem Bild von 1634 irritiert mich ein bisschen die Kopfbedeckung.
Das ist ein Barett, das gerade in der frühen Neuzeit und dabei insbesondere in Italien modisch der letzte Schrei war. In der bürgerlichen Mode hielt es sich noch einige Zeit länger, wobei es selbst dort 1634 schon ziemlich altmodisch gewesen sein dürfte.

Aber ich glaube auch solch eine ähnliche schon bei schottischen oder irischen Truppen unter Gustav Adolph gesehen zu haben.
Das würde mich nicht wundern, in Anbetracht dessen wie verbreitet das Barett heute noch bei militärischen Uniformen ist. ;)
 
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Generell ja, ob Rembrandt de facto jemals eine Wehr besetzt hat entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Amsterdam hatte zu der Zeit als Rembrandt dort lebte aber bereits eine berufsmäßige Stadtverteildigung.
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Ich sehe mit der Halsberge ehrlich gesagt eher noch einen Anklang an die spanische Hofmode des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Also ein allgemein hoher Kragen, bei Männern gerne auch als militärisches Zitat aus Eisen und darunter der Spitzenkragen, den man auf beiden Selbstportraits Rembrandts ebenfalls erkennt.
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Wobei eine berufsmäßige Stadtverteidigung und eine Bürgerwehr sich nicht ausschließen. Für eine Stadt wie Amsterdam brauchte man zweifellos eine gewaltige Besatzung, um ernsthaft und effektiv im Kriegsfall die Wälle zu besetzen.
Wachfunktionen an den Toren und an anderen wichtigen Stellen wurden allerdings m.W. im Allgemeinen den professionellen Soldaten oder Wachen überlassen.

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Das verstehe ich nicht ganz.
Was hat denn das mit einer Halsberge zu tun?
Die hohen Krägen gab es noch lange, gerade in Dtl., wohl auch in den Niederlanden.

Also ich denke, der gute Rembrandt war in einer Schützengesellschaft oder sowas. Selbst wenn die Halsbergen und sowas regulär nicht getragen wurden (von Offizieren, wenn ich mich recht entsinne, schon noch), dann lag sowas nicht ganz unwahrscheinlich in der Asservatenkammer rum. Bis ins 20.Jh. wurden in einer Tradition alte Rüstungsteile, z.T. auch aus dem Spätmittelalter, auf Umzügen von Schützengesellschaften noch ausgetragen.
Malerisch sind natürlich Dinge wie Rüstungen sehr interessant, weil voller Herausforderung, v.a. wenn man den Gegensatz zur Struktur der Textilien herausstellen kann - vorrausgesetzt man hat das malerische Talent.
 
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Wobei eine berufsmäßige Stadtverteidigung und eine Bürgerwehr sich nicht ausschließen. Für eine Stadt wie Amsterdam brauchte man zweifellos eine gewaltige Besatzung, um ernsthaft und effektiv im Kriegsfall die Wälle zu besetzen.
Wachfunktionen an den Toren und an anderen wichtigen Stellen wurden allerdings m.W. im Allgemeinen den professionellen Soldaten oder Wachen überlassen.
Das ist klar, ich finde die Stadtverteidigung in dem Zusammenhang einfach ein bisschen weit hergeholt. Aber versuch ruhig mich zu überzeugen. ;)

Das verstehe ich nicht ganz.
Was hat denn das mit einer Halsberge zu tun?
Nun, eben solche Halsbergen (vielleicht nicht unbedingt derart schlicht) wurden eben anstelle des hohen Kragens getragen, so wie hier bei dem Herrn in der Mitte:
1585 spanische Hofmode.jpg
Dazwischen liegen zwar 49 Jahre, in der bürgerlichen Mode erhielten sich Einzelelemente aber deutlich länger als in der Hofmode.

Also ich denke, der gute Rembrandt war in einer Schützengesellschaft oder sowas. Selbst wenn die Halsbergen und sowas regulär nicht getragen wurden (von Offizieren, wenn ich mich recht entsinne, schon noch), dann lag sowas nicht ganz unwahrscheinlich in der Asservatenkammer rum. Bis ins 20.Jh. wurden in einer Tradition alte Rüstungsteile, z.T. auch aus dem Spätmittelalter, auf Umzügen von Schützengesellschaften noch ausgetragen.
Nun, aber gerade deshalb mein Hinweis, dass sich Rembrandt gerne selbst als Modell genutzt hat, um die unterschiedlichsten Studien, seien es Geischtsausdrücke oder eben auch unterschiedliche Rollen und Gewandungen durchzuführen. Er hat sich auch im Stile Raffaels und als Apostel Paulus gemalt und das auch "nur so". Nur weil es zwei Selbstortraits mit Halsberge gibt, sollte man da nicht zu viel hineininterpretieren. Es ist nun mal typisch für Rembrandt sich in den unterschiedlichsten Weisen selbst darzustellen und in der Schaffensphase der späten 20er und frühen 30er des 17. Jahrhunderts hat er sehr stark an der Chiaroscuro-Malerei gearbeitet, was sich auf den Gemälden dieser Zeit insbesondere an der Kombination von Materialen, die Licht unterschiedlich reflektieren, zeigt.
 
Nun, eben solche Halsbergen (vielleicht nicht unbedingt derart schlicht) wurden eben anstelle des hohen Kragens getragen, so wie hier bei dem Herrn in der Mitte:
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Danke für das Bild. Das illustriert in der Tat ganz gut, was Du meinst.:)

Ich hatte nur an originale Wämser aus Stockholm gedacht, die auch noch recht lang nach 1600 einen recht hohen Kragen hatten. Z.T. war der bestimmt auch für die Mode der fließenden Krägen (sind die franz. Ursprungs?) nötig.
File:Charles I (1600-49) in three positions; Anthony Van Dyck (1635).JPG - Wikimedia Commons
Mühlsteinkrägen (auch auf einem anderen Porträt von Charles I. zu sehen), fließende Krägen und auch Krägen wie hier auf dem Gemälde von Rembrandt (mal abgesehen von der Halsberge) existierten jedenfalls nebeneinander her in der 1. Hälfte des 17.Jh..

Hier trägt bspw. Johann Georg I. von Sachsen 1635 eine Halsberge, allerdings auch zu einem modischen Wams aus Leder und einem typischen Hemdskragen der 1630er.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:portr%C3%A4t_Kurf%C3%BCrst_Johann_Georg_I.JPG

Auf dem berühmten Gemälde der Nachtwache von Rembrandt hat der Offizier mit der Partisane auch eine Halsberge. http://de.wikipedia.org/w/index.php...htwacht-1642.jpg&filetimestamp=20081212192735 Der Hemdskragen scheint auch so klein wie auf dem Selbstporträt von Rembrandt.

Das Bild von 1634 wirkt mir, gerade weil man mehr vom Wams sieht, eher historisierend - also vielleicht soll es Rembrandt im Gewandt der ersten Hälfte des 16.Jh. zeigen (?).
 
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Ich hatte nur an originale Wämser aus Stockholm gedacht, die auch noch recht lang nach 1600 einen recht hohen Kragen hatten. Z.T. war der bestimmt auch für die Mode der fließenden Krägen (sind die franz. Ursprungs?) nötig.
File:Charles I (1600-49) in three positions; Anthony Van Dyck (1635).JPG - Wikimedia Commons
Ich meine die Spitzenkrägen müssten flandrischen Ursprungs sein. In Spanien trug man nach der Mühlsteinkrause die Golilla, vergleichbare Spitzenkrägen setzen sich dort erst später durch. Ob die Entwicklung aber wirklich mit dem Gansbauch zusammenhängt, oder ob es nicht einfach den pragmatischen Grund hatte, dass gestärkte und gefältelte Halskrausen unwahrscheinlich unpraktisch sind und man deshalb eine alltagstauglichere Variante in Form eines nur leicht gestärkten Spitzenkragens trug, als die Ausmaße der Krause immer größer wurden und diese sich eben aus bürgerlichen kreisen dann auch am Hof etablierten (quasi eine frühe Form der Proletarisierung der Mode :scheinheilig:) weiß ich ehrlich gesagt nicht. Falls es dir nicht aufgefallen ist: Das verlinkte Bild ist übrigens wieder mal ein Beispiel für Herr mit Ohrring (die rechte Profilabbildung) :winke:

Mühlsteinkrägen (auch auf einem anderen Porträt von Charles I. zu sehen), fließende Krägen und auch Krägen wie hier auf dem Gemälde von Rembrandt (mal abgesehen von der Halsberge) existierten jedenfalls nebeneinander her in der 1. Hälfte des 17.Jh..
Die Mühlsteinkrause wäre klassische spanische Hofmode zu Beginn des 17. Jahrhunderts setzten sich aber nach und nach neuere Einflüsse auf die Mode durch. Sehr entscheidend dabei insbesondere der Dreißigjährige Krieg, weswegen militärische Anklänge in der Mode auch nicht weiter verwunderlich sind: Kleidermode zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges ? Wikipedia Diese Kleidungsentwicklung spiegelte sich dann wiederum bald in der höfischen Mode, wobei Spanien in der Übergangszeit zwischen spanischer und französischer Modeführerschaft zunächst eine Sonderrolle einnahm.

Das Bild von 1634 wirkt mir, gerade weil man mehr vom Wams sieht, eher historisierend - also vielleicht soll es Rembrandt im Gewandt der ersten Hälfte des 16.Jh. zeigen (?).
Es geht auf jeden Fall in die Richtung, die Kleidung wirkt schon sehr altmodisch. kennst du Rembrandts Selbstportrait von 1640? Das ist mehr als nur eindeutig italienische Mode des frühen 16. Jahrhunderts:
Selbstportait 1640
 
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Ob die Entwicklung aber wirklich mit dem Gansbauch zusammenhängt, oder ob es nicht einfach den pragmatischen Grund hatte, dass gestärkte und gefältelte Halskrausen unwahrscheinlich unpraktisch sind und man deshalb eine alltagstauglichere Variante in Form eines nur leicht gestärkten Spitzenkragens trug, als die Ausmaße der Krause immer größer wurden und diese sich eben aus bürgerlichen kreisen dann auch am Hof etablierten (quasi eine frühe Form der Proletarisierung der Mode ) weiß ich ehrlich gesagt nicht.

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Falls es dir nicht aufgefallen ist: Das verlinkte Bild ist übrigens wieder mal ein Beispiel für Herr mit Ohrring (die rechte Profilabbildung) :winke:

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Es geht auf jeden Fall in die Richtung, die Kleidung wirkt schon sehr altmodisch. kennst du Rembrandts Selbstportrait von 1640? Das ist mehr als nur eindeutig italienische Mode des frühen 16. Jahrhunderts:
Selbstportait 1640
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Schonmal in Janet Arnolds Buch zu Mühlsteinkrägen etc. dazu reingeschaut?
"Patterns of Fashion 4: The Cut and Construction of Linen Shirts, Smocks, Neckwear, Headwear and Accessories for Men and Women C. 1540-1660" London 2008

Wobei die liegenden Krägen ja auch schon am Ende des Dreißigjährigen zusehends von den Krawatten abgelöst wurden, was sich dann in der 2. Hälfte des 17.Jh. endgültig zu einem Verschwinden von Hemdskrägen ohne Halsbinden/Krawatten weiterentwickelte.
Von daher sprechen wir ohnehin nur von einem ganz kurzen Zeitfenster zwischen Verschwinden der Mühlsteinkrägen und gesteiften Hemdskrägen (wie hier: Datei:Felipe IV de castaño y plata, by Diego Velázquez.jpg ? Wikipedia wobei da der Kragen recht klein ist) und der allgemeinen "Herrschaft" der Krawatten an den Hälsen.

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Der Ohring sieht auch so aus wie welche aus dem 16.Jh.. :pfeif:

3.
Gesehen habe ich es sicher schonmal. Aber ich merke mir sowas nicht so, weil ich es nicht immer wieder in Katalogen etc. sehe.


Nehmen wir mal das Bild von 1629.
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, warum er sich so abbildete (abgesehen von der großen psychologischen Tiefe, dem (eigenen) Charakterstudium):
1. Er zeigt sich in einem historisierenden Gewand.
Dagegen kann man wenig sagen, dafür aber auch nicht mehr, weil man zu wenig von der Kleidung erkennen kann.
2. Er könnte in einer Rolle, vielleicht die eines Offiziers, auftreten.
3. Er könnte sich in einem Standesporträt darstellen mit dem Stolz eines Bürgers auf seinen sozialen Rang. Selbstbewusste Bürger kennt man ja von einigen Porträts her, auch von Gruppenbildern wie von Rubens.
 
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Schonmal in Janet Arnolds Buch zu Mühlsteinkrägen etc. dazu reingeschaut?
"Patterns of Fashion 4: The Cut and Construction of Linen Shirts, Smocks, Neckwear, Headwear and Accessories for Men and Women C. 1540-1660" London 2008
Nein, aber danke für den Tip, das hole ich doch glatt nach :D

Der Kragen sieht fast wie eine Mischung aus Golilla und Kragen aus, qausi ein Übergangskragen :D

Der Ohring sieht auch so aus wie welche aus dem 16.Jh.. :pfeif:
Böser Fehler, so ähnliche habe ich auch :motz:

Nehmen wir mal das Bild von 1629.
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, warum er sich so abbildete (abgesehen von der großen psychologischen Tiefe, dem (eigenen) Charakterstudium):
1. Er zeigt sich in einem historisierenden Gewand.
Dagegen kann man wenig sagen, dafür aber auch nicht mehr, weil man zu wenig von der Kleidung erkennen kann.
2. Er könnte in einer Rolle, vielleicht die eines Offiziers, auftreten.
3. Er könnte sich in einem Standesporträt darstellen mit dem Stolz eines Bürgers auf seinen sozialen Rang. Selbstbewusste Bürger kennt man ja von einigen Porträts her, auch von Gruppenbildern wie von Rubens.
Ja und gleiches lässt sich auch auf das 1634er-Portrait übertragen.
 
Dazu fallen mir spontan die Polizisten in New York ein die Anfangs Lederkrägen trugen weil es bei den Unterweltlern irgendwie "inn" war sich deren Uniformen zu besorgen, hauptsächlich indem sie ihre Opfer von hinten erwürgten.

Könnte diese Mode der Kriminalität geschuldet sein?
 
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