Straßennamen sollten, wenn überhaupt, nur Namen von Persönlichkeiten tragen, die über jeden Zweifel erhaben sind.
Das heißt de facto: Man sollte Straßen grundsätzlich nicht nach Personen benennen.
Denn es ist ja schon zu Lebzeiten schwierig bis unmöglich Persönlichkeiten zu finden, denen man wirklich überhaupt nichts kritisches nachsagen kann. Und wo man sie vielleicht findet, muß man dann doch nach einigen Jahrzehnten umbenennen, wenn sich die gesellschaftlichen Maßstäbe geändert haben.
So mal als Beispiel: In unserem ehemaligen Residenzstädtchen sind eine ganze Reihe von Straßen und Plätzen nach irgendwelchen alten Herrschern oder anderen Mitgliedern des Herrscherhauses benannt.
Die waren natürlich alle - Überraschung - Monarchisten und strikte Gegner der Demokratie. Völlig inakzeptabel nach heutigen Maßstäben.
Es ist auch recht schwierig vor 1900 Personen zu finden, deren Haltung zur Frauengleichberechtigung dem aktuellen Stand entspricht, oder die nicht Anhänger der Todesstrafe waren etc ...
Im wesentlichen zeigen Straßennamen die Prioritäten der Generation, die bei Benennung lebte. Und die kann auch umbenennen, wenn sie es sich anders überlegt. Und das sollte man dann als Enkel oder Urenkel als historisch gewachsen akzeptieren.
"Anders überlegt", das gab es in ganz geringem Ausmaß 1918 (die meisten monarchistischen Namen wurden behalten), das gab es 1933 in die eine und 1945 wieder zurück in die andere Richtung, das gab es in der DDR erst in die eine Richtung und 1990 dann wieder zurück - und diese zeitgenössischen Änderungen finde ich legitim und damit ist das Thema eigentlich erledigt. Jetzt noch einmal nachkarten, ob man vor 20 oder vor 60 Jahren irgendwo anders hätte abgrenzen sollen - was soll das?
Nochmal als Beispiel: Nach dem Krieg gab es in unserem Ort eine Kommission, mit lauter untadeligen Demokraten und einem Widerstandskämpfer als Vorsitzenden. Die haben dann alle Nazi-Straßennamen gestrichen, angefangen bei Hitler bis zu lokalen NS-Größen.
Aber den Hindenburg haben sie gelassen.
Ich persönlich halte Hindenburg für keine vorbildliche Figur, alleine die Sache mit der "Dolchstoßlegende" war unterirdisch. Und natürlich würde ich absolut dagegen sein, noch irgendetwas heute nach ihm zu benennen.
Aber was nun den jahrzehntealten Straßennamen betrifft - müssen wir jetzt antifaschistischer sein als die echten Antifaschisten und Zeitgenossen Hindenburgs?
Das ist halt jetzt Teil der Stadtgeschichte und kann es bleiben.