Wie konnte es Hitler gelingen, Handlanger für seine fanatischen Ziele zu gewinnen?

Also: quasi ein Eskalations- oder meinetwegen Stufenmodell.:winke:

Dann nimm doch das Diffusionsmodell für die Durchdringung von Märkten.

Diffusionstheorie ? Wikipedia

Bezeichnenderweise heißen die "ersten Kunden" von Hitler in dieser Terminologie auch "Pioniere", dann kommen die frühen Adopter, die frühen Mehrheiten und die späten Mehrheiten.

Die ließen sich den jeweiligen Perioden der Gründung bzw. "Kampfphase", dem Aufstieg, der "Blütezeit" und dem Niedergang problemlos zuordnen.

Zudem ließe sich das Konzept konzeptionell problemlos auf die Rekrutierung von "Handlangern" und deren unterschiedliche Motivation anwenden.

Das Modell könnte sogar eine gewisse universelle Gültigkeit für viele Massenbewegungen haben wie auch beispielsweise für Revolutionen.
 
Eine entsprechende deutliche Abgrenzung der Ursache-Wirkungszusammenhänge, wie von dir beschrieben, vorausgesetzt, sonst sind wir wieder bei "Hitler wurde gewählt, weil er die Arbeitslosigkeit beseitigt hat".

Klaro,

das Faszinosum des Erfolgs dürfte bei den Zugängen 1933/45 eine Rolle gespielt haben, aber eben auch das Schwimmen im Strom. Es wäre unsinnig, die Handlanger des Massenmords der Einsatzgruppen (siehe oben ElQ, thanepower etc.) mit der Rüstungskonjunktur, Autobahnen und Revisionismus allein zu erklären. Speziell ElQ hat auf sozialpsychologische Ansätze hingewiesen.

Das Phänomen liegt in den Spätphasen in der Grenzüberschreitung. Ganz normale Männer (PolBtl. 3, 101 usw.), Funktionseliten wie bei Eichmann, die den Massenmord planen und organisieren, und die wie Speer oder Model (einfach mal stellvertretend für die Wehrmachtselite im kriegsbedingten Aufstieg) Basis der Ausführung und Garanten des fortgesetzten millionenfachen Sterbens bis 5nach12 werden.
 
Weil er nicht zu deiner Frage passt. Du Fragst schließlich wie Hitler seine Handlanger gewonnen hat. Das muss logischerweise vor 1933 passiert sein, insbesondere wenn man sich die von dir gepostete Namensliste anschaut, oder? ;)
Nunja, nicht unbedingt, zB Fritzsche kam 1933 im Mai in die NSDAP. Auch andere, auch wenn mir gerade kein weiterer einfällt, kamen erst nach 33.

Vom Prinzip her, denke ich, macht es auch keinen Unterschied, ob sie vor 33 oder nach 33 der Partei beigetreten sind, falls doch, möge man sie mir doch bitte mitteilen :)
 
Nunja, nicht unbedingt, zB Fritzsche kam 1933 im Mai in die NSDAP. Auch andere, auch wenn mir gerade kein weiterer einfällt, kamen erst nach 33.

Nach der Machtergreifung bis zur Aufnahmesperre gab es einen Mitgliederboom, weil man sich erhoffte in seinem Beruf weiterzukommen. Fritzsche ist hier einer und vielen.

Vom Prinzip her, denke ich, macht es auch keinen Unterschied, ob sie vor 33 oder nach 33 der Partei beigetreten sind, falls doch, möge man sie mir doch bitte mitteilen :)

Das kommt auf die jeweilige Biographie an. Der enge Kreis um Hitler waren alles frühe Mitglieder der NSDAP. Es gibt aber schon einige die erst nach 1933 zur Partei kamen und dort Karriere machten. Wenn auch nicht im direkten Umfeld Hitlers.
Wie gesagt das muss man Einzeln prüfen.
 
Das Phänomen liegt in den Spätphasen in der Grenzüberschreitung.
Nicht nur (zumindest nicht für mich), ich finde gerade auch die Frühphase und die zu dieser Zeit dahinter stehende Motivation sehr interessant. Alles spätere lässt sich auf die unterschiedlichsten Arten sehr schlüssig und idR auch mit einem entsprechenden Verallgemeinerungsansatz erklären, für die Frühphase trifft das nicht zu.
 
Das kommt auf die jeweilige Biographie an. Der enge Kreis um Hitler waren alles frühe Mitglieder der NSDAP. Es gibt aber schon einige die erst nach 1933 zur Partei kamen und dort Karriere machten. Wenn auch nicht im direkten Umfeld Hitlers.
Wie gesagt das muss man Einzeln prüfen.

Insbesondere die SS zwischen Röhm-Putsch und Kriegszeit ist hier interessant. Zum Teil ein richtiger Eliteverein, der inbesondere für Jungakademiker einiges an Aufstiegschancen zu bieten hatte, etwa im Deutschen Ahnenerbe.
 
...der inbesondere für Jungakademiker einiges an Aufstiegschancen zu bieten hatte,

Es wurden jede Menge Zöpfe abgeschnitten und alte Funktionseliten (massenweise harmlos über den Ruhestand, teilweise eben auch über die KZs und den Repressionsapparat etc.) "beseitigt". Zudem explodierte der Funktionsapparat. Aus beidem erklärt sich eine Sogwirkung des Regimes für die Generation des Unbedingten, die "Generation 1900".


ich finde gerade auch die Frühphase und die zu dieser Zeit dahinter stehende Motivation sehr interessant.

Ich auch, wenn du die Zeit bis 1933 meinst.
Da sind wir aber beim Hinweis Ursis, "Hitlers Wähler".
 
Insbesondere die SS zwischen Röhm-Putsch und Kriegszeit ist hier interessant. Zum Teil ein richtiger Eliteverein, der inbesondere für Jungakademiker einiges an Aufstiegschancen zu bieten hatte, etwa im Deutschen Ahnenerbe.

Vor allem wenn man ein arbeitsloser Jungakademiker gewesen war.
 
Die bisherige Diskussion hat zunächst belegt, dass "Handlanger" zu unterschiedlichen Phasen des "Tausenjährigen Reichs" im Phänotyp eine unterschiedliche Motivation für ihr Handeln bzw. ihre Motivation aufgewiesen haben.

Deswegen noch einmal der analytische Versuch, die zentralen motivationellen Konstrukte und die unterschiedlichen Phasen für die NS-Bewegung in einen Zusammenhang zu bringen.

1. Abgrenzung der Phasen und des modalen Typs der Handlanger:

- Gründungszeit: 21- 23: Diese Gruppe sind die frühen PM und somit die Pioniere, die den Impuls für den weiteren Impuls gegeben haben. Amorph im Programm und in der Zusammensetzung und hart im innerparteilichen Wettbewerb.

- Kampfzeit: 24-ca. 30: Marsch auf die Feldherrenhalle, Festungsaufenthalt von Hitler, zunehmende Akzeptanz in der Gesellschaft und Wirtschaft. PM und Sympathiesanten haben die NS-Ideologie früh übernommen

- Machtübernahme: 30-33: Konsolidierung der Macht durch Terror und durch parallelen politischen Erfolg in den Parlamenten. Die Unterstützer kann man als frühe Mehrheiten bezeichnen.

- Diktatur: 33-45: Durchdringung des Staates mit der NS-Ideologie. Weiterer Zulauf der NS-Bewegung durch späte Mehrheiten.

Soweit die Abgrenzung der Zeitachse

2. Für die analytische Abgrenzung der einzelnen Motivstränge sollen eine Reihe von Konstrukten herangezogen werden. Sie dienen im wesentlichen dazu, die Veränderungen zu indizieren, die mit der Institutionalisierung der NS-Bewegung einhergingen.

Konstrukte für die Motivation:
- aktive NS- Ideologie: Überzeugtes Einstehen und Verbreiten, quasi als Meinungsführer und Multiplikator der Ideologie. Auch in einer Minderheitensituation.

- passive NS-Ideologie: Verständnisvolle Akzeptanz der NS-Ideologie, ohne es jedoch aktiv zu reproduzieren

- aktive Partizipation: Nicht nur Eintreten für die Ideologie, sondern auch aktive Umsetzung ideologisch motivierter Handlungen!!! im Rahmen der SA, SS oder anderer staatlicher Exekutivorgane

- passive Duldung: aktive Akzeptanz der ideologisch motivierten Handlungen (Straßenkampf, Zusammentreiben von Juden im Rahmen der Deportation etc.), ohne selber an diesen Handlungen beteiligt zu sein.

- ideologischer Altruismus: Bereit sein, für die NS-Bewegung sein persönliches Leben, Hab und Gut zur Verfügung zu stellen ohne sicher zu sein, dass es eine Form von Belohnung gibt.

- Opportunismus: Als eine pragmatische Mitläuferhaltung, die eingenommen wird, damit man nicht politisch auffällig wird.

- ideologischer Utilitarismus: Benutzen der NS-Bewegung für seine eigenen persönlichen, beruflichen Ambitionen

Setzt man diese beiden Dimensionen in Beziehung, dann wäre meine Hypothes folgende Differenzierung für die NS-Handlanger über die Zeit.

Motivationaler Archetyps des "NS-Handlangern"

.....................Gründung......Kampf.......Vor 33........nach.33
- a NS- Ideol....sehr hoch.......hoch.........mittel .......mittel-gering

- p NS-Ideol......sehr hoch.......hoch.........mittel .......mittel

- a Partizip........sehr hoch.....sehr hoch...hoch.........mittel

- p Duldung.......sehr hoch.....sehr hoch...hoch.........mittel

- ideol. Altru......sehr hoch.....sehr hoch...hoch.......mittel bis gering

- Opportunismus..gering.........gering......mittel........mittel-hoch

- ideol Util..........gering.....gering-mittel..mittel-hoch..hoch-s. hoch
 
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Konstrukte für die Motivation:
- aktive NS- Ideologie: Überzeugtes Einstehen und Verbreiten, quasi als Meinungsführer und Multiplikator der Ideologie. Auch in einer Minderheitensituation.

- passive NS-Ideologie: Verständnisvolle Akzeptanz der NS-Ideologie, ohne es jedoch aktiv zu reproduzieren

- aktive Partizipation: Nicht nur Eintreten für die Ideologie, sondern auch aktive Umsetzung ideologisch motivierter Handlungen!!! im Rahmen der SA, SS oder anderer staatlicher Exekutivorgane

- passive Duldung: aktive Akzeptanz der ideologisch motivierten Handlungen (Straßenkampf, Zusammentreiben von Juden im Rahmen der Deportation etc.), ohne selber an diesen Handlungen beteiligt zu sein.

- ideologischer Altruismus: Bereit sein, für die NS-Bewegung sein persönliches Leben, Hab und Gut zur Verfügung zu stellen ohne sicher zu sein, dass es eine Form von Belohnung gibt.

- Opportunismus: Als eine pragmatische Mitläuferhaltung, die eingenommen wird, damit man nicht politisch auffällig wird.

- ideologischer Utilitarismus: Benutzen der NS-Bewegung für seine eigenen persönlichen, beruflichen Ambitionen


Sehr gut :yes:
 
Opportunismus ist ein gutes Stichwort. Es gibt immer Opportunisten, die bereit sind, aus Gründen wie Machtausübung, eigener Profit, eigene Profilierung etc. bereit sind, gewisse Grenzen zu überschreiten.

Man denke nur an die Wendehälse, die unter diversen Regierungsformen Karriere gemacht hatten.

Beim Nationalsozialismus kommt noch hinzu, dass man quasi "Spielwiesen" geschaffen hat (Hitlerjugend, NS-Frauenschaft, Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund, Sturmabteilung etc.), wo sowohl Freizeitbeschäftigung als auch Indoktrination betrieben wurde (und auch leider schlimme Sachen passiert sind, man denke insbesondere an die Sturmabteilung).

Auch die multimediale Untermalungen vieler Auftritte waren perfekt Inszeniert mit flotter Militärmusik, zum Beispiel. Goebbels z.B. war ein perfekter Manipulator der öffentlichen Meinung (Radioansprachen).
 
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Um sich dem Thema verständlicher zu nähern, müsste man vielleicht versuchen, sich in Sysiphusmanier einzelne Personen herauszunehmen.

Mal ganz unwissenschaftlich, sondern eher künstlerisch. Es gibt einen Film "Aus einem deutschen Leben" von Theodor Kotulla, in dem Götz George den Lagerkommandant von Auschwitz (1940-'43 ), Rudolf Höß (im Film Rudolf Lang), spielt.
Der Film wurde nach dem Buch "La mort est mon métier" des französischen Schriftstellers Robert Merle gedreht.
Dort wird der ganz normale Werdegang geschildert. Es waren oft keine irrsinnigen, durchgeknallten Typen, sondern Familienväter. Der an Autoritäten glaubende Spießer. Man möchte schließlich ein anständiger Deutscher sein.
 
Ich auch, wenn du die Zeit bis 1933 meinst.
Da sind wir aber beim Hinweis Ursis, "Hitlers Wähler".
Ja, die meine ich. Allerdings meine ich nicht nur die Wähler, sondern auch die treuen Gefolgsleute der Frühphase. Aber lass uns trotzdem mal mit den Wählern anfangen, ich knüpfe dabei an thanepowers Phase der Machtübernahme an, versuche quasi die frühen Mehrheiten näher zu umreißen.

Als Basis mal die Zahlen der Reichstagswahlen von 30 bis 33, die Veränderungen zum Vorwahlergebnis stehen dabei jeweils in Klammern:
Partei....Sep 1930…....Jul 1932….Nov 1932..….Mär 1933
KPD….............13,1…..14,5 (+1,4)…16,9 (+2,4)…..12,3 (-4,6)
SPD….............24,5…..21,6(- 2,9)…20,4 (-1,2)…..18,3 (-1,9)
DDP…...............3,8…...1,0 (-2,8)….1,0 (±0,0)…....0,9 (-0,1)
Zentrum…........11,8...12,5 (+0,7)…11,9 (-0,6)…..11,2 (-0,7)
BVP…................3,0…...3,7 (+0,7)….3,4 (-0,3)…....2,7 (-0,7)
DVP...........….....4,7…...1,2 (-3,5)….1,9 (+0,7)…....1,1 (-0,8)
DNVP.........….....7,0…...6,2 (-0,8)….8,9 (+2,7)…....8,0 (-0,9)
NSDAP…...........18,3..37,4 (+19,1)…33,2 (-4,2)…43,9 (+10,7)
Sonstige….........13,8….2,0 (-11,8)…..2,6 (+0,6)…...1,6 (-1,0)
Wahlbeteiligung…82,0…84,1 (+2,1)….80,6 (-3,5)….88,8 (+8,2)

Entsprechende Auswertungen und Zahlenspielereien zu Hitlers Wählern brauchen wir zum Glück nicht mehr machen, das hat uns dankenswerterweise schon jemand abgenommen, nämlich Falter mit "Die Wahlen des Jahres 1932-1933 und der Aufstieg totalitärer Parteien". Im folgenden fasse ich also Falter zusammen:

regionale Untergliederung der NSDAP-Stimmen
NSDAP-Hochburgen
Jul 1932: Rothenburg ob der Tauber mit 75,7 % der Stimmen für die NSDAP, gefolgt von Uffenheim mit 72,9 % und Schotten mit 70 %
Nov 1932: Rothenburg ob der Tauber mit 68,6 %, gefolgt Schotten mit 65,6 % und Lauterbach mit 63,3 %
die wengisten Stimmen für die NSDAP gab es im
Jul 1932: Hümmling mit 5,1 %, gefolgt von Büren mit 6,5 % und Landau/Isar mit 7,3 %
Nov 1932: Büren mit 4,3 %, gefolgt von Landau/Isar mit 5,0% und Bocholt mit 5,7 %

Zum weiteren Verständnis von Falters Berechnungen braucht es die Mittelschichtdefinition, die Falter zugrunde legt und dafür bedarf es wiederum der Darstellung der Wahlberechtigten des betrachteten Zeitschnitts:
Ruheständler: 13 %
Familienangehörige: 24 %
Arbeiter: 28 %
sowie die Mittelschicht mit insgesamt 35 % (darin enthalten: Mithelfende 29 %, Selbständige 34 %, Beamte 7 %, Angestellte 30 %)

Untergliederung nach Berufsgruppen:
Sep 1930:
Arbeiter wählten mit dem höchsten positiven Korrelationskoeffizienten von 66 die KPD gefolgt von 28 für die SPD. Der niedrigste Korrelationskoeffizient der Arbeiter liegt mit -24 bei Zentrum/BVP, die NSDAP erreicht einen Korrelationskoeffizienten von -15
Die Selbständigen wählten mit 30 am wahrscheinlichsten Zentrum/BVP, gefolgt von 9 die NSDAP am unwahrscheinlichsten mit - 68 wählten sie die KPD.
Die Angestellten und Beamten wählten mit 42 am wahrscheinlichsten DDP, gefolgt von 35 für die KPD. Am unwahrscheinlichsten mit -45 war eine Stimmabgabe für die DVP. Die NSDAP erreichte hier einen Korrelationskoeffizienten von -2.
Die Agrarbevölkerung wählte mit 29 am wahrscheinlichsten Zentrum/BVP gefolgt von der DNVP mit 26. Am unwahrscheinlichsten mit -62 kommt eine Stimmabgabe für die KPD in betracht. Die NSDAP kommt auf 8.
:rechts:Bereits zur Reichstagswahl 1930 verzeichnet die NSDAP also einen positiven Korrelationskoeffizienten in der sogenannten "alten Mittelschicht" (den Sebbständigen und der Agrarbevölkerung)

Jul 1932 (ab jetzt die verkürzte Version, die Lesart dürfte für nicht Statistiker jetzt klar sein, hoffe ich):
Arbeiter: 71 KPD, 27 SPD, -36 NSDAP
Selbständige: 46 NSDAP, 25 Zentrum/BVP, -70 KPD
Angestellte/Beamte: 36 DDP, 35 SPD, -40 NSDAP
Agrarbevölkerung: 47 NSDAP, 23 DNVP sowie Zentrum/BVP, -63 KPD

Mär 1933:
Arbeiter: 69 KPD, 31 SPD, -46 NSDAP
Selbständige: 59 NSDAP, 17 Zentrum/BVP, -69 KPD
Angestellte/Beamte: 53 DDP, 37 KPD, -50 NSDAP
Agrarbevölkerung: 63 NSDAP, 17 DNVP, -68 KPD

Das ganze lässt sich auch prozentual abbilden (mittels ökologischer Regressionsanalyse) hier für die Juliwahl 1932:
......Arbeiter…neue Mittelschicht…alte Mittelschicht
SPD….......22….........................24….......................7
KPD….......23…...........................6….......................0
Zentrum….11….........................10…......................20
DDP/DVP…..1…...........................3….......................2
DNVP….......4…...........................6….......................6
NSDAP…....25….........................29….....................42

Ergänzend die Sozialstruktur der Parteimitglieder(ebenfalls stand 1932 in %):
......Arbeiter…neue Mittelschicht…alte Mittelschicht
SPD.......…57.........................…28......................…15
KPD.......…81.........................…13........................…6
Zentrum….38.........................…18......................…43
DDP/DVP…33.........................…30.......................…37
DNVP.....…38.........................…27......................…35
NSDAP...…39.........................…19......................…42

Wir haben also zusammengefasst: eine überdeutliche regionale Zersplitterung, sowie sehr deutliche Tendenzen einzelner Gesellschaftsschichten, hierbei insbesondere innerhalb der Mittelschicht, die NSDAP zu wählen. Bemerkenswert dabei ist, dass gerade die alte Mittelschicht überdeutliche Tendenzen Richtung NSDAP zeigt.
 
Um ein Gegenbeispiel von Rudolf Höß, bei dem der Werdegang fast graduell verlief, zu nehmen: Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofs. Der war bis 1920 im Russischen Bürgerkrieg bolschewistischer Kommissar.
 
Um ein Gegenbeispiel von Rudolf Höß, bei dem der Werdegang fast graduell verlief, zu nehmen: Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofs. Der war bis 1920 im Russischen Bürgerkrieg bolschewistischer Kommissar.

Dazu haben wir hier schon ein Thema:

http://www.geschichtsforum.de/f67/vom-kommunist-zum-nazi-und-umgekehrt-33211/

Das Roland Freisler wirklich bolschewistischer Kommissar ist, ist nicht gesichert. Es gibt dazu keine Quelle.

Alsbald geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. Es wird viel darüber spekuliert, was er dort gemacht hat. Hartnäckig hält sich das nie belegte Gerücht, er sei dort im Lager bolschewistischer Kommissar gewesen.

Ingo Müller, Furchtbare Juristen, Kindler-Verlag München
 
Wie man sieht, kann sich aus einer einfachen Frage eine schwierige Diskussion entwickeln. Tatsächlich ist es gar nicht so leicht, zu sagen, was jetzt ein "Handlanger" war; ebenso wenig, wie es nicht ganz einfach ist, zu sagen, wann Hitler die absolut dominante Figur innerhalb der NSDAP war, wobei er ohne Frage schon früh deren führender Politiker war. Aber noch bis Ende der 1920er Jahre war seine Position nicht unangreifbar (so wie es später innerhalb der Partei ohne Frage der Fall war).
Die zeitliche Dimension, wie sie Silesia und Thanepower vollkommen ausreichend darstellten, ist auf jeden Fall wichtig.
Ich möchte nur noch ergänzen, dass er auch nicht in luftleeren Raum fiel und entgegen seiner eigenen Mythisierung in den Nachkriegsjahren selbst ein politisch Suchender war. Es gab nach dem Krieg von Anfang an ein Grundmilieu von Leuten, aus dem die spätere NSDAP hervorging und in der sie mitwirkten.
Besonders wichtig dabei sind zwei Kreise. Zum einen Anhänger der "Alldeutschen", die schon während des grundsätzlich politisch eher konservativen Kaiserreichs extrem rechte Positionen vertraten. Sie waren einerseits Verfechter eines "Großdeutschlands" mit Österreich und agierten sehr stark gegen Polen und vor allem Tschechen; außerdem waren sie explizit antisemitisch. Viele von ihnen schlossen sich der frühen NSDAP und ihrer Vorgängerpartei, der DAP an. Später spielte, soweit ich weiß, keiner von ihnen eine große Rolle mehr in der Partei, was auch eine Generationenfrage war.
Noch bedeutender war der Kreis der Freikorpskämpfer, die sich in einem Spannungsfeld zwischen politischem Terrorismus und einer paramilitärischen Unterstützung des Staates befanden. Im Prinzip eine große Zahl entwurzelter und durch den Krieg sowie Bürgerkrieg brutalisierter junger Ex-Soldaten, die im militaristischen Gepräge der NSDAP eine politische Heimat fanden und ohne die insbesondere die Bildung der SA gar nicht denkbar gewesen wäre. Im Gegensatz zu den Alldeutschen machten etliche ehemalige Freikorpskämpfer Karriere in der NSDAP; einige schafften es sogar in hohe Staatsämter.
 
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