Ich auch, wenn du die Zeit bis 1933 meinst.
Da sind wir aber beim Hinweis Ursis, "Hitlers Wähler".
Ja, die meine ich. Allerdings meine ich nicht nur die Wähler, sondern auch die treuen Gefolgsleute der Frühphase. Aber lass uns trotzdem mal mit den Wählern anfangen, ich knüpfe dabei an thanepowers Phase der Machtübernahme an, versuche quasi die frühen Mehrheiten näher zu umreißen.
Als Basis mal die Zahlen der Reichstagswahlen von 30 bis 33, die Veränderungen zum Vorwahlergebnis stehen dabei jeweils in Klammern:
Partei....Sep 1930…....Jul 1932….Nov 1932..….Mär 1933
KPD….............13,1…..14,5 (+1,4)…16,9 (+2,4)…..12,3 (-4,6)
SPD….............24,5…..21,6(- 2,9)…20,4 (-1,2)…..18,3 (-1,9)
DDP…...............3,8…...1,0 (-2,8)….1,0 (±0,0)…....0,9 (-0,1)
Zentrum…........11,8...12,5 (+0,7)…11,9 (-0,6)…..11,2 (-0,7)
BVP…................3,0…...3,7 (+0,7)….3,4 (-0,3)…....2,7 (-0,7)
DVP...........….....4,7…...1,2 (-3,5)….1,9 (+0,7)…....1,1 (-0,8)
DNVP.........….....7,0…...6,2 (-0,8)….8,9 (+2,7)…....8,0 (-0,9)
NSDAP…...........18,3..37,4 (+19,1)…33,2 (-4,2)…43,9 (+10,7)
Sonstige….........13,8….2,0 (-11,8)…..2,6 (+0,6)…...1,6 (-1,0)
Wahlbeteiligung…82,0…84,1 (+2,1)….80,6 (-3,5)….88,8 (+8,2)
Entsprechende Auswertungen und Zahlenspielereien zu Hitlers Wählern brauchen wir zum Glück nicht mehr machen, das hat uns dankenswerterweise schon jemand abgenommen, nämlich Falter mit "Die Wahlen des Jahres 1932-1933 und der Aufstieg totalitärer Parteien". Im folgenden fasse ich also Falter zusammen:
regionale Untergliederung der NSDAP-Stimmen
NSDAP-Hochburgen
Jul 1932: Rothenburg ob der Tauber mit 75,7 % der Stimmen für die NSDAP, gefolgt von Uffenheim mit 72,9 % und Schotten mit 70 %
Nov 1932: Rothenburg ob der Tauber mit 68,6 %, gefolgt Schotten mit 65,6 % und Lauterbach mit 63,3 %
die wengisten Stimmen für die NSDAP gab es im
Jul 1932: Hümmling mit 5,1 %, gefolgt von Büren mit 6,5 % und Landau/Isar mit 7,3 %
Nov 1932: Büren mit 4,3 %, gefolgt von Landau/Isar mit 5,0% und Bocholt mit 5,7 %
Zum weiteren Verständnis von Falters Berechnungen braucht es die Mittelschichtdefinition, die Falter zugrunde legt und dafür bedarf es wiederum der Darstellung der Wahlberechtigten des betrachteten Zeitschnitts:
Ruheständler: 13 %
Familienangehörige: 24 %
Arbeiter: 28 %
sowie die Mittelschicht mit insgesamt 35 % (darin enthalten: Mithelfende 29 %, Selbständige 34 %, Beamte 7 %, Angestellte 30 %)
Untergliederung nach Berufsgruppen:
Sep 1930:
Arbeiter wählten mit dem höchsten positiven Korrelationskoeffizienten von 66 die KPD gefolgt von 28 für die SPD. Der niedrigste Korrelationskoeffizient der Arbeiter liegt mit -24 bei Zentrum/BVP, die NSDAP erreicht einen Korrelationskoeffizienten von -15
Die Selbständigen wählten mit 30 am wahrscheinlichsten Zentrum/BVP, gefolgt von 9 die NSDAP am unwahrscheinlichsten mit - 68 wählten sie die KPD.
Die Angestellten und Beamten wählten mit 42 am wahrscheinlichsten DDP, gefolgt von 35 für die KPD. Am unwahrscheinlichsten mit -45 war eine Stimmabgabe für die DVP. Die NSDAP erreichte hier einen Korrelationskoeffizienten von -2.
Die Agrarbevölkerung wählte mit 29 am wahrscheinlichsten Zentrum/BVP gefolgt von der DNVP mit 26. Am unwahrscheinlichsten mit -62 kommt eine Stimmabgabe für die KPD in betracht. Die NSDAP kommt auf 8.
:rechts:Bereits zur Reichstagswahl 1930 verzeichnet die NSDAP also einen positiven Korrelationskoeffizienten in der sogenannten "alten Mittelschicht" (den Sebbständigen und der Agrarbevölkerung)
Jul 1932 (ab jetzt die verkürzte Version, die Lesart dürfte für nicht Statistiker jetzt klar sein, hoffe ich):
Arbeiter: 71 KPD, 27 SPD, -36 NSDAP
Selbständige: 46 NSDAP, 25 Zentrum/BVP, -70 KPD
Angestellte/Beamte: 36 DDP, 35 SPD, -40 NSDAP
Agrarbevölkerung: 47 NSDAP, 23 DNVP sowie Zentrum/BVP, -63 KPD
Mär 1933:
Arbeiter: 69 KPD, 31 SPD, -46 NSDAP
Selbständige: 59 NSDAP, 17 Zentrum/BVP, -69 KPD
Angestellte/Beamte: 53 DDP, 37 KPD, -50 NSDAP
Agrarbevölkerung: 63 NSDAP, 17 DNVP, -68 KPD
Das ganze lässt sich auch prozentual abbilden (mittels ökologischer Regressionsanalyse) hier für die Juliwahl 1932:
......Arbeiter…neue Mittelschicht…alte Mittelschicht
SPD….......22….........................24….......................7
KPD….......23…...........................6….......................0
Zentrum….11….........................10…......................20
DDP/DVP…..1…...........................3….......................2
DNVP….......4…...........................6….......................6
NSDAP…....25….........................29….....................42
Ergänzend die Sozialstruktur der Parteimitglieder(ebenfalls stand 1932 in %):
......Arbeiter…neue Mittelschicht…alte Mittelschicht
SPD.......…57.........................…28......................…15
KPD.......…81.........................…13........................…6
Zentrum….38.........................…18......................…43
DDP/DVP…33.........................…30.......................…37
DNVP.....…38.........................…27......................…35
NSDAP...…39.........................…19......................…42
Wir haben also zusammengefasst: eine überdeutliche regionale Zersplitterung, sowie sehr deutliche Tendenzen einzelner Gesellschaftsschichten, hierbei insbesondere innerhalb der Mittelschicht, die NSDAP zu wählen. Bemerkenswert dabei ist, dass gerade die alte Mittelschicht überdeutliche Tendenzen Richtung NSDAP zeigt.