Nibelungen

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Ich hab mal gehört, das das Nibelungenlied als Zeitwendepunkt Römischen Reich zum Mittelalter betrachtet werden kann.

Stimmt das ?
 
Wo hast Du denn das gehört? Das Nibelungenlied entstand Anfang des 13. Jahrhunderts, das Römische Reich ging Jahrhunderte zuvor unter.
 
Naja, man könnte höchstens soweit gehen, daß der Zeitpunkt der Handlung, wenn man ihn durch Attila/Etzel fixiert ansieht, ins 5. Jahrhundert gehen müßte, und dann wären wir am Ende des Weströmischen Reiches angelangt. Aber Rom hat im Nibelungenlied keine inhaltliche Bedeutung.
 
Naja, man könnte höchstens soweit gehen, daß der Zeitpunkt der Handlung, wenn man ihn durch Attila/Etzel fixiert ansieht, ins 5. Jahrhundert gehen müßte, und dann wären wir am Ende des Weströmischen Reiches angelangt. Aber Rom hat im Nibelungenlied keine inhaltliche Bedeutung.

Ach so, da hatte ich wohl eine etwas beschränkte Sicht der Dinge. :D
 
Ich hab mal gehört, das das Nibelungenlied als Zeitwendepunkt Römischen Reich zum Mittelalter betrachtet werden kann.

Stimmt das ?

Wie oben schon gesagt, ist das Nibelungenlied ein mittelalterliches Heldenepos, das zu Beginn des 13. Jh. entstand. Insofern hat es von seiner Entstehungsgeschichte her nichts mit dem Römischen Reich zu tun.

Anders sieht das bei der Handlung des Nibelungenlieds aus, die sich ausführlich mit der Vernichtung des Reichs der Burgunder am Rhein durch Truppen der Hunnen im Jahr 436 beschäftigt. Hier gibt es eine direkte Verbinding zu Rom, denn eingefädelt hat dieses Drama der weströmische Heermeister Aetius, der die Reste der Burgunder anschließend nach Savoyen in die Gegend des Genfer Sees umsiedelte. Nur rund 40 Jahre später wurde der letzte weströmische Kaiser abgesetzt, was den endgültigen Untergang Roms markiert.
 
Was seltsam ist,ist,daß im Nibelungenlied zwar Etzel und Dietrich von Bern (Theoderich ? ) lang und breit erwähnt sind, aber Röm,das Imperium und die Römer mit keinem Wort.
 
Zu Lebzeiten des Theodrich, Attila, Aetius usw. spielte das Römische Imperium faktisch kein Rolle mehr. Der ferne Kaiser hatte zwar rechtlich noch die Oberhoheit, die reale Macht hatten vor jedoch gewisse Warlords, die mit dem Titel Magister Militum versehen war. Diese pflegten zwar eine gewisse Kontinuität zum Imperium und stellten sich als Untergebene der Kaiser dar, faktisch hatten sie jedoch die Macht, herrschten wie Könige, setzten zum Teil auch Kaiser nach gutdünken. Rom und der Kaiser waren zumindest im Westen keine reale Größe mehr. Die Macht waren auf germanische Könige und anderen Warlords übergegangen, aus deren Herrschaften die mittelalterlichen Königreiche hervorgingen. Diese sich zu germanischen Königen verselbstständigenden römischen Heermeister sind eine Art Missing Link zwischen Antike und Mittelalter.

Der Kaiser und das Imperium spielen in der germanischen Heldensage keine Rolle mehr. Über Rom herrscht der gotische König von Italien.
In der Thidrek-Sage wird der eher fiktive als historische Amaler Ermanarich als König von Rom dargestellt. In Dietrich-Sage ist Italien ein gotisches Königreich. Im mittelalterlichen Nibelungenlied ist Dietrich von Bern aus seiner italienischen Heimat vertrieben und dient als treuer Vasall dem Hunnen-König Etzel.

Erwähnung eines Kaisers im Hildebrandslied:
Im althochdeutschen Hildebrandslied der ältesteten schriftlich überlieferten germanischen Heldensage, wird noch ein Kaiser erwähnt.
Im Hildebrandslied fliehen Hildebrand und Dietrich nach Osten vor dem Zorn Odoakers aus Italien. (In späteren Dietrichssagen wird historische Theoderich-Kontrahent Odoaker durch Ermanerich ersetzt.) Odoaker war (in der Historie) der erste germanische König von Italien. Im Osten treten beide in den Dienst der Hunnen.
Der alte Hildebrand bietet Hadubrand seine wertvollen Armreifen als Geschenk an. Er selbst erhielt die "Kaiserringe", althochdeutsche "cheisuringu", vom König der Hunnen. Armreifen wurden herausragenden Soldaten des Imperiums als Auszeichnung verliehen.
Der historische Theoderich lebte eine Zeit lang als Geisel am oströmischen Kaiserhof in Konstantinopel. Er wurde Magister Militum des oströmischen Kaisers und später quasi dessen Statthalter in Italien. Im Dienste der Hunnen stand er nie. Als Attila starb, war Theoderich noch ein Kleinkind. Sie waren eigentlich keine Zeitgenossen.

Im Hildebrandslied und im Nibelungenlied nimmt Etzel die Rolle des oströmischen Kaisers ein, der als eine Art Universalmonarch residiert und dem auch die Vernichtung des Burgundenreiches angehängt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Kaiser und das Imperium spielen in der germanischen Heldensage keine Rolle mehr.
Ich verweise allerdings auf die Wolfdietrichsage, in der es um Konstantinopel geht - auch wenn es von einem König regiert wird.

In der Thidrek-Sage wird der eher fiktive als historische Amaler Ermanarich als König von Rom dargestellt.
Falls Du damit meinst, dass der Ermanarich der Sage kaum noch etwas mit dem historischen Ermanarich zu tun hat, gebe ich Dir recht. Falls Du aber meinst, dass der "historische" Ermanarich auch fiktiv sei, verweise ich auf diese Threads:
http://www.geschichtsforum.de/f35/hunnen-und-die-kimbrische-halbinsel-36069/ (ab etwa #112)
http://www.geschichtsforum.de/f35/goten-und-amaler-von-einem-traditionskern-37849/
 
Nun ,es mag ja sein,daß das Römische Imperium als solches faktisch kein Rolle mehr spielte, im damaligen Bewußtsein war es aber sicherlich als relevante Machtgröße noch präsent. Die römischen Heermeister mögen sich zwar verselbstständigt haben, aber sie bezogen ihre Legitimation immer noch vom Imperium.Und gerade im Westen spielten weströmische Heermeister wie Aetius , Aegidius und Syagrius, die sich immer als Teil des Imperiums verstanden, eine sehr maßgebliche Rolle.
Erst mit der Überwindung der Herrschaft des Syagrus gelang ja letztendlich auch der Aufstieg der Merowinger.
Um so verwunderlicher ist m.E. die spärlichen und sehr indirekten Verweise auf die Römer.
In diesem Zusammenhang fiel mir übrigens auf ,daß Aetius in seiner Jugend Geisel bei Westgoten und später bei den Hunnen war.Im Nibelungen -Komplex haben wir drei Personen ,die Geiseln bei den Hunnen waren- Dietrich von Bern, Walther von Aquitanien und Hagen von Tronje. Möglicherweise finden sich in diesen Gestalten auch Parallelen zu Aetius wieder.
 
Wenn schon, dann könnten höchstens der historische Ermenrich und der historische Ermanarich in der Überlieferung zu einer Person verschmolzen sein. Denn wieso sollte der Suebenkönig Ermenrich in der Überlieferung zu einem Amelungen und Verwandten Dietrichs umfunktioniert werden? Außerdem war der Suebenkönig keine so übermäßig bedeutende Person. Er führte zwar sein Volk nach Spanien, aber die geschichtliche Bedeutung eines Alarich oder Geiserich oder Theoderich oder Alboin hatte er deswegen noch lange nicht. Ich kann auch keine Parallelen zwischen Ermenrich und dem Ermanarich der Sage erkennen.
 
Wenn schon, dann könnten höchstens der historische Ermenrich und der historische Ermanarich in der Überlieferung zu einer Person verschmolzen sein. Denn wieso sollte der Suebenkönig Ermenrich in der Überlieferung zu einem Amelungen und Verwandten Dietrichs umfunktioniert werden? Außerdem war der Suebenkönig keine so übermäßig bedeutende Person. Er führte zwar sein Volk nach Spanien, aber die geschichtliche Bedeutung eines Alarich oder Geiserich oder Theoderich oder Alboin hatte er deswegen noch lange nicht. Ich kann auch keine Parallelen zwischen Ermenrich und dem Ermanarich der Sage erkennen.

Das ist aber ziemlich aus heutiger Sicht gedacht.
Die Quaden/Sueben waren am Rheinübergang 406 beteiligt, waren direkte Nachbarn der Burgunder, Goten und Hunnen, wurden von den Langobarden unterworfen, auch ihr spanisches Reich war zeitweise mächtig.
Ich sehe nicht, warum ein König aus diesem Umfeld weniger passend sein sollte als ein Herrscher nördlich des schwarzen Meeres.
 
Noch einmal: Wo siehst Du Parallelen zwischen Ermenrich und dem Ermanarich der Sage (außer dem ähnlichen Namen)? Okay, der Ermanarich der Sage sitzt zwar nicht am Schwarzen Meer, sondern in Italien, aber zumindest ähnelt die Ausdehnung des Amelungenreiches der Sage ganz grob der Ausdehnung des Ostgotenreiches des Theoderich. Spanien hingegen spielt in der Dietrichssage keine Rolle. Weiters ist der Ermanarich der Sage mit Dietrich verwandt, wenn auch näher als in der historischen Realität Ermanarich mit Theoderich, während Ermenrich überhaupt nichts mit Theoderich und den Amalern zu tun hatte.
 
Wobei die Identifizierung Ermenrich <-> Ermanarich nicht unumstritten ist, da auch der zeitgenössische Suebenkönig gemeint sein könnte. Ermenrich ? Wikipedia

Eigentlich nicht, da der Ermenrich in einem um einige Generationen verkürzten Verwandtschaftsverhältnis zu Dietrich steht, wie Ermanarich zu Theoderich. Der Ermenrich der Sage ist der Großonkel Dietrichs, der Ermanarich aus der Genealogie des Jordanes ist ein Ur * n -Großonkel des Theoderich.
 
Die Helden der Heldensage sind stilisiert, die Handlungsverläufe sind bis zu einem gewissen Grad flexibel. Die Personen tauchen in unterschiedlichen Beziehungen und Verwandtschaftsverhältnissen zu einander auf und sind zum größten Teil austauschbar. Die germanischen Königsgeschlechter waren auch nicht besonders kreativ in der Benennung ihre Kinde. Etliche Könige hießen Sigibert, Sigmund, Theoderich, Teuderich usw.
Die wenigsten Helden des Nibelungen- und Dietrichskreises sind einer einziger Person klar zuzuordnen.
So dürfte die Vernichtung der Burgunden durch Etzel, auf die Vernichtung des Bungundenreiches durch den römischen Heermeister Aetius zurückgehen. Die Rolle des Attila, der nach Legende von seiner Frau Ildico getötet wurde, spielt im Nibelungenlied jedoch Siegfried. Die Handlungen können also einfach übertragen werden.
Die germanische Heldensage macht vor ethnischen Grenzen nicht halt. Dass die Hunnen Hunnen und Römer Römer waren, stört nicht.
Die Zuordnung der Königreiche ist auch eher flexibel. Der Wölsunge Sigmund ist König von Hunaland. Hugdietrich, Wolfdietrichs Vater, ist sogar König von Konstantinopel.
Konkrete ethnische Zuordnungen der Helden gibt es in der Sage kaum. Wichtiger ist dort die Zugehörigkeit zu sagenhaften Geschlechter wie Nibelungen und Wölsungen.

Die römisch-stämmigen Heermeister unterschieden sich ohnehin nur wenig von ihren barbarischen Kollegen. Sie trugen die gleichen Titel und sammelten hunnische, gotische, fränkische usw. Verbände um sich. Syagrius nahm sogar den Titel Rex romanorum an. Aetius lebte als Geisel lange Zeit unter Hunnen und Goten, später nutzte er diese Verbindungen um Hilfstruppen anzuwerben. In ihrem Verhalten unterschieden sie sich nicht von den germanischen Königen. Im Frankenreich behalten sie gallo-romanischen Senatoren-Geschlechter sogar ihre Machtstellung.
Und selbst der treue Sankt Viktor von Xanten, seines Zeichen römischer Kohorten-Präfekt und christlicher Märtyrer, dürfte einen Anteil an der Nibelungensage haben.
 
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