Chronodistichen: Zahlencodes lateinischer Inschriften in Renaissance und Barock

El Quijote

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Die hier gezeigte Tafel befindet sich an einem Haus einer norddeutschen Kleinstadt angebracht, welches nach der Zerstörung des Vorgängerbaus im Dreißigjährigen Krieg an dieser Stelle errichtet wurde. Was mich irritiert, das ist der doppelt hervorgehobene Zahlencode. Kann jemand etwas damit anfangen?

zahlen hervorgehoben.jpg

SanCtI Matthael sanCto
LVX praeVIa festo
HaeC teCta In Cineres

LVXIt abIre sVos
E CInerIs LVCtV
Präsens hIC aLLeVat annVs

Vera sIt aeterno LaVsqVe
DeCVsqVe Deo.
 
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Die hier gezeigte Tafel befindet sich an einem Haus einer norddeutschen Kleinstadt angebracht, welches nach der Zerstörung des Vorgängerbaus im Dreißigjährigen Krieg an dieser Stelle errichtet wurde. Was mich irritiert, das ist der doppelt hervorgehobene Zahlencode. Kann jemand etwas damit anfangen?

Anhang anzeigen 10726

SanCtI Matthael sanCto
LVX praeVIa festo
HaeC teCta In CIneres

LVXIt abIre sVos
E CInerIs LVCtV
Präsens hIC aLLeVat annVs

Vera sIt aeterno LaVsqVe
DeCVsqVe Deo.

Habs noch von Hand versucht, kam aber auf keinen grünen Zweig - bisher. Allerdings stimmt deine Abschrift nicht ganz @El, ich habe mir erlaubt, das zu korrigieren (blau hervorgehoben)
 
Ok, ein Versuch:

Nimmt man die ersten beiden Zeilen (im verlinkten Bild) zusammen ergibt sich die Zahl: 1646,
für die beiden letzten Zeilen ergibt sich 1648.

Da es sich um einen Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg handelt, könnte es sich um die Bauzeit von 1646-1648 handeln.

Edit: http://de.wikipedia.org/wiki/Chronodistichon
 
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Also bei mir ergeben die ersten 3 Zeilen 1624 und die letzten 5 Zeilen 1721

wer übrigens zum Treffen nach mainz kommt kann fleissig Chronogramme üben-wir haben da jede Menge davon.
 
Ok, ein Versuch:

Nimmt man die ersten beiden Zeilen (im verlinkten Bild) zusammen ergibt sich die Zahl: 1646,
für die beiden letzten Zeilen ergibt sich 1648.

Da es sich um einen Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg handelt, könnte es sich um die Bauzeit von 1646-1648 handeln.

Super, so langsam blicke ich durch. Egal in welcher Reihenfolge die Zahlen im Text auftauchen, einfach addieren, ja?
Ich geh's gleich mal überprüfen.


Interessant, dass das gleich eine ganze Literaturgattung ist. Wieder was gelernt. Super!
 
Super, so langsam blicke ich durch. Egal in welcher Reihenfolge die Zahlen im Text auftauchen, einfach addieren, ja?
Ich geh's gleich mal überprüfen.

!
Jein!

Du musst nur aufpassen, ob irgendwo die Subtraktionsregel eingesetzt werden muss. Kommt zwar selten bei Chronodistichen vor, ab und an hat es aber ein Meister mal eingebaut. Ansonsten kannst du einfach aufaddieren.
 
Jein!

Du musst nur aufpassen, ob irgendwo die Subtraktionsregel eingesetzt werden muss. Kommt zwar selten bei Chronodistichen vor, ab und an hat es aber ein Meister mal eingebaut. Ansonsten kannst du einfach aufaddieren.

Woran erkenne ich das denn? Hier wird ja nicht gemäß der uns bekannten Schreibung römischer Zahlen gearbeitet, IV ist 4 und VI ist 6. :confused:
 
Woran erkenne ich das denn? Hier wird ja nicht gemäß der uns bekannten Schreibung römischer Zahlen gearbeitet, IV ist 4 und VI ist 6. :confused:


Am sichersten gehst du so vor, dass du alle Ziffern der Reihe nach aufschreibst und zu gültigen römischen Zahlen gruppierst. Für die beiden ersten Zeilen sieht das so aus:

CI - MI - CLV - XVI
CCI - CI - LV - XII - V

Bis auf eine Stelle (rot) ist es ja eigentlich ganz eindeutig. Bei der markierten Stelle könnte es theoretisch auch XI und IV heißen, also 11 + 4 anstelle von 12 + 5. Hier bin von der ersten, weil einfacheren Variante ausgegangen. Das stimmt dann in aller Regel so.

Wenn die Subtraktionsregel zum Einsatz kommt, müsste sie normalerweise sehr eindeutig zu erkennen sein, z.B. am Anfang einer Zeile.

Gültig sind übrigens nur:
I vor V oder X: IV (4), IX (9)
X vor L oder C: XL (40), XC (90)
C vor D oder M: CD (400), CM (900)


Zu (gefühlten) 99% (bitte bitte keine Belege fordern :S) kann man die Ziffern, so wie sie erscheinen einfach aufaddieren. Mir ist bislang aber ein Beispiel untergekommen, bei dem das nicht ging. Leider weiß ich nicht mehr genau, wo das war.
 
bitte Belege dafür :devil::D
Nee,aber da hast Du Recht.Die Subtraktionsregel kommt mehr als selten vor.
Selbst am Satzanfang kann man normalerweise getrost aufaddieren.
Im Nördlichen Seitenschiff des Mainzer Dome befindet sich der Epitaph der Familie Brendel von Homburg mit folgender schöner Inschrift über Margarethe geb.Riedesel zu Bellersheim, die das Wesen des Chronogramms erklärt:

sI tIbI neC VItae nec fatI teMpora Constant
CoLLIge per LongIs arte notata notIs

luces adde decem iani septemque calendis
utque animus vivat ,saepe precare deo

(wenn du weder die Zeiten des Lebens noch die des Todes kennst,erschließe sie aus dem,was kunstvoll mit langen Buchstaben hervorgehoben ist.Füge den Kalenden des Januar 17 Tage hinzu und bete oft zu Gott,dass ihre Seele lebt)

Wann ist die gute Frau also gestorben ?
MIt DeInem LeXIkon müßtest du es erraten können.
 
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Hier noch zwei weitere Chronodistichen:

Bild0072.jpg

HaeC saCrata Petro beLLI rVIt IgnIbIs aeDIs eXVstVM pIetas paXoVe refeCIt opVs.
=
1952?!?!? Das kann eigentlich nicht sein.
CCL + LVIIII + DI + XV + V + MI + XV + CI + V:
250 + 59 + 501 + 15 + 5 + 1001 + 15 + 101 + 5
Bild0074.jpg

Pro perennI Verae MIserICorDIae sIgno eXpensIs sVIs erIgebat AVgVstVs BaVarIae PrInCeps Pater PatrIae.
=
1751 - würde zumindest passen.
 
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Hier noch zwei weitere Chronodistichen:

Anhang anzeigen 12748

HaeC saCrata Petro beLLI rVIt IgnIbIs aeDIs eXVstVM pIetas paXoVe refeCIt opVs.
=
1952?!?!? Das kann eigentlich nicht sein.
CCL + LVIIII + DI + XV + V + MI + XV + CI + V:
250 + 59 + 501 + 15 + 5 + 1001 + 15 + 101 + 5

Wenn man den Text zur Kenntnis nimmt, passt es dann doch: belli ruit ignibis aedis exustum ... refecit opus. Die Kirche ist 1952, nachdem sie in den Flammen des Kriegs verbrannt worden war, wieder aufgebaut worden.
 
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