Erster Indochinakrieg - Schlacht von Dien Bien Phu 1954

Tigermaedchen

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Guten Tag,

ich habe meine Facharbeit (14 Punkte) über die Schlacht von Dien Bien Phu geschrieben und einige Ausschnitte veröffentlicht. Dazu hätte ich sehr gerne ein Feedback, weil mich das Thema interessiert und ich natürlich alles richtig und gut darstellen möchte.

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Guten Tag,

ich habe meine Facharbeit (14 Punkte) über die Schlacht von Dien Bien Phu geschrieben und einige Ausschnitte veröffentlicht. Dazu hätte ich sehr gerne ein Feedback, weil mich das Thema interessiert und ich natürlich alles richtig und gut darstellen möchte.

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Hallo, Tigermaedchen!

Geleitet durch eine andere Diskussion, bin ich erst jetzt auf diesen Thread gestoßen. Vermutlich bist Du nicht mehr hier, aber ich antworte trotzdem mal:

In den von Dir veröffentlichten Passagen heißt es unter anderem, dass die Franzosen die Viet Minh zu der Schlacht "gezwungen" hätten und dass sie den Kampf verloren hätten, weil sie überrascht worden seien von a) der Stärke des Gegners und b) seiner Fähigkeit, schwere Waffen an den Ort des Kampfes zu bringen. Damit zitierst Du immer wieder geäußerte Ansichten, die (mit Ausnahme von Spiegelstrich "a)") falsch sind.

Stichwort "Zwang":
Als Zwang bezeichnet man eine Aufforderung, der Folge geleistet werden muss, weil die Alternative hochgradig unangenehm wäre. Die Viet Minh waren aber in keiner Weise gezwungen, sich bei Dien Bien Phu einer Schlacht zu stellen. Diesen Kampf zu verweigern, hätte sie nichts gekostet. Nicht zum Kampf anzutreten, muss aus ihrer Sicht sogar eine Option gewesen sein, die ernsthaft zu erwägen war, denn um Dien Bien Phu - einen Ort mitten im Nirgendwo - mit so starken Kräften zu besetzen, mussten die Franzosen notgedrungen ihre Präsenz überall im Land stark schwächen. Dies hätten die Viet Minh für groß angelegte Kommandoaktionen nutzen können. Genau genommen hätte dies sogar ihrer üblichen Taktik entsprochen, sich nur zu ihren eigenen Bedingungen auf Kämpfe einzulassen und sofort abzubrechen, sobald ein Kampf zu den Bedingungen der Franzosen geführt werden musste. Warum hat "Onkel Ho" die "Aufforderung zum Tanz" bei Dien Bien Phu trotzdem angenommen? Weil es dort einen Preis zu gewinnen gab. Anlass war also nicht "Zwang", sondern eine Verlockung - nach dem Motto, dass man mit Speck Mäuse fängt.

Stichwort "Überraschung über den Aufmarsch":
Wenn die Franzosen bei Dien Bien Phu "Speck" ausgelegt haben, werden sie kaum erstaunt gewesen sein, dass die "Mäuse" gekommen sind. Dies hat sie nicht überrascht, sondern es entsprach ganz ihren Absichten. Zweck des ganzen Unternehmes war es, an jenem Ort - der praktisch keine strategische Bedeutung hatte - einen jahrelangen zermürbenden Kleinkrieg mit einer "Entscheidungsschlacht" zu beenden. Voraussetzung dafür: Der Gegner musste mit (möglichst) all seinen Kräften vor Ort sein, damit er entscheidend geschlagen werden konnte. Also haben die französischen Streitkräfte den Aufmarsch der Vietnamsen gewollt und ihn bewusst zugelassen. Hier sind auf französischer Seite vermutlich taktische Fehler gemacht worden.

Richtig ist: Die Franzosen haben die Stärke des Gegners bei weitem unterschätzt. Dies passiert häufig, wenn "traditionell" ausgerichtete Streitkräfte es mit Guerilla-Verbänden zu tun haben, die durch ihre Kampfweise ihre Stärke verschleiern - sowohl vor dem Gegner als auch vor "sich selbst". Nur dieser dritte Punkt hat die französische Strategie, die ansonsten voll aufgegangen ist, zunichte gemacht. Dafür mögen auch taktische Fehler (z.B. Tallage statt Gratstellungen, unterbliebe Aktionen gegen Aufmarsch der Viet Minh) eine Rolle gespielt haben. Das Ergebnis des Kampfes stand aber keineswegs von vornherein fest. Erinnert sei hier an den Umstand, dass die Schlacht bei Dien Bien Phu 57 Tage dauerte und auf Seiten der Vietnamesen rund 23.000 Opfer forderte - nach allen bekannten Zahlen mehr als ein Drittel der eingesetzten Kräfte. Die Sache hätte also auch leicht schief gehen können.

Meine Aussagen beziehen sich übrigens nur auf Dien Bien Phu. Auch wenn diese Schlacht anders ausgegangen wäre, hätte Frankreich Indochina auf Dauer nicht halten können. Dafür waren aber andere Dinge ausschlaggebend als taktische Gegebenheiten in einem abgelegenen Dschungeltal.

MfG
 
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Stichwort "Überraschung über den Aufmarsch":
Wenn die Franzosen bei Dien Bien Phu "Speck" ausgelegt haben, werden sie kaum erstaunt gewesen sein, dass die "Mäuse" gekommen sind.

Das kann man wohl sagen.

Nachdem mehrere Offensiven bereits befreite Räume geschaffen hatten, wurde Dien Bien Phu auch ausgewählt, um sich dem Marsch von 5 vietnamesischen Regimentern an der Nordwestgrenze nach Laos querzulegen.

Dieser nächste Offensivplan war der frz. Führung bekannt geworden.

Überraschung hat es daher zunächst auf vietnamesischer Seite gegeben, bzw. war das nicht der geplante Ablauf.
 
Trotz dem letztendlichen Sieg waren die Verluste der Viet Minh erheblich. Wenn man von 20.000 Mann Verlusten ausgeht, dann ist Giap nur recht knapp an einem militärischen Debakel vorbeigeschrammt, er hat immerhin ca. ein Drittel seiner Truppen verloren. Über den Daumen gepeilt, betrachtet man auch einen taktischen Sieg als militärischen Misserfolg, wenn der Sieger mehr als 45% Verluste hinnehmen muss. Zudem sind die Verluste der Viet Minh mehr als doppelt so hoch als die der Franzosen.

In gewisser Hinsicht trägt die Schlacht um Dien Bien Phu und auch die Vorbereitungen der Franzosen mE gewisse Züge des Plans von von Falkenhayn bei Verdun zu tragen, nur in die andere Richtung. Nimm eine Stellung ein, die der Gegner nicht umgehen kann oder will und lasse seine Kräfte "ausbluten". Ich habe irgendwo auch schon mal den Kommentar gehört, Dien Bien Phu wäre ein Verdun ohne La Voie Sacrée gewesen. Gab es solche Überlegungen von französischer bzw. Navarres Seite tatsächlich?
 
In gewisser Hinsicht trägt die Schlacht um Dien Bien Phu und auch die Vorbereitungen der Franzosen mE gewisse Züge des Plans von von Falkenhayn bei Verdun zu tragen, nur in die andere Richtung. Nimm eine Stellung ein, die der Gegner nicht umgehen kann oder will und lasse seine Kräfte "ausbluten". Ich habe irgendwo auch schon mal den Kommentar gehört, Dien Bien Phu wäre ein Verdun ohne La Voie Sacrée gewesen. Gab es solche Überlegungen von französischer bzw. Navarres Seite tatsächlich?

Auf Deine Frage wird es wohl keine Antwort geben. Wir wissen zu wenig über die militärische Lage in jener Zeit. Bekannt ist, dass Navarre sofort nach der Übernahme des Oberbefehls damit begonnen hat, befestigte Posten entlang der vermuteten Aufmarschwege des Viet Minh anzulegen. Warum er das gemacht hat, kann nur er selbst sagen. Vielleicht wollte er bloß den Nachschub behindern (was mit Jagdkommandos auch, vielleicht sogar "billiger" gegangen wäre). Ich halte es für wahrscheinlicher, dass diese Posten "Stachel" im Fleisch des Gegners sein und zu Angriffen herausfordern sollten - in der Hoffnung, dass auf diese Weise dem Gegner ein Zermürbungskrieg aufgezwungen werden kann, der ihn langsam ausblutet (unmenschlich klingende Terminologie, stimmts?). Abgesehen davon, dass auch das unter Umständen durch intensiveren Jagdkampf möglich gewesen wäre, wirkt Dien Bien Phu dann, als wäre dort nach gleichem Rezept mit mehr Zutaten gekocht worden.

Bemerkenswert finde ich in erster Linie den Umstand, dass es den Franzosen überhaupt gelungen ist, die Viet Minh zu so einem Kampf um Alles oder Nichts zu verleiten.

Trotz dem letztendlichen Sieg waren die Verluste der Viet Minh erheblich. Wenn man von 20.000 Mann Verlusten ausgeht, dann ist Giap nur recht knapp an einem militärischen Debakel vorbeigeschrammt, er hat immerhin ca. ein Drittel seiner Truppen verloren. Über den Daumen gepeilt, betrachtet man auch einen taktischen Sieg als militärischen Misserfolg, wenn der Sieger mehr als 45% Verluste hinnehmen muss. Zudem sind die Verluste der Viet Minh mehr als doppelt so hoch als die der Franzosen.
Das ist das verbindende Moment aller "Indochinakriege": Die Vietnamesen haben einen unglaublichen Blutzoll gezahlt. Mehr als jede reguläre Armee hätte verkraften können. Ich habe Angaben gehört, wonach die Zahl der Opfer unter den Soldaten insgesamt dreimal so hoch lag wie die Zahl der Kämpfer, die Vietnam je gleichzeitig unter Waffen hatte. Das würde bedeuten, dass die Streitkräfte des Landes dreimal vollständig vernichtet worden sind und neu aufgestellt werden mussten. Die zivilen Toten sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Giap hat zweimal derart blutige Entscheidungen getroffen: Dien Bien Phu und Teth. Ob er das aus eigenem Antrieb oder auf höheren Befehl gemacht hat, wird umstritten bleiben. Jedenfalls waren beide Aktionen unheimlich teuer für die Vietnamesen. Dien Bien Phu ging gerade nochmal gut. Aber Teth war - militärisch - ein an Selbstmord grenzender Irrsinn. Der Propaganda-Effekt war natürlich gewaltig. Quasi "unbezahlbar".

MfG
 
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Giap hat zweimal derart blutige Entscheidungen getroffen: Dien Bien Phu und Teth. Ob er das aus eigenem Antrieb oder auf höheren Befehl gemacht hat, wird umstritten bleiben. Jedenfalls waren beide Aktionen unheimlich teuer für die Vietnamesen. Dien Bien Phu ging gerade nochmal gut. Aber Teth war - militärisch - ein an Selbstmord grenzender Irrsinn. Der Propaganda-Effekt war natürlich gewaltig. Quasi "unbezahlbar".

Obwohl beide Schlachten die Vietnamesen teuer zu stehen bekommen hatten, führten beide jeweils auf ihre Art zum Ende des jeweiligen Krieges. Dien Bien Phu vernichtete den Großteil der (brauchbaren) französischen Streitkräfte in Indochina und beendete somit faktisch den ersten Vietnamkrieg. Giap hatte hoch gesetzt und gewonnen.

Aus militärischer Sicht, war Tet ein Desaster. Die angreifenden Vietcong verloren rund 70% Ihrer Angriffsstärke und waren damit eigentlich vernichtet. Auf den ersten Blick für die US-Streitkräfte der beste Ausgangspunkt. So umfänglich hatten diese die Guerillas vorher noch nie zu fassen bekommen. Aber das Problem lag in der rigorosen Rückeroberungsmethode, unter massivstem Einsatz der Luftwaffe und Artillerie und an Terror grenzende Strafmaßnahme zeigte dieser Krieg auch erstmals der Öffentlichkeit seine hässliche Fratze. Die US-Truppen verloren die Unterstützung in der Heimat und weiten Teilen der westlichen Welt. In den USA sah man nicht die geschlagenen Vietcong, sondern die vollkommen überrumpelten eigenen Streitkräfte. Die Presse sprach von 1968 an nicht mehr von "our war" sondern von "the war". Das Problem war ein psychologisches, weniger ein militärisches.

OT: Nach dem Vietnamkrieg haben die US-Streitkräfte keine uneingeschränkte Berichterstattung von Kriegsschauplätzen mehr zugelassen.
 
Obwohl beide Schlachten die Vietnamesen teuer zu stehen bekommen hatten, führten beide jeweils auf ihre Art zum Ende des jeweiligen Krieges. Dien Bien Phu vernichtete den Großteil der (brauchbaren) französischen Streitkräfte in Indochina und beendete somit faktisch den ersten Vietnamkrieg. Giap hatte hoch gesetzt und gewonnen.
Da würde ich widersprechen. Dien Bien Phu hat den Krieg beendet, die Tet-Offensive nicht. Nach Tet ging der Krieg noch fünf Jahre lang weiter - und Giap hatte die wichtigsten Kräfte verloren, die diesen Krieg hätten führen können.

Aus militärischer Sicht, war Tet ein Desaster. Die angreifenden Vietcong verloren rund 70% Ihrer Angriffsstärke und waren damit eigentlich vernichtet. Auf den ersten Blick für die US-Streitkräfte der beste Ausgangspunkt. So umfänglich hatten diese die Guerillas vorher noch nie zu fassen bekommen. Aber das Problem lag in der rigorosen Rückeroberungsmethode, unter massivstem Einsatz der Luftwaffe und Artillerie und an Terror grenzende Strafmaßnahme zeigte dieser Krieg auch erstmals der Öffentlichkeit seine hässliche Fratze. Die US-Truppen verloren die Unterstützung in der Heimat und weiten Teilen der westlichen Welt. In den USA sah man nicht die geschlagenen Vietcong, sondern die vollkommen überrumpelten eigenen Streitkräfte. Die Presse sprach von 1968 an nicht mehr von "our war" sondern von "the war". Das Problem war ein psychologisches, weniger ein militärisches.
Volle Zustimmung. Das meinte ich, als ich schrieb, dass die Tet-Offensive aus propagandistischer Sicht unbezahlbar war. Das Problem ist nur: Giap konnte vorher nicht wissen, dass diese Geschichte solche (politischen) Folgen haben würde. Er wollte mit der Offensive im Grunde nur für alle Welt offensichtlich machen, dass die ganze öffentlich zur Schau getragene Zuversicht der amerikanischen Offiziellen ("...Licht am Ende des Tunnels, der Sieg ist schon in greifbarer Nähe...") bloß hohles Gefasel war und dass die "siegreichen" GI´s den Viet Cong in Wahrheit nichtmal daran hindern konnten, bis in die US-Botschaft in Saigon vorzudringen. Das Signal, das er damit gesetzt hat, war sicherlich sehr wertvoll - aber auf keinen Fall wertvoll genug, um den Verlust praktisch der gesamten irregulären Kräfte in Südvietnam zu rechtfertigen. Nach dem amerikanischen Gegenschlag gab es im Süden des Landes praktisch keinen Viet Cong mehr. Die Organisation war um viele Jahre zurückgeworfen worden.

Dien Bien Phu und Tet haben eines gemeinsam: In beiden Fällen sind die vietnamesischen Kräfte nach jahrelangem Kleinkrieg erstmals zu einem Kampf nach den Spielregeln "regulärer" Streitkräfte angetreten. Nachdem sie den Kampf eröffnet hatten, sind sie nicht mehr ausgewichen, sondern haben sich - alles auf eine Karte setzend - den Reaktionen des Feindes aussetzen müssen. An diese Art der Kampfführung waren sie nicht gewöhnt. Entsprechend heftig wurden sie verprügelt. Bei Dien Bien Phu ist das gerade nochmal gut gegangen. Es hat riesige Verluste gefordert, aber es hat den Krieg beendet. Rückblickend betrachtet, hat Giap dort also die richtige Entscheidung getroffen. RÜCKBLICKEND betrachtet! Er konnte nämlich vorher nicht wissen, dass er Glück haben würde. Bei der Tet-Offensive sah das anders aus. Die hat, aus militärischer Sicht betrachtet, zu gar nichts geführt, außer zu katastrophalen Verlusten.

Ich an Giaps Stelle hätte beide Schlachten nicht geführt.

MfG
 
Was für eine Kriegsführende Macht als "katastrophal" bezeichnet werden kann, ist eigentlich sehr relativ. Was will ich haben und was bin ich bereit dafür zu zahlen? Dazu kommt noch die historische und geographische Perspektive. Vergleicht dieses Ereignis mal mit den gewaltigen Schlachten im Chinesischen Bürgerkrieg oder in Korea. Dort sind in Gefechten Hunderttausende umgekommen ohne wesentliche Entscheidungen herbei zu führen.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Vietnamesische Führung damals diese Verluste als angemessen und gerechtfertigt betrachtet hat. Es wurde hoch gepokert, der Erfolg hat sich aber eingestellt.
Die Schlacht mitten drin abzubrechen um Blut zu sparen wäre in diesem Fall viel verhängnisvoller gewesen. Der Prestigeverlust wäre enorm gewesen, die Moral der Besatzer und ihrer Gefolgsleute (die es gab) wäre gestärkt worden, der Krieg hätte sich mit offenem Ergebnis verlängert (denkt an die Briten in Malaya zur ungefähr gleichen Zeit).

Im eigenen Lager hätte es sich garantiert negativ auf die Rekrutierung neuer Freiwilliger und auf die Unterstützung von Aussen ausgewirkt. Meiner Meinung nach, hat die Führung des Viet-Minh die historische Gelegenheit erkannt und die richtige Entscheidung getroffen. Wie es der Anschlusskrieg im Süden dann zeigte, hätte ein langer Kleinkrieg im Endeffekt viel mehr Opfer und Zerstörung produziert.
 
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Dien Bien Phu und Tet haben eines gemeinsam: In beiden Fällen sind die vietnamesischen Kräfte nach jahrelangem Kleinkrieg erstmals zu einem Kampf nach den Spielregeln "regulärer" Streitkräfte angetreten. Nachdem sie den Kampf eröffnet hatten, sind sie nicht mehr ausgewichen, sondern haben sich - alles auf eine Karte setzend - den Reaktionen des Feindes aussetzen müssen. An diese Art der Kampfführung waren sie nicht gewöhnt. Entsprechend heftig wurden sie verprügelt. Bei Dien Bien Phu ist das gerade nochmal gut gegangen. ...

Das würde ich etwas relativieren.

Ich habe mehrere Beschreibungen der Schlacht gelesen. Und gerade einer der Punkte der die Franzosen aus der Fassung brachte, war mit welcher Professionalität die Vietnamesische Infanterie vorging. Das war zwar nach Chinesisch-Sowjetischen Muster, als Sturmwellen, dieses aber sehr diszipliniert und methodisch. Ihre Artillerie hat auch recht präzise und effektiv gefeuert und im Gegensatz zu den Franzosen ging ihnen nicht die Munition aus, was von einer ausgeklügelten Logistik spricht.
 
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Was für eine Kriegsführende Macht als "katastrophal" bezeichnet werden kann, ist eigentlich sehr relativ. Was will ich haben und was bin ich bereit dafür zu zahlen? Dazu kommt noch die historische und geographische Perspektive. Vergleicht dieses Ereignis mal mit den gewaltigen Schlachten im Chinesischen Bürgerkrieg oder in Korea. Dort sind in Gefechten Hunderttausende umgekommen ohne wesentliche Entscheidungen herbei zu führen.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Vietnamesische Führung damals diese Verluste als angemessen und gerechtfertigt betrachtet hat. Es wurde hoch gepokert, der Erfolg hat sich aber eingestellt.
Die Schlacht mitten drin abzubrechen um Blut zu sparen wäre in diesem Fall viel verhängnisvoller gewesen. Der Prestigeverlust wäre enorm gewesen, die Moral der Besatzer und ihrer Gefolgsleute (die es gab) wäre gestärkt worden, der Krieg hätte sich mit offenem Ergebnis verlängert (denkt an die Briten in Malaya zur ungefähr gleichen Zeit).

Im eigenen Lager hätte es sich garantiert negativ auf die Rekrutierung neuer Freiwilliger und auf die Unterstützung von Aussen ausgewirkt. Meiner Meinung nach, hat die Führung des Viet-Minh die historische Gelegenheit erkannt und die richtige Entscheidung getroffen. Wie es der Anschlusskrieg im Süden dann zeigte, hätte ein langer Kleinkrieg im Endeffekt viel mehr Opfer und Zerstörung produziert.
Wir sind uns ja im Grund darüber einig, dass hier eine "Kosten-Nutzen-Rechnung" angestellt worden ist. Allerdings eine, die zumindest im Fall der Tet-Offensive, in hohem Maße menschenverachtend war und von der die Verantwortlichen (ich gehe davon aus, dass Giap hier NICHT das entscheidende Wort zu sprechen hatten) im Voraus nur die Kosten kannten, nicht aber den Nutzen, der sich dann später einstellte. Tet sollte eine bloße Machtdemonstration sein - und ein verantwortlich denkender Militärkommandeur unternimmt keine Machtdemonstrationen, von denen er weiß, dass sie ihn seiner Machtmittel berauben werden. Der Hintergrund mag sein, dass in Folge der Tet-Offensive in erster Linie die Viet Cong - also die zerstreut operierenden Guerilla-Einheiten im Süden - zerrieben wurden. Aus Sicht Nord-Vietnams waren diese Guerillas möglicherweise "verzichtbar", da man davon ausging, dass letztlich die regluäre Armee den Sieg erkämpfen würde. Das wäre dann ein verbrecherisches Vorgehen gewesen. Verbrecherisch gegenüber den eigenen Kräften, denn: Tet hat NICHT zum Sieg geführt. Tet hat die vietnamesischen Streitkräfte sinnlos geschwächt. Man kann jetzt Verschwörungstheorien wälzen, dass die Führung in Nord-Vietnam vielleicht Gründe hatte, die Viet Cong loswerden zu wollen. Oder Vermutungen, dass der Historiker Giap als Stretege zu sehr Theoretiker war. Ich will beides nicht unterstellen. Ich denke, dass da einfach nur Fehler gemacht wurden. Anders wäre es besser gegangen.

Beispiel: Dien Bien Phu.

Wie ich bereits geschrieben habe, bin auch ich der Meinung, dass Giaps Entscheidung, sich auf die Schlacht einzulassen, rückblickend betrachtet richtig war. Trotzdem muss man feststellen, dass es Alternativen gegeben hätte. Nehmen wir mal an, die Franzosen hätten bestimmte taktische Fehler nicht gemacht. Nehmen wir mal an, sie hätten höher gelegene Positionen eingenommen und sie hätten den vietnamesischen Aufmarsch (von dem sie sicher wussten, dass er erfolgen würde) durch intensiven Jagdkampf erschwert. Dann hätte Giap in der Schlacht einen großen Teil seiner Kräfte verlieren können, ohne irgendwas zu erreichen. Etwas Ähnliches war den Viet Minh schonmal passiert. Anfang 1951 bei Vinh Yen. Da sind sie - ebenfalls vor einer französischen Festung - zusammengeschossen worden. Daraus Lehren ziehend, musste Giap die Option sehen, anstatt bei Dien Bien Phu zur Schlacht anzutreten, nach dem gleichen Muster wie später bei der Tet-Offensive gegen alle anderen (zu dem Zeitpunkt stark geschwächten) französischen Stellungen im Land vorzugehen. Ob das besser gewesen wäre, lässt sich heute, da wir die Folgen von Dien Bien Phu kennen, nicht mehr entscheiden. Im Vorfeld der Schlacht muss es jedenfalls eine Option gewesen sein, die großen "Gewinn" versprach und weniger riskant für die eigenen Kräfte war. Da schließt sich für mich wieder die Frage an, was die Franzosen den Viet Minh "angeboten" haben, um sie nach Dien Bien Phu zu locken.

Ähnlich betrachte ich die Jahre später erfolgte Tet-Offensive. Auch diese Aktion war nicht grundsätzlich falsch. Wenn man die Art und Weise betrachtet, wie die Offensive vorgetragen wurde, dann muss man nur feststellen, dass kein "Plan B" existierte, kein Ausstiegs- und Rückzugsszenario, das geeignet gewesen wäre, auch bei ungünstigem Kampfverlauf die Fortdauer der Existenz der eigenen Truppen zu sichern. Es war ein Spiel um "Alles oder Nichts". Sieg oder Tod. Ohne dass im Vorfeld ein Zwang erkennbar gewesen wäre, so eine Gewaltaktion zu starten. Ohne dass im Vorfeld begründete Hoffnung bestanden hätte, alle Gegner zu überwältigen. Schließlich waren die Südvietnamesischen Streitkräfte ungeschwächt und das US-Militär hatte zu keinem anderen Zeitpunkt mehr Truppen im Land. Es ist nicht erkennbar, welche militärischen Erfolge man sich aus dieser Offensive eigentlich erhoffen konnte.

Wie gesagt: Wir wissen heute, dass Tet in den USA die öffentliche Meinung erschüttert hat und dass sich aufgrund der Kämpfe in aller Welt die Stimmung zunehmend gegen diesen Krieg gewendet hat. Dieser "Erfolg" ist aber POLITISCHER Natur und hat sich AUßERHALB Vietnams eingestellt. Kein General kann damit kalkuliert haben, als er den Befehl zum Angriff gab.

MfG
 
Das würde ich etwas relativieren.

Ich habe mehrere Beschreibungen der Schlacht gelesen. Und gerade einer der Punkte der die Franzosen aus der Fassung brachte, war mit welcher Professionalität die Vietnamesische Infanterie vorging. Das war zwar nach Chinesisch-Sowjetischen Muster, als Sturmwellen, dieses aber sehr diszipliniert und methodisch. Ihre Artillerie hat auch recht präzise und effektiv gefeuert und im Gegensatz zu den Franzosen ging ihnen nicht die Munition aus, was von einer ausgeklügelten Logistik spricht.

Stimmt alles. Ausgeklügelte Logistik (eindrucksvoll, wie nur mit Muskelkraft schwere Geschütze durch weglose Wälder auf Berge gezerrt wurden etc.), sehr effektives Sanitätswesen, diszipliniert, effektives Vorgehen. Taktisch hat Diap alles richtig gemacht. Warum haben die Franzosen ihm aber die hoch gelegenen Feuerstellungen mit Blick auf die Festung überlassen? Sie haben vier Monate lang Zeit gehabt, die Festung zu bauen. Warum haben sie ihn nicht gestört, als er seine Geschütze heranholte? Die Wege, über die er kommen musste, waren bekannt. Warum haben sie vorgelagerte Bastionen errichtet, die nach und nach genommen werden konnten, ohne einander wirksam unterstützen zu können? Und obwohl das alles so war, hat Giap mehr als ein Drittel seiner Truppen eingebüßt. Er hat da keinen sicheren Sieg erfochten. Darauf wollte ich mit meinem ersten Beitrag hinaus: Dass alles so gekommen ist, wie es dann kam, war nicht unausweichlich.

MfG
 
Stimmt alles. Ausgeklügelte Logistik (eindrucksvoll, wie nur mit Muskelkraft schwere Geschütze durch weglose Wälder auf Berge gezerrt wurden etc.), sehr effektives Sanitätswesen, diszipliniert, effektives Vorgehen. Taktisch hat Diap alles richtig gemacht. Warum haben die Franzosen ihm aber die hoch gelegenen Feuerstellungen mit Blick auf die Festung überlassen? Sie haben vier Monate lang Zeit gehabt, die Festung zu bauen. Warum haben sie ihn nicht gestört, als er seine Geschütze heranholte? Die Wege, über die er kommen musste, waren bekannt. Warum haben sie vorgelagerte Bastionen errichtet, die nach und nach genommen werden konnten, ohne einander wirksam unterstützen zu können? ...
Aus zwei Gründen: Rassismus und Arroganz. In seinem Buch über Dien Bien Phu erwähnt John Keegan, dass im ersten Weltkrieg die Franzosen die "Annamiten" als untauglich für den Kriegsdienst einstuften und deshalb sie nicht wie Algerier, Marokkaner oder Senegalesen als Kolonialtruppen für den Dienst in Europa heranzogen. Man hielt sie für solche Taätigkeiten eiunfach für nicht geeignet. Warum soll man die höhen besetzen, wenn der Feind sowieso nicht in der Lage ist dort Artillerie aufzustellen?

Der Kommandeur der französischen Artillerie hat dann, als er seinen Fehler erkannte, seine Konsequenzen gezogen und sich selbst umgebracht.



Und obwohl das alles so war, hat Giap mehr als ein Drittel seiner Truppen eingebüßt. Er hat da keinen sicheren Sieg erfochten. Darauf wollte ich mit meinem ersten Beitrag hinaus: Dass alles so gekommen ist, wie es dann kam, war nicht unausweichlich.

MfG
Das ist es im Krieg wohl eher selten. Ein Wagnis ist es immer.
 
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Bisher wurde in starkem Maße die unmittelbare Schlacht, in ihrer taktischen oder operativen Bedeutung, diskutiert. Die Schlacht bei Dien Bien Phu und die Niederlage der Franzosen erhält jedoch seine Erklärung und seine Bedeutung primär durch die Einbettung in den Kontext des Kalten Krieges. Ansonsten wäre es „nur“ eine x-beliebige Schlacht im Rahmen der Unabhängigkeitskriege gegen die Kolonialmächte.

Die Entscheidung der Chinesen, die Viet Minh zu unterstützen, nach Maos Sieg im chinesischen Bürgerkrieg, fiel ca. 1950. Zu einem Zeitpunkt als die USA ihrerseits dazu überging, die Franzosen zu unterstützen [1, S. 161].

Ohne deren Unterstützung die Franzosen wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Kolonialkrieg gegen eine nationalistisch und kommunistisch ausgerichtetete vietnamesische Befreiungsbewegung zu führen. Dabei muss die starke kulturelle und ideologische Nähe der Viet Min zu den chinesischen Kommunisten und zu den Lehren von Mao insgesamt betont werden. [vgl. z.B 7]

Das Ende des Krieges in Korea hatte einen unmittelbaren Einfluss auf das strategische Gleichgewicht in Indochina und erlaubte den Chinesen, ihre Unterstützung in deutlich höherem Maße nach Vietnam zu kanalisieren [1, S. 161]. Dazu wurden sie aktiv im Sinne einer „Arbeitsteilung“ durch Stalin ermuntert, der kein direktes Interesse hatte als direkt Beteiligter in diesem Konflikt in Erscheinung zu treten. Eine gewisse Konstanz zu seinem Auftreten im Rahmen des Korea Krieges.

Von Mao ging die Initiative aus und er motivierte Ho, eine Offensive entlang der Grenze zu Laos zu initieren. In diesem Kontext, wie ja auch schon ausführlich beschrieben, versuchte Navarre im November 1953 in dem strategisch wichtigen Ort Dien Bien Phu diese Offensive der Viet Minh zu blockieren und somit zum Scheitern zu bringen.

Der Hintergrund für die sehr umfangreiche und weitgehende chinesische Militärhilfe für die Viet Minh, ohne die eine Offensive militärisch nicht möglich gewesen wäre, war eine doppelte Zielsetzung. Zum einen wollte man den französischen Willen für ein weiteres militärisches Engagement durch eine militärische Niederlage direkt brechen und zum anderen diesen militärischen Sieg in einen politischen Sieg verwandeln.

In der französischen Bevölkerung gab es einen massiven Meinungsumschwung. Waren 1947 noch 37 Prozent für einen Krieg in Indochina, sackte diese Minderheitsposition in 1954 auf 8 Prozent ab. Und signalisierte sehr deutlich, dass es keine Akzeptanz in Frankreich mehr für koloniale Kriege gab! [4, S. 33].

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Konferenz wurde von Mao direkt Druck auf den Zeitplan der Schlacht um Dien Bien Phu ausgeübt und er sagte jede mögliche militärische Unterstützung zu, um den finalen militärischen Erfolg am 05.05.1954 zu erzielen. Die Franzosen kapitulierten zwei Tage später wie geplant [1, S.162]. Zumindest teilweise entspringt die Niederlage der Franzosen auch der Überheblichkeit von Navarre, der entgegen den Geheimdienstinformationen, ebenfalls die Schlacht erzwingen wollte oder aus den gleichen politischen Gründen erzwingen mußte.

Der Schlacht um Dien Bien Phu kommt dabei eine sehr hohe Bedeutung zu. So zitiert McNamara Eisenhower mit den Worten: „If Laos is lost to the Free World, in the long run we will lose all of Southeast Asia“ [5, . 36]. Die Bedeutung von Laos aus der Sicht der US-Regierung kann man gar nicht hoch genug einschätzenätzen, da Laos die Rolle des “Schlusssteins“ „der amerikanischen Sicherheit im Pazifik“ [6, S. 710] bildete.

Die Eisenhower Administration war sich der im März abzeichnenden prekären militärischen Situation der Franzosen sehr bewußt. Am 26. März 1954 schlug Dulles dem Kabinett vor, „fairly strong actions“ [2, S. 129] zu ergreifen. Allerdings war man sich nicht so genau im Klaren darüber, was das nun praktisch bedeuten sollte. Vor allem war sich Eisenhower im klaren, dass eine militärische Intervention in diesen Krieg einen großen Teil (der wenigen) aktiven Armeeeinheiten binden würde. Und diese Perspektive war angesichts der Konfrontation in Europa für ihn nicht akzeptabel [2, S. 129].

Als einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma der Zersplitterung von westlichen Streitkräften wurde durch Admiral Radford (Vorsitzender der JSC!!!) der „gezielte“ Einsatz von drei Atombomben vorgeschlagen [2, S. 130]. Ähnlich äußerte sich der Luftwaffenchef Twining, der einen atomaren Angriff zur Schlachtentscheidung präferierte [4, S. 34]

Auch nach dem Fall von Dien Bien Phu wurde die Nutzung von Träger gestützen Atomwaffen als Option für Indochina erwogen und provozierte eine deutliche Absage durch das „State Department“. [2, S. 130].

Von den Engländern (Churchill) kamen massive Bedenken, die eine verheerende internationale Reaktion auf einen Atomwaffeneinsatz befürchteten mit massiven negativen Auswirkungen im Commonwealth [4, S. 35]

Die politische Strategie der Chinesen, die den Vietnamesen in Genf als Konzessionslinie oktroyiert wurde, zielte auf eine relativ weitgehende Kompromissbereitschaft ab. Die Motivation der Chinesen für eine derartige Strategie hatte eine Reihe von Facetten. Zum einen wollten sie sich als Macht international positionieren und anerkannt werden, zudem wollten sie das potentielle amerikanische Engagement durch Konzessionen begrenzen und drittens gingen sie davon aus und so äußerte sich auch Zhou gegenüber Ho, dass die friedliche Übernahme von Vietnam im Rahmen von Wahlen zu erwarten sei [1, S. 163].

Im Ergebnis der Konferenz übernahmen die Amerikaner die Schirmherrschaft über Süd-Vietnam [3, S. 132ff], mit allen negativen Voraussetzungen und einer fast grenzenlosen Naivität bzw. Unkenntnis, wie McNamara es eindringlich beschreibt.

1. J.L. Gaddies: We now know. Rethinking Cold War, 1997
2. J. L. Gaddies: The Long Peace, 1987
3. J. L. Gaddies: The Cold War, 2005
4. M. Frey: Geschichte des Vietnamkriegs, 1998
5. R.S. McNamara: In Retrospect
6. H.A. Kissinger: Die Vernunft der Nationen, 1994
7. D.G. Marr: Vietnam 1945
 
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Aus zwei Gründen: Rassismus und Arroganz.
Navarre hatte schon von Anfang an deutliche Vorurteile in Bezug auf die Streitkräfte und vor allem die Artillerie der Vietminh. Er soll sich schon vor der Schlacht zur Artillerie der Vietnames in folgender Weise geäußert haben: "Sie werden wohl so ein bis zwei Kanonen haben, aber die Granaten explodieren meist gar nicht. Es ist eine Farce." Solche Aussagen zeigen deutlich wie krass Navarre seinen Gegner und vor allem Giap, den er einmal "Unteroffizier, der gerade lernt, mit Regimentern umzugehen" bezichnete, unterschätzte.

Auch General Piroth schlug in die gleiche Kerbe. Er versprach die Kanonen der Vietnames zu zerstören und zwar sogar mit den Worten "kein Vietminh-Geschütz mehr als drei Schüsse abgeben, bevor meine Artillerie es zerstört". Das sollte sich als fataler Irrtum erweisen.

Zu allem Überfluss für die Franzosen hatte Giap aus den Fehlern am Roten Fluss auch noch gelernt und hatte entgegen den Erwartungen von Navarre, keine human wave Taktik eingesetzt um die französischen Stellungen bei Dien Bien Phu zu nehmen.

Aber ihr habt sicher recht, der Ausgang der Schlacht stand keineswegs von vornherein fest. Giap ging sicher ein großes Risiko ein, als er die Schlacht annahm und seine Verluste zeigen auch, dass es keineswegs ein "billiger" Sieg war.
 
Ein Teil der chinesischen Hilfe bestand aus mindestens 4-Dutzend amerikanischer 105 mm Haubitzen, die einst von den USA an die Kuomintang-Truppen geliefert worden sind und von den Rot-Chinesen erbeutet wurden. Das erlaubte den Viet-Min auch direkt den von den Franzosen abgeworfenen Nachschub für diesen Kaliber zu verwenden, der jedoch überwiegend ausserhalb des Perimeters landete.

Die restliche Artillerie bestand aus einer Mischung Japanischer 75mm Feldkanonen und Gebirgshaubitzen und Russischer Mörser und 37 mm Flak-Geschütze.

Bei den Mörsern waren es 120 und 82mm Granatwerfer, die eine ziemlich direkte Nachbildung der französischen Brandt-Modelle waren. Ob die Munition da auch austauschbar war, weiss ich nicht mit Sicherheit, könnte aber auch sein.

M1938 mortar - Wikipedia, the free encyclopedia

Brandt mle 27/31 - Wikipedia, the free encyclopedia

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Zu allem Überfluss für die Franzosen hatte Giap aus den Fehlern am Roten Fluss auch noch gelernt und hatte entgegen den Erwartungen von Navarre, keine human wave Taktik eingesetzt um die französischen Stellungen bei Dien Bien Phu zu nehmen.
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Keegan schreibt ausdrücklich von menschlichen Wellen.Jedoch nicht ausschliesslich. Es wurden massive Sturmangriffe mit Infiltrationstaktiken kombiniert. Eine der wirkungsvollsten von den Franzosen verwendeten Waffen waren 2 oder 3 Flakvierlinge im Kaliber 50 (12,70 mm) die unter den Angreifern enorme Verluste verursachten, bis sie ausgeschaltet wurden oder ihnen die Munition ausging.

Es gab in der Festung auch mehrer M24 Panzer die einer nach dem anderen von den Viet-Minh ohne moderne panzerbrechende Waffen ausgeschaltet wurden.
 
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Die Entscheidung der Chinesen, die Viet Minh zu unterstützen, nach Maos Sieg im chinesischen Bürgerkrieg, fiel ca. 1950. Zu einem Zeitpunkt als die USA ihrerseits dazu überging, die Franzosen zu unterstützen [1, S. 161].

Ohne deren Unterstützung die Franzosen wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Kolonialkrieg gegen eine nationalistisch und kommunistisch ausgerichtetete vietnamesische Befreiungsbewegung zu führen. Dabei muss die starke kulturelle und ideologische Nähe der Viet Min zu den chinesischen Kommunisten und zu den Lehren von Mao insgesamt betont werden. [vgl. z.B 7]

Ein Problem für China wäre es wohl auch geworden, wenn die SU in die tragende Rolle des Unterstützers der Viet Min hineingerutscht wäre, sozusagen im chinesischen Hinterhof und in der Konkurrenz im kommunistischen Lager (eine "Konkurrenz", übrigens wie später im Iran).

Die Entscheidung über die Freigabe von Waffenmaterial erfolgte im März 1950, sodann wurden rd. 14.000 Gewehre, 1.700 MGs, 150 Geschütze, große Mengen an Munition, Medizin, Nahrung, Uniformen geliefert. Ohne diese massive chinesische Unterstützung hätten die Viet Min nicht im September 1950 zur Offensive übergehen können.

Chen Jian: China and the First Indo-China War 1950-54, TCQ 1993, S. 85.
 
Ein Problem für China wäre es wohl auch geworden, wenn die SU in die tragende Rolle des Unterstützers der Viet Min hineingerutscht wäre, sozusagen im chinesischen Hinterhof und in der Konkurrenz im kommunistischen Lager (eine "Konkurrenz", übrigens wie später im Iran).

1. Ja, es wäre problematisch geworden, weil dann das hätte eintreten können, was man eigentlich sowohl in Washington als auch im Kreml vermeiden wollte. Eine Eskalation des Kalten Krieges in einen heißen Krieg mit dem unkalkulierbaren Risiko einer atomaren Konfrontation. Kennedy war eigentlich nicht bereit, unter Berücksichtigung der globalen Rolle der USA, bei einem nicht die USA direkt betreffenden Konflikt, A-Waffen einzusetzen.

Und das betraf sowohl Indo-China wie auch die Berlin-Frage, so mein Kenntnisstand.

Aus diesem Grund gab es ja die Arbeitsteilung zwischen der SU und Rot-China und vielleicht auch, weil Stalin erkannt hatte, dass er im asiatischen Bereich (seit den zwanziger Jahren) außenpolitisch (auch im Rahmen der Komintern) nicht optimal agiert hatte, um es vorsichtig zu formulieren.

2. Durch den Erfolg von Mao als "kommunistischer Revolutionär" im Rahmen des Chinesischen Bürgerkriegt gegen die KMT hatte er seine Machtposition im sozialistischen Block verstärkt.

Dennoch war die Rückversicherung von China, ähnlich wie in Korea, für China durch eine Abstimmung mit Stalin zu diesem Zeitpunkt vermutlich nocht wichtiger wie die sich anbahnende ideologische und machtpolitische Konfrontation der beiden sozialistischen Großmächte.

Allerdings befand sich vermutlich China / Mao während der Ungarn-Krise auf einem relativen Zenith seiner Einflussmöglichkeiten (Intervention pro Niederschlagung des Aufstands) im gesamten sozialistischen Lager.

Aber diese Ereignisse haben vermutlich eine beschleunigende Wirkung für den Bruch zwischen Moskau und Peking gehabt.
 
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Ein Teil der chinesischen Hilfe bestand aus mindestens 4-Dutzend amerikanischer 105 mm Haubitzen*, die einst von den USA an die Kuomintang-Truppen geliefert worden sind und von den Rot-Chinesen erbeutet wurden.

Es gab eine ganze Reihe westlicher Literatur, die sich auf diese Darstellung von Bernard Fall, Hell in a Very Small Place: The Siege of Dien Bien Phu, abgestützt hat. Demnach sei die VPA an Artillerie deutlich überlegen gewesen, und insbesondere der Munitionsverbrauch dafür ein wichtiger Faktor der frz. Niederlage.

Die neue Ausgabe des JoMH enthält nun einen Aufsatz, der insbesondere die vietnamesischen VPA-Quellen aus geöffneten Archiven (50 Jahre) und Literaturdarstellungen verwertet:

Kevin M. Boylan: No "Technical Knockout" - Giap’s Artillery at Dien Bien Phu, in JoMH Okt. 2014, S. 1349-1383.

Die artilleristische Ausstattung war demnach insbesondere beim schweren Gerät vergleichbar (136:149 ohne 60/81/82mm GrW, inkl. der frz. M24-Geschütze). Der Munitionsverbrauch der VPA war halb so hoch wie zuvor geschätzt**, überwiegend mit geringen Ausnahmen aus der eigenen Nachschub-Logistik (Beute-Munition insbesondere rd. 10% bei den 105mm* und rd. 25% bei den 75mm sowie bei den 60/81/82mm GrW).

*Die erwähnten 105mm (alle 45. Art.Reg. der VPA) stammten als Beutewaffen aus dem chinesischen Bürgerkrieg, aus dem Koreakrieg und einige auch aus in Indochina erbeuteten französischen Beständen. Die bisherige Verdopplung der VPA-Bestände-Schätzungen ist wohl darauf zurückzuführen, dass das 45. Art.Reg. aus dem Art. Reg. der 34. Division (die auch beteiligt war) gebildet wurde, also eine schlichte Doppelzählung vorlag. Ein Teil der übrigen VPA-Artillerie wurde zudem erst gegen Ende der Schlacht zugeführt.

** 65.000 statt 130.000 (Bernhard Fall und andere), >=75mm
 
Es gab eine ganze Reihe westlicher Literatur, die sich auf diese Darstellung von Bernard Fall, Hell in a Very Small Place: The Siege of Dien Bien Phu, abgestützt hat. Demnach sei die VPA an Artillerie deutlich überlegen gewesen, und insbesondere der Munitionsverbrauch dafür ein wichtiger Faktor der frz. Niederlage.

Die neue Ausgabe des JoMH enthält nun einen Aufsatz, der insbesondere die vietnamesischen VPA-Quellen aus geöffneten Archiven (50 Jahre) und Literaturdarstellungen verwertet:

Kevin M. Boylan: No "Technical Knockout" - Giap’s Artillery at Dien Bien Phu, in JoMH Okt. 2014, S. 1349-1383.

Die artilleristische Ausstattung war demnach insbesondere beim schweren Gerät vergleichbar (136:149 ohne 60/81/82mm GrW, inkl. der frz. M24-Geschütze). Der Munitionsverbrauch der VPA war halb so hoch wie zuvor geschätzt**, überwiegend mit geringen Ausnahmen aus der eigenen Nachschub-Logistik (Beute-Munition insbesondere rd. 10% bei den 105mm* und rd. 25% bei den 75mm sowie bei den 60/81/82mm GrW).

*Die erwähnten 105mm (alle 45. Art.Reg. der VPA) stammten als Beutewaffen aus dem chinesischen Bürgerkrieg, aus dem Koreakrieg und einige auch aus in Indochina erbeuteten französischen Beständen. Die bisherige Verdopplung der VPA-Bestände-Schätzungen ist wohl darauf zurückzuführen, dass das 45. Art.Reg. aus dem Art. Reg. der 34. Division (die auch beteiligt war) gebildet wurde, also eine schlichte Doppelzählung vorlag. Ein Teil der übrigen VPA-Artillerie wurde zudem erst gegen Ende der Schlacht zugeführt.

** 65.000 statt 130.000 (Bernhard Fall und andere), >=75mm

Ich habe jetzt nur das Buch von Keegan vorliegen, hatte aber auch ein paar andere Berichte gelesen die nicht so sehr ins Detail gingen.
Angaben über die genaue Anzahl an Schuss für die Artillerie ist bei Keegan nicht aufgeführt, jedoch schon die Angabe, dass den Franzosen zum Ende hin die Munition ausging und den Vietminh nicht. Auch, dass z.B. am 06. April 18 Tonnen Munition für die 105mm-Haubitzen (http://de.wikipedia.org/wiki/M101_(Haubitze)) versehentlich über Stellungen der Vietminh abgeworfen wurden. (Das wären laut Wiki ca. 900 Schuss HE-Munition)

Ich bezweifle nicht, dass der größte Teil der verwendeten Munition von den VPA-Transportkolonnen selbst angeschleppt wurde, wollte auch nichts anderes behaupten. Ärgerlich war es für die Franzosen trotzdem, dass ein Teil ihrer eigenen dringend benötigten Nachschübe auf der falschen Seite landeten.

Insgesamt sollen laut Keegan die Vietnamesen am Ende um die hundert Geschütze dieses Kalibers vor Ort gehabt haben, während die Franzosen ab einen gewissen Punkt durch Ausfälle nicht mehr als 10 bis 18 Stück gleichzeitig in Dienst hatten, obwohl sie auch Ersatzteile und sogar ganze Geschütze abwarfen.

Die Menge an Geschützen sagt nun nichts darüber aus, wie viel Schuss diese abgaben oder wie effektiv. Die Franzosen feuerten irgendwann fast blind in die umliegenden Landschaft, während die Vietnamesen durch ihre Beherrschung der Hügel, Einblick in die gegnerischen Stellungen hatte.

Mich würden noch die 75.er interessieren. Steht da irgendwo um welche es sich handelt? Ich hatte über japanische Modelle gelesen, es könnten jedoch auch die Französischen Feldgeschütze gewesen sein, bzw. die US-Amerikanische Variante davon, deren Munition austauschbar war. Es ist mir jedoch nicht bekannt, dass diese so spät noch verwendet oder an Alliierte übergeben wurden.
Es kann jedoch auch die US-Amerikanische leichte Feld- oder Gebirgshaubitze sein, deren Munition nicht austauschbar ist. Steht in deine Unterlagen etwas dazu?
 
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