Alte Handschrift entziffern

Süterlin

Neues Mitglied
Guten Tag,
Ich habe in letzter Zeit sehr viel mit alten handschriftlichen Dokumenten aus der Zeit um 1550 (Wittenberg) zu tun, nur leider kann ich sie nicht lesen. Der Inhalt wird auch nicht sonderlich spektakulär sein (altes Gerichtsbuch) aber dennoch würde ich zumindest einige Seiten lesen wollen. Daher meine Frage: Kann jemand aus dem Forum die Schrift lesen oder kennt zumindest eine Internetseite (eine kurze Suche meinerseits brachte leider keine Ergebnisse) auf der mir geholfen werden kann?

Danke :)
 
Eine gute Seite zur Einführung in die Paläographie ist adfontes.uzh.ch (mit Anmeldung). Du kannst aber auch gerne mal ein Bild einstellen.
 
Danke, Ich werde mir die Seite bei gelegenheit mal näher anschauen.

Hier mal ein Bild, Ich hoffe das ich einen Eintragsanfang erwischt habe, wie gesagt ich kann die schrift nicht wirklich lesen :grübel:

Für jede (auch teilweise) Übersetzung wäre ich sehr dankbar, wäre dies doch immerhin ein Grundstock von dem ich ausgehen könnte :yes:
 

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Danke, Ich werde mir die Seite bei gelegenheit mal näher anschauen.

Hier mal ein Bild, Ich hoffe das ich einen Eintragsanfang erwischt habe, wie gesagt ich kann die schrift nicht wirklich lesen :grübel:

Für jede (auch teilweise) Übersetzung wäre ich sehr dankbar, wäre dies doch immerhin ein Grundstock von dem ich ausgehen könnte :yes:

Mich voll "reinzubeißen" und die Texte wörtlich zu übertragen, fehlt mir heute die Motivation. In beiden geht es allerdings um die Übergabe von Häusern. Nach dem einleitenden Datum folgt die Nennung der jeweiligen Akteure; danach wird die eigentliche Handlung genannt, mit einer Beschreibung der Lage der jeweiligen Häuser (wobei beschrieben wird, zwischen welchen Nachbarn es liegt). Es folgt eine Art Verpflichtung, den neuen Besitz gut zu gebrauchen. Danach steht eine Art Beglaubigungsformel. Am Ende steht dann noch das Datum, wann der Rechtsakt auch in das Buch eingetragen wurde.

Die Schrift bei beiden Texte ist nicht ganz einfach und eine frühe deutsche Kurrentschrift, andererseits sind die Texte sehr standardisiert und daher ganz gutes Übungsmaterial.

Ein Hinweis muss leider kommen: die Übertragung eines solchen Textes in eine heutige Schrift bezeichnet man nicht als "Übersetzung", sondern als Transkription. Denn die Sprache wird ja nicht geändert, sondern nur die Schriftzeichen.
 
Im zweiten Abschnitt steht in der 1. Zeile (glaube ich gelesen zu haben). "[...] ist ein [...] vergraben".

Und im 1. Abschnitt in Z. 1f steht: "Peter Porlaufe (ein Nachname?) ist ein Geißlein hergeben [...] von Bürgerschaft Regenbogen".
 
Zuletzt bearbeitet:
Und im 1. Abschnitt in Z. 1f steht: "Peter Porlaufe (ein Nachname?) ist ein Geißlein hergeben [...] von Bürgerschaft Regenbogen".
Der Name lautet anders. Außerdem ist von einem "Heuselein" die Rede, was du als "Bürgerschaft" liest ist ein Buer[...](?), also ein Bauern[...]?

Im zweiten Abschnitt steht in der 1. Zeile (glaube ich gelesen zu haben). "[...] ist ein [...] vergraben".
Mir scheint das eher ein "&Paull Fer_walder[?] ist ein Hauss vbregeben" (sic! > "übergeben") zu sein. Würde ich meine Hand aber nicht für ins Feuer legen. Sicher aber kein "vergraben".
Ich muss sagen, mir waren schon wesentlich kursivere Schriften wesentlich klarer.
 
Mir scheint das eher ein "&Paull Fer_walder[?] ist ein Hauss vbregeben" (sic! > "übergeben") zu sein. Würde ich meine Hand aber nicht für ins Feuer legen.

Kannst du ruhig machen, wobei ich eher an "vbergeben" denke (dass, was du als "r" liest, sehe ich als "e" an (sieht man auch an anderen Stellen).
 
Oben ja, vbergeben, aber unten? Wundert mich eh, dass die <e> wie in der lateinischen Kurrent rund sind.
 
Oben ja, vbergeben, aber unten? Wundert mich eh, dass die <e> wie in der lateinischen Kurrent rund sind.

Die "e" sehe ich bunt gemixt, mal eine deutsche, mal eine lateinische Schreibweise; die "r" auch mal ähnlich dem lateinischen "e", siehe etwa beim "freitag" (beziehungsweise einfach so ein "e"-ähnliches Häkchen). Daher die Verwirrung; wie häufig bei alten Textstücken, auch nicht generell auflösbar.
 
Oben ja, vbergeben, aber unten? Wundert mich eh, dass die <e> wie in der lateinischen Kurrent rund sind.
Das ist ein "u" und kein "v", ähnelt sich nur zu der Zeit ein bisserl. Bei dem "und" sieht das "u" auch aus wie ein "v".

Meine Transkription wäre folgende:
"Peter Konbache Ist ein Heußlein / ubergeben von Buerleut Regenbogen /
Am Freitage nach Cantarr [? wohl ein Feiertag] Im xxxvii Jhare, hat Bue= / schaft Regenbogn erhegtem gaischte effergeben [wohl mundartlich für übergeben] und / verlassen ume Konbache dem Saltiren [? wohl eine Berufs- oder Herkunftsbezeichnung] ein Hauss zewisten [? wohl: zugewiesen] / Magd fanhen Lenshamten [wohl Lehnsamt] weisen Im Alsterhindpe [wohl eine Ortsbezeichnung zur Lage des Hauses] / legen, welche gedachter Konbache begehrtt, Geblichen / nach heurem [? heuer oder Eurem] besten nuz [Nutzen] und fernnen [ferneren] von weneglichen / ungehindert zuekauffen, Durch ernste und erst er= / wehnliche [erwähnliche] weyse bekeefigt [? bekräftigt], in des buch aber Segenhende [? Segenhände] dinstag nach Iorus direz In xxxvii Jhare.

Erinnert mich ein bisschen an ein Kurrent von um 1700, v.a. durch die "u"s.

Ich denke, auch wenn manches vielleicht falsch erraten ist, dass der Inhalt halbwegs rüberkommt. Typisch für ein amtliches Dokument der Zeit wiederholt und betont der Schreiber mehrfach die Rechtskräftigkeit und dass es damit seine Richtigkeit hat. Im ersten Moment fiel mir ein, dass vielleicht damit ein Auswertiger das Recht bekam, sich irgendwo einzukaufen, also trotz des Vorkaufsrechtes von Einheimischen, ein Gebäude erwirbt.
 
"Erinnert mich ein bisschen an ein Kurrent von um 1700, v.a. durch die "u"s."

Erstmal danke für die Transkription Brissotin :) Ich denke ich kann darauf ganz gut aufbauen und werde versuchen mir nach und nach mehr Text zu erschließen.

Bei dem Datum bin ich mir allerdings 100% Sicher das der Text von 1547 ist, allein schon weil die Forscher mit denen ich zusammenarbeite (Ich mach gerade ein "Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege") mir das so gesagt haben :)
 
Der nächste Text war schon leichter.

"Paull Freynwalde ist ein Hauss ubergeben /
Am Freitage nach Kantate [4. Sonntag nach Ostern] Im xxxvii Jhare, ist Eere [wahrscheinlich Er] Con= / rad Starkel als amwalde [vermutlich: am Walde] und lose habe erwill stachlig / und Hedwig seine wegle hat von gehsegten errachte [?] verlassen / und uffgegeben. Paull Freynwalde Ein Hauss zwischens / Marde haltenen und Michel stigian gelegen, welche ehe / und fernnen Zeuge bemuehen vor wenniglichen ungehindert / Dursst uffgebe erst durch ernstl und recht von keefighk / erkenndt und ausgesprochenen, In des buch aber gezeichnete / dinstage nach Exaudi [6. Sonntag nach Ostern] Im xxxvii te Jhare. "

Das Erzen auch im Schriftverkehr war eigentlich üblich. Die Jahreszahl dürfte sich wohl auf das Regierungsjahr des Souveräns beziehen. Selbst Kurfürst August von Sachsen regierte aber keine 37 Jahre und er war einer der Herrscher mit einer langen Herrschaftsperiode. Friedrich der Weise regierte 39 Jahre (bis 1525), würde also passen. Nur weiß ich nicht, ob zu seiner Zeit schon so geschrieben würde. Wäre das Schriftstück aus dem 17.Jh., käme ja Johann Georg I. mit seiner langen Regierungszeit von 45 Jahren (!) in Frage. Aber da es aus einem Buch ist, wird die Datierung wohl recht eindeutig sein.:winke:
 
Das ist ein "u" und kein "v", ähnelt sich nur zu der Zeit ein bisserl. Bei dem "und" sieht das "u" auch aus wie ein "v".

<u> und <v> sind über Jahrhunderte identische Buchstaben in den lateinischen Schriften, wie der Buchstabe gelesen werden musste, als Konsonant oder als Vokal, hing von der Umgebung ab und war auch nicht immer völlig klar*, bzw. ob der Buchstabe spitz (v) oder rund (u) geschrieben wurde, hing nicht von seiner phonetischen Wertigkeit ab sondern von seiner Stellung im Wort. Auch wenn ich in diesem Fall das <v> als Graphem transkribiert habe, weil es sich m.E. um ein <v> handelt, heißt das nicht, dass ich hier nicht phonetisch /u/ gelesen habe.

Meine Transkription wäre folgende:
"Peter Konbache Ist ein Heußlein / ubergeben von Buerleut Regenbogen /
Am Freitage nach Cantarr [? wohl ein Feiertag] Im xxxvii Jhare, hat Bue= / schaft Regenbogn erhegtem gaischte effergeben [wohl mundartlich für übergeben] und / verlassen ume Konbache dem Saltiren [? wohl eine Berufs- oder Herkunftsbezeichnung] ein Hauss zewisten [? wohl: zugewiesen] / Magd fanhen Lenshamten [wohl Lehnsamt] weisen Im Alsterhindpe [wohl eine Ortsbezeichnung zur Lage des Hauses] / legen, welche gedachter Konbache begehrtt, Geblichen / nach heurem [? heuer oder Eurem] besten nuz [Nutzen] und fernnen [ferneren] von weneglichen / ungehindsert zuekauffen, Durch ernste und erst er= / wehnliche [erwähnliche] weyse bekeefigt [? bekräftigt], in des buch aber Segenhende [? Segenhände] dinstag nach Iorus direz In xxxvii Jhare.

Erinnert mich ein bisschen an ein Kurrent von um 1700, v.a. durch die "u"s.

Ich denke, auch wenn manches vielleicht falsch erraten ist, dass der Inhalt halbwegs rüberkommt. Typisch für ein amtliches Dokument der Zeit wiederholt und betont der Schreiber mehrfach die Rechtskräftigkeit und dass es damit seine Richtigkeit hat. Im ersten Moment fiel mir ein, dass vielleicht damit ein Auswertiger das Recht bekam, sich irgendwo einzukaufen, also trotz des Vorkaufsrechtes von Einheimischen, ein Gebäude erwirbt.

Cantarr: Wie in Text 2: Cantate, vierter Sonntag nach Ostern


*Als Beispiel aus dem Englischen: w (=v+v="Double-U")
Beispiele aus dem Spanischen: Im Spanischen entspricht das <v> dem /b/, es existieren die Grapheme <v> und <b> nebeneinander. So findet man in altspanischen Texten das Wort çibdat, welches nach Meinung der Historiolinguisten als /'θjudat/ bzw. /'θjudað/ gelesen werden muss, enstprechend dem heutigen ciudad. Das wiederum kommt vom lateinischen civitas. Ursprünglich hätte sich aus dem lateinischen /w/ also ein romanisches /b/ entwicklen sollen. Das klingt sicher zunächst einmal etwas weit hergeholt. Das ändert sich aber, wenn man sich die Etymologie von Ceuta anschaut. Die Griechen nannten den Ort Επτά Αδέλφια (Heptá Adélphia - Sieben Brüder, eine Bezeichnung, die sich auf die sieben Berge der Umgebung bezieht). Nach dem Zweiten Punischen Krieg wurde Ceuta als Septem Fratres (Sieben Brüder) römisch. Der heutige Name leitet sich von der römischen Lehnübersetzung ab: Von Septem > Septa > arab. Sabta (im arabischen gibt es kein /p/) > Ceuta. Die Umlautung b > u ist wiederum nur über die Gleichwertigkeit der Grapheme u=v und b=v in den lateinischen Minuskelschriften zu erklären, was in den iberoromanischen Sprachen zu sprachhistorisch zunächst etwas seltsamen erscheinenden Umlautungen führte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Cantarr: Wie in Text 2: Cantate, vierter Sonntag nach Ostern
Wie gesagt, man liest sich mit der Zeit ein. :)

Beim Überfliegen des 1.Textes, nachdem ich auch den 2.Text transkribiert hatte, fiel mir dann auch einiges vom 1.Text leichter zu lesen und zu verstehen.

Typisch für alte Schriftstücke ist neben der Uneinheitlichkeit der Verwendung von "v" und "u" mit oder ohne Strich über dem "u" - siehe "buch"! - auch die uneinheitliche Schreibweise überhaupt von Wörtern. Zum Teil wird mundartlich geschrieben wie "uff...", zum Teil wird dann wieder "auf..." geschrieben. Leider haben wir ja keine Tonbandaufnahmen von 1600 oder 1700 um sagen zu können, ob man nicht damals eben z.B. "aufzeigen" und "uffzeichen" schlichtweg nebeneinander verwendete. Das würde zumindest das Nebeneinander in den Schriftstücken erklären, die zum Teil so geschrieben sind, wie gesprochen wurde.

Erstaunt hatte mich das Fehlen vom "t" in "und". "Undt" würde ja eigentlich gut dazu passen, dass man schrieb wie man sprach. Außerdem hatte ich "undt" regelmäßig schon in amtlichen Schriftstücken in Kurrent gelesen.
 
Wie gesagt, man liest sich mit der Zeit ein. :)

Beim Überfliegen des 1.Textes, nachdem ich auch den 2.Text transkribiert hatte, fiel mir dann auch einiges vom 1.Text leichter zu lesen und zu verstehen.

Typisch für alte Schriftstücke ist neben der Uneinheitlichkeit der Verwendung von "v" und "u" mit oder ohne Strich über dem "u" - siehe "buch"! - auch die uneinheitliche Schreibweise überhaupt von Wörtern. Zum Teil wird mundartlich geschrieben wie "uff...", zum Teil wird dann wieder "auf..." geschrieben. Leider haben wir ja keine Tonbandaufnahmen von 1600 oder 1700 um sagen zu können, ob man nicht damals eben z.B. "aufzeigen" und "uffzeichen" schlichtweg nebeneinander verwendete. Das würde zumindest das Nebeneinander in den Schriftstücken erklären, die zum Teil so geschrieben sind, wie gesprochen wurde.

Erstaunt hatte mich das Fehlen vom "t" in "und". "Undt" würde ja eigentlich gut dazu passen, dass man schrieb wie man sprach. Außerdem hatte ich "undt" regelmäßig schon in amtlichen Schriftstücken in Kurrent gelesen.

Hallo Brissotin,

ich würde aber die Transkriptionen noch mal auf Fehler durchgehen. Mir fehlt schon wieder etwas die Zeit, aber ich möchte kurz darauf hinweisen, dass z.B. der "Bueleut" und "Bueschaft" Regenbogen wohl ein "Burchart" ist, während etwa das "zewisten" im ersten Brief als "zwischen" zu lesen ist. Und so fielen mir noch ein paar weitere Dinge auf.
 
Hallo Brissotin,

ich würde aber die Transkriptionen noch mal auf Fehler durchgehen. Mir fehlt schon wieder etwas die Zeit, aber ich möchte kurz darauf hinweisen, dass z.B. der "Bueleut" und "Bueschaft" Regenbogen wohl ein "Burchart" ist, während etwa das "zewisten" im ersten Brief als "zwischen" zu lesen ist. Und so fielen mir noch ein paar weitere Dinge auf.
"Burchart" kann nicht sein, weil ein Strich über dem "u" nach dem "h" zu erkennen ist. Recht muss ich Dir geben, dass da eher ein "h" als ein "l" zu sehen ist. Es könnte auch "Burchardt" sein, was den meinerseits vermuteten "u"-Strich als Teil von einem "d" auszeichnen würde. Dann ist das "d" eben, wie üblich bei Überschriften, anders als im restlichen Text geschrieben.:winke:

Außerdem habe ich ja ausdrücklich gesagt, dass der erste Brief fehlerhafter von mir transkribiert ist.
Habe jetzt aber sowenig Zeit dafür wie Du. Aber Du kannst das gern übernehmen, natürlich nur auf die Gefahr hin, dass Deine Transkription auch auseinander genommen wird. :devil:
 
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