War das Heilige Römische Reich zukunftsfähig?

Am Ende war das HRR. nur ein Wunschreich aus dem frühen Mittelalter,als man sich ein neues Römisches Imperium wünschte.
Das HRR. war schon im Mittelalter,nur noch Formsache.

Es war ein anachronistisches Gebilde geworden, was die Zeitgenossen ganz deutlich sahen. Wie lange dieser staatliche "Leichnam" ohne die Französische Revolution noch existiert hätte, darüber kann man lange spekulieren.
 
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Ich bin auch der Meinung das der Aufstieg Preußens zur Großmacht das Reich stark geschwächt hatte,da nun ein Fürst genau so mächtig war wie der Kaiser.
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Auch war das HRR. im 18, Jahrhundert gar nicht mehr wahrgenommen wurde,man bezeichnete sich als Preuße,Österreicher und Sachse und nicht als Deutscher.
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Am Ende war das HRR. nur ein Wunschreich aus dem frühen Mittelalter,als man sich ein neues Römisches Imperium wünschte.
Das HRR. war schon im Mittelalter,nur noch Formsache.
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Du meinst, dass der König in Preußen genauso mächtig war wie der Kaiser in seiner Rolle als Herrscher Österreichs? Da würde ich sagen, dass Du Recht hast.

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Das wäre mir neu. Woher hast Du das?:grübel:

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Das halte ich hingegen für übertrieben.
 
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Das wäre mir neu. Woher hast Du das?:grübel:

Das habe ich aus dem Buch: "Sachsen im Dreißigjährigen Krieg" vom Gute Hirten Verlag

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Das halte ich hingegen für übertrieben.

Warum,ist das übertrieben?
Das Heilige Römische Reich kam nie an seine Idee heran: Der Fortsetzung des Weströmischen Reiches."
Die Fürsten haben gemacht was sie wollten z.B. Gegenkönige usw.
Und den Volk hat es nicht interessiert,ob sie nun im HRR. leben,oder in Baiern.
 
Interessant finde ich, dass sich im Falle des HRR ja tatsächlich die Chance einer Restitution zumindest zu einem gewissen Grade geboten hätte, nämlich beim Wiener Kongress. Dass die mächtigen Fürsten des Reiches die Mediatisierung und Säkularisierung akzeptierten und lediglich die Kunststaaten wie das Königreich Westphalen wieder abschafften, zeigte, dass sie zumindest eine Umgestaltung des Reiches haben wollten. Auch die Gründung des Rheinbundes zeigte, dass im Grunde keine Einigkeit mehr darin herrschte bzw. viele Staaten das Reich nicht mehr stützen wollten.
Insofern zeigten diese Vorgänge, dass das Reich keine Zukunft mehr hatte. Ich finde aber sehr entscheidend, dass es durch die napoleonische Politik im Grunde "von außen eingetreten" wurde. Wie ein morscher Baum, war es schon vorher ziemlich ausgehöhlt. Soweit sich mächtige Einzelstaaten, wie im 18. Jahrhundert natürlich besonders Preußen, entwickeln konnten, agierten diese immer eigenständiger. Was nicht zuletzt auch an der Politik Österreichs selbst lag.
 
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1.
Das habe ich aus dem Buch: "Sachsen im Dreißigjährigen Krieg" vom Gute Hirten Verlag


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Warum,ist das übertrieben?
Das Heilige Römische Reich kam nie an seine Idee heran: Der Fortsetzung des Weströmischen Reiches."
Die Fürsten haben gemacht was sie wollten z.B. Gegenkönige usw.
Und den Volk hat es nicht interessiert,ob sie nun im HRR. leben,oder in Baiern.
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Also ich kenne viele Schriften, worin die Deutschen als Volk damals charakterisiert wurden. Auch sahen sich doch viele Dichter als deutsche Dichter.
Hast Du ein Zitat, das genau bestimmt, was das Buch darüber aussagt?

Auf der anderen Seite betonten ja auch Provencalen, dass sie aus der Provence kamen und so weiter. Da sehe ich keinen großen Unterschied. In der Regel, so ist mein Eindruck, sah man sich auch schon damals als Deutscher, wo Deutsch gesprochen wurde.
Man war damals freilich auch stolz bisweilen aus einem bestimmten Reichsgebiet zu stammen, z.B. waren Reichsstädter stolz auf ihre Rechte.

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Was die staatliche Durchdringung anbelangt stimmt das. Aber deswegen würde ich das HRR nicht als "Wunschreich" bezeichnen, nur weil wir dafür keinen passenden Namen haben, und weil die Staatlichkeit umstritten war.
http://www.geschichtsforum.de/615317-post37.html
 
Sehr schön und erhellend finde ich:
"Der Reichs-Staat, die auf ihn bezogene Nation und ihre politische Kultur markieren ein frühneuzeitliches Deutschland, das seinen Platz neben den anderen Staaten und Nationen findet. Das föderative deutsche Staats- und Nationskonzept integrierte den mitteleuropäischen Raum, so lange die Habsburgermonarchie und das Königreich Preußen nicht - wie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts - auf eine mit dem Reich konkurrierende exklusive Staats- und Nationswerdung setzen."
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Das Reich wirkte mehr oder minder auch direkt auf die Untertanen hin, was nicht nur durch J.J.Mosers Schrift zu den Rechten und Pflichten des deutschen Untertanen manifestiert wurde. Auf der einen Seite genossen die Deutschen die Vorzüge eines Rechtssystems, auf der anderen wurden sie von Reichssteuern betroffen.

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Georg Schmidt: "Das Reich und die deutsche Kulturnation"
in: "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation - Altes Reich und neue Staaten 1495-1806" Katalog, Sandsteinverlag, Dresden, 2006
S. 115
 
Deutsche oder Preußen/Bayern/Sachsen ...

In zeitgenössischen Zeugnissen war man selbstverständlich beides: Ganz klar haben sich deutschsprachige Österreicher wie auch Preußen, Bayern und wer auch immer auch als Deutsche im Sinne eines so genannten Kulturnationalismus empfunden. Das war keineswegs ein Widerspruch, sondern entsprach dem Selbstverständnis der damaligen Zeit mit den verschiedenen Loyalitätsebenen (Regional- und Reichspatriotismus etc.)

Was eher ein Problem für den Fortbestand des HRR bedeutet hätte war die Dreiteilung des Reiches in das starke Österreich und Preußen auf der einen Seite und das später so genannte Dritte Deutschland aus den Klein- und Mittelstaaten, die vor allem Angst hatten, von den beiden Großen nach dem Muster Polens geschluckt zu werden. Also könnte man evt. eine konterfaktische Entwicklung des Alten Reiches hin in zwei deutsche "Großreiche" annehmen - Bayern und Preußen auf Kosten der Kleinen.
Gegen diese Gefahr haben sich die Kleinen z.B. auch am Ende des 18. Jh. im so genannten Fürstenbund zusammengeschlossen, zumal Joseph II. das alte Projekt eines Tausches der österreichischen Niederlande gegen Bayern anstrebte.
 
In der damaligen Form nicht, heute hat die EU mehr Rechte in die einzelnen Länder einzugreifen als das HR.
 
In der damaligen Form nicht, heute hat die EU mehr Rechte in die einzelnen Länder einzugreifen als das HR.
Dafür kann man austreten.

Das Problem war doch, dass man ungehorsame Staaten nicht rauswerfen konnte, denn die Fürsten derselben waren in einem Lehensverhältnis an den Kaiser gebunden. Theoretisch konnte der Kaiser nur das Gebiet einziehen und jemand anderen damit belehnen, was sich aber in der Praxis im 18.Jh. schon nicht mehr realisieren ließ.
 
Immerhin hat sich bereits ein Historiker, nämlich Anton Schindling, bereits mit der Frage "War das Scheitern des Alten Reiches unausweichlich?" auseinandergesetzt. Leider geht er bei seiner Untersuchung von dem Zeitpunkt des Reichsdeputationshauptschlusses aus. Dennoch sind zumindest zum Teil seine Aussagen wahrscheinlich auch für diesen Thread interessant.

Am Anfang ging er auf die Frage ein, ob das Reich schon vor 1789 gescheitert war.
"Die kleindeutsch-borussische Sicht der deutschen Nationalgeschichte setzte das Ende des Reiches, den definitiven Sturz von mittelalterlicher Größe, vor allem mit dem Dreißigjährigen Krieg und dem Westfälischen Frieden an. Selbst wenn dieses Geschichtsparadigma heute zumindest in der wissenschaftlichen Geschichtschreibung als überwunden gelten kann, so wird doch die letzte Phase der Reichsgeschichte im Schatten der Französischen Revolution und des Krieges mit Frankreich seit 1792 als eine Zeit der schnellen und mehr oder weniger unausweichlichen Reichsauflösung betrachtet."
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(Hervorhebungen von mir)

Als Hauptmerkmale, Ankündigungen des Unterganges, nannte er:
- halbherzig geführten Reichskrieg
- Basler Frieden von 1795
- Säkularisation und Mediatisierung
- Einvernehmen der Kriegsgewinner mit Napoleon

Dann wendet er sich der Frage zu, ob die Reichskirche für das Reich unabdingbar war. Leider ist er hier nicht sehr eindeutig, unterstreicht aber, wie ich es auch immer wieder tue, die Funktion als Stütze des Kaisers (und letztlich des Reiches an sich). Immerhin klingt diese Aussage als nicht so abwertend wie es Dieter immer gern hinstellt:
"Eine "schwarze Legende" von einer notorischen Rückständigkeit der "Krummstablande" ist gerade mit Blick auf diese intensive Reformtätigkeit [in den geistlichen Territorien im 18.Jh., Anm. von mir] unangebracht."
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Dem Alten Reich räumte Schindling nach den Reformen von 1803 eine Chance für einen längeren Bestand ein, wenn Napoleon es nicht so massiv angegriffen hätte, er vielleicht bei Austerlitz gefallen wäre. ***
Der preußische König wäre wohl trotz der Zunahme der Protestanten im Kurkolleg nicht gewählt worden, weil Kursachsen und Kurhannover etwas dagegen gehabt hätten, was meines Erachtens gut beobachtet ist und sicherlich aus deren Konkurrenz in Norddeutschland resultierte. Somit wäre es auch nach Franz II. auf ein habsburgisches Kaisertum hinaus gelaufen.

Zur Sicht der Zeitgenossen auf das Alte Reich ist Schindlinger sehr deutlich und widerspricht damit Dieters Vermutungen recht erheblich.
"In der Diskussion über die Französische Revolution wurde das Alte Reich noch immer vielfach als die bessere Alternative der deutschen Geschichte angesehen, durchaus auch im Horizont der alten Ideen einer "teutschen Freiheit". Trotz aller erkennbarer Schwächen des Reichs-Systems kann nicht davon die Rede sein, dass die Zeitgenossen dessen baldiges Ende prognostiziert oder gar herbeigesehnt hätten. ... Erst nachdem das Reich untergegangen war, wurde seine Verfassung retrospektiv als brüchig, morsch und dem Untergang geweiht denunziert."
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Ich denke, dass ein anderer Vergleichshorizont als 1803, also dem Zeitpunkt vor dem unmittelbaren Ende des Reiches, sich vielleicht auch für einen Historiker verbietet, weil die Untersuchung dann allzusehr ins Spekulative abdriftet. Eine andere wirkliche Bewährungsprobe außer der französischen außenpolitischen Agression war ja nicht in Sicht und warum hätte dann in absehbarer Zeit z.B. bei einem Horizont von um 1780, das Reich untergehen sollen?
Im direkten Zusammenhang mit den Koalitionskriegen könnte man vielleicht fragen, wie die Verteidigung des Reiches machbarer gewesen wäre, so dass diese Lage der Bedrängnis garnicht erst eingetreten wäre.

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Anton Schindling: "War das Scheitern des Alten Reiches unausweichlich?"
in: "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation - Altes Reich und neue Staaten 1495-1806" Katalog, Sandsteinverlag, Dresden, 2006
S. 303
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ebenda S. 308
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ebenda S. 315
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ebenda S. 313
 
Nun, es gab "Reichsexekutionen" erfolgreich gegen Mecklenburg 1719 und gegen Lüttich 1790. Gegen Preußen war die Exekution nicht erfolgreich im Siebenährigen Krieg.
Also ganz so zahnlos war auch das alte Reich nicht. Und bei etwas weniger preußisch-östereichischem Egoismus wäre auch das HRR wandlungsfähig geblieben.

Die nachfolgenden Regelungen, deutscher Bund etc. waren ja vergleichsweise äußerst kurzlebig. 900 Jahre gegen die jeweils höchstens 70 Jahre gilt es erst mal von den heute bestehenden Demokratien zu toppen. Deren Ansätze sind ja auch im alten Reich zu finden.
 
Bloß weil ein Konstrukt lange existierte, heißt es nicht, dass es gut war und die technische Entwicklung im Bereich der Kommunikation und die wandelnden Gesellschaften lassen unsere Zeit keineswegs mit dem MA oder der frühen NZ vergleichen, vor allem was die langlebigkeit von Regierungssystemen anbelangt. Und wo sollen die Ansätze der heutigen Demokratien im alten Reich zu finden sein?
 
Bloß weil ein Konstrukt lange existierte, heißt es nicht, dass es gut war und die technische Entwicklung im Bereich der Kommunikation und die wandelnden Gesellschaften lassen unsere Zeit keineswegs mit dem MA oder der frühen NZ vergleichen, vor allem was die langlebigkeit von Regierungssystemen anbelangt. Und wo sollen die Ansätze der heutigen Demokratien im alten Reich zu finden sein?

Das Alte Reich hatte sich schlichtweg überlebt, sodass jeder härtere Stoß von außen es zum Einstrurz bringen musste. Im Zeitalter der Industrialisierung und der Liberalisierung des Marktes wären über 300 selbstständige Territorien und Zollgrenzen ohnehin undenkbar gewesen.

Das Heilige Römische Reich hat im Verlauf seines Daseins viele große Tage erlebt und ist nach 850 Jahren sanft entschlafen. So ist das halt mit großen Reichen in der Weltgeschichte! :cry:
 
Unter gewissen Voraussetzungen hätte das Reich sicherlich bestehen können und wäre so einer "Übergebung der Macht" an Hitler verhinderlich gewesen.

Zum einen verfiel die Macht des Kaisers immer mehr, innere Kriege schwächten die Positionen des Kaisers und der einzelnen Fürsten. Außerdem gab es auch die strukturelle Transformation von Fürstentümern und des ganzen Reiches. Vor allem der napoleonische Kampf gegen das Reich hat demselben den Rest gegeben. Wäre Napoleon nicht als "großer Befreier" einmarschiert und hätte er nicht gewonnen, wäre es wahrscheinlich nicht zum Wiener Kongress gekommen und der Kaiser hätte nicht abgedankt.

Der Niedergang des Reiches hat aber meiner Meinung nach auch ganz viel mit dem preußischen Aufleben zu tun. Während der Herzog von Preußen immer mehr erstarkte und schließlich 1771 (war es das Datum?) zum Königreich wurde, litt darunter das gesamte Rest-Reich. Denn Preußen lieferte sich einen erbarmungslosen Wettstreit um die Vormachtsstellung in Europa mit Frankreich, Österreich und Bayern. Deshalb kam es auch zum Siebenjährigen Krieg, der Österreich dermaßen schwächte, dass die Habsburger-Monarchie ab da einen gravierenden Einschnitt in Macht und Einfluss erhielt. Bayern wurde mit der Zeit immer mehr demokratisch bzw. parlamentarisiert und der König hatte spätestens mit Ludwig II. nur noch eine repräsentative bis nichtige Rolle einzunehmen, wogegen das Parlament erstarkte.

Auch zu erwähnen ist die Säkularisation, die aus geistlichen Fürstentümern weltliche gemacht hat. Die geistlichen aber gaben dem Gesamtgebilde eine gewisse innere Ordnung, Struktur und Halt, was damit dann aber auch entfiel.

Betrachtet man alle genannten Faktoren, und ließe man sie außen vor, hätte das Reich bis ins 20. Jahrhundert die vorherrschende Politik stellen können. Es wäre wahrscheinlich nicht zum Ersten Weltkrieg durch bedachtloses Handeln und Kolonialisieren seitens der Deutschen gegeben und Wilhelm II. wäre kein Kaiser geworden. Irgendwann aber hätten die Hohenzollern die Habsburger an der Staatsspitze abgelöst, da sich Preußen noch bis ins Dritte Reich von weit im Westen bis weit in den Osten ertreckte und Österreich dagegen u. a. durhc Ungarn und Serbien Unruhen zu erleiden hatte, welche nur mit militärischer Gewalt hätten gelöst werden können. Also ein weiterer Schwachpunkt des österrreichischen Fürstenhauses. Die Hohenzollern hätten spätestens da den Zeitpunkt genutzt, um sich selbst zum herrschenden Kaiserhaus zu machen.
Allerdings wäre das Reich, hätte es keine Bürgerkriege geführt, um Aufstände blutig nieder zu schlagen, ungefähr in der Hälfte des 20. Jahrhunderts zerfallen, da es eben besagte gegeben hätte gegen die veralteten und unmodernen Regierungsmethoden, persönliche Regimente, Regierungsstils und Kolonialismus. Wären im Osten Mächte wie Japan und China, teilweise auch Korea, technologisch und militärisch innoviert worden, so hätte das Reich auf lange Sicht hin kein Konkurrenzgeschäft dargestellt und wäre am wirtschaftlichen Erfolg des Ostens wie auch des amerikanischen Westens zugrunde gegangen.
 
Das HRR hatte sich auch in der Hinsicht überlebt, dass der Nationalstaatsgedanke im Zuge der Frz.Rev. aufgekommen war und sich z.B. die vielen explizit "deutschen" Dichter (und die, die wie sie dachten) danach sehnten, endlich diese Vielstaaterei zu überwinden.
Die Fürsten hielten nach wie vor an dem Gedanken der vielen Einzelstaaten fest, aber "die" Deutschen wollten das mehr und mehr nicht mehr. Dass "die" Deutschen auf die Nationalstaatsentwicklung Deutschlands keinen oder nur wenig Einfluss hatten, zeigt die Tatsache, dass es erst Bismarck unter Einsatz großer militärischer Mittel gelang, einen solchen Nationalstaat zu schaffen - und zwar GEGEN den Willen eines großen Teils "der Deutschen"...

Friedi
 
Die Fürsten hielten nach wie vor an dem Gedanken der vielen Einzelstaaten fest, aber "die" Deutschen wollten das mehr und mehr nicht mehr.

Was heißt hier "die Deutschen wollten das nicht mehr"?

Napoleon brachte das Heilige Römische Reich durch seine Usurpation linksrheinischer Gebiete, durch Säkularisationen und Mediatisierungen und schließlich den Rheinbund zum Einsturz. 1806 legte der Kaiser folglich die Krone des Heiligen Römischen Reichs nieder und nannte sich künftig Kaiser von Österreich.

Nach Napoleons Sturz wurden diese territorialen Veränderungen nur teilweise und marginal rückgängig gemacht, sodass statt der über 300 souveränen Territorien nicht ganz 40 Bundesstaaten im Deutschen Bund blieben. "Die Deutschen" haben dabei nichts mitzureden gehabt, wenn du damit das "deutsche Volk" gemeint haben solltest.
 
Was heißt hier "die Deutschen wollten das nicht mehr"?

Das was ich sagte. Die deutschen Fürsten mögen das HRR in Teilen und in Form des Deutschen Bundes restituiert haben, und dabei mag auch das Volk nichts mitzuquatschen gehabt haben, aber Tatsache bleibt doch, dass die Frz.Rev. und, ja, auch Napoleon den Nationlismus nach Deutschland gebracht haben, weswegen das HRR - wie auch der Deutsche Bund - im Volk relativ wenig Rückhalt gehabt hat, ganz egal, was die Fürsten machten.
Oder was glaubst du, warum die Karlsbader Beschlüsse überhaupt nötig geworden sind?

Friedi
 
Nun,ich sehe das ganze mit Verlaub etwas anders.
Das HRR hat im Prinzip das heutige föderale Prinzip in gewisser Weise vorweg genommen und war damit in seiner Grundstruktur durchaus moderner als die zentralistischen Nationalstaaten des 19-Jahrhunderts´.das problem war weniger das HRr selbst,als vielmehr die antiquierte Struktur seiner einzelstaaten und das Fehlen eines offenen Wirtschaftsraumes.

Selbst das Bismarksche Reich hat ja diese Struktur in abgeschwächter Form übernommen bzw. übernehmen müssen und war so neben den USA im 19.Jahtrhundert das einzige föderale Staatsgebilde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die nachfolgenden Regelungen, deutscher Bund etc. waren ja vergleichsweise äußerst kurzlebig.

Der Deutsche Bund war ja auch als Provisorium gedacht, da man eigentlich schon gern ein Reich errichten wollte.
Und danach? Der 1871 gegründete Staat besteht mit verfassungsrechtlichen Änderungen noch heute.
 
Nun,ich sehe das ganze mit Verlaub etwas anders.
Das HRR hat im Prinzip das heutige föderale Prinzip in gewisser Weise vorweg genommen

Aber nur in gewisser Weise - und da liegt der Haken. Denn moderner als die umliegenden Nationalstaaten war es ganz gewiss nicht.
Kommt immer drauf an, zu welchem ZEITPUNKT du das Ganze betrachtest.
Nehmen wir mal 1789. Da kamen die Franzosen drauf, dass sie ihren Staat auch ganz gut selber lenken könnten. Sie säbelten ihren König ab. Großbritannien oder Spanien - von Deutschland oder Italien ganz zu schweigen - waren damals zwar auch schon Staaten, die im Wesentlichen eine Nation beherbergten (ja gut, in GB waren Engländer, Waliser, Schotten, Iren zwangsvereint, in Spanien Galizier, Kastilier, Katalanen, Navarresen/Basken...), sie waren aber noch lange keine Nationalstaaten im heutigen modernen Sinn, denn die Nationen, die diesen Staaten angehörten, gehörten ihnen nicht freiwillig an, sondern aufgrund eines historischen Zufalls, nämlich weil ein Königreich ab einem bestimmten Zeitpunkt aufgehört hat, neue Gebiete zu erobern, aus welchen Gründen auch immer.
Als Frankreich expandierte (und dadurch auch das HRR zu Fall brachte), war auch F kein Nationalstaat mehr, sondern es wurde zum Reich - und wurde wieder unmoderner. Aber nur im heutigen Sinn. Im Sinne von 1800 (plusminus X) war gerade das Napoleonische Reich ein höchst moderner Staat, denn so etwas hatte es vorher noch nie gegeben, dass ein Staat derart expandierte und dabei noch die überaus neuen und daher modernen Ideen der Frz.Rev. exportierte. Das HRR mit seiner jahrhundertealten, mit Traditionen überfrachteten und total verkrusteten "Verfassung" (die lediglich zwischen Fürsten ausgehandelte Kompromisse beinhaltete) war alles andere als modern.

Die Idee, dass Föderalismus besser sein könnte als Zentralismus war bis 1945 in ganz Europa derart unmodern, dass sie nur von Separatisten innerhalb größerer Reiche (z.B. Osmanisches Reich, Russisches Reich) vertreten wurde - und von den Amerikanern, aber die waren (aus europäischer Sicht) sowieso irgendwie "schräg" und bestenfalls geeignet, als Schauplatz und Figuren in zweitrangigen Romanen herzuhalten...

Friedi
 
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