Die Wirtschaftsordnung des Dritten Reichs

Nur kurz vorab dazu:



Das sehe ich ganz anders, und habe es oben auf die Faktorbeschaffung bezogen. Diese hat nichts mit marktlichen Gegebenheiten zu tun (um das Schlagwort "kapitalistisch" aus der Politischen Ökonomie zu vermeiden).

Du hast recht, wenn Du diese Art der "Faktorbeschaffung" und des Faktoreinsatzes (ein mglw. zynisch wirkender Ausdruck in diesem Zusammenhang, aber ich verwende ihn weiter, um präzise zu bleiben) unter (kurzfristigen) Gewinnkalkülen betrachtest. Diese Verwendung von Gewinnkalkülen ist allerdings systematisch überhaupt nicht mehr trennscharf, sondern könnte auch sozialistischen Modellen etc. zugeordnet werden.

Oder anders: nicht jedes Gewinnkalkül führt zwingend zu dem Schluss, dass es innerhalb marktlicher Systeme betrieben wird.

@silesia

Die Kategorie "marktlich" ist schon ganz o.k., da wir ansonsten tatsächlich nationalökonömische bzw. PÖ Kategorien verwenden müßten.

Ich glaube, wenn wir die Diskussion weiterführen, was ich sehr gerne tuen würde, daß wir uns nicht gegenseitig versichern müssen, daß wir uns der Staatskriminalität des "SS-Wirtschaftsimperiums" gewiss sind.

Dein Argument "Gewinnkalkül" trifft es ganz gut. Nein, und da würde ich zustimmen wollen, das KZ-System wurde nicht unter dem Gesichtspunkt eines Gewinnkalküles errichtet. Sondern es war integraler Bestandteil eines staatsterroristischen Systems und das blieb es primär bis zum Ende.

Aber, die "Faktorenbeschaffung" via WVHA verlief einfacher, insbesondere bei dem Faktor "Arbeit". Insonderheit wenn politische und ökonomische Zielsetzung faktisch deckungsgleich waren; "Vernichtung durch Arbeit".

Das in einer Kriegszwangswirtschaft Marktmechanismen von obereigentumsinteressen des Staates "überdeckt" werden können ist m.E. klar und empirisch nachweisbar.

Eine quasi privatwirtschaftliche Gewinnerzielungsabsicht bei der Entstehung des "SS-Wirtschaftsimperiums" wird mit Sicherheit empirisch nicht nachweisbar sein. Wohl aber die Integration dieses Imperiums ins die Kriegszwangswirtschaft spätestens ab 1942.

Überträgst Du nun das privatwirtschaftliche Gewinnkalkül auf das staatswirtschftliche bzw. parteiwirtschaftliche Sondervermögen des "SS-Wirtschaftsimperiums" tritt eindeutig Gewinnkalkül zu Tage.

Aus Kapitalverwertungssicht, was war effektiver? Die Beschäftigung von deutschen Arbeitnehmern, die Beschäftigung von Kriegsgefangenen (auch noch ein juristisches Problem und die WM-Führung hatte Einfluss), die Beschäftigung von Zwangsarbeitern oder die Beschäftigung von KZ-Häftlingen, die sowieso aus übergeordneten politischen Gründen inhaftiert waren? Das hatten Himmler und Pohl schon richtig erkannt und stießen da auch innerhalb der SS-Führung auf Unverständnis (WVHA <=> Inspektion der K.L.). Spätestens ab 1942 war das Gewinnkalkül da, wenn auch staatswirtschaftlich geprägt; hier hat Du recht mit Deinem Verweis auf das G.U.L.A.G.-System.

M.
 
Aus Kapitalverwertungssicht, was war effektiver? Die Beschäftigung von deutschen Arbeitnehmern, die Beschäftigung von Kriegsgefangenen (auch noch ein juristisches Problem und die WM-Führung hatte Einfluss), die Beschäftigung von Zwangsarbeitern oder die Beschäftigung von KZ-Häftlingen, die sowieso aus übergeordneten politischen Gründen inhaftiert waren?

Die Frage würde ich ausdrücklich offen lassen, da wir hier detailliert in die NS-Rüstungswirtschaft einsteigen müssten. Andeutungsweise: die Beschäftigung von Zwangsarbeitern war mE unter Kapitalverwertungsabsichten (nun sind wir wieder nahe beim Gewinnkalkül, unter Aspekten der effizienten Produktion) ineffektiv: Produktionsfaktoren höher verschleißend und gleichfalls bzgl. der Rohstoffeinsätze ineffektiv. Aber das führt hier zu weit.

Ich mache es nochmal deutlich: insbesondere die (staatlich vorgenommene. gesteuerte) Beschaffung von Arbeitskraft im SS-Wirtschafts"konzern" lief - platt gesagt - nicht über den Markt, sondern über Zwangsarbeit.

Wenn man die Urspünge der SS-Betriebe betrachtet, läßt sich mE außerdem die privatwirtschaftliche Gewinnerzielungsabsicht bei der Entstehung des "SS-Wirtschaftsimperiums" empirisch nachweisen. Urspünglich ging es Himmler und Pohl mit Ziegeleien&Co. um die Partizipation an der allgemeinen (Auf-)Rüstungskonjunktur. Dabei "klinkte" man sich in die Enteignungen, Emigrationen etc. ein, und übernahm ohne wesentlichen Kapitaleinsatz bestehende Betriebe. Um im Bild zu bleiben: auch diese "akquisitorischen" Vorgänge, aus denen dann im Kriegsverlauf einer der größten deutschen Unternehmensgruppen unter dem Dach der SS entstand, fanden nicht unter "marktlichen" Bedingungen statt. Im Ergebnis vergleichbar waren die Konzernentwicklungen unter Koppenberg&Co., I.G.Farben etc., auch bzgl. der Auslands"beteiligungen".
 
...
Wenn man die Urspünge der SS-Betriebe betrachtet, läßt sich mE außerdem die privatwirtschaftliche Gewinnerzielungsabsicht bei der Entstehung des "SS-Wirtschaftsimperiums" empirisch nachweisen. Urspünglich ging es Himmler und Pohl mit Ziegeleien&Co. um die Partizipation an der allgemeinen (Auf-)Rüstungskonjunktur. ..."

@silesia

Waren Himmler und Pohl als Gesellschafter eingetragen? Das waren Beamte, in ihrer Polizeifunktion und gleichzeitig agierende für die NSDAP, in ihrer Funktion als SS-Angehörige und dann müßte man noch die Gesellschafterverträge, so sie noch auffindbar sind, einsehen. Aber das wäre ein "Nebenkriegsschauplatz" und im Rahmen eines Forums nicht klärbar.

"...Aus Kapitalverwertungssicht, was war effektiver? Die Beschäftigung von deutschen Arbeitnehmern, die Beschäftigung von Kriegsgefangenen (auch noch ein juristisches Problem und die WM-Führung hatte Einfluss), die Beschäftigung von Zwangsarbeitern oder die Beschäftigung von KZ-Häftlingen, die sowieso aus übergeordneten politischen Gründen inhaftiert waren? Das hatten Himmler und Pohl schon richtig erkannt und stießen da auch innerhalb der SS-Führung auf Unverständnis (WVHA <=> Inspektion der K.L.). Spätestens ab 1942 war das Gewinnkalkül da, wenn auch staatswirtschaftlich geprägt..."

Das war keine rhetorische Frage. Wenn wir uns einig sind, daß die verschiedenen "Klassen" der in den KZ inhaftierten Häftlingen, aus staatsterroristischen Gründen inhaftiert waren, waren die Kosten für die "Haft" sowieso per se gedeckt. Die Einnahmen aus dem kriegswirtschaftlichen Einsatz der Häftlinge war dann faktisch Surplusprofit, oder nenne es auch Extraprofit für das "SS-Wirtschaftsimperium".

Eine geplante Gewinnentnahme aus privatwirtschaftlicher Absicht durch Himmler, Pohl, Eicke oder auch Kaltenbrunner läßt sich m.E. empirisch nicht nachweisen, wohl aber Abführungen an das RfM und die Reichsbank.

M.E. gibt es da bereits im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß eingeführte Beweismittel, gegen Funk sowie absolut verunsicherte ehemalige Reichsbankbeamte im Zeugenstand (w./"Silberkammerdepots der SS"), aber eben Depots der SS, nicht Himmlers und Konsorten.

Ich schaue die Stelle nochmal nach in den Protokollen.


M.
 
@silesia

Waren Himmler und Pohl als Gesellschafter eingetragen? Das waren Beamte, in ihrer Polizeifunktion und gleichzeitig agierende für die NSDAP, in ihrer Funktion als SS-Angehörige und dann müßte man noch die Gesellschafterverträge, so sie noch auffindbar sind, einsehen.

Das (Himmler/Pohl als Gesellschafter) hatte ich oben nicht andeuten wollen, da hast du mich missverstanden. Da ging es um die Lenkung, nicht um die formalen Beteiligungsverhältnisse.

Die Gründungen erfolgten regelmäßig durch Mantelgesellschaften, die im SS-Bereich gehalten wurden. Gründungen durch Privatpersonen sind mir nicht bekannt, aber bei diesen (Mantel-)Gesellschaften sind sicher auch Treuhänder eingesetzt worden, die die Beteiligungen hielten, bzw. mit Finanzmitteln aus den SS-Etats die Einlagen erbrachten. Jedenfalls wurden damit eine Reihe von nach außen harmlos wirkende Betriebe konzerniert.

Den Surplus aus Zwangsarbeit sehe ich allerdings nicht, wenn andererseits Zusatzkosten der Produktion im Ausrüstungsbereich und Materialeinsatz entgegen standen. Das wäre erst gegeneinander abzuwägen, wobei ich da prima vista ein Minus sehe. Diese Unproduktivitäten, (Mehr-)Verschleiß etc. sind vielfach den Quellen zu entnehmen, wenn man sich die Betriebsebene anschaut.
 
Das (Himmler/Pohl als Gesellschafter) hatte ich oben nicht andeuten wollen, da hast du mich missverstanden. Da ging es um die Lenkung, nicht um die formalen Beteiligungsverhältnisse. ...

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Den Surplus aus Zwangsarbeit sehe ich allerdings nicht, wenn andererseits Zusatzkosten der Produktion im Ausrüstungsbereich und Materialeinsatz entgegen standen. Das wäre erst gegeneinander abzuwägen, wobei ich da prima vista ein Minus sehe. Diese Unproduktivitäten, (Mehr-)Verschleiß etc. sind vielfach den Quellen zu entnehmen, wenn man sich die Betriebsebene anschaut.

@silesia

O.K., da haben wir uns an diesem Punkt mißverstanden, alles andere hätte mich auch arg verwundert.

Bei dem Punkt "Lenkung" bin ich mir nicht sicher, hat die SS tatsächlich im volkswirtschaftlichen Sinne kriegszwangswirtschaftliche "Lenkung" betrieben? Oder hatte das "SS-Wirtschaftsimperium" nicht vielmehr eine privilegierte Stellung innerhalb der staatlichen "Lenkung" der VW?

Der Surplus resultiert meiner Meinung nach nicht aus der "Zwangsarbeit" "normaler Fremdarbeiter", sondern aus der juristischen Konstruktion der "Sklavenarbeit" der KZ-Häftlinge. Vollzieh mal bitte folgendes Kapitalflußschema nach:

Inhaftierung aufgrund staatsterroristischer Maßnahmen/Weisungen/Ziele => staatliche Alimentierung an die SS, für die polizeiliche Übernahme der Inhaftierten in die KZ => die Alimentierung deckt die Kosten für die Bewachung => Einsatz dieser Inhaftierten in der Kriegswirtschaft, dafür erhält das "SS-Wirtschaftsimperium" Vergütungen.

Die Kosten für die "Bewachung" sind staatlicherseits gedeckt, den Mehrwert aus der Arbeit des PF "Arbeit" durch "Sklavenarbeit" erhält das "SS-Wirtschaftsimperium" und realisiert diesen auch, inwieweit die Rückflüsse an den ns Staatshaushalt diesem Surplus entsprachen, weiß ich nicht, oder ob Teile dieses Surplus gleichsam in das "SS-Wirtschaftsimperium" reinvestiert wurden, vermutlich.

M.
 
Die Kosten für die "Bewachung" sind staatlicherseits gedeckt, den Mehrwert aus der Arbeit des PF "Arbeit" durch "Sklavenarbeit" erhält das "SS-Wirtschaftsimperium" und realisiert diesen auch, inwieweit die Rückflüsse an den ns Staatshaushalt diesem Surplus entsprachen, weiß ich nicht, oder ob Teile dieses Surplus gleichsam in das "SS-Wirtschaftsimperium" reinvestiert wurden, vermutlich.M.

An dem Punkt - ökonomische Auswirkungen der Zwangsarbeit - sind wir auseinander. Hier liegt wohl auch ein Desiderat der Forschung. Da noch nicht genannt, nun hier eingeführt: ich beziehe mich auf die kritischen Ausführungen bei Kaienburg, Die Wirtschaft der SS, der dem ein Kapitel widmet.

Den Surplus sehe ich nicht, da den unstreitig "ersparten" Aufwendungen in der Zwangsarbeit höhere Aufwendungen aus Betriebssicht (siehe oben) gegenüber standen, zusätzlich Opportunitätskosten durch Produktivitätsrückgänge.

Kaienburg weist im Übrigen nach, dass sich der Zwangsarbeitseinsatz nie überwiegend an ökonomischen Kriterien orientierte, sondern das weltanschauliche Vernichtungskonzept stets die Oberhand behielt. Interessanterweise hat sich auch Goldhagen an einem Beispielfall dazu geäußert, der in diesem Zusammenhang von "unvorstellbarer wirtschaftlicher Irrationalität" sprach. Bei Kaienburg (S. 1049 ff.) sind auch Zitate zu finden, nach denen die SS-Wirtschaft ausdrücklich nicht an "kapitalistischen Methoden" orientiert sei (Kapitel: Häftlingsarbeit und wirtschaftliche Rationalität)
 
An dem Punkt - ökonomische Auswirkungen der Zwangsarbeit - sind wir auseinander. Hier liegt wohl auch ein Desiderat der Forschung. Da noch nicht genannt, nun hier eingeführt: ich beziehe mich auf die kritischen Ausführungen bei Kaienburg, Die Wirtschaft der SS, der dem ein Kapitel widmet. ...

@silesia

Ja, da sind wir auseinander, aber warum? "Zwangsarbeit" oder die "Sklavenarbeit" der KZ Häftlinge sind selbstverständlich aus volkswirtschaftlicher Sicht unproduktiv. Ich glaube hier liegt das Mißverständnis, aber doch nicht aus betriebswirtschaftlicher Sicht des "SS-Wirtschaftsimperiums". Betriebswirtschaftlich realisiert das WVHA einen Surplus.

Was mich interessiert wäre die mögliche Zukunft dieses Sondervermögens der NSDAP und eventuelle ideologische Intentionen.

M.
 
Ja, da sind wir auseinander, aber warum? "Zwangsarbeit" oder die "Sklavenarbeit" der KZ Häftlinge sind selbstverständlich aus volkswirtschaftlicher Sicht unproduktiv. Ich glaube hier liegt das Mißverständnis, aber doch nicht aus betriebswirtschaftlicher Sicht des "SS-Wirtschaftsimperiums". Betriebswirtschaftlich realisiert das WVHA einen Surplus.

Damit ist die Betrachtung von mindestens zwei betriebswirtschaftlichen Ebenen verbunden: die des produzierenden Betriebes und die des personalstellenden SS-Wirtschaftsbetriebes. Ich habe beide Aspekte konsolidiert betrachtet, und daher zwei Einwände:

1. beide Ebenen fallen in etlichen Unternehmen zusammen, nämlich dort, wo die Ss-Wirtschaft beides stellt (Produktion und Personal)

2. Sofern es bei der reinen Personalgestellung bleibt: Zwischen der Ergebnisebene WVHA und den Umsätzen der SS-Wirtschaft stehen die Jahresabschlüsse der SS-Betriebe. Diese wiesen 1944 zwar immense Bilanzsummen auf, jedoch marginale Umsatzrenditen bzw. kaum Eigenkapital (trotz marginaler Ausschüttungen!), bei riesiger Verschuldung. Die Realisation eines Surpuls durch das WVHA würde ich daher bis zu geeigneten empirischen Studien zu den Zahlungsströmen in Frage stellen.

Dennoch ist für die Fragestellung die volkswirtschaftliche Ebene wichtig: in der Ausgangsfrage ging es um die Einordnung des Systems, von daher ist diese Aggregationsebene auch angemessen. Ob dabei einzelne SS-Betriebe Gewinne gemacht haben, oder andere Verluste (ganz abgesehen von "Konsolidierungen" der SS-Wirtschaft als "SS-Konzern" auf Ebene des WVHA), würde ich in dieser Debatte als nicht ausschlaggebend ansehen. Bleibt man bei der volkswirtschaftlichen Betrachtung: den "Gewinnen" der SS-Betriebe stehen in der deutschen Kriegswirtschaft außerdem Unrentabilitäten und produktionsseitige Ineffizienzen der übrigen kriegswirtschaftlich relevanten Unternehmen gegenüber.

Systemisch wurde die SS-Wirtschaft nichtkapitalistisch betrieben, die Gewinnerzielung war weltanschaulich und praktisch nachrangig.
 
@silesia

Die Diskussion ist doch schon längst o.t.

"...1. beide Ebenen fallen in etlichen Unternehmen zusammen, nämlich dort, wo die Ss-Wirtschaft beides stellt (Produktion und Personal)

2. Sofern es bei der reinen Personalgestellung bleibt: Zwischen der Ergebnisebene WVHA und den Umsätzen der SS-Wirtschaft stehen die Jahresabschlüsse der SS-Betriebe. Diese wiesen 1944 zwar immense Bilanzsummen auf, jedoch marginale Umsatzrenditen bzw. kaum Eigenkapital (trotz marginaler Ausschüttungen!), bei riesiger Verschuldung. Die Realisation eines Surpuls durch das WVHA würde ich daher bis zu geeigneten empirischen Studien zu den Zahlungsströmen in Frage stellen. ..."

Wie meist bei der betriebswirtschaftlichen Sicht, ist die Bilanz nicht so wichtig, sondern vielmehr die GuV (GF-Gehälter, Tantiemen an Treuhänder etc., denn auch da kann sich Surplus "verstecken"). Aber Du hast recht, bis es sichere empirische Untersuchungen gibt, bleibt die Frage "schwebend offen" und kann in einem Forum nicht bearbeitet werden.

"...Systemisch wurde die SS-Wirtschaft nichtkapitalistisch (Hervorhebung durch mich)betrieben, die Gewinnerzielung war weltanschaulich und praktisch nachrangig. ..."

Da bin ich irritiert, eine "nichtkapitalistische" "SS-Wirtschaft" in einer ansonsten kapitalistisch geprägeten Wirtschaftsordung, auch in der Überformung durch die Kriegszwangswirtschaft? Hier möchte ich gerne "wider den Stachel löcken". Da gibt es m.E. nur drei Möglichkeiten. StaMoKap, eigentlich theoriengeschichtlich ad acta. Das "SS-Wirtschaftsimperium" als Wiederaufleben "linker" ns Ideologie? Oder das "SS-Wirtschaftsimperium" als reine kriegszwangswirtschaftliche "Sturzgeburt", um im wesentlichen den Produktionsfaktor Arbeit zu mobilisieren, wissend, um die volkswirtschaftliche Unproduktivität von "Sklavenarbeit"?

M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie meist bei der betriebswirtschaftlichen Sicht, ist die Bilanz nicht so wichtig, sondern vielmehr die GuV (GF-Gehälter, Tantiemen an Treuhänder etc., denn auch da kann sich Surplus "verstecken"). Aber Du hast recht, bis es sichere empirische Untersuchungen gibt, bleibt die Frage "schwebend offen" und kann in einem Forum nicht bearbeitet werden.
Die Ergebnisse der GuVs sind in den Bilanzen zu finden: Bilanzgewinne. Die gab es bloß nicht in nennenswertem Umfang, was auch nicht durch Aussschüttungen erklärbar ist. Der "SS-Konzern" hat immense Geschäftsvolumina aufgehäuft, aber eben vernachlässigbaren Profit. Dafür habe ich ad hoc keine Erklärung.

Da bin ich irritiert, eine "nichtkapitalistische" "SS-Wirtschaft" in einer ansonsten kapitalistisch geprägeten Wirtschaftsordung, auch in der Überformung durch die Kriegszwangswirtschaft?
Da sehe ich keinen Widerspruch. Wie schon bei den juristischen Formalia, fügte man sich zwar in Regeln und Abläufe ein, jedoch ohne "kapitalistische" Zielstellung.

Wie oben schon zitatweise erwähnt, sind sogar Äußerungen auffindbar, dass dieser SS-Konzern eben nicht kapitalistisch orientiert sei. Diese Überlagerung ist mE nur weltanschaulich erklärbar.

Ein Widerspruch?

Nimmt man in etwas weiterer Sicht den okkupierten Osten, wurden dort industrielle Beteiligungen explizit und auf dogmatischer Ebene abgelehnt, jedoch -offenbar widersprüchlich - "vor Ort" praktiziert: das ist Ausdruck der Polykratie im NS-System, die sogar in der Lage war, "Blut-und-Boden"-Vorgaben zu überlagern. hinzu kommen sicher die lockenden Möglichkeiten der persönlichen Bereicherungen in dem korrupten System. Dabei war der Osten das von Himmler, Pohl&Co. vorgesehene, zukünftige Expansionsfeld des "SS-Konzerns".
 
@silesia

"...Die Ergebnisse der GuVs sind in den Bilanzen zu finden: Bilanzgewinne. Die gab es bloß nicht in nennenswertem Umfang, was auch nicht durch Aussschüttungen erklärbar ist. Der "SS-Konzern" hat immense Geschäftsvolumina aufgehäuft, aber eben vernachlässigbaren Profit. Dafür habe ich ad hoc keine Erklärung. ..."

Wie man über die GuV Bilanzgewinne verschleiern kann, ist ja geläufig. Als imaginärer Buchhalter des "SS-Wirtschaftsimperiums" fielen mir da ad hoc: überhöhte Gehälter, überhöhte Tantiemen (kein Ausschüttungscharakter), Beratungskosten und beispielsweise überhöhte Kosten für die Bereitstellung des Produktionsfaktors Arbeit (Bewachungskosten, Transportkosten etc.), überhöhte Rentenrückstellungen bzw. Beiträge* ein. Aber gut, wir wissen es nicht und im "Nebel" herum zu stochern mag ich nicht und ich denke, Du auch nicht.

"...Wie oben schon zitatweise erwähnt, sind sogar Äußerungen auffindbar, dass dieser SS-Konzern eben nicht kapitalistisch orientiert sei. Diese Überlagerung ist mE nur weltanschaulich erklärbar. ..."

Richtig. Einkünfte aus Kapitalerträgen wären ideologisch und politisch für das "SS-Wirtschaftsimperium" auch problematisch gewesen. Auch in Bezug zur ideologischen "Eigenidendität" der "SS-Führer". Mit Sicherheit hast Du die Biographie von Heydrich (Gerwarth) gelesen. Viele Stellen darin bestätigen das Patronagesystem im NS (Ämter und damit Einkünftehäufung), aber in der Ertragsart "Arbeit".

Paßt natürlich auch besser zum Programm der NSDAP und der Eigenidendität der "SS-Führer".

Vllt. könnte das ein Erklärungsansatz für die offensichtliche Diskrepanz zwischen Geschäftsvolumina und geringen Gewinnen sein.


M.

* Das wäre eine transistorische Buchung in die Zukunft gewesen.
 
Mit einigem Nachdenken:

Wie man über die GuV Bilanzgewinne verschleiern kann, ist ja geläufig. Als imaginärer Buchhalter des "SS-Wirtschaftsimperiums" fielen mir da ad hoc: überhöhte Gehälter, überhöhte Tantiemen (kein Ausschüttungscharakter), Beratungskosten und beispielsweise überhöhte Kosten für die Bereitstellung des Produktionsfaktors Arbeit (Bewachungskosten, Transportkosten etc.), überhöhte Rentenrückstellungen bzw. Beiträge* ein.

Hier liegt - das ist mein Eindruck aus der Wirtschaftsgeschichte des Dritten Reiches, speziell des SS-Wirtschaftsimperiums - eine Hypothese zugrunde, die ich nicht teilen würde: es gab im Dritten Reich für den staatsnahen Sektor nicht die geringste Veranlassung, Gewinne zu verschleiern oder allgemein formuliert Bilanzpolitik zu betreiben. Personalausgaben für Einzelpersonen (Geschäftsführungen etc.) wie Tantiemen würde ich als unwesentlich ansehen. Pensionsrückstellungen (Renten, Beiträge) sind ebenfalls kein relevanter Faktor der Jahresabschlüsse gewesen.

Aus dem Grund würde ich in künstlich überhöhten Aufwendungen keinen Faktor der Gewinnpolitik sehen. Überdies waren die Unternehmen in der Zulieferung für den Komplex der Staatsrüstung an die Leitsätze für die Preisbildung bei Öffentlichen Aufträgen gebunden (LSPÖ).

Bzgl. "kapitalistisch" noch ein Hinweis: markant für die SS-Unternehmen und den gesamten "Konzern" ist eine gigantische Fremdverschuldung, ablesbar in der Fremdkapitalquote und der Gesamthöhe der Verbindlichkeiten (Quelle s.o.). Das verursachte entsprechende Fremdkapitalkosten, über die die Gewinne ebenfalls geschmälert wurden.
 
Selbstverständlich ist das eine Hypothese.

Wodurch könnte ich sie stützen.

Frage: Wer hatte Einfluß auf das "Wirtschaftsimperium der SS" nach 1939?

Das RSHA, mit Sicherheit, in allen Fragen mit "sicherheitspolizeilichem Hintergrund" ("Politische Abteilungen").

Die "Inspektion der KL" war ab 1942 faktisch ausgeschaltet.

Das WVHA, hatte ab 1942 die KZ's operativ geführt.

Das RMfBM, mit Sicherheit, aber auf der Metaebene der rüstungswirtschaftlichen Steuerung.

Bleibt die Frage nach der Sinnhaftigkeit des "SS-Wirtschaftsimperiums"? Läge, die Vermutung, keine Gewinnerwartungsabsicht zu Grunde, hätten die Betriebe ja gleich dem RWM, oder RFM oder welcher Reichsbehörde auch immer zugeordent werden können, sozusagen als "Eigenbetriebe". Sondern sie waren vielmehr privatwirtschaftlich organisiert und erhöhten das Vermögen der NSDAP. Die FK-Quote ist als Argument m.E. nicht so recht tauglich, denn dann stände die Frage im Raum, wer waren die Gläubiger? Die Reichsbank hätte die schwächste Stellung, schlimmstenfalls hätte die per "Führererlaß" ihre Forderungen abschreiben müssen, dito alle anderen Behörden. Wer hätte die "Eventual-Verbindlichkeiten" gegenüber etwaigen privaten Gläubigern übernommen?

Zugespitzt, wer hätte überhaupt eine Zivilklage gegen das WVHA angestrengt?

Du siehst, alles sehr hypothetisch, aber ganz ohne Gewinnerzielungsabsicht kann ich mir die Organisation des "SS-Wirtschaftsimperiums" nicht vorstellen, was nichts heißen muß.

M. :winke:
 
Bleibt die Frage nach der Sinnhaftigkeit des "SS-Wirtschaftsimperiums"? Läge, die Vermutung, keine Gewinnerwartungsabsicht zu Grunde, hätten die Betriebe ja gleich dem RWM, oder RFM oder welcher Reichsbehörde auch immer zugeordent werden können, sozusagen als "Eigenbetriebe".

Da sind wir am Kern.

Ich sehe vorwiegend ideologische Gründe dahinter, "Blut- und Boden". In den weiteren Plänen, auch mal über die situativ angesetzte Kriegsbedarfswirtschaft hinaus betrachtet, lag das eigentliche "Betätigungsfeld" im Osten. Das SS-Wirtschaftsimperium ist auch nicht vom Zwangsarbeits- und Vernichtungssystem des NS zu trennen. Rein ökonomische Ambitionen traten dagegen weit zurück, wie auch solche Überlegungen in der Literatur wie oben zitiert betonen: Unrentabilität wie Rentabilität war kein Entscheidungskriterium.

P.S. die Fremdfinanzierung kam mW aus dem Bankensystem, das ist aber in umfassender Aufarbeitung ein Desiderat der Forschung.
 
Da sind wir am Kern.

Ich sehe vorwiegend ideologische Gründe dahinter, "Blut- und Boden". In den weiteren Plänen, auch mal über die situativ angesetzte Kriegsbedarfswirtschaft hinaus betrachtet, lag das eigentliche "Betätigungsfeld" im Osten. Das SS-Wirtschaftsimperium ist auch nicht vom Zwangsarbeits- und Vernichtungssystem des NS zu trennen. Rein ökonomische Ambitionen traten dagegen weit zurück, wie auch solche Überlegungen in der Literatur wie oben zitiert betonen: Unrentabilität wie Rentabilität war kein Entscheidungskriterium.

P.S. die Fremdfinanzierung kam mW aus dem Bankensystem, das ist aber in umfassender Aufarbeitung ein Desiderat der Forschung.

Ja, da sind wir am Kern.

Meine Arbeitshypothese wäre:

Das "SS-Wirtschaftsimperium" ist nicht planmäßig entstanden, sondern wirtschaftshistorisch eher planlos, situativ getrieben.

Das "SS-Wirtschaftsimperium" hat sich recht problemlos in die jeweilige Situation der Kriegswirtschaft eingeordnet und sich in die Metaebene der Kriegswirtschaft "eingefügt".

In einer Kriegswirtschaft sind Rentabilitätsüberlegungen eher sekundär, insbesondere bei ideologisch "überformten" Organisationen.

Himmler hat spätestens in 1942 (Ernennung Sauckels) das Wirtschaftspotential der KZ's erkannt bzw. realisiert. Der "Enthauptungsschlag" war die Gründung des WVHA und die faktische Entmachtung der "Inspektion der KL" (weitere Existenz als "Unterbehörde" im WVHA).

Die politisch/ideologische Funktion des KZ-Systems blieb weiter primär.

Aber:

Es wurden privatwirtschliche Organisationsformen des "SS-Wirtschatfsimperiums" gewählt, keine staatsrechtlichen, entweder wußten die es nicht besser, schwer denkbar, immerhin war Dr. Best kein schlechter Jurist, oder es stand ab 1942 Kalkül dahinter. Z.B. die Rolle der "SS" nach einem erfolgreich beendeten Krieg?

Die Vermögensvermehrung der NSDAP?

Die Fremdkapitalquote spricht da nicht dagegen, Das wäre venture capital der Banken gewesen (vermutlich RB und Dreba). Wir wissen es nicht, auch nicht, inwieweit Wertberichtigungen auf diese Kredite erfolgten.

Spätestens ab 1942 vermag ich, was nichts heißen muß, Rentabilitätsinteressen zu erkennen, private, sicher*, kollektive der "SS" mit Sicherheit.

M. :winke:

* Schau mal auf die Eigenheimsiedlungen in der Nähe von ehemaligen KZ's und die Grundbuchhistorie.
 
Mir war bei der Darstellung der Logik der Erweiterung - neben den bereits von Euch genannten ideologischen Aspekten - in der Literatur auch der innenpolitische Machtkampf aufgefallen.

Zum einen die Erweiterung der Machtbasis gegenüber - primär - Speer und seiner Organisation. Perspektisch auch an die Zeit nach der "Eroberung" Russlands denkend, wie bei Melchior ja auch bereits angeklungen.

Aber auch die interne Differenzierung, die für einzelne Personen innerhalb der SS die Möglichkeit bot, ihre interne Machtbasis zu erweitern.
 
Zuletzt bearbeitet:
@melchior und thanepower.

Bei fast allem: d'accord.

Die Vermögensbetrachtung weist für meinen Geschmack unverändert die Unschärfe auf, dass besser eine Reinvermögensbetrachtung vorzunehmen ist. Ansonsten reden wir bei der Fremdfinanzierung des SS-WI aneinander vorbei. Diese Reinvermögensmehrung ist indes nicht gegeben, was im Prinzip dem Ergebnis entspricht, dass die "Ergebnisse" des SS-WI iW in form von (Fremd-)Kapitalkosten an das Bankensystem gingen.

Bei der Reinvermögensbetrachtung - ein Folgeaspekt zB des Hinweises von Melchior auf Grundbucheinträge - ist allerdings die Bewertungsproblematik zu beachten. Unterstellt man hier systematische Unterbewertungen des angeeigneten Vermögens, liegen dort nicht gezeigte (Rein-)Vermögensreserven.

Die primär politisch-ideologische Ausrichtung des SS-WI ist wohl Konsens. Wir haben dann das Problem, die "Überdeckung" durch die Rüstungs- und Kriegswirtschaft (die @melchior ansprach) einzuordnen. Hier gibt es zwei Aspekte
a) die Wurzeln des SS-WI liegen "bodennah" im Bereich von Rohstoffgewinnung und unmittelbarer Weiterverarbeitung, sehr schön abzulesen am Beispiel "Kiesgruben" und Ziegelwerken sowie am Bausektor.
b) die Visionen Himmlers und Pohls für die Zeit nach dem Krieg lagen im Osten, in ähnlichen vwl. Sektoren, zuzüglich Landwirtschaft, "Besiedlungsindustrie" und -handwerk, etc.

Das war keine "Wirtschaftsromantik", sondern die klare Vernetzung des SS-WI mit den "Rasse-Blut-und Boden-", Eroberungs- und Ausbeutungszielen des NS schlechthin, und fügt sich hier nahtlos ein. Und da ist auch der Hinweis von @thanepower völlig richtig, dass sich dieses wiederum in den internen Machtkonflikten des polykratischen NS-Systems widerspiegelte.
 
@silesia

Erlaube mir bitte, mittels einzelner Zitate zu antworten.

"...Die primär politisch-ideologische Ausrichtung des SS-WI ist wohl Konsens. ..."

Vollkommen d'accord.

"...ist allerdings die Bewertungsproblematik zu beachten. ..."

Interessanter Aspekt. Hier gab es ja bereits im sog. "Alt-Reich" eine bemerkenswerte Verzerrung zu Gunsten der Besitzer von Grund und Boden (Stichwort: Einheitswert 1936). Die Banken hätten eigentlich, was ich nicht weiß, alle in Abteilung III eingetragenen Forderungen abschreiben müssen, die diesen Einheitswert überschritten. Das hätte aber die Steuerschuld der Banken massiv eingeschränkt.

In den besetzten Gebieten galt aber noch ausnahmsweise der Verkehrswert und der war, entschuldige bitte den Ausdruck, oft gleich "0", zumal im Osten. Nach einem siegreich beendeteten Krieg, aber deutlich höher als "0". Das wäre ein horrender Gewinn für die "SS" und NSDAP gewesen.

Insoweit m.E. keine überstrapazierte Fremdkapitalquote, des SS-Wi.

Für die Banken eigentlich kein Risiko, die Kredite waren ja letztlich mit Staatsgarantie versehen.

Einheitswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und ... - Michael Balke - Google Bücher

"...a) die Wurzeln des SS-WI liegen "bodennah" im Bereich von Rohstoffgewinnung und unmittelbarer Weiterverarbeitung, sehr schön abzulesen am Beispiel "Kiesgruben" und Ziegelwerken sowie am Bausektor. ..."

Ja und Nein. Eigentumsrechtlich ein m.E. klares Ja; flapsig nein, das SS-Wi hatte via RMfBM auch schon "Fühler" in Richtung qualitativ anspruchsvoller "Sklavenarbeit" ausgestreckt.

Eine bemerkennswerte biographische Diskontinuität, Eicke => Pohl, Kammler im "KZ-System".

Ich meine, hier wurde versucht, einen "erfolgreichen Wechsel", für die "SS" auf den Sieg zu ziehen, weil dann hätte privatrechtlich all die ungeordneten Kriegszustände juristisch bereinigt werden müssen.


"... Das war keine "Wirtschaftsromantik", sondern die klare Vernetzung des SS-WI mit den "Rasse-Blut-und Boden-", Eroberungs- und Ausbeutungszielen des NS schlechthin, und fügt sich hier nahtlos ein. Und da ist auch der Hinweis von @thanepower völlig richtig, dass sich dieses wiederum in den internen Machtkonflikten des polykratischen NS-Systems widerspiegelte. ..."

Vollkommen, d'accord.

M.
 
Interessanter Aspekt. Hier gab es ja bereits im sog. "Alt-Reich" eine bemerkenswerte Verzerrung zu Gunsten der Besitzer von Grund und Boden (Stichwort: Einheitswert 1936). Die Banken hätten eigentlich, was ich nicht weiß, alle in Abteilung III eingetragenen Forderungen abschreiben müssen, die diesen Einheitswert überschritten. Das hätte aber die Steuerschuld der Banken massiv eingeschränkt.

Ein OT zu den Bewertungsverfahren:

Im Dritten Reich wie zuvor in der Weimarer Republik waren die "Einheitswerte" gemäß Reichsbewertungsgesetz (Vorläufer des heutigen BewG) nur für bestimmte Substanz- und Verkehrsteuern (zB VSt, ErbSt) relevant. Der Zeitpunkt, den Du hier ansprichst, ist der s.g. Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1935.

Diese Werte wurden allerdings nicht der Bilanzierung, die oben angesprochen war, zugrunde gelegt. Hier galt schon nach dem älteren HGB, dann Notverordnungen, dann AktG-Novelle das Anschaffungskosten- (AK-)Prinzip. Hier liegt der Knackpunkt, den ich angeprochen habe: es gab wegen der Aneignungen keine oder erheblich unter Verkehrswerten liegenden AK. Darauf war der Hinweis zu den "stillen Reserven" gerichtet, die in den Bilanzen im SS-Wi.-Bereich gelegen haben müssen. Deckt man diese auf, ergeben sich auch andere Fremdkapitalquoten.

Ob die Banken Grundschulden auf SS-Vermögen eingetragen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich vermute wegen der von Dir angesprochenen Quasi-Staatsgarantie: eher nur im Einzelfall. Ist aber nicht auszuschließen, dass auch hier der Schein des Formalen im NS überwog und solche Kreditvergaben dem Dienst nach Vorschrift folgten.


Mit dem Hinweis auf die "Wurzeln" des SS-WI war noch folgender Gedanke verbunden: man wandte sich zunächst - ideologisch ganz im Rahmen - den bodennahen und bau-nahen Wirtschaftssektoren zu.

Die Transformation und Einbindung des Lagerbereichs in die Rüstungsindustrie sehe ich ähnlich wie Du.
 
@silesia

Waren Himmler und Pohl als Gesellschafter eingetragen? Das waren Beamte, in ihrer Polizeifunktion und gleichzeitig agierende für die NSDAP, in ihrer Funktion als SS-Angehörige und dann müßte man noch die Gesellschafterverträge, so sie noch auffindbar sind, einsehen.

Bei Schulte, Zwangsarbeit und Vernichtung - Das Wirtschaftsimperium der SS, ist dazu auf S. 447 folgende Angabe zu finden:

Zu "Konzernspitze" durchgesehen, war Oswald Pohl einziger Gesellschafter des ""SS-Konzerns", der 1944 mit 160 Mio. EM Umsatz, 40.000 Angestellten, 500.000 KL-Lagerhäftlingen in der Zwangsarbeit, 60 Gesellschaften und 650 Lager- und Betriebbsstätten operierte.

Man sieht daran, dass die Frage der (zivilrechtlichen) Gesellschaftsverhältnisse in der dienenden Funktion für das NS-System und im Kontext des Vernichtungsgedanken nebensächlich gewesen sein muss.

Die Gesellschafterstellung Pohl soll bei der "Konzernmutter" bestanden haben, und kann lediglich (ob nun zivilrechtlich entsprechend ausgestaltet, faktisch bestehend oder nicht) nur als Treuhänderstellung für den Staat oder die SS Himmlers verstanden werden.
 
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