Offenbar liegen in der "ethnischen" Bezeichnung auch Schemata für die Lokalisierung, Identifizierung in der Fremde, Zuordnung dieser Volksangehörigen im Römischen Reich vor. Es stellt sich die Frage, inwieweit die antiken Autoren diese Schemata wiedergeben.
Falls jemandem dazu der Aufsatz "Ethnic Identity in the Roman Frontier" (in: Derks/Roymans, Ethnic Constructs in Antiquity) bekannt ist, hätte ich die Frage, ob die Schlussfolgerungen aus bekanntem Auftreten zB der Bataver, Treverer und Ubier (aus Inschriften, beispielhaft für diese Völker) so allgemein vertreten werden?
Der interessante Literaturhinweis ist auch downloadbar:
http://dare.ubvu.vu.nl/bitstream/1871/15673/2/DerksEthnicity.pdf
Und ich habe mir in verschiedenen Zeitschriften-Datenbanken einen Wolf gesucht und leider nur eine sehr kurze Rezension gefunden.
In den Artikel habe ich jetzt nur kurz reingelesen, aber schon alleine die zwei Inschriften mit der Bemerkung "nation(e) Ubius" und "natione Batavus" erscheinen mir doch sehr bemerkenswert. Ich erinnere mich, daß ich ähnlich beeindruckt war, als ich von der in Pannonien lokalisierten spätantiken Inschrift las, daß sich ein römischer Bürger (und Soldat) als Franke bezeichnete. Die Identitätsbildung, wenn man sich davon zu sprechen erlaubt, verlief damals vielleicht auch weniger binär (im Vergleich zu neuzeitlichen Indentitäts-Konstrukten). Ich will den Artikel bei Gelegenheit noch eingehend studieren.
Der Rezension von M. A. Fernández-Götz (in:
European Journal of Archaeology 13 (2010), pp.267-268) entnehme ich, daß in dem gesamten Band die durchaus modische "ethnische Deutung" achäologischen Materials von einigen Forschern vertreten wird, aber nicht unkontrovers: z. B. Frans Theuws ist hier sehr viel skeptischer und argumentiert auf einer Linie, wie sie auch von Sebastian Brather hinsichtlich ethnisierender Diskurse gezogen wird. Deren Ansatz scheint mir aber auch nicht epigraphisch ausgerichtet zu sein.
Somit würde ich ein methodischen Unterschied konstatieren, der hier auf Grund des archäologischen Materials wohl eine Brücke zu den antiken Überlieferungen bieten kann. Das spricht zunächst tendenziell für die Möglichkeit ethnisierender Deutungen, aber die "Bataver" könnten hier vor allem - mit Vorbehalt formuliert - auch ein günstiges Untersuchungsobjekt darstellen.
Soweit meine ersten Überlegungen zum interssanten Literaturhinweis, Silesia!