Historizität Jesu von Nazareth

Wieso sollte Paulus Jesus erfunden haben? Damit war, wie schon Quijote betont hatte, kein Pfifferling zu gewinnen. Ich glaube nicht, dass Paulus einen politischen Umsturz plante, dazu gebährten sich die Christen später viel zu friedfertig der Besatzungsmacht gegenüber. Und für die Römer hätte ein solcher Aufstand wohl kaum eine Bedrohung dargestellt, die Legionen hätten ihn einfach niedergeschlagen. Paulus muss keinen rationalen, sondern einen spirituellen Grund zur Verbreitung seiner Gedanken gehabt haben.

Zuerst einmal zu Quijotes Zweifel an den Motiven der Infragestellung Jesu' Historizität: Nein, ich habe durchaus kein Interesse an einem bestimmten Ergebnis. Mir geht es wieder einmal schlicht darum, der Wahrheit näher zu kommen, indem ich mich daran beteilige sie zu erforschen. Nicht mehr, nicht weniger. Ich meine allerdings eine historische Wahrheit keine religiöse (sonst: falsches Forum).

Zu der Frage nach einem Motiv Jesu' Existenz fälschlich zu behaupten: Ein Motiv zu einer Lüge braucht nur jemand, der vom Gegenteil überzeugt ist. Man kann auch irren.

Zu Quijotes "Verschwörungstheorie"-Vorwurf: Ich zumindest verstehe unter einer Verschwörungstheorie hinsichtlich der Fälschung einer historischen Person die Vorstellung eine geheimbündlicherische Gruppe, würde wissentlich wahrheitswidriges absichtlich in die Welt setzen und dazu Belege fälschen. Diese Möglichkeit habe ich nicht propagiert und halte sie, für den Fall dass Jesus keine historische Person ist, für unwahrscheinlich. In der Tat sehe ich dazu kein Motiv.

An anderer Stelle diskutieren wir Platons Atlantis. Die Hauptfrage dabei ist, ob Platon glaubte eine wahre Begebenheit zu berichten oder eine literarische Form benutzt, die später als Tatsachenbericht missdeutet wurde. Nur falls er selbst glaubte, eine wahre Begebenheit zu berichten, schließt sich die Frage an, ob er sich getäuscht hat und die vermeintliche wahre Begebenheit vorher "erlogen" wurde. In diesem Zusammenhang wird die Version, dass Platon selbst Atlantis nicht glaubte sondern nur als literarisches Mittel einsetzte als Mehrheitsmeinung zu sehen sein.

Was Jesus anbelangt, soll nun die Historizität der wahrscheinliche Fall, die literarische Form aber Verschwörung sein? Warum? Ist Noah historisch? Sind Adam und Eva historisch? Das - hinsichtlich Noah, Adam und Eva - wird doch nur behaupten, wer von einer "religiösen Wahrheit" ausgeht, nicht jedoch, wer sich an historisches Wissen hält.

Wo sind die Zeugnisse aus erster Hand über die Tatsächliche Existenz Jesu'?
 
Zu der Frage nach einem Motiv Jesu' Existenz fälschlich zu behaupten: Ein Motiv zu einer Lüge braucht nur jemand, der vom Gegenteil überzeugt ist. Man kann auch irren.
Im Fall von Jesus ist die Möglichkeit eines Irrtums aber sehr begrenzt. Die ersten Führungskräfte der Christen (Petrus, Jakobus etc.) waren, von Paulus mal abgesehen, Personen, die behaupteten, Jesus persönlich gekannt zu haben. Die können sich nicht geirrt haben, entweder haben sie bewusst gelogen und eine Person erfunden oder aber die Wahrheit gesagt. Sie müssen ja schließlich gewusst haben, ob sie den von ihnen verehrten Prediger Jesus tatsächlich kannten. Lediglich bei Paulus bestünde theoretisch die Möglichkeit, dass er auf eine Lüge hereinfiel, was aber eben voraussetzen würde, dass es Menschen gab, die ihn von der Existenz einer erfundenen Person überzeugen wollten, womit sich wieder die Frage nach dem Motiv stellt. El Quijote hat ja schon ausgeführt, dass sie von ihrer Missionstätigkeit nichts als Ärger hatten.

Was Jesus anbelangt, soll nun die Historizität der wahrscheinliche Fall, die literarische Form aber Verschwörung sein? Warum? Ist Noah historisch? Sind Adam und Eva historisch? Das - hinsichtlich Noah, Adam und Eva - wird doch nur behaupten, wer von einer "religiösen Wahrheit" ausgeht, nicht jedoch, wer sich an historisches Wissen hält.
Allerdings wurde über Adam, Eva und Noah erst Jahrtausende nach ihren angeblichen Leben geschrieben, über Jesus nach etwa zwei Jahrzehnten.
 
Hallo Hans,


ich meinte zwar nicht dich mit Verschwörungstheoretiker, aber da du dir den Schuh so dankbar annimmst und anziehst, wirst du sicherlich erklären wollen, was es sonst ist, wenn nicht eine Verschwörungstheorie, wenn man annimmt, dass eine historische Figur von einem Kreis interessierter Personen erfunden wird und es diesem Kreis interessierter Personen innerhalb von etwa zwei bis drei Jahrzehnten gelingt, zu einer ernsthaften Gefahr für das römische Imperium zu werden – und das ohne eine militärische oder militaristische Bewegung zu sein, einfach nur, weil man sich dem Kaiserkult verweigert. Und etwas weitergedacht wirst du die Motivation erklären müssen. Wenn also diejenigen, die Jesus selbst erfunden hatten an diesen so fest glaubten, dass sie dafür Folter und Hinrichtung in Kauf nahmen und gleichzeitig materiell mit dieser Haltung keinen Blumentopf gewinnen konnten, wieso hätten sie an ihrer Fiktion von Jesus festhalten sollen? Welchen Sinn sollte das ergeben? Cui bono?


Nehmen wir jetzt einmal die Fiktion an, Paulus habe die christliche Religion erfunden, er sei der eigentliche Religionsstifter. Das Problem des Paulus wäre noch gravierender, als das eines Petrus, Jakobus, Andreas etc., denn er müsste ja nicht nur seinen Gottessohn erfinden, sondern auch noch dessen Jünger. Das Problem, was wir schon ganz grundsätzlich hatten, wieso sollten die Leute an einen Jesus glauben, der angeblich als Prediger eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte, wenn sich niemand an diesen erinnerte? Um den Schritt zur eigenen Religion vollziehen zu können (auch wenn das wahrscheinlich ja zunächst gar nicht intendiert war) musste man doch zunächst einmal Leute finden, die Jesus erlebt hatten und zwar als einen einigermaßen auffälligen Typen, so dass das ganze so etwas wie Glaubwürdigkeit erlangen konnte.


Nun zu etwas anderem, zu ein wenig Q-Kritik.
Antike und Mittelalter setzen bei Zeugenschaft sehr stark auf Augenzeugenschaft. Dies ist auch in den Evangelien deutlich, in denen es hin und wieder Hinweise auf zum Zeitpunkt der Niederschrift noch lebende Augenzeugen gibt. Besonders in den Texten des Lukas (~evangelium und Apostelgeschichte) wird diese Praxis geübt. Und genau hier lag die Crux für die frühen Christen, die zur Abfassung der Evangelien überhaupt erst führte. Das Frühe Christentum war ja eine Endzeitreligion, die die Wiederkunft des Herrn innerhalb eher kürzerer Zeit erwartete und erst, als allmählich die Zeit- und Augenzeugen verstarben, schrieb man, so lange noch Augenzeugen lebten, die Erzählungen nieder und bediente sich – so sie denn existierte – aus der hypothetischen Logienquelle.
Gleichzeitig musste man aber dem Problem begegnen, dass zukünftige Christen eben nicht mehr auf Augen- und Zeitzeugen zurückgreifen konnten. Die Erzählung vom ungläubigen Thomas im Johannesevangelium dürften als ein Spiegel dieses Problems zu lesen sein. Auf der einen Seite brauchte man die Zeugenschaft, um die Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, auf der anderen Seite musste man die Botschaft überbringen, dass man auch ohne gesehen zu haben, glauben solle. Daher die Erzählung des zunächst kleingläubigen später dann kleinmütigen Thomas, der zunächst nicht glauben kann/will, dann aber durch Jesus selbst eines Besseren belehrt wird.
Auf jeden Fall wäre eine textimmanente Analyse der Evangelien sicherlich Historikern angemessener als irgendwelche diffusen Fälschungsvorwürfe.


Nun kann es bei einer textimmanenten Analyse nicht darum gehen, die Quelle mit unserer aufgeklärten Weltaufassung zu harmonisieren, indem man z.B. versucht die berichteten Wunder naturwissenschaftlich zu erklären und damit zu historisieren. Dies hieße nämlich, die besondere Quellengattung εὐαγγέλιον ('Gute Nachricht'/'Frohbotschaft') unberücksichtigt zu lassen.


Beispiele:
Hochzeit von Kafernaum, Jesus macht aus Wasser Wein. Versuch einer aufgeklärten, die Textgattung aber ignorierenden Erklärung: die Leute haben im Rahmen der Feierlichkeiten mehrere Tage getrunken und waren froh nun Wasser zu trinken zu bekommen, was ihnen nach dem vielen Wein richtig gut schmeckte.
Variante 2: In den Krügen, in die Jesus das Wasser füllen ließ, befand sich zypriotischer Wein, der zu Sirup reduziert war. Mit dem Auffüllen dieser Krüge sei dieser Sirup gelöst worden und aus dem Wasser habe sich für die ahnungslosen Diener Wein gewandelt.


Speisung der 5000/Wunderbare Brotvermehrung. Jesus hält eine Predigt irgendwo abseits der Zivilisation, trotzdem sind ihm etwa 500 Leute gefolgt. Die haben irgendwann Hunger, aber niemand hat etwas zu Essen dabei, außer einem kleinen Jungen der sich einige Brote und Fische als Proviant mitgebracht hat. Der gibt sie Jesus, der ein Wunder vollbringt und Brote und Fische an die Menschen verteilen lässt. Am Ende bleiben mehrere Körbe Brot übrig. Der Versuch, diese Wundererzählung zu historisieren, bzw. die Wundererzählung mit unserem aufgeklärten Weltwissen zu harmonisieren, könnte z.B. so aussehen, dass eigentlich alle oder zumindest ein Großteil der Zuhörer ausreichend Speisen dabei hatten, um sich selbst zu versorgen, zum Teil sogar mehr, aber diese hätten zunächst nicht teilen wollen, seien aber dann durch den selbstlosen kleinen Jungen quasi beschämt worden und hätten sich zur Solidarität bekehrt.


Schließlich noch einmal der ungläubige Thomas und das Osterwunder. Jesus ist nach drei Tagen von den Toten auferstanden. Erklärung derer, welche die Q-Gattung nicht berücksichtigen und die Quelle als ereignishistorisch lesen, ohne dabei mit unseren physikalisch-biologischen Kenntnissen in Konflikt zu kommen: Jesus war zwar ernsthaft verletzt, aber nicht tot, er erholte sich von seinen Wunden und konnte seinen Jüngern erscheinen. (Andere wollen den Leichnam lieber geklaut sehen). Bei der ersten Erscheinung sind alle ganz begeistert, bei der zweiten Erscheinung will aber Thomas, der beim ersten Mal nicht anwesend war, den ultimativen Beweis – bzw. er will ihn da eigentlich schon nicht mehr, weil ihm das eigene Augenzeugnis dann auch reicht, aber er wird von Jesus heran gerufen, damit er die Finger in die Wunden legen kann. Er wird damit zum Kronzeugen der Auferstehung. Hier noch einmal: Man versucht die Quelle a) als ereignishistorisch zu lesen und b) die biologisch-physikalischen Unmöglichkeiten zu erklären: schwer verletzter Jesus, irrtümlich für tot gehalten. Tatsächlich sind wir aber an der Grenze dessen, was wir ereignishistorisch aus der Quelle herauslesen können. Viel interessanter sind die Motivationen der Schreiber, die den Bericht verfassten. Im Übrigen: Um schon von vornherein biologisch-physikalische Erklärungsversuche auszuschließen, haben die Verfasser der Evangelien Jesus im verschlossenen Raum erscheinen lassen...
 
Ich persönlich wüsste nicht wie ein Mann die Geiselung und 4-5 schwere Verletzungen ohne sofortige medizinische Versorgung überleben sollte.

Solche Wundergeschichten sollte man wirklich als Glaubenssache ansehen und nicht irgendwelche Erklärungen finden.

Man kann über die Enstehung der Religion reden, aber nicht rationale Erklärungen für Wunder suchen.
 
Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier eine Wiederholung bilde, aber ich mische mich hier ganz kurz ein:

Du sprichst zwei wichtige und miteinander kaum vereinbare Dinge an, nämlich einerseits "Glauben" und dann "Beweise".
Wenn man an etwas glaubt, dann braucht man keine Beweise, sondern dann erlangt die Sache auch so Realtätswert, weil man ihr eine so große Bedeutung beimisst, dass man sie ohne besonderen Beweis als wahr anerkennt. Die Argumentation geht hier genau anders herum, denn man geht vom Wahrheitsgehalt bzw. der Existenz als Grundlage aus und es bedarf hier eines Beweises um das Gegenteil aufstellen zu können.
Im Fall einer Beweisführung ist es genau anders herum. Hier geht man davon aus, dass nichts wahr bzw. existent ist bevor es nicht vollständig bewiesen ist.

Wenn man also so will, dann könnte man diese beiden Haltungen mit denen eines Gläubigen und eine "Ungläubigen" bezeichnen.
 
Bin hier beim Stöbern im Forum bei diesem Thema hängengeblieben. Ich musste dabei gleich an ein Buch denken, das ich vor einiger Zeit gelesen habe.
Earl Doherty - Das Jesus-Puzzle
Ich habe zwar nicht den ganzen Thread gelesen, aber wie's aussieht sind die Thesen und Argumente dieses Autors hier noch nicht erörtert worden.
Ich versuche hier mal laienhaft die wichtigsten Punkte wiederzugeben.
Er geht davon aus das es vor der Niederschrift der Evangelien eigentlich 2 verschiedene Bewegungen gab die sozusagen erst durch Markus und die anderen Evangelisten vereinigt wurden.
1. Die "Sohn Gottes"-Bewegung (auch "Jerusalem-Tradition" genannt) die an einen mythischen Sohn Gottes (Jesus Christus) glaubten der als Mittler zw. Gott und Gläubigen in Erscheinung trat. Diese Bewegung war sehr heterogen und hatte sich wohl auch vor allem im östlichen Teil des römischen Reiches recht weit verbreitet. Bei einigen Aposteln dieses Glaubens (z.B. bei Paulus) hat dieser mythische Christus auch den Tod am Kreuz erlitten und ist wieder auferstanden, ohne das diese Geschehen an irgend ein irdisches Ereignis gekoppelt gewesen wäre. Doherty begründet das hauptsächlich damit das in den Apostelbriefen ein auffälliges Schweigen über Leben und Wirken Jesu herrscht, obwohl man ja gerade bei diesen frühesten Schriften des Christentums erwarten würde das die Erinnerung an den Menschen Jesus noch sehr frisch waren.
2. Die "Königreich Gottes"-Bewegung (auch "Galiläa-Tradition" genannt) ist weit weniger klar greifbar. Es soll sich um eine wahrscheinlich auf Galiläa und Teile Syriens begrenzte Bewegung gehandelt haben, die sich in Ihrem Selbstverständnis auf eine auch eher mythische Gründergestalt (evtl. Jesus bzw. Yeshua genannt) zurückführte. Aus dieser Glaubensgemeinschaft stammt nach Doherty die hier schon mehrfach erwähnte Quelle "Q".
Frühestens gegen Ende des 1.Jhts, wahrscheinlich eher Anfang des 2.Jhts hat dann ein literarisch begabter Schreiber (vielleicht hieß er ja auch wirklich Markus) diese beiden Traditionen in einer Art Glaubensroman vereinigt. Die anderen Evangelisten haben diese vereinigte Tradition dann weitergetragen und ausgeschmückt, und in den darauffolgenden knapp 2000 Jahren haben viele Millionen Menschen an diese Geschichte geglaubt.

Das einzige hier jetzt passende Smiley dürfte dieses sein::devil:
 
Bei einigen Aposteln dieses Glaubens (z.B. bei Paulus) hat dieser mythische Christus auch den Tod am Kreuz erlitten und ist wieder auferstanden, ohne das diese Geschehen an irgend ein irdisches Ereignis gekoppelt gewesen wäre.

Um das mal mit Wikipedia zusammenzufassen, das ist etwas griffiger:
Aus seiner Textanalyse des Neuen Testaments folgerte Doherty, dass Jesus nie existiert habe. Erst die zweite Generation der Anhänger Jesu habe ihn in ein historisches Umfeld gesetzt.
Wenn es aber eine zweite Generation gab, muss es auch eine erste gegeben haben. Irgendwie erscheint mir der ganze Ansatz unschlüssig.

Doherty begründet das hauptsächlich damit das in den Apostelbriefen ein auffälliges Schweigen über Leben und Wirken Jesu herrscht, obwohl man ja gerade bei diesen frühesten Schriften des Christentums erwarten würde das die Erinnerung an den Menschen Jesus noch sehr frisch waren.
Da hat er aber gerade als Historiker seine Hausaufgaben nicht gemacht. Abgesehen davon, dass es in den Briefen sehr wohl hin und wieder Rückbezüge auf Jesu Leben gibt, wollen die Briefe doch gar nicht über sein Leben berichten. Vielmehr sind es Schlichtungsversuche im Gemeindestreit, Maßregelungen bei Fehlverhalten und solche Dinge... Als Historiker hätte er also zunächst einmal nach dem Anlass für die Niederschrift der Briefe fragen müssen und da hätte er festgestellt, dass der Anlass eben nicht der war, aus dem Leben Jesu zu berichten. Insofern ist seine Kritik daran, dass aus dem Leben Jesu so wenig in den Briefen zu finden sei, eigentlich gegenstandslos, die daraus gezogene Schlussfolgerung falsch.

Der Rest scheint mir rein spekulativ zu sein, oder gibt Doherty dazu Quellen an?
 
Spekulativ ist sicher der 2. Teil des Puzzles, da als einzige Quelle Q zur Verfügung steht, was ja auch nur eine aus verschiedenen Passagen bei Lukas und Matthäus rekonstruierte Quelle ist.

Die 1. Generation der Christen ist logischerweise in diesen beiden unabhängigen Glaubenstraditionen zu suchen. Allerdings steht bei Doherty, wenn ich mich recht entsinne nichts von 1. u. 2. Generation. Werd' das Buch aber vielleicht nochmal lesen (kann bei knapp 500 Seiten aber bisschen dauern).

Das Schweigen über das Wirken des Menschen Jesus betrifft ja auch die Argumentation der Apostel beim Streitschlichten etc. Es werden nie Worte und Taten von Jesus zur Argumentation herangezogen auch wenn es gut passen würde. Stattdessen werden oft Bibelstellen des AT für diese Zwecke zitiert. Doherty bringt da auch einige Beispiele.
An Stellen in den Apostelbriefen bei denen es um Jesus' menschliches Leben u. Wirken geht hat Doherty (glaub' ich) 2 gezählt, die er für spätere Einfügungen durch christliche Abschreiber hält.
 
An Stellen in den Apostelbriefen bei denen es um Jesus' menschliches Leben u. Wirken geht hat Doherty (glaub' ich) 2 gezählt, die er für spätere Einfügungen durch christliche Abschreiber hält.

Kurzer Survey:

1.) Römerbrief, erstes Kapitel
2.) Römerbrief, drittes Kapitel
3.) Römerbrief, fünftes Kapitel
4.) Im 1. Korintherbrief, siebtes Kapitel, bezieht sich Paulus auf ein Herrenwort, welches er interpretierend ergänzt "gebiete nicht ich, sondern der Herr [...] den übrigen sage ich, nicht der Herr"
5.) 1. Korintherbrief, elftes Kapitel, letztes Abendmahl

Das sind nur ein paar Hinweise, die ich beim blättern in den ersten beiden Briefen gefunden habe, wobei ich den ersten nicht einmal zu Ende "surveied" habe.

Mit welchen Argumenten hält er die Stellen denn für spätere Einschübe?
 
Auch wenn ich mich jetzt als Banause oute, :rotwerd: ich kann Dir da jetzt leider nicht folgen, da ich selbst keine Bibel besitze. Das ist hier im heidnischen Osten auch nicht unbedingt Standard. Gelesen hab' ich die Bibel zwar schon. Das ist aber ca. 20 Jahre her.

Dafür habe ich aber bei Doherty die Seite gefunden an der er die beiden besagten Stellen in Apostelbriefen nennt. Und zwar geht es um 1. Thessalonicher 2:15-16 sowie 1. Timotheus 6:13.
Bei ersterer meint er das "...Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie (die Juden) gekommen" eine Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems im 1. jüdischen Krieg ist, und daher nicht von Paulus stammen kann.
Der Timotheusbrief stammt wohl gar nicht von Paulus selbst und ist wahrscheinlich erst Anfang des 2. Jahrhunderts verfasst worden. Somit könnte der Schreiber schon Kenntnis von den Evangelien erlangt haben.
Ansonsten gilt für Paulus das ihm die Worte des Herrn meist auch von diesem selbst offenbart wurden, oft auch durch die Schrift (das AT natürlich).
 
Auch wenn ich mich jetzt als Banause oute, :rotwerd: ich kann Dir da jetzt leider nicht folgen, da ich selbst keine Bibel besitze. Das ist hier im heidnischen Osten auch nicht unbedingt Standard. Gelesen hab' ich die Bibel zwar schon. Das ist aber ca. 20 Jahre her.

Ich finde, jeder, der sich mit Geschichte befasst, sollte auch eine Bibel haben. Durchaus ein Anlass sich mal eine zu besorgen. Keine Sorge, von dem Besitz wird man nicht plötzlich gläubig ;)

Dafür habe ich aber bei Doherty die Seite gefunden an der er die beiden besagten Stellen in Apostelbriefen nennt. Und zwar geht es um 1. Thessalonicher 2:15-16 sowie 1. Timotheus 6:13.
Bei ersterer meint er das "...Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie (die Juden) gekommen" eine Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems im 1. jüdischen Krieg ist, und daher nicht von Paulus stammen kann.
Das ist durchaus plausibel*, dass es sich bei dem Satz um eine Anspielung auf den jüdischen Krieg handelt und daher nicht von Paulus stammen kann. Aaaaaaber das gilt ja eigentlich nicht für die ganze Passage, sondern nur für den letzten Satz: "Aber der ganze Zorn ist schon über sie gekommen." Als methodische Schwäche ist fürderhin zu kritisieren, dass er hier nicht philologisch** argumentiert sondern rein auf der Ebene des vorliegenden Textes.

Der Timotheusbrief stammt wohl gar nicht von Paulus selbst und ist wahrscheinlich erst Anfang des 2. Jahrhunderts verfasst worden. Somit könnte der Schreiber schon Kenntnis von den Evangelien erlangt haben.
Da ist nichts gegen einzuwenden.
Trotzdem ist es erstaunlich, dass Doherty nur zwei Stellen findet, in denen auf Jesu Leben Bezug genommen wird. Wie gesagt, ich habe allein bei einer oberflächlichen Lektüre des Römer und des ersten Korintherbriefes, den ich nur halb überflogen habe, mehr Stellen gefunden.


*Plausibel insoweit, dass wir die Einschränkung hinnehmen müssen, dass wir nicht wissen, ob sich Paulus hier wirklich auf die Ereignisse des Jüdischen Krieges bezieht, oder ob diese Passage nicht eher als ein Unkenruf zu werten ist: "Sie sind schon verdammt, obwohl sie es noch nicht wissen." Ich würde aber auch eher dazu neigen anzunehmen, dass es sich um eine Interpolation handelt.
**Ich drücke mich hier vielleicht etwas kryptisch aus. Gemeint ist, dass er offenbar mit der Übersetzung arbeitet und nicht in den Originaltext schaut.
 
Die 1. Generation der Christen ist logischerweise in diesen beiden unabhängigen Glaubenstraditionen zu suchen. Allerdings steht bei Doherty, wenn ich mich recht entsinne nichts von 1. u. 2. Generation. Werd' das Buch aber vielleicht nochmal lesen (kann bei knapp 500 Seiten aber bisschen dauern).

Ehrlich gesagt ich weiß nicht wie sich das Herr Doherty vorstellt, die Schriften zu Jesus handeln nicht von einer grauen Vorzeit sondern ein zwei Generationen nach seinem Tod. Komisch dann aber das kein gegen die Christen argumentierender Rabbiner einfach gesagt hat Jesus hat es nie gegeben. Was machen wir mit dem das Josephus einen Buder von Jesus erwähnt nämlich Jakobus. Da ist es doch am Einfachsten einen Prediger vorzustellen der am Anfang dieser Bewegung stand. Warum die Existenz eines Wanderpredigers namens Jesus mit den Eltern Maria und Josef und aus dem Dorf Nazareth angezweifelt wird weiß ich nicht. Es ist die einfachste Erklärung für die Existenz dieser Religion, die Interessante Frage ist warum diese Gruppe nicht bei seinem Tod zusammengebrochen ist (da bleibt nur die Spekulation von Halluzinationen, hat doch überlebt e.t.c.).

Das Schweigen über das Wirken des Menschen Jesus betrifft ja auch die Argumentation der Apostel beim Streitschlichten etc.

Möglicherweise auch deswegen weil eine Gemeinde führen etwas anderes ist als eine Gruppe Jüngern. Auch die Frage wie viel wussten Paulus und andere über das Leben von Jesus.

Doherty bringt da auch einige Beispiele.
An Stellen in den Apostelbriefen bei denen es um Jesus' menschliches Leben u. Wirken geht hat Doherty (glaub' ich) 2 gezählt, die er für spätere Einfügungen durch christliche Abschreiber hält.

Naja bei der Apostelgeschichte ist die Frage ist sie vor oder nach den Synptikern entstanden sind. Dann wäre auch verständlich warum sich die Apostelgeschichte nicht mit dem Leben Jesu beschäftigt.

Mir geht es nicht darum zu sagen Jesus hat 100 % gelebt (das ist bei antiken Personen sowieso unmöglich) sondern wie Stichhaltig so eine Argumentation ist.

Übrigens finde ich doch durchaus interessant, wie man eine Kritik eines Buches (der Bibel) lesen kann ohne die Bibel genau genug zu kennen.:scheinheilig:
 
Zuletzt bearbeitet:
Komisch dann aber das kein gegen die Christen argumentierender Rabbiner einfach gesagt hat Jesus hat es nie gegeben.
sehr pointiert!
ich muss gestehen, dass ich gar nicht weiß, ob und wann und welcher Rabbiner gegen Jesus bzw. den christlichen Glauben argumentiert hat (ja, eine Schande, diese Bildungslücke... ich kenn da nur Heines satirische "Disputation")

...aber dann... die altvorderen Kirchenväter, die u.a. auch mit der Missionierung der heidnischen Horden befasst waren, hatten nie Zweifel an der Existenz von Wodan, Thor, Freia etc. geäußert, sondern diese vielmehr zu bösen Dämonen degradiert, denen man abschwören müsse (forsahhitu uuodan uws. im sächsischen Taufgelöbnis) -- wenn nun aber die altvorderen Kirchenväter nie gesagt haben, dass Wodan nicht gäbe, ist das dann streng genommen wirklich ein Beweis für die Existenz Wodans?
 
In Frederick F. Bruce, Außerbiblische Zeugnisse über Jesus und das frühe Christentum dürfte man auch die rabbinischen Aussagen zum Thema finden. Ich werde da heute Abend noch 'mal nachschauen, bevor ich aus der Erinnerung heraus Blödsinn schreibe.
 
...aber dann... die altvorderen Kirchenväter, die u.a. auch mit der Missionierung der heidnischen Horden befasst waren, hatten nie Zweifel an der Existenz von Wodan, Thor, Freia etc. geäußert, sondern diese vielmehr zu bösen Dämonen degradiert, denen man abschwören müsse (forsahhitu uuodan uws. im sächsischen Taufgelöbnis) -- wenn nun aber die altvorderen Kirchenväter nie gesagt haben, dass Wodan nicht gäbe, ist das dann streng genommen wirklich ein Beweis für die Existenz Wodans?

Das mit den germanischen Göttern ist als Vergleichsbeispiel m. E. wenig tauglich. Zoki meinte ja, dass z. B. der babylonische Talmud, Traktat Synhedrin 43a, es als gegeben ansieht, dass Jesus am Vorabend des Passafestes hingerichtet worden ist. Die rabbinische Überlieferung zu Jesus - die freilich ungeheuer dürftig und "dunkel" ist - scheint Jesus also als histor. Person zu akzeptieren. Dieser Umstand kann natürlich nicht herangezogen werden, um die tatsächliche Existenz eines jüdischen Predigers Jesus v. Nazareth zu beweisen - zum einen deshalb nicht, weil, wie gesagt, die rabbinischen Quellen zu Jesus eh kaum was Erhellendes sagen, zum anderen, weil es ja nicht auszuschließen ist, dass diese mageren rabbinischen Überlieferungen auf nichts anderem fußen als eben auf den Evangelien und sonstigen christl. Überlieferungen und Lehren (wie man sie vom Hörensagen kannte). Wenigstens kann man Doherty entgegen halten, dass zumindest die Rabbiner der ersten nachchristlichen Jahrhunderte, auf der einen Seite nirgends Erinnerungen an eine Sekte, die einen mythischen Gottessohn Yeschua verehrte, äußern und auf der anderen Seite nichts gegen die Existenz eines historischen Jesus einzuwenden haben. Was Doherty über die Ursprünge des Christentums entdeckt haben will, war zumindest diesen Rabbinern vollkommen unbekannt. Und so betrachtet, spricht das, was Zoki in die Diskussion eingebracht hat, dann doch zumindest schon einmal nicht gerade für Dohertys Thesen, tendenziell eher dagegen.
(Mit Wotan und seine Mitgöttern verhält es sich irgendwie nochmal ganz anders. Sie sind ja weder von den Germanen noch von den Missionaren als historische menschliche Persönlichkeiten aufgefasst worden. Das ist irgendwie schlecht zu vergleichen, finde ich.)
 
Nun man muss auch sehen Wanderprediger waren im antiken Judea, Galiläa einfach nichts ungewöhnliches. Das was ungewöhnlich ist das die Geschichte des Christentums erst mit dem Tod von Jesus wirklich beginnt.
 
@buschhons: natürlich hast du recht - mir gings nur um die Argumentation (die ich hübsch und fand)

aus purem Spaß also:
(Mit Wotan und seine Mitgöttern verhält es sich irgendwie nochmal ganz anders. Sie sind ja weder von den Germanen noch von den Missionaren als historische menschliche Persönlichkeiten aufgefasst worden. Das ist irgendwie schlecht zu vergleichen, finde ich.)
(insgesamt ist die Historizität von Göttern und Gottessöhnen eine heikle Angelegenheit) :)
 
Komisch dann aber das kein gegen die Christen argumentierender Rabbiner einfach gesagt hat Jesus hat es nie gegeben.

Die Juden haben Jesus überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, weshalb er auch in keiner ihrer Quellen auftaucht; entweder weil er ein kleiner für sie unbedeutender Wanderprediger war oder weil er nie existiert hat.
 
Zurück
Oben