Ursachen größerer Bevölkerungsunterschiede

Alex74

Aktives Mitglied
Hallo allerseits,

ich habe manchmal den Eindruck, daß Europa - relativ zu seiner im Prinzip meist recht fortschrittlichen Geschichte - relativ dünn besiedelt ist; oder andersherum: daß Amerika, China und Indien für mich unerklärlich dicht besiedelt sind.

Ich schicke voraus daß ich von der Thematik selbst keine Ahnung habe, aber gerne wissen würde ob mein Eindruck stimmt bzw. ob das Bild, das ich von der Bevölkerungsentwicklung der Menschheit im Kopf habe so in etwa richtig ist.

Ich will vor allem auf die historischen Grundlagen hinaus, weniger auf die neuzeitliche Entwicklung; mir ist klar daß ein großer Bevölkerungsunterschied auch aus der in Europa anderen Haltung zur Kinderfrage kommt und erst im 20.Jahrhundert zum heute großen Unterschied beitrug. Aber es muß ja schon vor 100 Jahren in Indien und China eine sehr große Bevölkerung gegeben haben, die Basis für den heutigen Stand war.

Meine Infos dazu sind:

-Europa hat heute insgesamt rund 740 mio. Einwohner lt Wikipedia (also das geographische Europa inkl. Ural und Kaukasus).
-China bringt es dahingegen alleine in den Küstenprovinzen auf über eine Milliarde Einwohner.
-Ähnlich mit Indien: weitaus kleiner als Europa an sich, das Klima ist definitiv nicht milder als hier, trotzdem auch weit über 1 Milliarde Einwohner.
-Amerika hat insgesamt rund 920 mio. Einwohner, die meisten davon europäischstämmig.

Da Europa sicher nicht unfruchtbarer ist als China oder Indien, sich hier aber trotzdem keine erheblich größere Bevölkerungszahl entwickelte als in Indien oder China und in vergleichsweiser kurzer Zeit sogar die Vermehrungsrate in Amerika die in Europa weit überflügelt haben muß, habe ich einige Vermutungen angestellt darüber, wieso Europa heute nicht so stark bevölkert ist wie z.B. China;

-Die Pest im 14.Jhd.trat nur in Europa auf und raffte hier ein Drittel der Bevölkerung dahin, was Europa in der Bevölkerungsentwicklung weit zurück warf.
Dazu würde passen daß Europa bis heute im Westen (Spanien, Frankreich) dünner besiedelt ist als im Osten, wo die Pest weniger Opfer forderte.

-Auswanderung in die Neue Welt 16.-20.Jhd.; daß Europa hier große Mengen Menschen verlor ist ebenfalls leicht vorzustellen, bedenkt man daß in Amerika heute 920 mio.Menschen leben und der Großteil davon aus Europa stammt.

-Kriege im allgemeinen: das glaube ich weniger, da Kriege, nichtmal der 2.Weltkrieg, in den Bevölkerungsdiagrammen kaum ablesbar sind.

Meine Fragen sind (ums mal endlich auf den Punkt zu bringen) also:

1. Hatte Europa bis etwa 1900 also tatsächlich weniger Einwohner, als es klimatisch/sozial möglich und wahrscheinlich gewesen wäre?
2. Wenn 1. zutrifft, kann dies auf die Pest oder den Exodus in die Neue Welt zurückgeführt werden?
3. Wenn 1. und 2. zutreffen, ist Indien und China in ihrer Geschichte von vergleichbaren Ereignissen verschont geblieben?

Gruß Alex

PS.: Ich war mir nicht ganz sicher wo das Thema am besten hineingehört, habe es mal zur Neuzeit gesteckt da es weitgehend um den Stand 20.Jahrhundert geht und wie es dazu kam.
 
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Da Europa sicher nicht unfruchtbarer ist als China oder Indien, sich hier aber trotzdem keine erheblich größere Bevölkerungszahl entwickelte als in Indien oder China und in vergleichsweiser kurzer Zeit sogar die Vermehrungsrate in Amerika die in Europa weit überflügelt haben muß, habe ich einige Vermutungen angestellt darüber, wieso Europa heute nicht so stark bevölkert ist wie z.B. China:

-Die Pest im 14.Jhd.trat nur in Europa auf und raffte hier ein Drittel der Bevölkerung dahin, was Europa in der Bevölkerungsentwicklung weit zurück warf.
Dazu würde passen daß Europa bis heute im Westen (Spanien, Frankreich) dünner besiedelt ist als im Osten, wo die Pest weniger Opfer forderte.

Das kann eigentlich nicht sein, da die Pest den Nahen Osten, Indien und China genauso betraf, wie Europa.

-Auswanderung in die Neue Welt 16.-20.Jhd.; daß Europa hier große Mengen Menschen verlor ist ebenfalls leicht vorzustellen, bedenkt man daß in Amerika heute 920 mio.Menschen leben und der Großteil davon aus Europa stammt.
...und Afrika ...und - gerade in den letzten Jahrzehnten wieder verstärkt - aus Asien.
 
Bevölkerungsunterschied auch aus der in Europa anderen Haltung zur Kinderfrage kommt und erst im 20.Jahrhundert zum heute großen Unterschied beitrug. Aber es muß ja schon vor 100 Jahren in Indien und China eine sehr große Bevölkerung gegeben haben, die Basis für den heutigen Stand war.
Ich hatte mal gelesen, dass in Frankreich der Geburtenrückgang schon vor der französischen Revolution einsetzte. Generell ist zu verzeichnen, dass Frankreich seinen Vorsprung als bevölkerungsreichstes Land in dem Teil Europas einbüßte.
Hier wird die Stagnation später angesetzt: Frankreich ? Wikipedia
:winke:
 
-Auswanderung in die Neue Welt 16.-20.Jhd.; daß Europa hier große Mengen Menschen verlor ist ebenfalls leicht vorzustellen, bedenkt man daß in Amerika heute 920 mio.Menschen leben und der Großteil davon aus Europa stammt.
Moment mal. Von der heutigen Bevölkerungszahl kannst du nicht sagen, dass ein Grossteil aus Europa stammt, denn das hiesse, sie wären alle erst kürzlich ausgewandert (1. Generation). Du könntest höchstens in den Raum stellen, dass ein Grossteil der Vorfahren/Ahnen aus Europa stammt. Wobei auch das nicht stimmt, wie El Quijote bereits anmerkte.
 
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Du könntest höchstens in den Raum stellen, dass ein Grossteil der Vorfahren/Ahnen aus Europa stammt.
Siehe meinen Beitrag:
Auswanderung in die Neue Welt 16.-20.Jhd.;
Es geht also um die Herkunft historisch und den Verlust an Bevölkerung durch Auswanderung. Ich dachte ich hätte das genau genug formuliert.

Zur Zusammensetzung der Bevölkerung Amerikas lt.Wikipedia:
Die Amerikaner mit europäischen Vorfahren bilden heute 74 Prozent der Gesamtbevölkerung. Afroamerikaner stellen etwas mehr als 13 Prozent.
(USA betreffend)
lt. erdkunde-wissen.de sind auch in Brasilien 54,4% "Weiße".
Ich gehe nicht davon aus daß der Rest Amerikas an der Aussage daß ein sehr großer, wenn nicht der größte Teil der Bevölkerung auf ausgewanderte Europäer zurückgeht noch etwas drehen kann.

Das kann eigentlich nicht sein, da die Pest den Nahen Osten, Indien und China genauso betraf, wie Europa.
Genauso - sicher?
Mein Halbwissen darüber sagt daß die Pest in ihrer massiven Auswirkung den asiatischen Bereich nicht, oder nicht so stark betraf.
So sind z.B. in allen von der Pest betroffenen Ländern Wunschformeln beim Niesen üblich; "Gesundheit" in Deutschland, "Lebe lange" in der Türkei, etc. - weil Schnupfensymptome oft die ersten Anzeichen einer Pestinfektion waren. Derlei gibt es unter Asiaten meines Wissens nirgends, weder in Indien, noch in China.

Gruß Alex
 
Siehe meinen Beitrag:

Es geht also um die Herkunft historisch und den Verlust an Bevölkerung durch Auswanderung. Ich dachte ich hätte das genau genug formuliert.

Zur Zusammensetzung der Bevölkerung Amerikas lt.Wikipedia:
Ich hätte die betreffende Passage wohl markieren sollen:
Alex74 -Auswanderung in die Neue Welt 16.-20.Jhd.; daß Europa hier große Mengen Menschen verlor ist ebenfalls leicht vorzustellen, bedenkt man daß in Amerika heute 920 mio.Menschen leben und der Großteil davon aus Europa stammt.
Das meint 1. Generation.
 
Also eigentlich kann man nicht sagen, Europa hätte für seine äußerst geringe Größe (es ist nach Australien der zweitkleinste Kontinent) eine zu kleine Einwohnerzahl. Vielmehr gibt es auf der Welt außer Südasien keine größere Region, die dichter besiedelt ist als Europa; seine Bevölkerungsdichte ist sogar ein Beweis für die unglaubliche wirtschaftliche Stärke, die Europa (und zwar besonders Westeuropa!) schon seit Jahrtausenden charakterisiert. China ist lange nicht so dicht besiedelt wie Europa, und die USA enthalten - was viele verblüfft - kaum mehr als 30 Einwohner auf dem Quadratkilometer. Ich kann deine Punkte nicht nachvollziehen.
 
Genauso - sicher?

Oh ja. Eher noch mehr. Ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, dass die Pest in China fast zwei Drittel aller Einwohner umgebracht hat - da China schon früh über organisierte Volkszählungen verfügte, kann man das ziemlich gut zurückverfolgen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hm, man findet dazu wenige Quellen im www aber in einigen Artikeln wird in Nebensätzen erwähnt daß sie auch im 14. Jhd. in China verheerend wütete.

Relativ zu den bevölkerungsstarken Gebieten ist Europa tatsächlich eher dünn besiedelt; wie gesagt ist der Großteil der chinesischen Bevölkerung alleine im Osten des Landes untergebracht und Indien ist auch viel kleiner als Europa.

Amerika nannte ich nur weil es in historisch eher kurzer Zeit Europa überholt hat und Afrika blende ich aufgrund der völlig unterschiedlichen klimatischen Bedingungen mal aus.

PS:
Nochmal was zur Verteilung der dichtestbesiedelten Gebiete:
Diese befinden sich bei praktisch allen Kontinenten bevorzugt an den Küsten.
Wie erwähnt auch im Falle Chinas.
Sind fruchtbare Küstenregionen also ausschlaggebend für eine gute Bevölkerungsentwicklung gewesen, dann sollte Europa hier erst recht einen guten "Nährboden" gehabt haben und relativ wegen der Küstenanteile also eine wiederum eher höhere Bevölkerungszahl aufweisen.
 
Zuletzt bearbeitet:
ich habe manchmal den Eindruck, daß Europa - relativ zu seiner im Prinzip meist recht fortschrittlichen Geschichte - relativ dünn besiedelt ist; oder andersherum: daß Amerika, China und Indien für mich unerklärlich dicht besiedelt sind..

Davon kann überhaupt keine Rede sein, denn die Bevölkerungsdichte pro Quadratkilometer sagt etwas ganz anderes:

So hat z.B. China 139 Einwohner pro km², die USA sogar nur 31 Einwohner pro km². Demgegenüber hat

Deutschland 230 pro km²

Großbritannien 251 pro km²

Niederlande 396 pro km²

Frankreich 115 pro km²

Italien 199 pro km²

Spanien 99 pro km²

Polen 122 pro km²

Nimmt man den Querschnitt der europäischen Einwihnerzahl (exklusive des Sonderfalls Russland), so liegt die Bevölkerungsdichte über der Chinas und bei weitem über der der USA. Afrika und Südamerika sind noch viel dünner besiedelt.
 
@Alex74
Nachtrag:
Die von dir genanntenetwa 920 Millionen meinen die Gesamtbevölkerung der USA und Lateinamerikas, die USA allein hatte 2011 etwa 313 Millionen.
Das genannte Splitting der Bevölkerungsanteile "Erdkunde-Wissen" bezog sich jedoch auf die USA. Denn in Lateinamerika sieht das Verhältnis wieder ganz anders aus.
 
Die von dir genanntenetwa 920 Millionen meinen die Gesamtbevölkerung der USA und Lateinamerikas, die USA allein hatte 2011 etwa 313 Millionen.
Das genannte Splitting der Bevölkerungsanteile "Erdkunde-Wissen" bezog sich jedoch auf die USA. Denn in Lateinamerika sieht das Verhältnis wieder ganz anders aus.

Wie es um die Bevölkerungsdichte der USA im Vergleich zu den Staaten Europas bestellt ist, kannst du meiner Aufstellung oben entnehmen. Sie ist minimal und das gilt, nicht ganz so drastisch, auch für China. Die südamerikanischen Staaten haben eine ganz dünne Bevölkerungsdichte. So leben in Brasilien nur 23 Einwohner pro km², in Argentinien sind es sogar nur 14. Demgegenüber Deutschland 230 Einwohner pro km² (siehe oben).
 
Der Zeitpunkt, zu dem China und besonders Indien Europa nach der Bevölkerungsdichte erreicht bzw. überholt haben, liegt wohl eher in der näheren Vergangenheit. Vor einiger Zeit habe ich "Der Alltag - 15. bis 19. Jhdt." von Fernand Braudel gelesen, in dem der Autor in einem Kapitel auch übliche Bevölkerungsschätzungen für verschiedene Kontinente zusammenträgt und sie dann bewertet. Dabei werden folgende Zahlen aufgeworfen (Ozeanien ist hier glaube ich nicht von großer Bedeutung):

1350

Europa: 80 Mio. (vor der Pest)
Amerika: 40 Mio.
Asien: 180 Mio. (davon ca. 80-100 Mio. China)
Afrika: 30 Mio.

1650

Europa: 100 Mio.
Amerika: 10 Mio. (spanische Eroberung)
Asien: 260 Mio. (davon ca. 120 Mio. China)
Afrika: 40 Mio.

1850

Europa: 270 Mio.
Amerika: 60 Mio.
Asien: 700 Mio. (davon ca. 430 Mio. China)
Afrika: 100 Mio.

So wacklig diese Schätzungen auch sind, so ist doch erkennbar, dass vor Beginn des 20. Jahrhunderts Europa stets mehr Einwohner hatte als alle anderen Kontinente (ausgeschlossen das riesige und teilweise ähnlich weit entwickelte Asien). Dabei variiert die Einwohnerzahl Chinas aufgrund einer abwechslungsreichen Geschichte voller großer Blütezeiten, Bürgerkriegen und Epidemien sehr stark. Doch während spätestens ab dem Zweiten Weltkrieg in Europa die Geburtenraten tendenziell zurückgehen, erfreuen sich (oder erfreuen sich auch nicht) die Schwellen- und Entwicklungsländer bis heute eines unglaublichen Wachstums. Hier liegt meiner Meinung nach die historische Ursache dafür, dass Europa heute weniger Einwohner hat als Afrika oder Amerika.

Nichtsdestotrotz muss man hervorheben, dass Europa immer noch ein wirtschaftlich-demografisch extrem überprivilegierter Bereich dieser Erde ist; wie gesagt gibt es außer Indien, Indonesien und mit Abstrichen China kein dichter besiedeltes Gebiet auf der Welt. Und vor dem 20. Jahrhundert war dieser Vorsprung noch größer.
 
Die absolute Zahl von Einwohnern je Kontinent sagt natürlich wenig aus. Aussagekräftig ist vor allem die zur Fläche des Kontinents in Beziehung gesetzte Zahl von Menschen, also die Bevölkerungsdichte.

Und da ist dem Threadersteller zu widersprechen: China, die USA, Südamerika oder gar Afrika sind erheblich dünner besiedelt als Europa.
 
Die absolute Zahl von Einwohnern je Kontinent sagt natürlich wenig aus. Aussagekräftig ist vor allem die zur Fläche des Kontinents in Beziehung gesetzte Zahl von Menschen, also die Bevölkerungsdichte.

Und da ist dem Threadersteller zu widersprechen: China, die USA, Südamerika oder gar Afrika sind erheblich dünner besiedelt als Europa.

Richtig, ich hätte natürlich auch noch die Bevölkerungsdichte ausrechnen können, das hätte den Eindruck wohl noch verstärkt. Dann liegt Asien nämlich auch hinter Europa, von den anderen Kontinenten ganz zu schweigen. :)
 
Die absolute Zahl von Einwohnern je Kontinent sagt natürlich wenig aus. Aussagekräftig ist vor allem die zur Fläche des Kontinents in Beziehung gesetzte Zahl von Menschen, also die Bevölkerungsdichte.

Und da ist dem Threadersteller zu widersprechen: China, die USA, Südamerika oder gar Afrika sind erheblich dünner besiedelt als Europa.
Da möchte ich allerdings ergänzen, dass die Bevölkerungsdichte allein auch nicht sehr viel aussagt, da in vielen Staaten nicht alle Flächen gleichermaßen besiedelbar sind. Wüstenregionen, Urwälder und Gebirge sind normalerweise bekanntlich weniger bevölkert. Während in den meisten europäischen Staaten der Großteil der Fläche nutzbar ist, sieht es in Staaten wie China und den USA mit Wüsten- und Gebirgsregionen anders aus. Ein Extremfall ist Ägypten, wo sich trotz großer Fläche fast die gesamte Bevölkerung im Niltal und -delta konzentriert. Entscheidend ist also die Bevölkerung pro besiedelbarer Fläche.
 
Da möchte ich allerdings ergänzen, dass die Bevölkerungsdichte allein auch nicht sehr viel aussagt, da in vielen Staaten nicht alle Flächen gleichermaßen besiedelbar sind. Wüstenregionen, Urwälder und Gebirge sind normalerweise bekanntlich weniger bevölkert. Während in den meisten europäischen Staaten der Großteil der Fläche nutzbar ist, sieht es in Staaten wie China und den USA mit Wüsten- und Gebirgsregionen anders aus. Ein Extremfall ist Ägypten, wo sich trotz großer Fläche fast die gesamte Bevölkerung im Niltal und -delta konzentriert. Entscheidend ist also die Bevölkerung pro besiedelbarer Fläche.

Es ging um eine ganz einfache Frage:

ich habe manchmal den Eindruck, daß Europa - relativ zu seiner im Prinzip meist recht fortschrittlichen Geschichte - relativ dünn besiedelt ist; oder andersherum: daß Amerika, China und Indien für mich unerklärlich dicht besiedelt sind.

Und da muss man sagen: Europa ist dichter besiedelt.

Du kannst jetzt gern anfangen, noch Wüsten, Tundra und Taiga herauszurechnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
1350

Europa: 80 Mio. (vor der Pest)
Amerika: 40 Mio.
Asien: 180 Mio. (davon ca. 80-100 Mio. China)
Afrika: 30 Mio.

1650

Europa: 100 Mio.
Amerika: 10 Mio. (spanische Eroberung)
Asien: 260 Mio. (davon ca. 120 Mio. China)
Afrika: 40 Mio.

1850

Europa: 270 Mio.
Amerika: 60 Mio.
Asien: 700 Mio. (davon ca. 430 Mio. China)
Afrika: 100 Mio.

Wie du schreibst, die Zahlen sind Schätzungen - dh sie sind keine exakten Erhebungen von Einwohnerzahlen, sondern unterliegen ua Prämissen, die das Ergebnis erheblich beeinflussen (können).

Im Fall des Amerikanischen Doppelkontinents spielen bei den verschiedenen Schätzungen zudem politische und ideologische Gegebenheiten mit hinein, die dazu führten, daß lange Zeit Zahlen für die präkolumbische Zeit sehr niedrig ausfielen. Heute stellt sich die Situation sehr aufgefächert dar: während einerseits einige Wissenschaftler von Bevölkerungszahlen zwischen 100 und 150 Millionen Einwohnern auf beiden Kontinenten ausgehen, hält sich andererseits eine Fraktion von sogen "Low Counters", die vor 1492 Zahlen von 10-15 Millionen für Nord-, Mittel- und Südamerika zusammen für das Maximum halten. Der von dir zitierte Braudel befindet sich demnach im oberen Bereich der "Low Counter".


Alex74 schrieb:
Amerika hat insgesamt rund 920 mio. Einwohner, die meisten davon europäischstämmig.

[...] bedenkt man daß in Amerika heute 920 mio.Menschen leben und der Großteil davon aus Europa stammt.

Auch hier ist mit Zahlen und Prozentanteilen vorsichtig umzugehen, da vielerorts ebenfalls ideologische sowie politische Aspekte mit einfließen. Da eine indigene Abstammung in einigen amerikanischen Staaten soziale Nachteile mit sich bringt, ordnen sich bei Volkszählungen zb Menschen als "mestizo" ein - was eben bedeutet, daß sie *auch* eine europäische Abstammung in Anspruch nehmen - oder als "spanischstämmig". Dies führt dazu, daß die Anteile indigener Bevölkerung in lateinamerikanischen Staaten eher zu niedrig ausfallen.

Unterschiedliche Sichtweisen bezüglich der Abstammung kommen aber auch in anderer Hinsicht zum Tragen: während zb in den USA eine Person mit afrikanisch-europäischer Abstammung als Afro-Amerikaner angesehen wird (vgl "one drop"-Regel"), gelten zb in Brasilien Personen mit überwiegend europäischer Abstammung als weiß und solche mit überwiegend bis nur afrikanischen Vorfahren als schwarz. Welche Verwerfungen in den Prozentanteilen dies mit sich bringt, liegt auf der Hand.

In Bezug auf die indigene Bevölkerung galten auch in den USA teils merkwürdige Bestimmungen noch im 20. Jahrhundert: es war über einen weiten Zeitraum zB in den Südstaaten der USA nicht möglich, sich beim Zensus als indigen einzutragen, da es nur die Kategorie "colored" gab. Dies führte dazu, daß indigene Familien sich entweder als weiß oder als "colored" erklärten. Ebenfalls bestand bis 1924 die Regelung, daß indigene Personen nur dann die amerikanische Staatsbürgerschaft erwerben konnten, wenn sie nachwiesen, daß sie die Lebensweise etc ihrer Ursprungsethnie gründlich abgelegt und sich assimiliert hatten; dh der US-Paß war für diese Personen nur dann erhältlich, wenn sie gleichzeitig die Zugehörigkeit zu Ursprungs-nation aufgaben. Teilweise mußten bis Mitte des 20. Jahrhunderts im Rahmen der sogen Relocation aus Reservationen umgesiedelte Familien schriftlich auf ihre Rechte als Stammesangehörige dauerhaft verzichten. Auch diese Praktiken verzerren natürlich die Zensusergebnisse.
 
Ravenik geht auf genau das ein, was ich meine.

Siehe auch meinen letzten Beitrag die Küstenregionen betreffend.
 
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