Bewaffnung und Soldaten?

@ Fingalo: Du hast in zwei Deiner Beiträge in diesem thread explizit geschrieben, dass Wikinger ihre Schwerter zum Hieb, nicht zum Stich eingesetzt haben!

#68: "In Skandinavien wurde nie mit dem Schwert gestochen - jedenfalls gibt es keine Überlieferung dazu. Da wurde zugeschlagen."

# 112: Auf Huskis Beitrag (# 104): "Ich komme mir langsam retardiert vor wenn ich hiermit zum was weiß ich wie vielten Mal schreibe, dass Schwerter natürlich auch zum Stechen dienten!" antwortest Du: " Aber nur in der Phantasie und in der Spekulation. In den Quellen findet sich dazu nichts. Aber dann kann man ja alles annehmen."

Nachdem ich ca. 10 min gebraucht habe, um Zitate aus Egils Saga zu finden, die eindeutig das Schwert als Stichwaffe beschreiben (Then quickly did Egil grasp his sword-hilt. Onund also began to draw his sword; but ere it was half drawn Egil pierced him with a thrust.) antwortest Du, all of a sudden: "Natürlich hat man mit dem Schwert auch gestochen, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Aber es war nicht daraufhin konstruiert. Ich kann auch mit einem Küchenmesser zustechen. Zum Fechten ist es zu schwer." (#119)

Wie schon R.G. festgestellt hat, hast Du von Schwertern und vom Fechten Null Ahnung. (Um das klarzustellen, ich habe lange Zeit Kendo und Naginata "gespielt", ich habe also Erfahrung mit (japanischem) Fechten und auch schon scharfe Katana in den Händen gehalten). Zweitens kennst Du als Experte für die Wikinger offensichtlich nicht mal Egils Saga, eine der bekannteren Sagas, sonst solltest Du Dich eigentlich auch ohne Internetzugang an die Stellen mit Onund und Bard erinnern können. Drittens bist Du offensichtlich, als Experte für die Wikinger, absolut belehrungsresistent, sonst würdest Du nicht versuchen, die Stellen aus Egils Saga zu relativieren. Noch dazu mit solchen abstrusen Behauptungen, dass das Wikingerschwert (oder das Küchenmesser, das ist etwas verwirrend ?) zum Fechten zu schwer sei.

Okay, Egil's saga reloaded: "Then quickly did Egil grasp the hilt of his kitchen-knife. Onund also began to draw his kitchen-knife; but ere it was half drawn Egil pierced him with a thrust (of his kitchen-knife)."

:autsch::autsch::autsch::autsch::autsch::autsch:
 
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Nun beruhigt euch. Ich schrieb, dass ich in Reykjavik keine Literaturzur Hand habe, also aus dem Gedächtnis schreibe. Da kann es schon passieren, dass man etwas entlegene Anekdoten nicht parat hat. Alle Kampfszenen, die ich im Gedächtnis habe, sind ohne Stechen.
 
Die damaligen Helme waren gar nicht so schlecht. Wenn man einen Helm als Platte ansieht, dann waren die meisten damaligen Äxte nicht in der Lage, einen solchen Helm zu "knacken". Das ging allenfalls mit zweihändig geführten, größeren Äxten und selbst da war es aufgrund der Helmformen eher wahrscheinlich, dass die Axt abrutschte und nebem dem Helm in die Schulter fuhr.

Nachdem ich schon am Rummaulen bin :motz:, so voll bin ich von Robert Guiskards Theorie "the point is mightier than the edge" auch nicht überzeugt (was vielleicht an Kendo/Naginata liegt). Klar wurden Schwerter spitzer und "stichfreudiger" als Plattenrüstungen trendier wurden, aber gleichzeitig wurden eben Hiebwaffen wie Kriegshämmer als Waffen gebräuchlicher. Nicht umsonst setzte Richard III in Bosworth Fields zuletzt einen solchen Hammer ein. Und dass Helme geknackt wurden, und nicht nur mit Äxten, wird übrigens relativ häufig in zeitgenössischen Darstellungen gezeigt, z.B Manesse.
 

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Nun beruhigt euch. Ich schrieb, dass ich in Reykjavik keine Literaturzur Hand habe, also aus dem Gedächtnis schreibe. Da kann es schon passieren, dass man etwas entlegene Anekdoten nicht parat hat. Alle Kampfszenen, die ich im Gedächtnis habe, sind ohne Stechen.

Das sei dir ja auch verziehen!:winke:
Interessant ist hier doch nur die Frage ob gestochen wurde und wenn ja, welche Wirkung davon (besonders bei gerüsteten Gegnern) ausging.
Da ich selbst anfänglich dazu beigetragen habe diese Diskussion in Gang zu bringen will ich erneut versuchen sie ein Bisschen zu relativieren, da ich das Gefühl habe dass das hier ein wenig ausartet.
Die Quellen (auf die fingalo sich bezieht und denen ich Glauben schenke, da dieser Mann weiß wovon er spricht) erwähnen Stiche nicht oder nicht explizit.
Was heißt das? Nun, erst einmal nichts weiter als das Stiche im Vergleich zu Hieben keine überproportionale Bedeutung gehabt haben dürften.
Sie deshalb ganz auszuschließen halte ich dennoch für falsch.
Dies zeigt zum einen die praktische Erfahrung (und die muss auch gehört werden und hat ihre Berechtigung, da es irrig ist anzunehmen Menschen von früher hätten komplett anders gedacht und gehandelt als heute) und zum anderen ist das Fehlen eines Quellennachweises nicht der Beweis für die Nichtexistenz der Sache selbst. Wäre dies der Fall, müssten wir der biblischen Schöpfungslehre mehr Vertrauen entgegen bringen als den Theorien von Ur- und Frühzeit der Menschheit, da diese niemals auf schriftlichen Quellen basieren können!
Aber zur Sache; mit einiger Wahrscheinlichkeit wird damals gestochen und gehauen worden sein, aber der Hieb wird dabei Vorrang gehabt haben.
Leider Gottes kann ich hier keine Zeichnung des Querschnitts bzw. der gesamten Konstruktionsform eines "Wikingerschwertes" machen, anhand derer ich besser veranschaulichen könnte was ich meine, wenn ich sage dass diese Schwerter "primär" Hiebwaffen waren. Noch einmal um mich auch ja abzusichern; das heißt nicht, dass im Umkehrschluss nicht trotzdem auch damit gestochen werden konnte und es bestimmt auch getan wurde.
Die Frage der Effektivität des Ganzen, ist m.E.n. dabei viel interessanter...
aber auch das haben wir hier schon durchgekaut und deshalb mein Plädoyer;
neues Thema! :cool:

p.s. @ Ilhuicamina: diese Darstellungen sind denke ich den meisten hier bekannt und leider muss ich ihnen ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen. Einen sog. Topfhelm mit einem Schwert bis in die Mitte hinein zu spalten ist übertriebener Käse!
Gerade die Manes'sche Liederhandschrift wurde immer wieder zum Ausgangspunkt moderner waffentechnischer Versuche. In den meisten Fällen, aber vor allem in puncto "gespaltene Helme", bleibt dieser Text (oder Texte) dabei literarische Fiktion welche dadurch die Kraft, Tapferkeit aber auch die Wildheit des Ritterwesens überhöhen sollte.
 
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Ilhuicamina:

so voll bin ich von Robert Guiskards Theorie "the point is mightier than the edge" auch nicht überzeugt

Ist das meine These?? Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dies so geäußert zu haben.

Es spricht auch sehr viel für Hiebe, vor allem die Mannstoppwirkung, und dass sie technisch viel einfacher sind und viel einfacher ins Ziel zu bringen sind. Und was einfach ist, funktioniert.

In einem Kampf auf Leben und Tod, wenn großer Stress für den Körper einsetzt, dann geht jede Feinmotorik flöten. Viele Sachen die bei Übungen noch funktionieren, funktionieren selbst bei einem Vollkontaktkampf wo es nicht auf Leben und Tod geht schon nicht mehr.

huski:

Einen sog. Topfhelm mit einem Schwert bis in die Mitte hinein zu spalten ist übertriebener Käse!

So ist es. Auch einen Spangenhelm kann man mit einem Schwert de facto nicht spalten. Ich habe schon mit aller Gewalt auf Helme eingeschlagen mit allen möglichen Schwertern und noch nie einen Helm spalten können. Selbst mit einer Axt kann man einen frühmittelalterlichen Helm nicht spalten.

Vielleicht in vollem Galopp von einem Pferd aus, da man dann eine ganz andere Energie in der Waffe hat, aber zur Fuß unmöglich.

Die Quellen (auf die fingalo sich bezieht und denen ich Glauben schenke, da dieser Mann weiß wovon er spricht) erwähnen Stiche nicht oder nicht explizit.

Die Quellen erwähnen Stiche, Stichwunden sind archäologisch nachgewiesen und die Schwerter sind von der Konstruktion her für Stiche geeignet.

Und die Quellen die Fingalo bisher genannt hat sind allesamt 13 Jahrhundert aufwärts, also keine Wikingerzeit mehr.

Aber zur Sache; mit einiger Wahrscheinlichkeit wird damals gestochen und gehauen worden sein, aber der Hieb wird dabei Vorrang gehabt haben.

Das sehe ich auch so. Die meisten Kämpfer werden insgesamt mehr geschlagen als gestochen haben. Das liegt aber eben nicht daran, dass Stiche mit diesen Schwertern nicht möglich wären, oder dass sie nicht wirksam wären oder dass die Schwerter primär Hiebwaffen wären, sondern:

Im Kampf einen guten Stich zu setzen, erfordert Können und es müssen bestimmte Faktoren gegeben sein. Von meiner rein praktischen Erfahrung mit solchen Schwertern würde ich schätzen, dass im Schnitt ungefähr zwei drittel aller Angriffe Hiebe waren, und das Berufskrieger mit mehr Können mehr gestochen haben als Kämpfer ohne oder mit wenig Erfahrung.

Stiche waren absolut möglich, die Schwerter dafür konstruktiv geeignet und in vielen Fällen waren Stiche sogar sehr sinnvoll. Gegen die meisten Gegner würde ich selbst zuerst Stiche einsetzen, den Gegner damit zuerst anstechen, schwächen, verletzen, und dann, wenn er durch die Stiche geschwächt, abgelenkt, eingeschränkt ist, ihn mit Hieben erledigen.

Das heute beim historischen Fechten, Codex Belli, Huskarl usw auch im Volkontakt Stiche nicht im Kampf wirklich eingesetzt werden und dadurch der Eindruck einer reinen Hiebfechtweise entsteht, resultiert schlicht und einfach daraus, dass Stiche ein so hohes Verletzungsrisiko haben.

Aber gerade das, das hohe Verletzungsriskio belegt die Effekivität von Stichen. Noch darüber hinaus haben die auch eine stumpfe Wirkung durch Kettenhemden hindurch, genau wie ein Hieb, ohne das Kettenhemd zu durchstechen, können sie darunter Prellungen bis Rippenbrüche etc verursachen.
 
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Ilhuicamina:



Ist das meine These?? Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dies so geäußert zu haben.


Dann habe ich das folgende falsch verstanden, sorry: "Es ist sehr schwer, einen mit einer Brünne und Gambeson geschützten Kämpfer durch diese Rüstung hindurch zu verletzen. Schnitte fallen völlig aus. Hiebe sind weitgehend wirkungslos, und verursachen auch keine stumpfen Verletzungen durch die Rüstung hindurch. Und bei einem guten Kettenhemd kommen auch Stiche meistens nicht durch. Stiche verursachen aber wahrscheinlicher als Hiebe stumpfe Verletzungen. Und sie haben im Gegensatz zu Hieben immerhin eine gewisse Chance, dass Kettenhemd zu durchstoßen."

Wie gesagt, meine Kampferfahrungen beschränken sich auf Shinai und (die extrem leichte) Naginata der japanischen Naginata Federation. Damit kann man ja auch kein men spalten. :rofl:

Wenn sowohl Huski und Robert Guiskard feststellen, dass die Darstellungen in der M.L. "Käse" sind, dann muss ich das auch glauben. Etwas wundert mich das aber schon, die gespaltenen Helme sind "Käse", die Stösse aber lebensecht. :confused:
 

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Wenn sowohl Huski und Robert Guiskard feststellen, dass die Darstellungen in der M.L. "Käse" sind, dann muss ich das auch glauben. Etwas wundert mich das aber schon, die gespaltenen Helme sind "Käse", die Stösse aber lebensecht. :confused:
Zuerst einmal sorry für die flappsige Bemerkung!
Was meinen Standpunkt anbelangt, so sind die Stiche durchs Kettenhemd in die Tiefe des Körpers, wie sie auf der von dir zitierten Darstellung zu sehen sind, genau so unrealistisch wie die Nummer mit den Helmen.
Genau darum ging es hier ja die ganze Zeit. Guiskard sieht das anders und wird sich bestimmt nicht lumpen lassen in baldiger Zeit genau gegenteilig auf diesen Beitrag zu antworten aber daran habe ich mich gewöhnt. :winke:
Kurz noch zu deiner Hiebthese; stumpfe Verletzungen können sehr wohl entstehen. Vor allem im Bereich der Schultern und der Unterarme, wo zwischen Knochen und Haut nicht viel Gewebe ist, kann es schnell zu Brüchen kommen (vom Kopf, sofern er denn nicht vollständig geschützt ist will ich gar nicht anfangen). Alles in allem hast du aber recht mit deiner Schilderung.
Der Kampf zwischen gerüsteten Gegnern wird nicht durch Primärwunden
entschieden sondern durch Erschöpfungserscheinungen sowie Unachtsamkeiten in Bewegung und Deckung.
 
Mein Gedächtnis bezieht sich auf die "historischen" Texte, also Heimskringla und die norwegischen Königsgeschichten. Die Sagas sind von anderer Qualität. Die beiden Gattungen sind quellenkritisch unterschiedlich zu behandeln. Die Sagas sind historische Romane. Ihr Quellenwert liegt in der Schilderung sozialer Verhältnisse (mit dem Vorbehalt möglicher Kontamination durch Verhältnisse zur Zeit der Abfassung).

Das mit dem Schweigen in den Quellen ist unterschiedlich zu beurteilen. Nehmen wir an, ein antiker Schriftsteller eines fernen volkes schreibt ein Buch über die Kunst seines Landes, Malerei, Bildhauerei, Theater usw. Aber kein Wort über Musik. Dann wird man aus dem Schweigen entnehmen kdürfen, dass Musik in diesem Lande keine Kunstform ist. Man kann dann zwar annehmen, dass gleichwohl hie und da ein iedchen geträllert wurde, aber dass da professionelle Chöre aufgetreten seien wohl eher nicht.

Dann findet man ein anderes Buch über religiöse Riten. In ihm gibt es ein längeres Kapitel über Musik, mit der Opfer begleitet wurden.

Dann ergibt sich daraus zweierlei: 1. Kunst und Ritus werden als getrennt empfunden. 2. Musik gehört ausschließlich in den religiösen Raum. Das Urteil, es habe keine Musik gegeben, muss dann revidiert werden.

So funktioniert das, und nicht mit palmströmschem Geschwurbel.
 
Ilhuicamina:

Wenn sowohl Huski und Robert Guiskard feststellen, dass die Darstellungen in der M.L. "Käse" sind, dann muss ich das auch glauben. Etwas wundert mich das aber schon, die gespaltenen Helme sind "Käse", die Stösse aber lebensecht.

Das Wort Käse habe ich nicht verwendet. Ich schrieb ausdrücklich, dass aufgrund der höheren Energie die ein Hieb von einem sich bewegenden Pferd aus hat, eine solche Spalterei von einem Pferd das sich bewegt aus möglich ist.

Die von dir gezeigte Darstellung in der M.L. zeigt ja sogar Reiter die vom Pferd aus schlagen.

Helme (Platte) und Kettengeflecht (diverser Qualität) bieten zudem einen sehr unterschiedlichen Wiederstand. Eine Platte bietet einen viel besseren Schutz sowohl gegen Hiebe wie auch gegen Stiche als ein Kettengeflecht. Von daher ist beides nicht wirklich miteinander vergleichbar.

Anbei: man sollte bei dem Bild aus dem Jungfrauenspiegel wo auch der Stich gezeigt wird beachten, dass die Hiebe die hier die Helme aufspalten anscheinend zweihändig bzw zweihändig geführt werden. Und die Helme sind keineswegs ganz durchgespalten, sondern nur eingedellt und aufgespalten. So was geht schon, hängt aber stark vom Auftreffwinkel usw ab, und da man keinen Baumstamm sondern ein Lebewesen schlägt, bewegt sich dieses, gibt nach etc. Es ist also schon möglich, aber eben nicht wahrscheinlich.

Diese Darstellungen geben also etwas wieder, was unter bestimmten Umständen möglich war, was aber nicht das normale Bild eines durchschnittlichen damaligen Kampfes darstellte.

huski:

Der Kampf zwischen gerüsteten Gegnern wird nicht durch Primärwunden
entschieden sondern durch Erschöpfungserscheinungen sowie Unachtsamkeiten in Bewegung und Deckung

So ist es: Unter der Voraussetzung das beide stark gerüstet sind und beide Schwerter verwenden.

Aber gerade im Frühmittelalter war eine so vollständige Rüstung ausgesprochen selten. Zwischen einem Kettenhemd und Helm und einem den ganzen Körper schützenden Körperpanzer mit Beinlingen usw ist ja auch noch ein Unterschied.

Dazu kommt noch die Helmvisierfrage. Beispielsweise sind Stiche ins Gesicht bzw in den Gesichtsbereich bei einem Gerüsteten Kämpfer im Frühmittelalter oder auch noch frühen Hochmittelalter ein sehr gut funktionierende Angriffsweise. Ein Treffer in die Augen oder in den Augenbereich, und der Kampf ist so ziemlich gelaufen. Die ganzen Helme sind Frühmittelalter, selbst die "Brillenhelme" die ja insbesondere in dieser Zeit in Skandinavien verwendet wurden, bieten gegen Stiche ins Gesicht beispielsweise sehr wenig bis gar keinen Schutz.

Was meinen Standpunkt anbelangt, so sind die Stiche durchs Kettenhemd in die Tiefe des Körpers, wie sie auf der von dir zitierten Darstellung zu sehen sind, genau so unrealistisch wie die Nummer mit den Helmen

Kommt eben drauf an. Von einem Pferd das sich bewegt aus hat ein Hieb mit einem Schwert eine ganz andere, viel größere Wirkung. Die Zeichnung aus dem M.L. die hier zu sehen ist, zeigt ja Schläge von einem Pferd aus.
Und Stiche durch ein Kettengeflecht kommen von einem Pferd aus auch durch, da die Bewegungsgeschwindigkeit und Masse des Pferdes die Energie die in dem Schwert steckt immens erhöht.

Zur Fuß hängt es sehr stark von der Qualität des Kettengeflechtes ab, von der Wucht des Stoßes usw.

Natürlich kommen bei einem guten Kettenhemd Stiche nur selten durch, fast alle bleiben hängen. Ein solches qualitiativ hochwertiges Kettenhemd wert aber ebenso auch alle Hiebe ab.

So bleiben dann eben nur die von dir ja schon beschriebenen indirekten Ansätze mit stumpfen Verletzungen durch das Kettenhemd hindurch. Solche stumpfen Verletzungen kann man aber eben auch mit Stichen verursachen, genau so wie mit Hieben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das mit dem Schweigen in den Quellen ist unterschiedlich zu beurteilen. Nehmen wir an, ein antiker Schriftsteller eines fernen volkes schreibt ein Buch über die Kunst seines Landes, Malerei, Bildhauerei, Theater usw. Aber kein Wort über Musik. Dann wird man aus dem Schweigen entnehmen kdürfen, dass Musik in diesem Lande keine Kunstform ist. Man kann dann zwar annehmen, dass gleichwohl hie und da ein iedchen geträllert wurde, aber dass da professionelle Chöre aufgetreten seien wohl eher nicht.

Dann findet man ein anderes Buch über religiöse Riten. In ihm gibt es ein längeres Kapitel über Musik, mit der Opfer begleitet wurden.

Dann ergibt sich daraus zweierlei: 1. Kunst und Ritus werden als getrennt empfunden. 2. Musik gehört ausschließlich in den religiösen Raum. Das Urteil, es habe keine Musik gegeben, muss dann revidiert werden.

So funktioniert das, und nicht mit palmströmschem Geschwurbel.
Tut mir leid, aber der Vergleich hinkt.
Es geht hier nicht um kulturhistorische Zuordnungen sondern um ganz konkrete physiologische Bewegungsabläufe die in aller Regel ohnehin so selbstverständlich waren und sind, dass ihre "Nichtexistenz" in den Quellen eher auf die Banalität der Sache als auf das Prinzip im allgemeinen zurück zu führen ist. Wenn du in dein Tagebuch schreibst, "bin heut morgen aufgestanden" wirst du es dabei belassen und nicht erläutern dass es dafür zweier Beine bedarf bei dem in aller Regel erst das eine, dann das andere auf den Boden aufsetzt. In diesem Zusammenhang fand ich Guiskards Vergleich mit dem Sch***haus gar nicht so schlecht, Polemik hin oder her.
 
Tut mir leid, aber der Vergleich hinkt.
Es geht hier nicht um kulturhistorische Zuordnungen sondern um ganz konkrete physiologische Bewegungsabläufe die in aller Regel ohnehin so selbstverständlich waren und sind, dass ihre "Nichtexistenz" in den Quellen eher auf die Banalität der Sache als auf das Prinzip im allgemeinen zurück zu führen ist. Wenn du in dein Tagebuch schreibst, "bin heut morgen aufgestanden" wirst du es dabei belassen und nicht erläutern dass es dafür zweier Beine bedarf bei dem in aller Regel erst das eine, dann das andere auf den Boden aufsetzt. In diesem Zusammenhang fand ich Guiskards Vergleich mit dem Sch***haus gar nicht so schlecht, Polemik hin oder her.
Das mag sein, wenn die Aussage lautetete: Sie kämpften miteinander.

Wenn aber bei allen Beschreibungen, wie eine person besiegt wurde, immer von Schlägen die Rede ist (nicht in den Sagas, aber in den Geschichtswerken und in des Sagas auffällig häufig), dann lässt das schon Rückschlüsse darauf zu, wie in der Regel eine Waffe eingesetzt wurde.
 
Wenn aber bei allen Beschreibungen, wie eine person besiegt wurde, immer von Schlägen die Rede ist (nicht in den Sagas, aber in den Geschichtswerken und in des Sagas auffällig häufig), dann lässt das schon Rückschlüsse darauf zu, wie in der Regel eine Waffe eingesetzt wurde.
und welche Rückschlüsse sind das?
und wie sieht es außerhalb der Regel aus? (welche Regel überhaupt??)

was zeichnet die "Geschichtswerke" (welche sind das?) den "Sagas" gegenüber aus?

__________________________

bzgl. der Diskussion, die hier ja passend zum Thema hauen und stechen schärfere Wortwahl enthält: ich gehe weiter davon aus, dass die Wikinger ihre Gegner, so sie diese besiegten, sowohl abgestochen als auch totgehauen hatten, je nachdem, was grad günstiger war -- ganz sicher standen die sich nicht gegenüber und langweilten sich gegenseitig zu Tode beim raisonnieren, ob sie mit ihren Schwerten quellenkonform nun stechen oder hauen sollen... :rofl::rofl::rofl:
 
nun ja, man nehme ein gutes solides Küchenmesser und ein ordentliches Stück leder.
Dann waagerecht in das Leder stechen ....

Die Frage, ob ein Stoß mit einem Wikingerschwert durch ein Kettenhemd dringt, dürfte dann beantwortet sein. Nein, es dringt nicht durch, es tut nur im Handgelenk weh.
 
und welche Rückschlüsse sind das?
und wie sieht es außerhalb der Regel aus? (welche Regel überhaupt??)

was zeichnet die "Geschichtswerke" (welche sind das?) den "Sagas" gegenüber aus?

__________________________

bzgl. der Diskussion, die hier ja passend zum Thema hauen und stechen schärfere Wortwahl enthält: ich gehe weiter davon aus, dass die Wikinger ihre Gegner, so sie diese besiegten, sowohl abgestochen als auch totgehauen hatten, je nachdem, was grad günstiger war -- ganz sicher standen die sich nicht gegenüber und langweilten sich gegenseitig zu Tode beim raisonnieren, ob sie mit ihren Schwerten quellenkonform nun stechen oder hauen sollen... :rofl::rofl::rofl:
Zu 1: dass in der Regel geschlagen wurde.
Zu 2: Geschichtswerke sind z.B. Heimskringla, Ágrip, Historia Norvegiae. Es gibt noch mehr, aber ich habe sie hier nicht parat.
Zu 3: Wenn Du ein Geschichtswerk von einem historischen Roman nicht unterscheiden kannst, so bin ich nicht bereit, es Dir zu erklären.
Zu 4: Signifikante statistische Auffälligkeiten entstehen nicht durch Räsonnieren, sondern durch die Einschätzung, "was gerade günstiger war". Und in der Regel war der Schlag offenbar günstiger als der Stich. So einfach ist das.
 
Zu 3: Wenn Du ein Geschichtswerk von einem historischen Roman nicht unterscheiden kannst, so bin ich nicht bereit, es Dir zu erklären.
...du musst dir sprachlich nicht gleich einen Topfhelm überstülpen, wenn man dich was fragt :winke:

also verstehst du unter "Geschichtswerken" in unserem Zusammenhang hier die mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Texte, welche sich mit der skandinavischen Geschichte befassen - gewiß ist uns beiden klar, dass Texte aus so einer Entstehungszeit der Quellenkritik unterworfen werden müssen (wenn ich da an die Horrormärchen des Adam von Bremen denke...), dass aber ebenfalls weitere Textdokumente aus zeitlicher Nähe hinzugezogen bzw. verglichen werden müssen. Verschiedene zeitnahe Quellen mit ihrer jeweils eigenen Intention sind zu sichten, günstig ist dann auch noch, wenn dito zeitnahe Außenperspektiven hinzukommen.
 
Das ist so eine Sache. Übwer Quellenkritik habe ich mich ja hier schon in aller Breite ausgelassen.

Zeitnahe Quellen sind seeehr spärlich. Es handelt sich allenfalls um Skaldenstrofen, die Snorri zitiert. Ob da etwas für uns Brauchbares drinsteht, kann ich hier und jetzt nicht sagen. Abgesehen davon sind sie auch noch durch die Kenningar sehr verklausuliert.

Was aber den zeitlichen Abstand anbetrifft, so ist zu unterscheiden: Die Technik entwickelte sich zu dieser Zeit sehr langsam. Ein Pflug, ein Haus, ein Zuggeschirr usw. sah um 1400 noch so aus, wie um 1000. Dagegen war alles Soziale oft raschen Wechseln unterworfen, auch das Politische. Da spielten kontinentale Vorbilder eine große Rolle. Das führt in den Geschichtswerken z.B. dazu, dass Königen im 12. Jh. zugeschrieben wurde, Lehnsmänner eingesetzt zu haben, obwohl dieses Amt erst 100 Jahre später aufkam (jetzt nagelt mich nicht darauf fest - ich bringe das als Beispiel aus dem Gedächtnis; ich muss das hier mal wieder sagen, sonst kommt einer und ruft: ätsch - die früheste Zuschreibung 1210:weinen:). Das gilt auch für die Kampfformationen in der Schlacht. Da kommt es natürlich auch zu Rückprojektionen aus der Gegenwart des Verfassers. Aber bei Geräten und Waffen darf man das ziemlich ausschließen.
Allerdings können Handelswege und wirtschaftliche Verhältnisse dazu führen, dass bestimmte Geräte und Waffen zeitweise häufiger oder seltener vorkommen.
Was die Vorschriften anbetrifft: Das Recht des Gulathings wird allgemein auf das Ende des 10. Anfang des 11. Jh. angesetzt, jedenfalls die mündliche Tradition. Da wird schon der Waffenapell geregelt, also die Pflichtbewaffnung festgelegt. Damals wie heute wurde da nichts neues erfunden, sondern das, was üblich war, nun als verbindlich für alle festgesetzt.
Die Hirðskrá ist nun nachwinkerzeitlich. Aber auch sie hat nichts aus dem Hut gezaubert, sondern schrieb fest, was bereits Gang und Gäbe war. Es zeigt sich in der Vorrede zu einem anderen Gesetz (ich weiß jetzt nicht welches), dass der König feststellt, dass die meisten Mitglieder des Hirð über die Mindestbewaffnung hinausgingen, jedenfalls, was die passive Bewaffnung anbetrifft. Die Hirðskrá hatte auch nicht das Ziel, die Bewaffnung neu zu regeln, sondern sollte die Leibwache als Mustertruppe dem kontinentalen Standard an Kleidung und Sitte anpassen. Man wollte im diplomatischen Verkehr nicht hinterwäldlerisch sein.
 
Was aber den zeitlichen Abstand anbetrifft, so ist zu unterscheiden: Die Technik entwickelte sich zu dieser Zeit sehr langsam. Ein Pflug, ein Haus, ein Zuggeschirr usw. sah um 1400 noch so aus, wie um 1000.
(...)
Das gilt auch für die Kampfformationen in der Schlacht. Da kommt es natürlich auch zu Rückprojektionen aus der Gegenwart des Verfassers. Aber bei Geräten und Waffen darf man das ziemlich ausschließen.
das würde bedeuten, dass die skandinavische Welt im Mittelalter sehr deutlich hinter den mitteleuropäischen Entwicklungen, die es in diesen 400 (!!) Jahren gab, zurückgeblieben wäre - das erscheint mir etwas übertrieben.
Immerhin beinhalten diese 400 Jahre von 1000 bis 1400 den Wandel vom fränkischen Panzerreiter zum Ritter des Hochmittelalters, und damit auch die waffentechnischen Entwicklungen (welche wiederum Weiterentwicklungen in der Herstellung beinhalteten usw.) - sodann kann man ja die Wikingerezeit spätestens 1066 enden lassen... die Blüte der Wikinger war doch vorher, also Mitte 8. bis Ende 10. Jh.
Und für diese Zeit sind die Quellen tatsächlich so spärlich, dass man zusätzlich auf materielle Funde angewiesen ist: für unser Thema zeigen letztere, dass die Schwerter für beides geeignet waren, stechen und schlagen.
(bedenkt man obendrein, dass mittelalterliche Historiographie keinen heutigen Realismusbegriff kannte... da hilft wirklich nur, alle erdenklichen Quellen heranzuziehen; die Ereignisgeschichte mag relativ nachvollziehbar sein (wann welcher Raubzug etc.), aber solche Details wie Kampfweisen sind nach wie vor diskussionsbedürftig, d.h. eher ungeklärt)
 
fingalo:

Also um mal deine Aussagen in ihrer Entwicklung zusammenzufassen: Zuerst hieß es von dir: in Skandinavien wurde nie gestochen (nie). Dann: dass es keinerlei Quellen gibt die über Stiche berichten. Dann, dass Stiche in den Geschichtswerken die vertrauenswürdig sind selten sind, wobei du dann Quellen genannt hast, die Jahrhunderte nach der Wikingerzeit spielen, dann hieß es, die Schwerter seien konstruktiv nicht geeignet, und zum Schluß:

Zum Fechten ist es zu schwer.

Du meinst vermutlich stechen. Denn reine Hiebe sind auch Fechten. Vielleicht ist das Problem, dass du da immer ein Bild vom modernen Sportfechten mit dem Florett im Kopf hast, man kann aber Stiche auch ganz anders vortragen.

Speziell zum Gewicht: die skandinavischen Schwerter um 800 n Chr herum wogen im Schnitt ungefähr genau so viel wie Rapiere und Degen um 1600 n Chr herum. Ein Rapier aus dem Jahr 1600 ist aber definitiv eine Waffe, mit der mehr gestochen als geschlagen wurde.

Die Frage ob man also mehr sticht oder mehr schlägt, hängt hier nicht vom Gewicht ab. Die "Wikingerschwerter" waren also keineswegs zu schwer, um damit zu stechen, sie wogen so viel wie später ein Rapier.

Man muß sich von dem Bild lösen, dass frühmittelalterliche Schwerter schwere plumpe Hauwerkzeuge waren, und dass kann man nicht durch Quellenstudium, sondern nur, indem man mal ein solches Schwert selbst zur Hand nimmt.

Signifikante statistische Auffälligkeiten entstehen nicht durch Räsonnieren, sondern durch die Einschätzung, "was gerade günstiger war". Und in der Regel war der Schlag offenbar günstiger als der Stich

Dann nenn mal genaue Zahlen: in den von dir als vertrauenswürdig eingeschätzten Quellen: wie oft kommen dort Hiebe vor, wie oft Stiche. In exakten Zahlen. Muß nicht gleich sein, ich warte gerne bis du von Island wieder retour bist.

Aber bitte keine Quellen aus dem Jahr 1250. Sondern nur solche, die auch in die Zeit gehören von der wir sprechen.

1250 verwendete man auch in Skandinavien ganz andere Schwerter als beispielsweise 850.

Das Recht des Gulathings wird allgemein auf das Ende des 10. Anfang des 11. Jh. angesetzt, jedenfalls die mündliche Tradition. Da wird schon der Waffenapell geregelt, also die Pflichtbewaffnung festgelegt.

Und was steht da drin über Hiebe und Stiche? Meines Wissens nach nichts. Korrigier mich bitte, sollte ich mich irren.

Die Hirðskrá ist nun nachwinkerzeitlich. Aber auch sie hat nichts aus dem Hut gezaubert, sondern schrieb fest, was bereits Gang und Gäbe war

Und was steht da drin über Hiebe und Stiche? Meines Wissens nach nichts. Korrigier mich bitte, sollte ich mich irren.

Da du in einem früheren Post zudem den Holmgang bzw dessen Regeln bemüht hast: zwischen einem Holmgang, einer Schlacht und einem regellosen Scharmützel zwischen wenigen ist ein großer Unterschied. Die Kampfweise allein schon in einem regellosen Zweikampf oder in einer Schlacht unterscheiden sich erheblich voneinander.

Zeitnahe Quellen sind seeehr spärlich. Es handelt sich allenfalls um Skaldenstrofen, die Snorri zitiert. Ob da etwas für uns Brauchbares drinsteht, kann ich hier und jetzt nicht sagen.

So ist es. Und genau deshalb war es meine primäre Aussage von Anfang an, dass wir aus den schriftlichen Quellen keine Kampfweise des Frühmittelalters rekonstruieren können. Weil wir aus der schriftlichen Überlieferung schlicht und einfach gar nicht wissen, wie man damals kämpfte.

Und wenn dem so ist, dann bleibt nur übrig, Pyhsik, Biomechanik und Logik zu bemühen. Und dann stellt man fest, dass aufgrund der im skandinavischen Raum zu dieser Zeit (nicht 1300 aufwärts, sondern Jahrhunderte zuvor!) Kettenhemden selten waren. Und Stiche machen dann allein schon deshalb sein, weil sie gegen einen ungerüsteten Gegner eine sehr wirksame Kampfweise sind.

Sie gehen sowohl problemlos durch eine Stepprüstung wie auch durch Leder.

Wilfried:

keine Ahnung was du für Küchenmesser hast, aber meine stechen problemlos durch jedes Leder das ich kenne. Aber um das ganze mal auszweiten: dann nimm mal dein Küchenmesser und schlage auf das Leder und sieh mal nach, ob du mit einem Hieb durch das Leder kommst. Wo ein Stich nicht durchkommt, kommt nämlich auch kein Hieb durch.

dekumatland:

Ich gehe davon aus, dass bezüglich der Tötung selbst das schlagen üblicher war. Das heißt aber eben nicht umgekehrt, dass Stiche nicht verwendet wurden. Die Verletzungen damals waren ziemlich übersichtlich, selbst eine massive Stich- oder Schnittwunde schaltet den Gegenüber aufgrund Adrenalin usw nicht sogleich aus. Wenn ich dir mein Schwert in den Bauch steche, dann verblutest du zwar recht rasch, bist aber in vielen Fällen noch eine geraume Zeit handlungsfähig. Nehmen wir mal an, du wärst nur 30 Sekunden noch handlungsfähig (ein sehr wirksamer Treffer meinerseits also), dann bedeutet dass, dass du immer noch 30 Sekunden mit allen Mitteln auf mich losgehen kannst. In einem Nahkampf ist das eine verdammt lange Zeit.

Mein Bild der damaligen Kämpfe ist dergestalt, dass man in den meisten Fällen den Gegner mit Stichen und Hieben aus der Distanz erstmal angestochen, verletzt, zermürbt hat, um ihn dann, wenn er wehrlos geworden war, nur noch rumtaumelte usw, mit einem oder wenigen kräftigen gezielten Hieben zu töten.

Selbst ein ungerüsteter Gegner fällt nicht sofort um, nur weil ich ihm mein Schwert irgendwo ins Fleisch rein schlage.

Allgemein haben Hiebe trefferlageabhängig eine größere Mannstoppwirkung als Stiche, und sie sind technisch einfacher, erfordern also viel weniger Können. Das war beispielsweise der primäre Grund dafür, warum in der Neuzeit sich Infanteriesäbel durchsetzten. Stiche sind technisch schwieriger, haben trefferlageabhängig eine geringere Wirkung, sind aber für mich viel sicherer, ich komme damit weniger leicht in die gegnerische Reichweite hinein, kann meine eigene Reichweite besser ausnutzen und ich kann Stiche nutzen, um gegnerische Rüstungen zu durchdringen (nein, damals gab es nicht nur Kettenhemden, ich meine Gambesonähnliche Sachen etc). Stiche sind zudem schwieriger abwehrbar.

Mit den großen Schilden damals, zusammen mit einem eigenen Schwert und Körperpanzerung, kann man sich sehr gut verteidigen. Gegen eine solche Verteidigung mit bloßen Hieben durchzukommen ist sehr schwierig. Man braucht um eine solche Verteidigung zu überwinden einen ganzheitlichen Ansatz, also Schläge und Stöße mit dem eigenen Schild, Tritte, Stiche, usw,

Wenn man sich hier beschränkt, dann tut man sich sehr schwer, die gegnerische Verteidigung zu durchbrechen. Bloße Hiebe allein, schränken einen hier derart ein, dass man dadurch einfach erhebliche Nachteile erleidet, die man, wenn es auf Leben und Tod geht sicher nicht in Kauf nehmen würde wenn es anders auch geht.
 
@fingalo:
bei aller Freundschaft, aber deine Form der "Quelleninterpretation" wird langsam haarestreubend. Wie Guiskard schon sagte, wer ein Schwert aus dem 8.Jhd. mit einem aus dem 14.Jhd. gleichsetzt versteht augenscheinlich nichts aber auch so gar nichts von Blankwaffen des Mittelalters; Sorry :rotwerd:
@Guiskard:
mit positivem Erstaunen bemerke ich wie sich unsere Ansichten hier immer stärker annähren und doch hast du immer wieder ein paar "Ausreißer" im Gepäck die mich den Kopf schütteln lassen.
Jemand der einen Hieb oder Stich abkriegt ist ein Schwerverletzter ähnlich wie bei einem Autounfall auf der Autobahn!
Ich muss hier mal eine televisionistische Episode zitieren auf die ich zwar nicht stolz bin aber sie erfüllt dennoch ihren Zweck; Welt der Wunder.
Nach dem sich euer Stirnrunzeln oder der womögliche Lachflash gelegt haben könnt ihr ja mal einfach folgendes zur Kenntnis nehmen.
Grob gesagt ging es in dieser Episode um die Frage nach der "Wirksamkeit" mittelalterlicher Waffen. Natürlich nicht sehr wissenschaftlich aber manchmal braucht es dafür gar nicht so viel wissenschaft.
Man drückte dort einem Metzger (der noch nie ein Schwert in der Hand gehalten hatte; man sah ihm das auch an) eine Replik eines "Wikingerschwertes" in die Hand und bat ihn so gut er es vermochte auf eine Schweinehälfte die an der Decke hing einzuschlagen.
Der Laie teilte das Ding mit zwei Hieben durch!!!
Was hätte ein Profi wohl vermocht? Natürlich war da kein Gambeson oder gar Kettenhemd im Spiel aber das klammere ich jetzt einfach mal aus.
 
So ist es. Und genau deshalb war es meine primäre Aussage von Anfang an, dass wir aus den schriftlichen Quellen keine Kampfweise des Frühmittelalters rekonstruieren können. Weil wir aus der schriftlichen Überlieferung schlicht und einfach gar nicht wissen, wie man damals kämpfte.

Und wenn dem so ist, dann bleibt nur übrig, Pyhsik, Biomechanik und Logik zu bemühen. Und dann stellt man fest, dass aufgrund der im skandinavischen Raum zu dieser Zeit (nicht 1300 aufwärts, sondern Jahrhunderte zuvor!) Kettenhemden selten waren. Und Stiche machen dann allein schon deshalb sein, weil sie gegen einen ungerüsteten Gegner eine sehr wirksame Kampfweise sind.

Sie gehen sowohl problemlos durch eine Stepprüstung wie auch durch Leder.
allerdings wissen wir, dass man damals kämpfte - und was die Wikinger mit ihrem furor nor(d)mannicus betrifft, so reflektieren die Quellen der Außenperspektive (z.B. die Hamburger Kirchengeschichte) die Furcht, welche sie verbreiteten, und zwar aufgrund ihrer selbst in den damaligen Zeiten sehr rauhbeinigen Rigorosität. Das lässt annehmen, dass sie (weniger durch irgendeine typische Bewaffnung) alles andere als zimperlich waren, und wohl auch nicht eben feinfühlig oder "ritterlich" (was man freilich im frühen Mittelalter ohnehin nicht war - aber wenn hierin die wikinger besonders auffielen...) Allein die schnellen Boote können nicht der Grund für diese weitverbreitete furcht sein: in Gegenden, in welchen eher friedlich gehandelt wurde, fallen die Boote nicht besonders in der Berichterstattung auf.
Das scheinen mir, allgemein gesagt, Indizien dafür zu sein, dass die marodierenden Nordmänner eben noch grausamer oder rücksichtsloser vorgingen, als es im Kampf in jener Zeit ohnedies zuging.

Ich gehe davon aus, dass bezüglich der Tötung selbst das schlagen üblicher war. Das heißt aber eben nicht umgekehrt, dass Stiche nicht verwendet wurden. Die Verletzungen damals waren ziemlich übersichtlich, selbst eine massive Stich- oder Schnittwunde schaltet den Gegenüber aufgrund Adrenalin usw nicht sogleich aus. Wenn ich dir mein Schwert in den Bauch steche, dann verblutest du zwar recht rasch, bist aber in vielen Fällen noch eine geraume Zeit handlungsfähig. Nehmen wir mal an, du wärst nur 30 Sekunden noch handlungsfähig (ein sehr wirksamer Treffer meinerseits also), dann bedeutet dass, dass du immer noch 30 Sekunden mit allen Mitteln auf mich losgehen kannst. In einem Nahkampf ist das eine verdammt lange Zeit.

Mein Bild der damaligen Kämpfe ist dergestalt, dass man in den meisten Fällen den Gegner mit Stichen und Hieben aus der Distanz erstmal angestochen, verletzt, zermürbt hat, um ihn dann, wenn er wehrlos geworden war, nur noch rumtaumelte usw, mit einem oder wenigen kräftigen gezielten Hieben zu töten.

Selbst ein ungerüsteter Gegner fällt nicht sofort um, nur weil ich ihm mein Schwert irgendwo ins Fleisch rein schlage.

Allgemein haben Hiebe trefferlageabhängig eine größere Mannstoppwirkung als Stiche, und sie sind technisch einfacher, erfordern also viel weniger Können. Das war beispielsweise der primäre Grund dafür, warum in der Neuzeit sich Infanteriesäbel durchsetzten. Stiche sind technisch schwieriger, haben trefferlageabhängig eine geringere Wirkung, sind aber für mich viel sicherer, ich komme damit weniger leicht in die gegnerische Reichweite hinein, kann meine eigene Reichweite besser ausnutzen und ich kann Stiche nutzen, um gegnerische Rüstungen zu durchdringen (nein, damals gab es nicht nur Kettenhemden, ich meine Gambesonähnliche Sachen etc). Stiche sind zudem schwieriger abwehrbar.
die Überlegungen, die sich aus Kampfsimulationen sozusagen ergeben, sind in experimentellem Sinne auf jeden Fall bedenkenswert - allerdings kann man die reale Situation (scharfe Waffen, wirkliches "schlachten") wohl nicht gänzlich wiederholen (aus juristischen Gründen :))


Mit den großen Schilden damals, zusammen mit einem eigenen Schwert und Körperpanzerung, kann man sich sehr gut verteidigen. Gegen eine solche Verteidigung mit bloßen Hieben durchzukommen ist sehr schwierig. Man braucht um eine solche Verteidigung zu überwinden einen ganzheitlichen Ansatz, also Schläge und Stöße mit dem eigenen Schild, Tritte, Stiche, usw,
das ist sehr schön formuliert für --- ein rücksichtsloses, restlos alle Mittel einsetzendes Vorgehen!
ein wenig von dieser furchtbaren Bedingungslosigkeit ist dem Kapitel über den Krieg in Scheibelreiters "barbarischer Gesellschaft" zu entnehmen, wie auch der Tatsache, dass in der wenigen Literatur (Epik etc.) dieser Zeit die Bewaffnung und der Kampf eine immense Rolle spielen.
 
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