Der staufisch-welfische Gegensatz im Zusammenhang mit F. Barbarossa

Nein - bereits in den Jahrzehnten zuvor hat es des öfteren Arbeiten gegeben, die zumindest versucht haben, die Kernthesen von Mitteis zum "Leihezwang" zu hinterfragen bzw. widerlegen.

Noch kurz zum "Leihezwang".

Das Thema wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Mit dieser vorsichtigen Definition im "Lexikon des Mittelalters" kann man sicher konform gehen:

Leihezwang. Eine nicht schriftlich niedergelegte aber seit 1180 de facto wirksame lehnsrechtliche Bestimmung besagte, dass der König ein erledigtes Kronlehen längstens über Jahr und Tag selbst halten durfte. Danach hatte er es wiederzuverleihen, auch wenn kein persönlicher Anspruch – etwa der eines Erben – bestand. Diese Bestimmung hat zur territorialen Zersplitterung des Reiches beigetragen. Dazu kam, dass sich die Reichsfürsten nicht an den Leihezwang gebunden fühlten und durch rücksichtslose Anwendung des Heimfallsrechtes ihre Territorien aufbauten.

Leihezwang - Mittelalter Lexikon
 
Zitat nach Karl Jordan: "In Süddeutschland wurde jetzt Welf VI.., der wohl einen großen Teil des welfischen Allodialbesitzes in Süddeutschland erhielt, der Führer der welfischen Partei.

Solche Begrifflichkeiten sind auch Folge des Postulats eines staufisch-welfischen Gegensatzes, der beinhaltet, dass die staufische Partei geschlossen ihre Interessen gegen die welfische Partei vertreten.

Ich kann dich nicht zwingen einen Forschungsstand, der sich gegen diese Sichtweise wendet, zu übernehmen (das wollte ich auch gar nicht!) oder einen solchen Forschungsstand auch nur zur Kenntnis zu nehmen.
 
Sorry, wenn ich hier kurz einhake, um Missverständnisse zu vermeiden. Das wikibasierte Mittelalter Lexikon ist nicht das renommierte Lexikon des Mittelalters (LexMA/LMA).

Das originale "Lexikon des MA" sagt zum "Leihezwang":

Leihezwang. Nach den Rechtsbüchern (Sachsenspiegel, Schwabenspiegel) Verpflichtung zur Wiederausgabe heimgefallener Gerichtslehen, nämlich reichsunmittelbarer Fahnlehen und von einem Reichsfürsten lehnsrührigen Grafschaften binnen Jahr und Tag [...]

Seit dem 19. Jh. herrschte lange die Auffassung vor, durch den Leihezwang sei, da er sich seit der Wiederausgabe der Heinrich dem Löwen 1180 entzogenen Lehen nur im Reich, nicht in den Territorien durchgesetzt habe, dem Föderalismus in Deutschland der Weg bereitet worden. Heute wird vielfach bezweifelt, dass es in der Rechtswirklichkeit einen Leihezwang gegeben habe.

(Lexikon des MA, Band V, Stuttgart 2002, S. 1857)
 
Noch kurz zum "Leihezwang".

Das Thema wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Mit dieser vorsichtigen Definition im "Lexikon des Mittelalters" kann man sicher konform gehen:


Jetzt mal Butter bei die Fische:
Im bereits von mir mehrfach rekurierten (früheren) Standardwerk zum abendländischen Lehnrecht v. Heinrich Mitteis (Lehnrecht und Staatsgewalt) wird der Begriff „Leihezwang“ im Sachverzeichnis sechsmal aufgeführt – bei einem inhaltlichen Umfang dieses Werkes von über 700 S. ohne Anhang.


Zunächst die Ausführungen im „Schlußwort“ (S. 703f.):
„Die Lehre vom Leihezwang hat noch einmal deutlich gezeigt, unter welchen Bedingungen das Lehnrecht seine Fähigkeit, als Element des Staatsaufbaus zu dienen, frei entfalten konnte. Es hat sich wiederum ergeben, daß es die eigenartige Struktur des deutschen Reichslehnrechtes war und nicht ein im Lehnrecht an sich liegender Zug, wodurch bewirkt wurde, daß bei uns der Standpunkt der fürstlichen Vasallen die Oberhand gewann und so auch von dieser Seite gesehen die Entstehung eines Staatensystems in Deutschland als notwendige Folge erscheint.....


Vielleicht war es gerade ein wesenseigener Zug des deutschen Rechts, daß es wie kein anderes den ethischen Grundgehalt der Treue erkannte, aber eben deshalb eine rationale juristische Auswertung des Treubegriffs, wie wir sie im Westen fanden, ablehnen mußte. So ist es ein schicksalbestimmtes Motiv der deutschen Geschichte, daß das Reichslehnrecht seine funktionale Aufgabe beim Aufbau der Reichsgewalt nicht zu erfüllen vermochte....


So führt der Weg aus dem Lehnsstaat heraus in Frankreich zur Zentralmonarchie, in England zum Parlamentarismus, in Deutschland und Italien zur staatlichen Zersplitterung.“


Im gesamten „Schlußwort“ eines Werkes von über 700 S. (somit die wesentlichsten Punkte) wird der sog. „Leihezwang“ nicht mit verbindlich gesetzten Normen (im Sinne eines Rechtssetzungsakts) begründet; ein Aspekt, der zumindest für gelernte Juristen nicht unwesentlich ist !


Außerdem wird dem Reichslehnrecht eine wesentliche Bedeutung für den Aufbau der „Reichsgewalt“ abgesprochen. Danach kann es letztlich sogar offen bleiben, welchen Rechtscharakter ein „Leihezwang“ gehabt haben könnte (verbindliche Norm vs. Praktische Übung), da für die Reichsgewalt unmaßgeblich - „Reichsgewalt“ als Vorläufer des modernen Begriffs der „Staatsgewalt“ (so seit Ende des 19. Jhdts. „herrschende Lehre“ im Staatsrecht).


Doch weiter im Werk Mitteis´:
„Als Hauptproblem dieses Kapitels und zugleich als Finalproblem der ganzen Arbeit erhebt sich nunmehr die Frage nach dem Schicksal der an den Lehnsherrn verwirkten Vasallengüter. Anzuknüpfen ist an die Beobachtungen, die schon in fränkischer Zeit gemacht wurden. Bereits in den ersten Stadien des Lehnrechts erwies es sich nicht mehr immer als möglich, die Lehnsverwirkung zu einer dauernden zu gestalten.“ S. 685.


„Wie die Erblichkeit, so ist auch der 'Leihezwang' im technischen Sinne ein Ergebnis jahrhundertelanger Kämpfe zwischen Herren- und Vasallenrecht gewesen und hat je nach der Stärke des Vasallenrechts gegenüber dem Herrenrecht verschiedene Gestalt gewonnen. Bekanntlich hat sich im deutschen Reichsrecht der Leihezwang durchgesetzt und stellt dies die größte Besonderheit des deutschen Lehnrechts gegenüber den Lehnrechten Westeuropas dar. Über die Gründe dieser Entwicklung kann heute kaum schon Abschließendes gesagt werden.....“
„Wenn dies bisher noch nicht gelungen ist, so liegt dies daran, daß der Leihezwang anscheinend ohne jede Vorbereitung und quellenmäßige Grundlage im Prozeß Heinrichs des Löwen urplötzlich wie aus dem Nichts auftaucht, um dann erst etwa 50 Jahre später im Sachsenspiegel seine auch nicht weiter rückführbare literarische Formung zu erhalten.“ S. 686.
„Wenden wir uns nunmehr dem mitteleuropäischen Rechtskreis zu, so finden wir eine in gewissem Sinne gerade umgekehrt verlaufende Entwicklung. Die Ottonen und Salier haben in Deutschland Lehen und Eigengut unbotmäßiger Vasallen ganz ungehindert eingezogen und ohne jede rechtliche Bindung einbehalten oder wieder ausgegeben....
Im ersten Lehensgesetz Friedrichs I. findet dieser Gedanke der freien Wiederausgabe seinen deutlichen Ausdruck...
Dieselbe Freiheit mußte der Kaiser aber auch seinen Kronvasallen einräumen. Dies wurde praktisch besonders bei der öffentlich-rechtlichen Konfiskation von Unterlehen. Wie es später der Sachsenspiegel ausdrückt, wird das Lehen den Herren ledig geurteilt, das Eigen in die königliche Gewalt. Hierzu sei nebenbei bemerkt, daß im Falle der Konfiskation es dem deutschen Königtum nicht gelungen ist, die Lehenshierarchie zu durchbrechen; die Rechte der Zwischenherren mußten stets gewahrt werden.“
S. 690 f.


„Die ersten Anzeichen einer Verpflichtung zur Wiederleihe machen sich in Deutschland im 12. Jh. bemerkbar. Schon das Wormser Konkordat verpflichtete den König zur Wiederausgabe der im Investiturstreit eingezogenen Lehen. Nach dem ersten Landfrieden Friedrichs I. sollen die Liegenschaften von Landfriedensbrechern dem Grafen zu Lehen aufgetragen werden. Vor allem aber greift die italienische Gesetzgebung ein, die zu einer verstärkten Berücksichtigung der Verwandtschaft führt.“ S. 692


(Die verstärkte Berücksichtigung der Verwandtschaft war bereits zu Franken-Zeiten eine Art soziale Komponente, die oft eine Wiederausgabe verlangte bzw. für angezeigt erscheinen ließ – wird dieser Aspekt dann noch auf die Erbrechtsthematik übertragen, drängt sich die Frage nach der Unteilbarkeit von Reichslehen auf, insb. wg. des Amtscharakters).


„Nur so erklärt sich die auffallende Tatsache, daß wir die Söhne Heinrichs des Löwen bald wieder im Besitz von Kirchenlehen finden, die infolge der Ächtung ihres Vaters den Herren ledig geworden waren. Nur so erklärt sich jene eigenartige Urkunde, in der Otto IV. dem Erzbischof Adolf von Köln den ausdrücklichen Verzicht seiner Brüder auf die ihrem Vater durch Reichsspruch entzogenen Lehen verbrieft. Noch 20 Jahre nach dem Sturz des Löwen mußte der Erzbischof damit rechnen, daß die Söhne des Verurteilten es versuchen würden, die Lehen trotz der Verwirkung wieder an sich zu bringen – ein Beweis, daß ein festes Recht auf Restitution als denkbar erachtet wurde.“ S. 694.


(Ein Anspruch auf Restitution würde aber einem gesetzlich normierten Leihezwang widersprechen).


„Daraus kann gefolgert werden, daß man auch das Prinzip des Folgerechts der Verwandten im Falle der Felonie analog auf die weibliche Seite übertrug. Von hier aus fällt ein ganz neues Licht auf die Tatsache, daß es gerade Bernhard von Anhalt war, dem Friedrich I. den östlichen Teil Sachsens....
überlassen musste. Genau so wie sich unter Konrad III. Albrecht der Bär auf sein avitum beneficii ius berufen hatte... so wird auch sein Sohn Bernhard dieses selbe Frauenerbrecht ins Treffen geführt haben, um seinen Anspruch auf die Folge in das verwirkte Reichslehen Heinrichs des Löwen zu begründen.
Und dem König dürfte dies nicht einmal unwillkommen gewesen sein, konnte er sich doch auf die geographische Begrenztheit dieses Erbanspruchs berufen, um die Verleihung des Reichslehens im ganzen zu vermeiden und wenigstens eine Zerschlagung dieser bedrohlichen Ländermasse zu erzielen.“
S. 695 f.


„Das bisher Gesagte erklärt indessen die Ereignisse des Jahres 1180 nur unvollkommen. Die Anerkennung des Leihezwangs als solchen muß doch noch aus allgemeinen Gesichtspunkten heraus gerechtfertigt werden.... so kommt man auf eine Häufung von Kompromissen. Die Fürsten erklären sich bereit, nach eben neu verkündetem Reichsrecht den Herzog zu ächten und seiner Lehen für verlustig zu erklären. Der Kaiser muß dagegen in die alsbaldige Wiederausgabe willigen und somit eine im Kreis der Fürsten bestehende Rechtsauffassung anerkennen. Dagegen wieder gestatten die Fürsten, wie die Urkunde in aller Förmlichkeit bezeugt, die im Reichsrecht eigentlich verbotene, aber für den Kaiser in diesem Falle günstige Teilung des Herzogtums Sachsen zwischen Anhalt und Köln.“ S. 696.


(Das Verbot der Teilung eines Herzogtums geht auf die Ronkalischen Gesetze Friedrichs I. zurück).


„Es sind also nicht spezifisch lehnsrechtliche Dinge, die hier hineinspielen, sondern Folgerungen aus der eigenartigen Verfassungsstruktur des Reiches. Daneben kamen wohl noch sachenrechtliche Momente zur Geltung.“ S. 697.
(Das Gesamtinstitut „Lehen“ bestand halt auch aus der dinglichen Komponente).


Die Bestrebungen der staufischen Nachfolger Barbarossas, sich über die genannten eigenartigen Verfassungsstrukturen des HRR hinwegzusetzen, werden v. Mitteis auf S. 698 f. kurz zusammengefasst.
Danach habe z.B. Friedrich II. in einem Schreiben an den Papst darauf hingewiesen, dass er zur Wiederausgabe der Mark Meißen an den Landgrafen von Thüringen nach Reichsrecht nicht verpflichtet gewesen sei.
Auf die Versuche Friedrichs II., die heimgefallenen Herzogtümer Österreich u. Steiermark tatsächlich einzuziehen, die aber an der faktischen Übermacht des böhmischen Königs scheiterten, habe ich bereits in einem anderen Beitrag hingewiesen.


Festzuhalten bleibt zunächst, dass selbst der Rechtshistoriker Mitteis zum Schluss kommt, dass es nicht an lehnsrechtlichen Details gelegen hat, warum sich in „Deutschland“ - nicht im gesamten HRR – staatsrechtliche Besonderheiten entwickeln konnten, die zur Schwächung der Königsmacht auch oder gerade unter Barbarossa führten (auch wenn z.B. Sohn und Enkel aussichtsreiche Ansätze versucht haben, die deutsche Königsmacht zu stärken bzw. zur Geltung zu bringen).


Doch warum bringt Mitteis dann doch mehrfach den „Leihezwang“ ins Spiel ?
Und womit hat er diesen nachzuweisen versucht ??
Als Nachweis der von allen anerkannten spärlichen und nach Zerstörung des Originals der Gelnhäuser Urkunde fast untergegangenen Quellen nimmt Mitteis insgesamt drei Stellen aus dem Sachsenspiegel.
Zwei aus dem landrechtlichen, eine aus dem lehnrechtlichen Teil.
Im später erschienenen Schwabenspiegel gibt es insoweit noch eine Fundstelle (danach hätten die Fürsten das Recht, wenn der König einen Herrschild einbehalten wolle, vor dem Pfalzgrafen zu klagen; vgl. Mitteis, a.a.O., S. 442, Fn. 633.


Aus der Gelnhäuser Urkunde, die zur Zeit Mitteis´ ja noch existierte, lässt sich aber herzlich wenig herauslesen, da diese allenfalls deklaratorisch, aber nicht rechts-konstitutiv gewesen ist.


Daher bleiben nur die o.g. „Spiegel“ als „private“ Rechtsaufzeichnungen – und hier setzt die bereits mehrfach skizzierte Kritik mancher Historiker und auch Juristen an der These vom Leihezwang bei Mitteis, aber auch und vor allem am gesamten tradierten Modell des Lehnswesens an.
Man kann diese Kritik zu entkräften versuchen (wie z.B. Kroeschell) oder aber neue Ansätze aufnehmen und diesen weiter nachgehen – wie z.B. der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte.


Götz zum sonntäglichen Gruß
 
Solche Begrifflichkeiten sind auch Folge des Postulats eines staufisch-welfischen Gegensatzes, der beinhaltet, dass die staufische Partei geschlossen ihre Interessen gegen die welfische Partei vertreten.

Ich kann dich nicht zwingen einen Forschungsstand, der sich gegen diese Sichtweise wendet, zu übernehmen (das wollte ich auch gar nicht!) oder einen solchen Forschungsstand auch nur zur Kenntnis zu nehmen.


Dass der junge "Rotbart" sich mit seinem einen Onkel gg. den anderen Onkel zusammengetan hat, um mal in Süddeutschland die "Sau" rauszulassen, wird doch von keinem bestritten.
Der von mir zitierte Jordan gibt nur die "erbrechtlichen" und faktischen Gegebenheiten im Hause der Welfen nach dem Tod des "Stolzen" wieder.
Da werden weder ein unumstößlicher Gegensatz postuliert noch die Charaktere der Beteiligten außer Betracht gelassen.

Warum dann der Schluss gezogen wird, ich bzw. der von mir zitierte Autor (bekanntlich Hochschulprof.) würden einen (von wem auch immer diktierten) Forschungsstand ignorieren, ist nicht nachvollziehbar.

Also wer ist denn nun beratungsresistent ?

Götz zum sonntäglichen Gruß
 
Zuletzt bearbeitet:
Solche Begrifflichkeiten sind auch Folge des Postulats eines staufisch-welfischen Gegensatzes, der beinhaltet, dass die staufische Partei geschlossen ihre Interessen gegen die welfische Partei vertreten.


Nur zur allgm. Klarstellung:
Ich habe mich während der gesamten Diskussion zu keinem Zeitpunkt auf pauschale "Postulate" zurückgezogen.

Es geht vielmehr konkret um die "Figur" Welfs VI.
Wenn - wie in # 43 - eine mögliche Verwirrung, dass sich Welf VI. gegen vermeintliche Interessen seiner Familie gestellt hätte, als Aufhänger für denkbare "Arbeitshypothesen" herangezogen wird, ist dies zwar durchaus ein möglicher Ansatz für allgemeine Erklärungen - aber dies wird (auch wegen der dünnen Quellenbasis) nicht der Weisheit letzter Schluss sein können.

1) Von den bereits angesprochenen Punkten (Welf VI. als offizieller Wortführer der Welfen im Süden nebst eigener Ansprüche - erbrechtlich oder gar "vertraglich" begründet bzw. angemaßt) abgesehen, müsste es ein unumstößliches, ehernes Familiengesetz gegeben haben, wonach ein Zweitgeborener alles dem Wohl des älteren Bruders und dessen Erstgeborenen o. weiteren Abkömmlingen unterzuordnen, gegeben haben.

Eine solche "absolute" Geltung gab es nicht - es gibt im Hochmittelalter genug Beispiele, wo sich der jüngere Bruder gg. den Älteren offen aufgelehnt hat.
Zumal Welf VI. - so u.a. die Beschreibung bei Jordan - einen nicht unerheblichen eigenen Allodialbesitz in Süddeutschland erhalten hat, um den er ausschließlich im Eigeninteresse gegen das Lager von König Konrad gestritten hat.

Außerdem hat auch dies eine Vorgeschichte:
Wegen der umstrittenen Politik des Konrads (insbesondere seine persönliche Abrechnung mit Heinrich dem Stolzen 1138/39) hatte sich beim Vater des Löwen die Strategie herausgebildet, seinen jüngeren Bruder mit dem Kampf gg. Staufers und ihr "Lager" im Süddeutschen zu "beauftragen", um sich selbst verstärkt um "Sachsen" zu kümmern - auch im Hinblick auf die Abstammung seiner Ehefrau und ihre Ansprüche.

Bei dieser Vielzahl von Handlungssträngen ist es schon gewagt, nur eine These zur Klärung aller Verwicklungen aufzustellen bzw. gelten zu lassen.
Welf VI. - ich habe etwas schnodderig auf den Psycho-Doc verwiesen, weil da wohl ein Therapiebedarf bestanden hat - war ein sehr eigensinniger, schwieriger Charakter - wenn die überlieferten Darstellungen zutreffen.
Nicht zuletzt wegen seines Geldbedarfs zum Lebensende hin, hat er nicht nur die Interessen des Bruderneffen übergangen und das Geld des Schwesterneffen kassiert.
Menschliche Schwächen sind bei den Welfen nicht ganz unbekannt !

2) Noch ein kurzes Wort zum Verhältnis des jungen Barbarossas zu seiner "Gesamt"-Verwandschaft:
Ich habe von Opportunismus gesprochen - vielleicht war es auch eher jugendliche "Unbekümmertheit" bzw. Naivität, die ihn mal zum einen, dann zum anderen Onkel bzw. Familienzweig hat schwenken lassen.

Hätte der junge Friedrich gewusst, dass er Jahre später Friedrich I. werden würde, hätte sich vielleicht "diplomatischer" verhalten.
Bekanntlich stand der junge Rotbart zunächst nicht oben auf der möglichen Thronfolgerliste (eine echte Dynastie hat es ja wg. des Wahlcharakters eh nicht gegeben).
Kleiner Schwenk zur Gegenwart: vielleicht würde Prinz Harry auch das eine oder andere exaltierte Lichtbild vermeiden, wüsste er, dass eine Thronbesteigung demnächst ansteht.
Hoffe, dass die Absicht dieses Beispiels einleuchtet.

Götz zum Gruß
 
Das originale "Lexikon des MA" sagt zum "Leihezwang":


"Heute wird vielfach bezweifelt, dass es in der Rechtswirklichkeit einen Leihezwang gegeben habe.

(Lexikon des MA, Band V, Stuttgart 2002, S. 1857)"


Auf diese "Zweifel" bzw. die durch neuere Arbeiten erfolgte Verlagerung der Perspektiven wollte ich hinweisen - nicht mehr und nicht weniger !

Götz zum Gruß

 
Denn HdL. war ja wohl auch während seiner Verbannung des öfteren heimlich in Braunschweig.


Eventuell sogar auf dem großen Hoftag 1184 in Mainz (biggest party in town).

Als "Türöffner" kann der Mainzer Erzbischof fungiert haben (die Meenzer standen damals bekanntlich traditionell im Welfenlager).
Möglicher Nachweis für eine solche Reise kann eine "Spesenabrechnung" gelten, da der Löwe ja großzügig vom Schwiegerpapa gesponsort wurde.
Zum Ganzen, Jordan, die schon mehrfach zit. Löwen-Biographie, S. 215.

Der zwischenzeitlich hier eröffnete Nebenkriegsschauplatz von der angeblichen "Vernichtung" des Löwen durch seinen kaiserlichen Vetter hat zwar merklich abgeebbt - jedoch zeigen auch solche Nebensächlichkeiten, wie der effektiv nur knapp 2,5 Jahre dauernde Wellness-Urlaub tatsächlich einzuordnen ist.
Das deutlich krassere Beispiel von Friedrich II. und seinem Erstgeborenen sollte wohl die echten Unterschiede aufgezeigt haben.

Götz zum Gruß
 
Jetzt mal Butter bei die Fische:
Im bereits von mir mehrfach rekurierten (früheren) Standardwerk zum abendländischen Lehnrecht v. Heinrich Mitteis (Lehnrecht und Staatsgewalt) wird der Begriff „Leihezwang“ im Sachverzeichnis sechsmal aufgeführt – bei einem inhaltlichen Umfang dieses Werkes von über 700 S. ohne Anhang.

Die seitenlangen Ausführungen zum Leihezwang hättest du dir sparen können. Ich sagte bereits, dass der kontrovers diskutiert wird und zitierte eine Quelle aus dem "Lexikon des MA", wonach heute vielfach bezweifelt wird, dass es in der Rechtswirklichkeit einen Leihezwang gegeben hätte.

Es geht vielmehr konkret um die "Figur" Welfs VI.
Wenn - wie in # 43 - eine mögliche Verwirrung, dass sich Welf VI. gegen vermeintliche Interessen seiner Familie gestellt hätte, als Aufhänger für denkbare "Arbeitshypothesen" herangezogen wird, ist dies zwar durchaus ein möglicher Ansatz für allgemeine Erklärungen - aber dies wird (auch wegen der dünnen Quellenbasis) nicht der Weisheit letzter Schluss sein können.

1) Von den bereits angesprochenen Punkten (Welf VI. als offizieller Wortführer der Welfen im Süden nebst eigener Ansprüche - erbrechtlich oder gar "vertraglich" begründet bzw. angemaßt) abgesehen, müsste es ein unumstößliches, ehernes Familiengesetz gegeben haben, wonach ein Zweitgeborener alles dem Wohl des älteren Bruders und dessen Erstgeborenen o. weiteren Abkömmlingen unterzuordnen, gegeben haben.

Nach dem unerwarteten Tod Heinrichs des Stolzen bewährte sich erneut die biologisch-dynastische Reservebildung der Welfen. Mit Welf VI. stand 1139 sofort ein handlungsfähiger Herrschaftsträger bereit. Er vertrat auch teilweise die Interessen heinrichs des Löwen, des unmündigen Sohnes Heinrichs des Stolzen.

Ansprüche und Rechte von Onkel und Neffen lassen sich nicht immer deutlich abgrenzen. Doch schon ihre räumliche Trennung wies den beiden verschiedene Einflusssphären zu. Während sich Welf VI. auf Süddeutschland und Österreich konzentrierte, wuchs Heinrich der Löwe am sächsischen Hof seiner Großmutter und Mutter heran. In unterschiedlichen Räumen und Formen wurde darum der Kampf um das Welfenerbe aufgenommen.

Bei dieser Vielzahl von Handlungssträngen ist es schon gewagt, nur eine These zur Klärung aller Verwicklungen aufzustellen bzw. gelten zu lassen.
Welf VI. - ich habe etwas schnodderig auf den Psycho-Doc verwiesen, weil da wohl ein Therapiebedarf bestanden hat - war ein sehr eigensinniger, schwieriger Charakter - wenn die überlieferten Darstellungen zutreffen.
Nicht zuletzt wegen seines Geldbedarfs zum Lebensende hin, hat er nicht nur die Interessen des Bruderneffen übergangen und das Geld des Schwesterneffen kassiert.
Menschliche Schwächen sind bei den Welfen nicht ganz unbekannt !

Bei der Kontroverse zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich I. um die welfischen Stammgüter in Schwaben handelt es sich zunächst um einen regionalen Erbstreit, der allerdings in den großen Konflikt zwischen Kaiser und Herzog auf Reichsebene mündete.

In der sich in den frühen siebziger Jahren zuspitzenden Konkurrenzsituation der beiden Neffen Welfs VI. bekam zunächst Heinrich der Löwe als Brudersohn den Zuschlag. Die Quellen berichten übereinstimmend, dass Heinrich von Herzog Welf als Erbe anerkannt und dass darüber ein Vertrag geschlossen worden sei; allerdings soll der Onkel dafür eine größere Geldsumme gefordert haben. Deren Zahlung habe Heinrich der Löwe hinausgeschoben, da er mit dem baldigen Abbleben des damals etwa 60-jährigen Welf rechnete und darauf hoffte, dass ihm die Erbschaft ohne Kosten zufallen würde, Das wiederum soll Welf erzürnt und dazu bewogen haben, die Erbgüter seinem Schwestersohn, Kaiser Friedrich, zu übertragen, der ihm durch eine jahrzehntelange Beziehung verbunden war.

Über den Zeitpunkt dieser Sinnesänderung Welfs VI. geben die Quellen keine Auskunft, doch wird die Erbübereinkunft mit Barbarossa auf das Jahr 1178 datiert, während die reichsweite Proklamation auf dem Wormser Hoftag im Januar 1179 erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt war der Konflikt zwischen Herzog und Kaiser bereits offen ausgebrochen, Heinrich der Löwe erschien nicht zum Wormser Hoftag und wurde in einem landrechtlichen Verfahren verurteilt.

Für Welf VI. erlosch nach dem frühen Tod seines Sohnes im Jahr 1167 jede dynastische Hoffnung. Als vermutlich psychische Reaktion entfaltete er plötzlich eine prunkvolle Hofhaltung und ein verschwenderisches Leben, für das er unbedingt die finanziellen Mittel brauchte. Das war der zentrale Grund dafür, dass er demjenigen, der sofort den Erbhandel mit Geld vergütete, den Zuschlag gab - und das war Friedrich I. In einer Quelle heißt es dazu: "In allem suchte er [Welf VI.] ein fröhliches Leben, ergab sich der Jagd, nahm an Gelagen und Lustbarkeiten teil und erschien freigebig in Festen und verschiedenen Vergabungen." (Historia Welforum, Cont. Staingademensis, S. 68)
 
Zuletzt bearbeitet:
Da die tatsächlich nachprüfbare Quellenlage – wie mehrfach betont – eher dürftig ist, sollte jeder plausible Tatsachenhinweis berücksichtigt werden.
In Beitrag Nr. 65 habe ich u.a. auf einen Brief Friedrichs II. an den damaligen Papst hingewiesen, Fundstelle s. Mitteis, Lehnrecht und Staatsgewalt, S. 699, wonach der Kaiser die (Rechts-)Ansicht vertrat, er hätte das betreffende Reichslehen „ebensogut einbehalten können“; in Fn. 109 wird dies mit entsprechendem lateinischen Nachweis belegt – das Schreiben stammt aus 1227 !


25 Jahre später gibt es ein Reichsweistum Wilhelms v. Holland (11.07.1252), nach der Quellensammlung v. Weinrich, zitiert bei Ebel-Thielmann, Rechtsgeschichte Bd. I, 2. Aufl., 1998, S. 149:
„Nachdem Wir von den Fürsten zum Römischen König gewählt...waren, mußten sich die Städte, Burgen und alle Güter, die dem Reich zugehören, Uns rechtmäßig öffnen und Unserer Herrschaft unterstehen, und alle Fürsten, Edlen uns Dienstmannen waren gehalten, ihre Fürstentümer und Lehen binnen Jahr und Tag von Uns zurückzuerbeten und einzulösen....
Da Margarete, Gräfin von Flandern, es auf Jahr und Tag widerspenstig versäumt hat, um ihre Lehen nachzusuchen und sie entgegenzunehmen, mochte sie auch deswegen ermahnt und aufgefordert worden sein, konnten Wir darüber nach Unserem Willen frei verfügen, indem Wir sie für Uns behalten oder anderen zu Lehen geben.“ Zitatende.


Auch H. Mitteis hat dieses Ereignis mit Margarete (der Schwarzen) verarbeitet und zwar in seinem Werk zur Deutschen Königswahl, 2. Aufl., 1944, S. 191 f.
Da bekanntlich sein „Standardwerk“ zum Lehnrecht v. 1933 keine Neubearbeitung erfahren hat – sprich, es gibt nur die eine Auflage – sollten spätere Aussagen von Mitteis besonders gewürdigt werden.
Auf S. 193 v. „Die Deutsche Königswahl“ prägt Mitteis den wegweisenden Satz: „Niemals ist das gesamte 'Spiegelrecht' zum anerkannten Reichsrecht geworden.“


Mit anderen Worten: Auch die (lediglich drei) Passagen des Sachsenspiegels zum sog. Leihezwang – an unterschiedlichen Stellen verortet – stellen kein Dogma dar.


Wer nach wie vor anderes nachplappert, kopiert – ohne zu kapieren !


Götz zum Gruß
 
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Da dies den Eindruck der "Parteilichkeit" (und zwar in Richtung Meinungssteuerung) erweckt, wird diese Diskussion bzw. die Beschäftigung mit der Ausgangsfrage nicht mehr offen und redlich geführt - daher Ende für mich.
Im Übrigen scheint es zumindest den Themenstarter auch nicht mehr sonderlich zu interessieren (augenscheinlich anhand der vielen Folgebeiträge von ihm).
Kein Wunder bei manchen Antwortbeiträgen.

Götz zum Gruß
 
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