Die Kapitulation Japans

JetLeechan

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Was waren die Gruende fuer die Kapitulation Japans? Im Allgemeinen werden ja die beiden Atombomben fuer die letztendliche vollstaendige Kapitulation Japans verantwortlich gemacht. Gegner der Atombombe wiederum argumentieren oft, Japan sei 1945 bereits am Ende gewesen und es haette der Massenvernichtung durch Atomwaffen ueberhaupt nicht bedurft, viel mehr habe es sich um eine Machtdemonstration, ein Wink mit dem Zaunpfahl sozusagen, in Richtung der UDSSR gehandelt.
Nun sind mir beim durchs Internet surfen ein paar Sachen aufgefallen. Zum Einen wird von den Vertretern der Atombombenthese angefuehrt, der Tenno habe ja in seiner Rede zur Kapitulation die Attacken auf Hiroshima und Nagasaki als Gruende angegeben. Aber, scheinbar hat derselbe Tenno in einer Rede vor den Streitkraeften kein Wort ueber die Atombomben verloren, viel mehr sei der ploetzliche und ueberaus heftige Eintritt der Sowietunion in Manschdurien, der unglaublich grosse Verluste verursacht hatte, als Grund genannt worden.

Zweitens habe ich gelesen, dass die Bombenangriffe im Maerz 1945 auf Tokyo die verheerendsten im gesamten Zweiten Weltkrieg gewesen sein sollen. Am 9/10.03. kam es zum schlimmsten Bombardement waehrend des gesamten Kriegs, ein Viertel der Haeuser der Stadt und ein nicht mehr nachvollziehbare Zahl von Opfern irgendwo zwischen 100.000 und 200.000 sollen die direkten Folgen gewesen sein.

Nun stellt sich mir die Frage, wenn die Alliierten im Prinzip jeder Zeit in der Lage waren mit konventionellen Mitteln einen Schaden anzurichten, der den einer Atombombe uebertrifft und die japanische Fuehrung ohnehin im Guerilla-Kampf aus Hoehlen und Kellern ihre einzige Verteidigungsmoeglichkeit sah, warum sollten selbst Atombomben etwas an ihrer Ansicht aendern?

Ist es nicht vielleicht tatsaechlich so gewesen, das die Angst vor einem Uebergriff der Sowiets, eventuell mit dem aus Deutschland bekannten Resultat eines "race for control" zwischen Amerikanern und Russen, jegliche Hoffnung auf einen Frieden mit, wenn auch eingeschraenkten, Bedingungen seitens Japans zunichte machte?

Kennt sich jemand auf diesem Gebiet aus? Wie wahrscheinlich ist, dass die Atombomben NICHT die entscheidende Rolle spielten, wenn auch definitiv nicht anzunehmen ist, dass sie gar keine Rolle spielten, sondern die russische Attacke der Funken war, der die Kapitulation ausgeloest hat?
 
In "Hiroshima" von Florian Coulmas (C.H.Beck Wissen) wird auch angegeben, dass die Japaner eigentlich schon auf dem Weg zur Kapitulaion waren und die Amerikaner nur noch schnell Die Bombe warfen um die Sowjets einzuschüchtern.
Der Autor meint auch, dass es zwar Uneingkeit gibt ob Die Bombe nun DEN Ausschlag gab den Krieg zu beenden, aber dass die zweite Bombe auf Nagasaki weltweit als unnötig, ja als Verbrechen, angesehen wird (außer von den USA möglicherweise).
 
Es geht, wenn ich das richtig verstanden habe, um die japanische Entscheidung.

Bzgl. der Vorgeschichte ist wichtig, dass die Marine prinzipiell den Krieg im Juli 1945 als verloren ansah, während die Kaiserliche Armee in Erwartung der Invasionslandung einem "Verlust-Maximierungs-Plan" anhing und hieran die Hoffnung eines Kompromissfriedens knüpfte. Ausnahmen davon gab es natürlich in jeder der beiden Teilstreitkräfte.

Siehe auch Hinweise in der Diskussion ab hier:
http://www.geschichtsforum.de/f68/l...rf-auf-hiroshima-warum-dort-33491/index4.html
Sowie
http://www.geschichtsforum.de/f68/j...-15-august-und-strategiewechsel-1945-a-38233/
 
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Dazu eine Neuerscheinung in der wohl endlosen Diskussion:

Wilson D. Miscamble: The Most Controversial Decision: Truman, the Atomic Bombs, and the Defeat of Japan. Cambridge University Press, 2011. Miscamble setzt sich anhand der Quellen mit den zwei Hauptargumenten auseinander, die seit Alperovitz (Hiroshima) verstärkt vertreten wurden

a) die A-Bombe sei vom militärischen Standpunkt aus unbegründet gewesen
b) die Kapitulation Japans sei hauptsächlich durch die sowjetische Kriegserklärung, nicht durch die zwei A-Bomben verursacht worden

Rezension von Ralph Hitchens. JoMH 2012, S. 919-921.
"This is a book worth reading, about an argument that may never end."
 
während die Kaiserliche Armee in Erwartung der Invasionslandung einem "Verlust-Maximierungs-Plan" anhing und hieran die Hoffnung eines Kompromissfriedens knüpfte.

Im Prinzip gehören die Aspekte alle zusammen und sie alternativ zu diskutieren mag der akademischen Profilierung dienen, haben vermutlich aber mit der komplexen Interaktion der Einflussfaktoren wenig gemein.

Die Hoffnung auf den Kompromissfrieden basierte ja gerade, so zumindest meine Kenntnis, auf der Hoffnung auf eine diplomatische Vermittlung durch die Sowjets.

Mit ihrem aktiven militärischen Eingreifen wurde der "Schlusstein" aus dem japanischen Diplomatiegebäude entfernt und das gesamte Konstrukt fiel in sich zusammen.

Gleichzeitig dynamisierte die militärische Aktion der Sowjets auch den Zeitplan der USA, die bereits erste Überlegungen in Richtung "Containment" durchdachten und sich ja bereits darüber geärgert haben, die Sowjets in die Aktionen gegen die Japaner mit einzubinden. Sie sahen ihre embryonale Konzeption einer westlichen Interessenssphäre bedroht und waren absolut nicht bereit, Japan mit den Sowjets gemeinsam zu verwalten.

Vor diesem Hintergrund mußte die USA auf einen kurzfristigen Sieg setzen, der kurzfristig nicht konventionell zu erreichen war, sondern durch einen "Schock", der ein psychologisch motiviertes politisches Erdbeben in Japan auslösen sollte.

Eine Denkfigur, die die A-Waffen als psychologische Waffen klassifiziert, mit einer sehr eingeschränkten realen Bedeutung für die konventionelle Kriegsführung, wie ja auch bereits für Korea (1950) angedeutet.

Und unter dieser Perspektive war sie, rein militärisch, unbegründet gewesen, aber umso erfolgreicher unter psychologischen Aspekte und bewirkte alles, was man erreichen wollte.

- Die Japaner zur Kapitulation motivieren
- Den Sowjets eine deutliche Warnung schicken, dass man den "big stick" besitzt und ihn auch einsetzen kann.

Deswegen kann ich persönlich die Zuspitzung der These, wie bei Miscamble formuliert, nicht so ganz in ihrer Rigidität nachvollziehen.
 
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Die Hoffnung auf den Kompromissfrieden basierte ja gerade, so zumindest meine Kenntnis, auf der Hoffnung auf eine diplomatische Vermittlung durch die Sowjets.

Es gab ja drei Akteure bzw. Gruppen, die hier miteinander rangen. Die Hoffnung auf die UdSSR würde ich nur der Außenpolitik zuordnen, weniger der Kaiserlichen Armee (inkl. der ihr zugeordneten Luftarmeen), die die Hoffnung auf einen Kompromissfrieden bzw. das "Auslaufen" des Krieges auf möglichst hohe US-Verluste im Fall der Invasion stützte und dafür alle Vorbereitungen traf.

Die Kaiserliche Marine machte da zT mit, und stellte nochmals große Suizidverbände auf, wobei große Teile der Marine den Krieg als verloren ansahen.

Die Armee war es schließlich auch, die den Einmarsch in die Mandschurei nicht kalkuliert hatte, die Rote Armee unterschätzte, und die eigenen Verteidigungskapazitäten völlig überschätzte. Insofern wurde dem Teil, der die Fortsetzung des Krieges weitgehend einhellig befürwortete, mit einem Schlag der Boden unter den Füßen weggezogen. Der Widerstand gegen den Friedenschluss innerhalb der Armee kollabierte innerhalb von Stunden.
 
a) die A-Bombe sei vom militärischen Standpunkt aus unbegründet gewesen
b) die Kapitulation Japans sei hauptsächlich durch die sowjetische Kriegserklärung, nicht durch die zwei A-Bomben verursacht worden

"This is a book worth reading, about an argument that may never end."


Und die direkte Anwort von Miscamble fällt in beiden Fällen deutlich aus.

In Bezug auf die Chronologie der Ereignisse argumentiert er, dass Hirohito zwischen dem ersten Abwurf und der Kriegserklärung durch die Sowjets eine positive Entscheidung getroffen hätte, zum Beenden der Krieges.

Diese Position hat er auf der Imperial Konferenz am 9. August bekräftigt, die unter dem Eindruck des zweiten Abwurfs des Bombe auf Nagasaki stand. Und eine Entscheidung zwischen der Friedensfraktion, angeführt durch den Außenminister, und der Kriegsfraktion, gebildet durch die Militärs, erbringen sollte.

Und damit weist er die Vermutung zurück, dass der Eintritt der UdSSR in den Krieg die Initialzündung für seine Entscheidung war. Sie hat diese Entscheidung sicherlich bestätigt, nachdem die Kriegserklärung durch die SU vorlag.

Als Bezugspunkte von Miscamble dienen eine Reihe von Arbeiten. In diesem Sinne verzichtet er auf eigene umfangreiche eigene Analyse. Es stützt sich auf die mittlerweile als "Klassiker" anzusehenden Bücher der folgenden Autoren.

Downfall: the end of the Imperial Japanese empire - Richard B. Frank - Google Books

Japan's Imperial Army: Its Rise and Fall, 1853-1945 - Edward J. Drea - Google Books

In the Service of the Emperor: Essays on the Imperial Japanese Army - Edward J. Drea - Google Books

Hell to Pay: Operation Downfall and the Invasion of Japan, 1945-1947 - D. M. Giangreco, Giangreco Giangreco - Google Books

Insgesamt war für Truman und die Kriegsfraktion in Japan die Ereignisse um Okinawa ein sehr wichtiger Bezugspunkt für die Planungen und Entscheidungen der weiteren Operationen. Sie müssen mitgedacht werden, sofern man die Entscheidung von Truman für den Einsatz der A-Bombe verstehen will. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Amerikaner sehr genaue Vorstellungen hatten in Bezug auf die zu erwartende Gegenwehr im Landungsgebiet von "Olympic" und die Gefahr sagen von nicht unerheblichen weiteren Opfern unter den US-Soldaten, aber auch unter den Japanern.

Vgl. z.B. Rolle von Okinawa:
US-Seite
The War in the Pacific: Okinawa (Paperbound): The Last Battle - Roy E. Appleman - Google Books

und eine Bewertung aus japanischer Sicht:
Japan's Battle of Okinawa (Leavenworth Papers Series No.18) - Thomas M Huber, U S Army Combat Studies Institute, U S Department of the Army - Google Books

Interessant und wichtig ist auch die Darstellung der japansichen Position und auch der Rolle von Hirohito bis Mitte 45, die durchaus noch zur Kriegsseite tendierte und einen relativ raschen und dramatischen Wandel unterlief, wie Drea es darstellt aufgrund von Inspektionsreisen wichtiger japanische Militärs zum realen Zustand der Verteidigungsvorbereitungen, die auf dem Papier beeindruckend wirkten, aber realistisch sehr skeptisch zu beurteilen gewesen sind.

Hirohito and the Making of Modern Japan - Herbert P. Bix - Google Books

Wichtig ist dabei auch die Position von Stalin, der mit seinem Kriegseintritt einerseits seine hegemoniale Position in China ausbauen und somit die Nachfolge Japans antreten wollte und andererseits konkrete Invasionspläne Japans Anfang 45 mit hohen Militärs durchspielte wie Zubok es darstellt (Vgl. S. 25ff)

Failed Empire - Revised Paperback: The Soviet Union in the Cold War from ... - Vladislav M. Zubok - Google Books

Bewertung: Sofern man sich die anderen Bücher "schenken" will, ist das Buch sicherlich eine sehr kompakte und seriöse Darstellung.

Deutlich kritischer:
http://books.google.de/books?id=hdo...a=X&ei=hEttUPqtCer-4QTz9oCwAQ&ved=0CDUQ6AEwAA

JOperationsgebiet von Operation "Downfall" bzw. von "Olympic" in 1945/1946

http://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Downfall

http://www.alternatewars.com/WW2/Downfall/Jap_Plans_Kyushu.htm

http://www.google.de/imgres?imgurl=...xtUObbHrLb4QTek4GACA&ved=0CDEQ9QEwAw&dur=2473
 
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