Lokaler Kälteeinbruch bereits ab 1100 n. Chr.
Hallo liebe Leute,
jetzt habe ich 86 Beiträge zum Niedergang der Nordmänner-Siedlungen auf Grönland gelesen und komme zu dem Fazit: Der Grund für den Untergang der Nordmänner ist der Gleiche wie bei mir anno dunnemal in der Obersekunda: Mangelhafte Lateinkenntnisse!
Entschuldigung, ist nicht böse gemeint, aber ab und an habt Ihr Euch schon ein bißchen vom Thema entfernt.
Leider kann ich auch keine schlüssige Theorie anbieten, aber vielleicht hilft uns der folgende Hinweis:
Beim Durchlesen des in #1 von silesia verlinkten wiki-Artikel ist mir aufgefallen, dass Dirk Förger, der dort in der Fußnote 3 angeführt ist, von einem Kälteeinbruch um 1400, kurz vor dem Verschwinden der Wikinger, spricht. In der zugrunde liegenden Arbeit von William J. D'Andrea ist aber von einem lokalen Kälteeinbruch bereits um 1100 die Rede. Die "Kleine Eiszeit" um 1400 - 1500 kam dann dazu!
vgl.
scinexx | Klima vertrieb Wikinger früher aus Grönland: Wissenschaftler entdecken Hinweise auf lokale Kältewelle noch vor der „kleinen Eiszeit“ - Wikinger, Grönland, Besiedelung, Klima, kleine Eiszeit, Westküste, Inuit, Archäologie, Klimageschichte, E
und
Abrupt Holocene climate change as an important factor for human migration in West Greenland.
(Von dem letzten Artikel habe ich ehrlich gesagt nicht so viel verstanden, mit Sicherheit kann jemand von Euch besser Englisch und mehr damit anfangen.)
Jared Diamonds These scheint mir angesichts der Klimadaten der letzten 5600 Jahre doch etwas auf tönernden Füssen zu stehen.
Auf S. 312 schreibt er in "Kollaps": "Als das Klima sich am Ende der letzten Eiszeit erwärmte, traten Bäume an die Stelle der Gräser und Seggen - dies ist an den Pollenarten eindeutig zu erkennen. In den folgenden 8000 Jahren veränderte sich die Vegetation nur wenig, und man findet zunächst kaum Spuren von Waldzerstörung oder Erosion. Dies ändert sich erst mit dem Eintreffen der Wikinger, das sich in einer Holzkohleschicht verrät, weil die Menschen Brandrodung betrieben, um Weideland für ihre Tiere zu schaffen."
Klingt m. E. ein bißchen zu sehr nach: Erst "Heile Welt" und dann kommt der zerstörerische Mensch. Und mit den von D'Andrea ermittelten Temperaturschwanken läßt es sich m. E. auch nicht vereinbaren. Da müsste sich zwischendurch einiges an der Vegetation ändern.
Auf S. 336 / 337 führt Diamond Jagd und Verzehr von Kaninchen als Anzeichen größter Not an. In der Familie meines Vaters hat man noch in den 1930er Jahren Wildkaninchen gefangen und verspeist - ohne drohende Hungersnot - allerdings in einer gemäßigteren Klimazone und nicht am Rande des Polarkreises. Wenn die Hüpfer quasi vor der Haustür herumhoppelten, wurden sie früher kurzerhand zum Essen eingeladen. Die "Jagd" war im wahrsten Sinn des Wortes ein Kinderspiel.
Welche Art von Kaninchen hat in Grönland im 10. - 14. Jh. gelebt?
Haben vielleicht die Kaninchen das Gras weggefressen - Australien läßt grüssen?
Die Bauten müssten sich doch noch finden lassen. Ich habe einmal gelsen, nichts sei für einen Archäologen dauerhafter als ein Loch.
(Die vorstehenden Fragen sind rhetorisch gemeint.)
Mir scheint ein Zusammenbruch der Gesellschaft auf Grund zunehmend unwirtlicher klimatischer Bedingungen die plausibelste Erklärung zu sein.
Man lebte schon seit dem 12. Jh am Rande der Existenz und mit der nochmaligen Klimaverschlechterung um 1400 kam dann der endgültge Zusammenbruch.