Geschichte für die Zukunft

Neddy

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Aus dem Club of Rome Thread sind mir nun doch noch ein paar Gedanken ins Hirn geschossen, die (hoffentlich) diesen eigenen Thread wert sind:

In den letzten bummelig 100 Jahren, während derer hier fossile Energie billig, zuverlässig und in ausreichender Menge zur Verfügung stand und allen Unkenrufen zum Trotz immer noch steht, hat sich eine gewisse Mentalität entwickelt, Probleme unter Einsatz zugeführter Energie zu lösen. Und das für "Probleme", für die bereits funktionierende passive Lösungen vorhanden waren/sind.

Beispiele?
Die Verdrängung von Speisekammer und (Erd-)Keller (unbeheizt, im kalten Teil des Hauses) durch den Kühlschrank, der - in der beheizten Küche aufgestellt - aktiv gekühlt wird. Wo kann man in modernen und häufig kellerlosen Häusern denn noch Wein, Getränke und Kartoffeln lagern außer im Kühl - oder gar Wein-Kühlschrank?

In den heißen Gegenden die Verdrängung von Baustoffen und -entwürfen für Häuser, die sich gar nicht erst so stark aufheizen durch Gebäudekonstruktionen aus den mittleren Breiten, deren Inneres durch Klimaanlagen aktiv gekühlt werden muss. (Parallel - warum gibt es für heiße Gebiete kein Fahrzeugdesign, dessen Inneres von der Sonne weniger stark aufgeheizt wird, sondern stattdessen lediglich das Modell aus den gemäßigten Breiten mit einer stärkeren Klimaanlage?)

Als Masdar-City noch komopromisslos 0-Emissionen verursachen sollte, haben sich die Architekten angeblich an traditionellen Gebäudeentwürfen orientiert, die eine Aufheizung und damit die Kühllast verringern sollten. Foster + Partners

Lassen sich in der Euch bekannten Historie weitere Beispiele für "passive" Lösungen finden, die gegenwärtig eine aktive Energieversorgung erfordern? (Kühlung, Heizung, Antrieb etc. pp.)

Selbstverfreilich sollt Ihr hier keine eigenen Patentrechte in den Wind schießen.;) Ich fände es aber spannend, ein paar "einfach-so" - Lösungen unserer Altvorderen zusammenzutragen, für die wir Ingenieure gleich einen Motor und einen Drehstromanschluss brauchen...
 
Nun, auf jedem Mittelaltermarkt zu bewundern, Winderzeugung der Feldessen mittels Blasebalg/Windbeutel. Mindestens so gut wie ein Drehstrom-Gebläse, leichter zu steuern und normalerweise vergessen.
Samowar mit Holzkohle
 
Eine gute Idee Neddy, vielleicht sogar zukunftsweisend

Lassen sich in der Euch bekannten Historie weitere Beispiele für "passive" Lösungen finden, die gegenwärtig eine aktive Energieversorgung erfordern? (Kühlung, Heizung, Antrieb etc. pp.)

Die mechanische Uhr, die evtl. sogar noch als Erbstück diente, an Stelle elektronischer Uhren. Schwerkraft ist kostenlos und überall verfügbar, manchmal mehr, als einem lieb ist.

Papier und Bleistift oder eine mechanische Registrierkasse genügten im Lebensmittelgeschäft meiner Eltern für die Berechnung des Endpreises. Auch mit Rechenschieber oder Abakus kann man erstaunliche Ergebnisse erzielen. Womit hat eigentlich Gustave Eiffel gerechnet?

Zu Fuß eine Treppe zu benutzten an Stelle eines Auszuges, wird heute schon als Therapie verordnet. Früher stellte sich die Frage oft gar nicht, heute sind Aufzüge zum Teil nicht nur verpflichtend (z. B. NRW mehr als 5 Geschosse, SH mehr als 13m Gebäudehöhe), sondern die Treppen versteckt oder nur noch als Fluchtwege vorgesehen.

Doppel-Fenster evtl. noch mit Fensterladen statt Wohnraumbelüftungsanlagen, die obendrein noch regelmäßiger Wartung bedürfen.

Die Rollermobile der fünfziger Jahre brauchen sich in Frage Rescourcenverbrauch in keinster Weise vor heutigen oder geplanten Konstruktionen verstecken. Zugegeben, keine echte Passivlösung aber dem Grundgedanken der Einfachheit verpflichtet.

Gehirn statt Smartphone. Zum Einkaufen benötigt man keine Online-Verbindung zum Kühlschrank, ein Blick vorher und ein Einkaufszettel tun es auch.

Tee- und Kaffee-Zubereiten klappt übrigens auch ganz vorzüglich ohne Espresso-Computer.
 
Hab hier noch einen:
B?dgir ? Wikipedia

Windtürme - kommen bei Architekten in der Golf-Region wohl auch wieder in Mode.
Planet Wissen - Was ist ein Windturm?


Eigentlich suche ich aber noch nach einer Konstruktion, auf die ich in in Bauernhäusern Marylands und Virginias aufmerksam gemacht worden bin (und die in den Staaten scheinbar auch wieder in Mode kommen, ich finde allerdings derzeit leider nur gewerbliche Baulinks). Vielleicht geht das hier - erstes Drittel (Southern Comfort):
Cool Without AC? 3 Homes in the South Prove It Can Be Done

Man sieht häufig auf dem Dach der Gebäude eine verglaste Kuppel. Diese wiederum stellt - ich weiß leider nicht, ob immer, häufig oder manchmal - das obere Ende eines Kamins dar. Wenn die Sonne nun vom Himmel brennt, wird es in dem Treibhaus an der Spitze des Kamins schön warm. Wenn der erhitzten Luft hier oben nun ein Ausweg geöffnet wird, wird durch den im Kamin entstehenden Zug an seinem unteren Ende Umgebungsluft angesaugt. Wenn nun an der Schattenseite des Hauses ein Fenster geöffnet ist oder gar eine unterirdisch verlegte Zuluftleitung besteht, kann durch diesen Kamineffekt das Gebäudeinnere gekühlt werden. Die Zuluft sollte idealerweise lang und einigermaßen tief verbuddelt sein, damit die von außen nachströmende Luft durch das umgebende Erdreich gekühlt wird. Wie wirksam dass nun allerdings tatsächlich war oder ist, hängt zum einen von den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten aus. Fänd ich aber interessant, wenn jemand damit schonmal eigene Erfahrungen gemacht hätte.
 
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