Die Hunnen - Religion, Kultur und Identität

Robert Guiskard

Aktives Mitglied
Ich fange gerade an, mich intensiv mit den Hunnen in Europa zu beschäftigen. Die Suchfunktion gab im Vergleich mit anderen Begriffen erstaunlich wenig her, was ich angesichts der Bedeutung dieses Volkes für die Geschicke Europas für erstaunlich halte. Oder fängt es da schon an? Haben die Hunnen denn überhaupt die Bedeutung gehabt die man ihnen zuspricht?

Was mich in den zwei Büchern die ich jetzt mein Eigen nenne aufstößt ist, dass es so gut wie gar nichts über die Hunnische Lebensweise und Kultur, insbesondere über die Alltagskultur gibt. Es sind doch Gräber gefunden worden, trotzdem kein Wort darüber wie Alltagsgegenstände in diesen Gräbern aussahen. Da wird von Lassos gesprochen?! Lassos? Wie sahen die aus? Wie sahen die Pferdepeitschen aus? Die Sättel? Die Gürtel? Die Kleidung?

Abgesehen von Krieg und außenpolitischen Ereignissen finde ich die völlige Abwesenheit von kulturellen und sozialkulturellen Aspekten der Hunnen bemerkenswert.

Hier mal Suchergebnisse aus diesem Forum:

http://www.geschichtsforum.de/f105/die-welt-der-hunnen-2982/

Geht zumindest dieses Buch auf die Alltagskultur und Lebensweise ein? Habs noch nicht...

http://www.geschichtsforum.de/f34/sch-deldeformationen-bei-hunnen-und-anderen-20696/

http://www.geschichtsforum.de/f41/hunnen-und-mongolen-hnlichkeit-26326/

http://www.geschichtsforum.de/f35/hunnenreich-28041/

http://www.geschichtsforum.de/f77/haben-die-hunnen-mit-den-mongolen-zu-tun-3667/

http://www.geschichtsforum.de/f35/hunnen-und-die-kimbrische-halbinsel-36069/

http://www.geschichtsforum.de/f35/sprache-der-hunnen-36509/

http://www.geschichtsforum.de/f28/r-mer-bei-den-hunnen-um-christi-geburt-42178/

http://www.geschichtsforum.de/f56/herkunft-der-sz-kler-27984/

http://www.geschichtsforum.de/f33/attila-der-hunne-1767/

Was mich zuvorderst sehr interessieren würde, sind die Namen und Eigenschaften hunnischer Götter und die Religion an sich.

Und dann die Lebensweise, Kleidung, Ausrüstung, Bewaffnung, Kampfweise, Taktik, Strategie usw

Aber eben über das übliche: Die waren berittene Bogenschützen. hinaus. Was für andere Waffen verwendeten sie und auf welche Weise? Was wurde in hunnischen Gräbern gefunden?

Meiner Ansicht nach ist sehr vieles was so allgemein über die Hunnen behauptet wird einfach nur abgeschrieben von Leuten die es abgeschrieben haben von Leuten die es sich frei ausgedacht haben. Sehr vieles ist auch extrem wiedersprüchlich und die neuesten Werke stoßen mich darob ihres Zeigeistes ab, in dem die Hunnen moralisch relativiert werden und man noch im schlimmsten Geschehen harmoniebärchennormalität konstruieren möchte.

Was mich auch interessiert ist die frage der hunnischen Viehzucht und Tiere/Pferde. Gibt es irgendwelche Vergleiche zwischen gefundenen Knochen/Hörnen/Hufen und heutigen Tieren? Waren Hunnenpferde beschlagen oder nicht? Wurden Steigbügel verwendet oder nicht?

Überall liest man nur Widersprüchliches, das eine Buch so, dass andere Buch so, der eine Strang hier im Forum wieder anders.



Wissen wir heute wirklich so wenig von diesem Volk, dass doch immerhin über einen geraumen Zeitraum hinweg in Europa präsent war!?
 
Stilicho:

Da meine Antworten an dich wie die Diskussion der letzten Tage verschwunden sind, möchte ich hier weiter machen. Wir waren so weit ich mich erinnere bei den archäologischen Funden und ihrer Bewertung durch Istvan Bona.

Bona I. Das Hunnenreich

Du hast dazu angemerkt, dass Bona ja aufgrund der Namen die Leitkultur der europäischen Hunnen (im weiteren schreibe ich vereinfachend nur noch Hunnen) sprachlich als Turkvolk einordnet und zu Recht kritisiert, dass diese
Interpretation der überlieferten hunnischen Namen fragwürdig bzw nachweislich falsch ist.

Auch ich bin dieser Ansicht und hatte ja explizt angemerkt, dass die Hunnen meiner Meinung nach kein Turkvolk waren. Eine genauere Analyse der wenigen Sprachreste, insbesondere der Namen zeigt auf, dass viele hunnische Namen germanischer Herkunft sind, manche iranischer Herkunft und dann gibt es noch eine ganze Reihe hunnischer Namen die man sprachlich nicht zuordnen kann.

Wir haben aber hier etwas aneinander vorbei geschrieben: Ich hatte ja zuerst angemerkt, dass ich einen Versuch der Zuordnung der Hunnen durch die Sprache für völlig sinnlos halte, dafür ist viel zu wenig von dieser überliefert. Deshalb hatte ich ausgeführt, dass man die Hunnen (als ursprüngliche Leitkultur der hunnischen Konföderation in Europa) eher aufgrund der archäologischen Funde einordnen sollte.

Darauf hin hast du gefragt, was für Funde ich meine, bzw auf welche Funde ich mich beziehe. Deshalb habe ich Istvan Bona dann angeführt, weil dieser die Funde sehr detailliert beschreibt und in seinem Werk auch viele Bilder sind.

Zusammenfassend: ich teile die Ansichten und Schlußfolgerungen von Bona eben nicht! ich habe ihn aber als Referenz bezüglich der archäologischen Funde genannt, gerade weil in seinem Werk sehr viele davon detailiert aufgeführt sind und sogar mit Bildern für jederman sofort einsehbar sind. Daher die obige Verknüpfung.

Rein von den materiellen Kulturgütern nun und von den Skelletfunden unterscheiden sich die Hunnen nun schlicht und einfach von allen zu dieser Zeit nachweisbaren Turkvölkern eben deutlich, so deutlich, dass rein von der materiellen Kultur her die Hunnen eben nicht den Turkvölkern zugehörig waren. Das heißt natürlich bezüglich der Sprache nichts, auch ein Volk mit einer von allen anderen Ethnien abweichenden Kultur kann trotzdem die gleiche Sprache sprechen. Ich habe daher ausdrücklich keine Aussage zur Sprache getroffen und wollte so auch nicht verstanden werden.

Rein von den Skelleten her und von den materillen Kulturgütern unterscheiden sich die Hunnen aber eben deutlich von den Turkvölkern und sind kulturell von diesen klar unterscheidbar. Es finden sich aber in der hunnischen Kultur viele sibirische Motive, einige Uralische und erstaunlich viele die dem Iranischen Kulturraum zuordbar sind (bis hin zu iranischen Namen).

Im Gegensatz zu dir (wenn ich dich richtig verstanden habe) propagiere ich aber wie Dieter eben ein hunnisches Kernvolk, die eigentlichen Hunnen als eigene Ethnie, also als ursprüngliche Leitkultur der hunnischen Konföderation in Europa. Und diese ist meiner Ansicht nach Südsibirischen Ursprungs und von der Abstammung her zumindest ethnisch und kulturell kein Turkvolk. Dies zeigen meiner Meinung nach gerade die materiellen Güter die man aufgefunden hat (Skellete, Schädelformen, Bögen, Schwerter, Kessel, Fibeln, Begräbnissitten, usw usw) und diese materiellen Güter sind eben bei Bona sehr gut beschrieben auch wenn er zu einer anderen Schlußfolgerung kommt als ich und dem Zeigeist eher entsprechend die Aussage trifft, dass man die Hunnen im Ursprung nicht klar zuordnen kann. Ich bin hingegen der Überzeugung, dass man zumindest eine (proto)mongolische bzw türkische Abstammung eben ausschließen kann. Dafür sind die Unterschiede in der materiellen Kultur meiner Ansicht nach zu groß. Das ist natürlich nur eine Hypothese von mir und sagt nichts bezüglich der Sprache aus, es geht mir hier nur um Abstammung und (materielle) Leitkultur.

dekumatland:

Die Hunnen germanisierten sich in Europa durch die Eingliederung germanischer Völker in ihre Konföderation ebenso, wie sich diese germanischen Völker teilweise hunnisierten. Die Beeinflußung war nachweislich nicht einseitig. Dafür sprechen schon die vielen hunnischen Namen germanischer Abstammung wie auch der hohe Rang mancher Germanen im hunnischen Staatsgefüge.

Daraus sollte man aber nicht wie Stilicho (wenn ich ihn richtig verstanden habe) die Existenz einer Zentralasiatischen Hunnnischen Leitkultur verneinen bzw die Existenz eines hunnischen Volkes. Gerade die Hunnisierung germanischer Völker ist meiner Ansicht nach ein Beleg für die Existenz einer solchen Leitkultur. Wäre alles so diffus und dem Zeigeist entsprechend ohne eigene Kultur gewesen, wäre meiner Meinung nach eine Hunnisierung gar nicht möglich gewesen.
 
... sprachlich als Turkvolk einordnet und zu Recht kritisiert, dass diese
Interpretation der überlieferten hunnischen Namen fragwürdig bzw nachweislich falsch ist.

Von "nachweislich" falsch kann überhaupt keine Rede sein. Ein Teil der hunnischen Elite trägt sicher turkstämmige Namen, was Istvan Bona m.E. gut begründet:

Ebenso gaben sie seinem noch größeren Nachfolger in Ehrerbietung und Furcht den Kosenamen Attila (ata = sowohl in den Turksprachen wie auch im Gotischen: Vater), d.h. Väterchen. Daraus folgt, dass der große Herrscher diesen Namen kaum in die Wiege mitbekommen hat ...

Attila war der Sohn des Mundschuk (alttürkisch: Muncuq = Perle, Schmuck oder Fahne) und der Neffe von Ruga und Oktar/Uptar (alttürkisch: Öktär } Kräftig, Mächtig). Sein Onkel väterlicherseits hieß Oibarsius (alttürkisch: Aybars = Mondpanther oder Oybars = Dunkler Panther). Der Name seiner Gattin, der Fürstin Erekan/Arykan (alttürkisch: Ariqan = Schöne Fürstin, Reine Fürstin) dürfte in der Sprache der Ost- und Nordgermanen zu Kreka oder Kerka, im Griechischen aber zu Rekam entstellt worden sein, das ändert aber an der turkvölkischen Abstammung des Namens und seiner Trägerin kaum etwas, da eine andere Variante, Kräkän, auf alttürkisch Ehefrau, Herrin bedeutet. Ihre Söhne Ernak (alttürkisch: H/Ernak = Held), Ellak/Ilek (alttürkisch: Elläg) nund Dengi(t)zik (alttürkisch: Meeresähnlicher, dem Himmel Ähnelnder, anderen Darlegungen zufolge Meeres-[Süd-]Wind) trugen ebenfalls Turknamen.

(Istvan Bona, Das Hunnenreich, S. 33)

Da bei asiatischen Stammeskonföderationen Namen ungeachtet der ethnischen Herkunft wanderten, ist auch das kein sicherer Beleg für eine turkstämmige Herkunft. Da die hunnische Sprache nicht überliefert ist, bleiben linguistische Deutungsversuche Spekulation

Auch ich bin dieser Ansicht und hatte ja explizt angemerkt, dass die Hunnen meiner Meinung nach kein Turkvolk waren. Eine genauere Analyse der wenigen Sprachreste, insbesondere der Namen zeigt auf,

Eine Analyse zeigt überhaupt nichts auf, da die wenigen Eigennamen keine ausreichende Basis abgeben. Die Hunnen können Türken, Mongolen, Tungusen, Ugrier oder sogar indoeuropäische Sarmaten gewesen sein. Ob paläosibirische Völker einbezogen werden müssen, ist spekulativ, ganz abgesehen davon. dass auch sie entweder zu den Turkvölkern oder den Tungusen zählen.

Daraus sollte man aber nicht wie Stilicho (wenn ich ihn richtig verstanden habe) die Existenz einer Zentralasiatischen Hunnnischen Leitkultur verneinen bzw die Existenz eines hunnischen Volkes.

Die Frage ist, ob es innerhalb der Stammeskonföderation einen ethnisch fest umrissenen hunnischen Traditionskern gab, oder ob wir es mit einer heterogenen nomadischen Gruppe zu tun habe. Das ist gegenwärtig strittig und ungeklärt.

Die archäologischen Überreste zeigen nomadische Steppenkrieger, deren Ausrüstung naturräumlich und nicht ethnisch bestimmt ist.
 
Die archäologischen Überreste zeigen nomadische Steppenkrieger, deren Ausrüstung naturräumlich und nicht ethnisch bestimmt ist.


Richtig.
Es ist doch hier wie in vielen dieser Diskussionen, dass die ethnische Komponente überbetont wird. Wir wissen nicht einmal, ob die Idee eines Volkes damals überhaupt existierte.

Zudem sollte man unterscheiden, von wem die Rede ist.
Wie sah das Selbstverständnis der Hunnen aus? Was meinten die Römer, wenn sie von den Hunnen redeten, was die Germanen?
Hatten alle das gleiche Bild vor Augen? Eher wohl nicht.
Welches dieser Bilder wollen wir betrachten?
 
Dieter:

Bezüglich der Thesen Istvan Bonas zu den hunnischen Namen ist ja schon im Attila-Strang recht lange diskutiert worden. Gerade die von Istvan Bona als türkischer sprache verorteten Namen werden von eigentlich allen anderen die sich mit den Hunnen intensiver beschäftigt haben gerade eben nicht als türkisch eingestuft. Das Bona sie als türkisch einordnet, hat ganz bestimmte Gründe, weil er damit andere Thesen von sich stützen will. Sowohl Doerfer wie auch Maenchen-Helfen (dessen Buch ich seite heute vormittag nun endlich habe) ordnen gerade beispielsweise: Attila, Bleda, Ruga usw als germanische Namen ein und belegen dies auch ganz klar. Stilicho hatte auch dazu einiges ausgeführt.

Aber ich will mich ja gerade eben von der Zuordnung des hunnischen Volkes über die Sprache lösen und dies eben nicht weiter verfolgen, sondern eine Zuordnung der Hunnen zu einem bestimmten Kulturraum über die materiellen Kulturgüter diskutieren.

Ob paläosibirische Völker einbezogen werden müssen, ist spekulativ, ganz abgesehen davon. dass auch sie entweder zu den Turkvölkern oder den Tungusen zählen.

Die Paläo-Sibirier sind gerade eben weder Turkvölker noch Tungusen.

Die Frage ist, ob es innerhalb der Stammeskonföderation einen ethnisch fest umrissenen hunnischen Traditionskern gab, oder ob wir es mit einer heterogenen nomadischen Gruppe zu tun habe.

Ich gehe aufgrund der sehr homogenen materiellen Kulturgüter die man ausgegraben hat (und die im Buch von Bona so schön mit Bildern illustriert aufgeführt sind) davon aus, dass es einen fest umrissenen hunnischen Traditionskern gab. War dies nicht ursprünglich auch deine Position?

Und dieser Traditionskern unterschied sich eben deutlich von allen damals im gleichen Zeitraum bestehenden Turkvölkern in Bezug auf die materiellen Kulturgüter. Meiner Meinung nach wird ein Volk nicht rein über die Sprache definiert. Dazu gehört schon mehr. Ich will ein praktisches Beispiel aus Zentralasien bringen:

Die Tuviner sprechen eine Turksprache. Sie sind aber keine Muslime. Sie gehören kulturell eindeutig zu den mongolischen Völkern was ihre materielle Kultur, Religion und Sozialkultur angeht. Das tuvinische und mongolische Schamenentum, die Bräuche, die Lebensweise, die Art und Weise der Viehhaltung, die materiellen Kulturgüter sind allesamt dem mongolischen Kulturraum zuzuordnen. Sind die Tuviner nun Türken, weil sie eine Turksprache sprechen? Die Sprache ist aber das einzige, was an diesem Volk türkisch ist, sonst ist rein gar nichts türkisch. Ich würde die Tuviner daher als Mongolen mit türkischer Sprache einordnen.

Die meisten Geschichtswissenschaftler sehen bei den Reiternomaden Zentralasiens nur die oberflächlichen Gemeinsamkeiten, nicht aber die gravierenden Unterschiede, welche die verschiedenen Völker klar trennen. So klar und scharf trennen, dass jeder der sich damit auskennt sofort sagen kann, zu welchem Volk eine bestimmte Person gehört. Die Trennung ist gerade in Zentralasien so scharf und eindeutig, dass es selbst heute noch so gut wie keine Vermischung zwischen den verschiedenen Steppenvölkern gibt. Das ist heute Fakt. Beispielsweise leben in der Westmongolei sowohl Kasachen wie auch Mongolen seit langer Zeit direkt nebeneinander. Ihr Lebensraum überschneidet sich sogar in bestimmten Ecken. Trotzdem gibt es selbst heute so gut wie gar keine gemischten Familien (ich habe zwei Jahre in der Ecke gelebt und nur eine einzige mongolisch-kasachische Familie kennen gelernt und deren kasachische Verwandte haben den Mann im Endeffekt verstoßen. Ebenso hat die Familie von anderen Mongolen nur Probleme wegen ihrer gemischten Herkunft).

Es ist meiner Meinung nach der Zeitgeist, insbesondere der deutsche Zeitgeist, der heute nur noch diffuse Vermischung kennen will und jede Form von Ethnie, und klar umrissender Kultur, ja jede Form von Volkstum leugnet.

Die archäologischen Überreste zeigen nomadische Steppenkrieger, deren Ausrüstung naturräumlich und nicht ethnisch bestimmt ist.

Das zentralasiatische Kultursyndrom wird gerade in Deutschland völlig falsch verstanden. Da reiten zwei völlig verschiedene Völker auf Pferden, schießen mit Bögen und leben in Zelten, und schon heißt es, die gesamte Kultur sei rein naturräumlich und über verschiedene Völker hinweg eigentlich überall die gleiche.

Dem ist eben nicht so. Die archäologischen Überreste zeigen gerade eben eine ethnisch bestimmbare Ausrüstung. Ethnisch klar umrissene materielle Kulturgüter. Natürlich sind diese durch Nachbarkulturen beeinflusst, vermischen sich hier verschiedene Errungenschaften verschiedener Völker, aber gerade die Art und Weise wie sie dies tun, was verwendet wird und was nicht, was in welcher Kombination verwendet wird, ist zum ersten einzigartig, zum zweiten klar umrissen und zum dritten von allen anderen klar unterscheidbar.

Der gerade in Deutschland verbreitete Glaube, dem Zeitgeist geschuldet, dass alle Zentralasiatischen Steppenvölker sich immer und grundsätzlich so weit vermischten, dass keinerlei Trennung möglich ist, erscheint durch stete Wiederholung zwar vielleicht glaubhafter, wird aber nicht wahrer.

Die materillen Kulturgüter der Hunnen unterscheiden sich gerade in ihrer Gesamtheit, in ihrer Kombination deutlich von der anderer Steppenvölker dieser Zeit. Und sie weisen im Kern auf eine sibirische Abstammung hin. Und sie sind keineswegs rein naturraum-bedingt, sondern ethnisch klar umrissen.

Nur mal ein einziges Beispiel von sehr vielen die ich anführen könnte. Die Hunnen führten Lassos, die als aus geflochtenen Seilen hergestellt beschrieben werden. Alanen wie Goten übernahmen diese Lassos von den Hunnen. Nun schreibt Maenchen-Helfen, dass das Lasso keinem Kulturraum zugeorndet werden könne. Tatsächlich aber gab es in Zentralasien verschiedene formen von Lassos. Die für die Hunnen beschriebenen, geflochtenen Lassos (nur Seil) sind typisch für Sibirien und für Uralische Völker, sowie vor den Hunnen für die Sarmaten und Parther. Turkvölker aber wie Mongolen verwenden lange Stangen an deren vorderem Ende eine Schlinge befestigt ist, eine ganz andere Art von "Lasso". Lassos in der Art wie sie die Hunnen verwendeten, waren den Mongolen und Turkvölkern nicht bekannt bzw wurden (und werden bis heute) von ihnen nicht verwendet. Die Naturräumliche Anforderung einer Fangschlinge führte also in Zentralasien zu zumindest zwei völlig verschiedenen Formen dieser Schlinge, die sich nun klar bestimmten Völkern und Kulturräumen zuordnen lassen.

Stilicho:

Es ist doch hier wie in vielen dieser Diskussionen, dass die ethnische Komponente überbetont wird. Wir wissen nicht einmal, ob die Idee eines Volkes damals überhaupt existierte.

Wir wissen nicht sicher, ob die heutige Idee was ein Volk ist damals überhaupt existierte, ein Selbstverständnis der Leute damals aber, dass sie zu einer bestimmten, von anderen Gruppen unterscheidbaren Gruppe gehörten, gab es. Das eine Diskussion über die Frage, ob es eine hunnische Ethnie gab oder nicht überhaupt als problematisch wahrgenommen wird, ist doch nur dem Zeitgeist, speziell dem deutschen Zeitgeist geschuldet. Eine Überbetonung vermag ich hier nirgends zu erkennen. Für die Frage der Identität der hunnischen Konföderation ist zudem gerade eben die Frage der Existenz eines hunnischen Traditionskerns, bzw eines hunnischen Volkes dass diese Konföderation begründete absolut wesentlich.

In Zentralasien bildeten sich alle Konföderationen der Steppennomaden, die sich dann über mehrere, auch ganz verschiedene Völker erstreckten immer durch ein Ursprungs-Volk, dass dann Nachbarvölker unterwarf bzw dem sich im Zuge seiner Expansion solche unterstellten. Mir ist kein Beispiel bekannt, wo eine solche Konföderation ohne ein Ursprungsvolk entstanden wäre, dass dann mit seiner Kultur als herrschende Elite die Kultur der anderen Völker jeweils auch erheblich beeinflusst hat. Die Mongolen, im Beginn nur ein Clan bzw Unterstamm weiteten ihre spezielle Kultur, Sprache wie auch ihr Selbstverständnis als Volk durch die Herrschaft Chinggis Khans auf etliche Nachbarstämme aus, die vorher archäologisch klar von ihnen unterscheidbar sind, sich aber dann eben mongolisierten. Ebenso ist im Bereich der hunnischen Konföderation ja eine Hunnisierung diverser Völker, ja auch germanischer Stämme klar erkennbar. Was umgekehrt bedeutet, dass auch hier ein Hunnisches Volk als klar umrissene Ethnie am Beginn dieser Konföderation stand.

Was meinten die Römer, wenn sie von den Hunnen redeten, was die Germanen? Hatten alle das gleiche Bild vor Augen? Eher wohl nicht.

Du meine Güte. Die Römer benannten die Hunnen anfangs einfach auch mal als Massageten, Skythen usw, einfach nur um ihre klassische Bildung damit hervor zu kehren. Die Frage sollte also nicht sein, was für ein Bild bestimmte spätantike Autoren erzeugen wollten, sondern was diese Autoren in Bezug auf die materielle Kultur und das Aussehen schreiben und ob diese Aussagen im Vergleich mit den archäologischen Funden Bestand haben oder nicht. Mir geht es doch nicht um ein Bild das Zeitgenossen auf eine bestimmte Weise malten, um damit ganz andere Dinge hervor zu kehren und zu betonen, sondern nur darum, meine Hypothese darzulegen, dass die Hunnische Konföderation sich um ein Hunnisches Volk herum gebildet hat und dieses als Ethnie bis auf die Frage der Sprache klar greifbar ist. Und dann im weiteren seine Herkunft und die Frage seiner Sprache so weit wie möglich einzugrenzen. Und da scheiden nun mal meiner Überzeugung nach Turksprachen eben so aus wie Tungusisch oder Mongolisch. Am wahrscheinlichsten ist eine Uralische Sprache oder eine heute ausgestorbene Sprache aus dem Sibirischen Raum, die damals im Südsibirischen Raum noch weitgehend verbreitet waren.

Welches dieser Bilder wollen wir betrachten?

Das der archäologischen Funde im Vergleich mit den archäologischen Funden in anderen Gebieten, in denen andere Steppenvölker lebten.

Auffällig gerade bei den Hunnen ist hier ein starker sarmatischer, sassanidischer Kultureinfluß schon am Beginn der Hunnenkonföderation. In der Gesamtheit aber ist die materielle Kultur der Hunnen klar greifbar und klar umrissen. Und auch die iranischen Kulturelemente wurden auf eine genuin einzigartige Weise integriert. Nur mal als zwei Beispiele die Frage der Bögen und Schwerter. Die hunnischen Bögen unterschieden sich absolut deutlich von denen der Skythen sowie von denen der Proto-Türken bzw Turkvölker in dieser Zeit. Sie waren eine Weiterentwicklung iranischer Bogentypen, wie sie zuerst bei den Parthern aufgetaucht waren. Die Bögen waren assymetrisch und die jeweils gefundenen Zahlen der Bein- und Hornstücke, die Länge der Bögen wie auch die auf eine bestimmte Weise geformten Bogenenden zeigen, dass sich hier eine ganz eigene Bogenform entwickelte, die sich von den Bögen im fernen Osten klar unterscheiden lässt. Die Schwerter waren sehr schlank und auffallend lang und stammten vom Typ her wiederum aus dem iranischen Raum. Die kurzen Parierstangen wie auch die Knäufe unterscheiden diese Schwerter aber von den sehr ähnlichen sassanidschen Schwertern, insbesondere durch die Scheideneinfassungen die vom Typ her chinesisch waren (solche chinesischen Scheideneinfassungen waren in ganz Zentralasien und Sibirien weit verbreitet) und ebenso von den Schwertern im Osten, die kürzer waren und ganz andere Knäufe hatten, sowie eben keine kurzen Parierstangen.

So könnte man nun Fund um Fund, materielles Kulturgut um materielles Kulturgut durchgehen. Und man findet dann eine ganze Menge solcher Güter, ja sogar aus den Grabfunden bestimmte Sitten und religiöse Ansschauungen. So wusste ich selbst beispielsweise noch nicht, dass in hunnischen Gräbern sehr große Mengen an Fleisch den Toten mit gegeben wurden. Die Gräber wurden vorzugsweise an Flüssen angelegt. Beides ist für Turkvölker dieser Zeit untypisch und für sibirische Völker typisch. usw usf

Hypothese:

Es gab ein Hunnisches Volk dass am Beginn der sich bildenden hunnischen Konföderation stand. Dieses Volk lässt sich aufgrund seiner materiellen Kulturgüter klar umreißen und von anderen Völkern unterscheiden. Die Frage der Sprache dieses Volkes ist nicht klärbar. Räumlich stammt dieses Volk aus dem südsibirischen bzw süduralischen Raum. Dieses Volk als greifbare Ethnie beeinflusste dann im weiteren die über ganz verschiedene Völker sich ausweitende Konföderation kulturell und bildete für die Elite dieser Konföderation die Leitkultur, wobei sich diese in Europa dann zunehmend germanisierte.
 
Beaker:

Sprachen und Kulturräume bzw Kulturen sind eben nicht zwingend identisch. Ein Volk kann einem bestimmten Kulturraum angehören, der aber von einer ganz anderen Sprache völlig durchdrungen wird, und trotzdem eine andere Sprache sprechen. Insbesondere in Zentralasien war dies besonders oft der Fall.

Gerade deshalb halte ich die Frage der Sprache der Hunnen für weniger wichtig als die Frage der Gesamtkultur. Welche Sprache die Hunnen sprachen ist meiner Meinung nach nicht ermittelbar, da dafür zu wenig von dieser Sprache überliefert ist. Aber ist das für die Frage, ob es ein hunnisches Volk gegeben hat, für die Frage eines hunnisches Traditionskerns überhaupt wichtig? Die Antwort kann nur Nein sein.

Die Gesamtkultur, die materiellen Kulturgüter, die Überlieferungen, zeigen klar auf, dass es ein hunnisches Volk gegeben hat, dass sich klar von anderen Völkern trennen lässt und das am Anfang der hunnischen Konföderation stand, diese also begründete. Und damit dann die Eliten dieser Konföderation stellte bzw kulturell dominierte. Auch wenn schon sehr früh eine Vermischung mit Germanischen Völkern stattfand, (schon Balamber soll ja eine Gotin geheiratet haben) blieb doch die Elite kulturell im Kern eben hunnisch, auch wenn sich die hunnische Kultur in Europa dann zunehmend durch germanische Elemente anreicherte.

Gerade in Zentralasien lassen sich die verschiedenen Völker der Steppennomaden weniger aufgrund ihrer Sprache, als vielmehr aufgrund ihrer Gesamtkultur unterscheiden. Und da lassen sie sich sehr klar unterscheiden und in bestimmte Kulturräume einordnen. Diese Kulturräume sind nun klar voneinander getrennt, was heute in Deutschland dem Zeitgeist geschuldet geflissentlich ignoriert wird.

Turkvölker werden heute daher in Deutschland primär sprachlich definiert, ein Türkischer Kulturraum in Zentralasien wird aber geleugnet, seine klare und scharfe Trennung vom sibirischen und mongolischen Kulturraum ebenso. Und doch ist dieser vorhanden, sind beispielsweise Usbeken und Kasachen gesamt-kulturell so eng verwandt, dass man sie als einem größeren Kulturraum zugehörig einordnen kann. Beide aber sind von den Mongolen gesamt-kulturell eindeutig und klar unterscheidbar, so dass die Mongolen also einem anderen Kulturraum angehören.

Für die Frage der hunnischen Kultur, und damit der Abstammung des hunnischen Volkes, des Traditionskernes der Konföderation stellt sich daher die Frage, woher die Gesamt-Kultur des ursprünglichen hunnischen Volkes her kommen könnte wenn man die Frage der Herkunft der Hunnen beantworten will. Und hier weisen nun die materiellen Kulturgüter die man ausgegraben hat klar auf den Uralischen bzw Sibirischen Raum hin, und eben nicht auf den zeitgleich ebenfalls schon existierenden türkischen Kulturraum in Zentralasien.

Stilicho:

Die Tuviner sind schlicht und einfach ein mongolischer Teilstamm, aber eben mit einer Turksprache. Es gibt verschiedene Stämme der Mongolen, seien es Khalkh, Burjat, Dörböd, Bayad, Üzemcin, Urjanchaj, Dariganga, usw usf, all diese Stämme haben unterschiedliche Trachten, ihre Lebensweise und Viehhaltung unterscheiden sich, in Bezug auf ihre schamanistischen Vorstellungen gibt es auch Unterschiede, trotzdem kann man sie allesamt klar als Mongolen einordnen. Sie sind mongolischer Abstammung und gehören zur mongolischen Ethnie, zum mongolischen Kulturraum. Würde nun eines dieser Völker irgendwo hin wandern, so wäre es von seiner Abstammung her eben mongolisch. Der einzige Unterschied der Tuviner zu den ganzen genannten ist nun die Sprache, die Tuviner sprechen eine Turksprache. Gesamt-Kulturell sind sie aber Mongolen, würden sie irgendwo hin wandern, wären sie mongolischer Abstammung.

Ein Volk, eine Kultur also nur über die Sprache definieren zu wollen, wie es ja hier im Attila Strang seitenweise versucht wurde, halte ich gerade für die Zentralasiatischen Völker für verfehlt, nach gerade zu für verfälschend. Gerade in Bezug auf die Steppennomaden ist die Frage der materiellen Kultur und der Religion viel wesentlicher. Und diese sind eben nicht reine produkte des naturraum sondern unterscheiden sich klar und eindeutig voneinander. Daraus folgt, dass für die Frage der Herkunft der Hunnen wie der Existenz des hunnischen Volkes nur die Frage der materiellen Kulturgüter, der Lebensweise, der Bräuche und der Religion wesentlich ist.
Und aufgrund der Ausgrabungen können wir hier eben eine solche hunnische Gesamt-Kultur nachweisen. Womit meiner Meinung nach die Existenz eines ursprünglichen hunnischen Volkes bewiesen ist, und sich ebenso seine Abstammung einem bestimmten Kulturraum zuordnen lässt. Und dieser lag nicht dort, wo damals Turkvölker lebten.

Damit kann man dann sogar im weiteren (und umgekehrt zum linguistischen Ansatz) eine Wahrscheinlichkeits-Aussage zur Frage der Sprache treffen. Zwar ist es durchaus möglich, dass die Hunnen eine Turksprache sprachen, obwohl sie aus einem ganz anderen Raum kamen (siehe Tuviner), aber es ist weniger wahrscheinlich, als dass sie eine Uralische oder Paläo-Sibirische Sprache gesprochen haben. Das ist aber nur eine Aussage bezüglich der Wahrscheinlichkeit. Eine Turksprache ist natürlich trotzdem möglich. Aber wie ausgeführt sagt gerade die Sprache bei einem Zentralasiatischen Volk so gut wie gar nichts über seine Herkunft und seine Kultur aus.
 
Und aufgrund der Ausgrabungen können wir hier eben eine solche hunnische Gesamt-Kultur nachweisen.

Nein, können wir nicht. Ich weiß auch immer noch nicht, wie du darauf kommst.

Zudem ist mir nach wie vor schleierhaft, wieso man sogenannte "Völker", wie etwa Tuvinen, irgendwo "einordnen" muss.

Gegenfrage: Wo ordnen wir unsere westlichen Nachbarn ein?

Sie sprechen ein verballhorntes Latein mit germanischen Einflüssen.

Aus der Geschichte wissen wir aber, dass sie gallisch-römisch-fränkisch-baskisch-burgundisch-alanisch-gotisch-berberisch-marokkanisch-tunesisch-algerisch-arabisch-bretonischer Abstammung sind, wobei ich etliche Exilrussen, Ostjuden und sonstige vergessen habe.

Wo "sortieren" wir die also ein?
 
Beaker:

Sprachen und Kulturräume bzw Kulturen sind eben nicht zwingend identisch. Ein Volk kann einem bestimmten Kulturraum angehören, der aber von einer ganz anderen Sprache völlig durchdrungen wird, und trotzdem eine andere Sprache sprechen. Insbesondere in Zentralasien war dies besonders oft der Fall.

Das ist mir nicht neu.

Meine Frage war: Wie erklärst du dir, dass ein "Volk" (z. B. die Tuviner) zwar "einem bestimmten Kulturraum" (z. B. dem mongolischen) angehört, aber nun von einer "ganz anderen Sprache völlig durchdrungen wird"?

Wie sollen wir uns das Durchdringenwerden vorstellen?

Die Tuviner haben nichts mit den Türken am Hut, heiraten auch keine Türken, sondern halten eisern ihre mongolischen Traditionen hoch, Religion, Sozialkultur, Bräuche, und Lebensweise.
Und eines Tages wird ihnen ihre mongolische Sprache zu blöd und sie fangen an, lieber Türkisch zu sprechen?
 
Dieter:

Bezüglich der Thesen Istvan Bonas zu den hunnischen Namen ist ja schon im Attila-Strang recht lange diskutiert worden. Gerade die von Istvan Bona als türkischer sprache verorteten Namen werden von eigentlich allen anderen die sich mit den Hunnen intensiver beschäftigt haben gerade eben nicht als türkisch eingestuft.

Als was werden sie denn sonst eingestuft?

Das Bona sie als türkisch einordnet, hat ganz bestimmte Gründe, weil er damit andere Thesen von sich stützen will. Sowohl Doerfer wie auch Maenchen-Helfen (dessen Buch ich seite heute vormittag nun endlich habe) ordnen gerade beispielsweise: Attila, Bleda, Ruga usw als germanische Namen ein und belegen dies auch ganz klar.

Über eine türkische Herkunft von Bleda und Ruga hat Bona nichts gesagt, sondern z.B. Mundschuk. Ellak oder Erekan als türkisch ausgewiesen. Und "ganz klar" ist überhaupt nichts, sonst gäbe es darüber keine Kontroversen. Mit solchen absoluten Verdikten solltest du gerade beim Thema "Hunnen" vorsichtiger sein.

Ich gehe aufgrund der sehr homogenen materiellen Kulturgüter die man ausgegraben hat (und die im Buch von Bona so schön mit Bildern illustriert aufgeführt sind) davon aus, dass es einen fest umrissenen hunnischen Traditionskern gab. War dies nicht ursprünglich auch deine Position?

Ich vermute ebenfalls einen hunnischen Traditionskern - aber sicher kann man da nicht sein!

Und dieser Traditionskern unterschied sich eben deutlich von allen damals im gleichen Zeitraum bestehenden Turkvölkern in Bezug auf die materiellen Kulturgüter. Meiner Meinung nach wird ein Volk nicht rein über die Sprache definiert. Dazu gehört schon mehr. Ich will ein praktisches Beispiel aus Zentralasien bringen:

Woher nimmst du Behauptung, dass sich die nomadischen Reitervölker in ihrer Ausrüstung deutlich unterschieden? Zuweilen ist das so, zuweilen auch nicht. Die türkischen Hilfsvölker, die die Mongolen bei ihrer Expansion begleiteten, sind im archäologischen Nachlass nicht von ihren mongolischen Herren zu unterscheiden und gingen mit ihnen später eine Fusion ein. Andererseits setzt sich die Kultur der Skythen deutlich von der anderer asiatischer Reitervölker ab.

Was die Hunnen angeht, so sind deren archäologische Überreste dermaßen spärlich, dass sich daran keine ethnische Herkunft ablesen lässt als die eine: Sie waren ein aus Asien stammendes nomadisches Reitervolk. Vielleicht aber auch nur ein Konglomerat nomadischer Gruppen, zusammengewürfelt wie z.B. die Alemannen in spätrömischer Zeit.

Sind die Tuviner nun Türken, weil sie eine Turksprache sprechen? Die Sprache ist aber das einzige, was an diesem Volk türkisch ist, sonst ist rein gar nichts türkisch. Ich würde die Tuviner daher als Mongolen mit türkischer Sprache einordnen.

Das ist Haarspalterei. Die Sprache sagt nichts über die Ethnie aus, hinsichtlich antiker Völker ist sie aber meist der einzige Hinweis, der zur Klärung der ethnischen Identität beitragen kann.

Die meisten Geschichtswissenschaftler sehen bei den Reiternomaden Zentralasiens nur die oberflächlichen Gemeinsamkeiten, nicht aber die gravierenden Unterschiede, welche die verschiedenen Völker klar trennen.

Diese Erkenntnis bringt uns bei den Hunnen nicht weiter.

Hypothese:

Es gab ein Hunnisches Volk dass am Beginn der sich bildenden hunnischen Konföderation stand. Dieses Volk lässt sich aufgrund seiner materiellen Kulturgüter klar umreißen und von anderen Völkern unterscheiden. Die Frage der Sprache dieses Volkes ist nicht klärbar. Räumlich stammt dieses Volk aus dem südsibirischen bzw süduralischen Raum. Dieses Volk als greifbare Ethnie beeinflusste dann im weiteren die über ganz verschiedene Völker sich ausweitende Konföderation kulturell und bildete für die Elite dieser Konföderation die Leitkultur, wobei sich diese in Europa dann zunehmend germanisierte.

Woher die Hunnen stammen ist nach wie vor völlig unklar. Ob eine Verwandtschaft mitden Xiongnu existiert ist strittig, wird aber meist wegen des großen zeitlichen Abstands zwischen dem Untergang der Xiongnu-Reiche und dem Erscheinen der Hunnen in Europa verneint.
 
Da meine Antworten an dich wie die Diskussion der letzten Tage verschwunden sind, möchte ich hier weiter machen.

Das war menschliches Versagen:red:. Demnächst - sofern die Löschung logisch nicht nachvollzogen werden kann - bitte eine Meldung im entsprechenden Thread bzw. PN an einen Mod schicken, dann kann so ein Versehen i.d.R. leicht wieder behoben werden.
 
Ob eine Verwandtschaft mitden Xiongnu existiert ist strittig, wird aber meist wegen des großen zeitlichen Abstands zwischen dem Untergang der Xiongnu-Reiche und dem Erscheinen der Hunnen in Europa verneint.

Soo groß ist doch der zeitliche Abstand gar nicht.

Die Herrschaft der Xiongnu in der Mongolei erreichte um 155 ihr Ende. Die Herrschaft der Xianbei leitete in der Mongolei für ungefähr 250 Jahre ein Machtvakuum ein.[19]
Als Tan-shi-huai (um 156–181) die Xianbei zu ihrem Machthöhepunkt führte, gaben die Nord-Xiongnu nach drei oder vier chinesischen Chroniken 158 Ost-Turkestan auf und ließen sich nördlich von Kangju, also nordöstlich des Aralsees nieder. Ab 166 rückte Tan-shi-huai nach, erreichte den Ili.
Die Süd-Xiongnu, bis dahin in einer Art Gefangenschaft an der Großen Mauer (konkret in Shanxi) gehalten, drangen unter Hu-chu-ch'üan (195–216) als Verbündete der untergehenden Han-Dynastie immer weiter nach Süden vor. Dabei gelangte um 260 eine weitere Stammeskonföderation, die großteils türkischen Tabgatsch (Tuoba), im Norden von Shansi zur Macht.[20] Unter Liu Cong, dem Attila Chinas († 318) eroberten die Süd-Xiongnu noch einmal die Hauptstädte Jin-Chinas, wurden aber schon 352 von den nachdrängenden Mujung-Xianbei unter ihrem Khagan Tsun vernichtet.

Xiongnu ? Wikipedia
 
Soo groß ist doch der zeitliche Abstand gar nicht.

Die Hunnen werden von der neueren Forschung kaum noch als Fortsetzer der Xiongnu gesehen. Angesichts des raschen Zerfalls von Nomadenreichen ist eine chronologische Brücke zwischen Xiongnu und Hunnen problematisch:

In der älteren Forschung wurde angenommen, dass es eine Verbindung zwischen den Xiongnu und den späteren Hunnen gegeben habe. Die neuere Forschung ist, wie bereits angesprochen, diesbezüglich weitaus skeptischer, wenn sie diese These nicht sogar ganz aufgegeben hat.

Hunnen ? Wikipedia
 
Angesichts des raschen Zerfalls von Nomadenreichen ist eine chronologische Brücke zwischen Xiongnu und Hunnen problematisch:

Laut Wiki müssen die Xiongnu von mindestens 318 v. Chr. (Grenzvertrag,
ältestes bekanntes Dokument) bis 352 n. Chr. (Vernichtung der Süd-Xiongnu) aktiv gewesen sein.

Wir haben also fast 670 Jahre dokumentierte Xiongnu-Geschichte. Mit Höhen und Tiefen. Immerhin schafften es die Süd-Xiongnu noch im 4. Jh., die Hauptstädte Chinas zu erobern.
Zeitgleich mit dem Verschwinden der Xiongnu tauchen die Hunnen im Westen auf.

Wo ist denn Deiner Meinung nach ein chronologisches Problem???
 
Wo ist denn Deiner Meinung nach ein chronologisches Problem???

Das ist dazu der gegenwärtige Erkenntnisstand:

Die moderne Forschung geht zumeist nicht mehr davon aus, dass Hunnen und Xiongnu in einer direkten Beziehung zueinander stehen, wie dies zuerst im 18. Jahrhundert angenommen wurde, wenngleich auch heute einige wenige prominente Forscher wie James Howard-Johnston oder Étienne de La Vaissière an der Identifikation festhalten. Letztendlich handelte es sich bei den zentralasiatischen Stämmen um Nomadengruppen, die sich je nach politischen Umständen in rudimentären Herrschaftsbereichen organisierten, trennten und neu organisierten, so dass einige Fragen zu ihrer jeweiligen Zusammensetzung immer offen bleiben werden

Es bleibt dir unbenommen, dennoch eine Verbindindung zu sehen.
 
Das ist dazu der gegenwärtige Erkenntnisstand:

Dankeschön, aber die Wiki-Seiten zu Hunnen und Xiongnu sind mir samt ihren widersprüchlichen Aussagen bekannt. Deshalb frage ich hier ja nach.
Leider gehst Du überhaupt nicht auf meine Frage ein, wo es Deiner Meinung nach ein chronologisches Problem gibt.

Es bleibt dir unbenommen, dennoch eine Verbindindung zu sehen.
Ich glaube, ich bin missverstanden worden. Nicht ich sehe eine Verbindung, sondern die Wiki-Autoren.
Demnach soll der Hunnen-Name von den Xiongnu kommen. Ist das sicher? Wenn ja, was sind die Argumente?
Und wie erklärt man sich, dass kurz nach dem Untergang der Xiongnu der Name im Westen auftaucht? Die Stämme selber sollen nicht nach Westen gewandert sein, sondern nur der Name?
 
Dankeschön, aber die Wiki-Seiten zu Hunnen und Xiongnu sind mir samt ihren widersprüchlichen Aussagen bekannt. Deshalb frage ich hier ja nach.

Die Wiki-Seiten hierzu sind keineswegs widersprüchlich, sondern sehr eindeutig. So wird unter dem Begriff Xiongnu gesagt:

In Europa wurde für die Xiongnu teilweise der Begriff Hunnen verwendet, da die ältere Forschung von einer Verbindung zwischen diesen beiden Gruppen ausging. Die Ethnizität der Xiongnu ist in der Forschung umstritten. In der neueren historischen und archäologischen Forschung werden Hunnen und Xiongnu in der Regel nicht mehr gleichgesetzt,[3] was auch dadurch begründet ist, dass es sich bei den frühen Nomadenvölkern um Stammeskonföderationen handelte, die sich aus verschiedenen ethnischen und kulturellen Gruppierungen zusammensetzten und sich je nach Situation in rudimentären Staatswesen organisierten, trennten und neu organisierten (vgl. dazu Staatenbildung bei frühen Nomadenvölkern). In diesem Zusammenhang spricht auch die zeitliche Differenz gegen eine Verbindung von Xiongnu und Hunnen.
Xiongnu ? Wikipedia

Hier sprechen also die zeitliche Diffrenz und die inhomogene Struktur von Nomadenvölkern gegen eine Gleichsetzung von Xiongnu und Hunnen.

Der bekannte Historiker Peter Heather sagt dazu:

Die Gleichsetzung [der Hunnen] mit den Hsiung-Nu erscheint oberflächlich betrachtet attraktiv, jedoch ergeben sich einige Schwierigkeiten: Zwischen den chinesischen und den römischen Berichten klafft eine Lücke von über 450 Jahren (von 93 v. Chr. bis etwa 370 n. Chr.). Hinzu kommt eine Distanz von 3500 Kilometern ... Ferner unterschieden sich die Hunnen, deren Bekanntschaft die Römer machten, in ihrer politischen Organisationsform vollkommen von den Hsiung-Nu.

(Peter Heather, Der Untergang des römischen Weltreichs, Stuttgart 2005, S. 181 f.)
In einer anderen Publikation heißt es:

Das Zusammenstellen von Hunnen mit Xiongnu ist sehr problematisch und wird heute kaum mehr vertreten.
http://www.zentralasienforschung.de/Hunnen.PDF

Vorsichtig ausgedrückt lässt sich sagen, dass die Identität zwischen Hunnen und Xiongnu zumindest umtsritten ist, die Forschung aber gegenwärtig mehrheitlich keine Identität vermutet. Als zentrale Gründe werden genannt: der große zeitliche Abstand, die Instabilität nomadischer Gruppen und Reiche sowie unterschiedliche politische Strukturen. Dass es auch andere Stimmen gibt, die eine Identität vertreten, zeigt sich an den Historikern James Howard-Johnston oder Étienne de La Vaissière
 
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