Französische Oper in Deutschland?

Die Ouvertüre zur Orchestersuite No.3 ist übrigens eine leicht modifizierte Kopie von Delalandes "Premier Caprice" aus den Symphonies pour les Soupers du Roi.
Ich glaube die habe ich auch (in der Einspielung von St. Martin in the Fields unter Leitung von Sir Neville Marriner) "vor Ohren".

Das heißt aber auch man ließ früher die Opern außen vor? Denn dann wäre ja Händels ital. Ader noch besser zu Tage getreten.


Man kann ja auch dann sozusagen von französischer Oper in Deutschland sprechen wo, wie bei meinem Beispiel von Hilverding, einiges umgearbeitet wurde, dass es für die Anlässe passte.
 
Man hat Händel vor allem mit seinen späten Oratorien identifiziert, ich glaube die ersten zaghaften (und furchtbaren) Versuche Händels Opern aufzuführen stammen aus den 60er Jahren.

Man hat da oft die Titelpartie für einen Baryton bzw. Tenor umgeschrieben und das Dacapo bei den meisten Arien gestrichen, Rezitative bzw. die ganzen Opern gekürzt.

Man hat sich da aber meist nur an Giulio Cesare vergangen, die Alcina mit der Sutherland ist weitesgehend vollständig.
Aber soweit ich weiß, wurden alle anderen Opern erst ab den späten 70er Jahren ausgegraben, der Händel Opern Boom setze erst Mitte der 90er Jahre ein.
 
Und ein Werk das noch einige Jahre früher entstand "Zemire et Azor" (1771) - ebenfalls ein orientalisches Sujet, war vor allem auch in Wien sehr beliebt.
Das Werk scheint von allen Werken Gretrys das in Europa am häufigsten gespielte zu sein.
Dieses Werk wurde auch nachweislich am Dessauer Hoftheater am 31.07.1795 gespielt, scheint also eine längere Wirkung gehabt zu haben.

Neben Grétry wurden auch d'Alayracs (1753-1809) Opern "Die Wilden" - "Azémia ou les Sauvages" (1786) - und "Rudolf von Creki" -
"Raoul, sire de Créqui" (1789) - am 05.09.1794 bzw. 26.07.1795 gegeben. In der Ouverture von "Les Sauvages" von d'Alayrac taucht auch das Motiv des berühmten Tanzes aus dem letzten Entrée "Les Sauvages" (1736) aus Rameaus Oper "Les Indes Galantes" auf.

Quelle:
Michael North: "Genuss und Glück des Lebens. Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung" Köln ; Weimar ; Wien -Böhlau - 2003 S.186-187
 
Wenn auch aus dem ganz späten 18.Jh. ist mir nun wiederum eine Aufführung einer eindeutig französischen Oper untergekommen. "La Caravane du Caire", eine von den erfolgreichsten Opern von André Ernest Modeste Grétry wurde 1797 in Hamburg aufgeführt.
Die Premiere dieser Opéra ballet wurde am 30. Oktober 1783 vor dem Hof zu Fontainebleau gegeben.

Leider gab das Buch, wo ich es fand nicht viel mehr her, als dass bei der Aufführung in Hamburg erstmalig eine Schute auf der Bühne getragen worden sein soll. Es wird nichtmal gesagt, welche Rolle sie trug, wobei ich auf eine der vielen Sklavinnen tippen würde.
Gerade in Hamburg könnte ich mir das Sklaventhema der Oper als ganz interessant für das Publikum vorstellen. Man denke an die Opferstöcke für Spenden für die gefangenen Hamburger Schiffsleute, die man damit aus dem Los in den Händen der Barbaresken freikaufen wollte.
 
"Damaliges Opernwesen"

Im Laufe seiner Erzählungen und Anektoden kommt Goethe zu dem Entschluss, auch hier für das bessere Verständnis, kurz einige Worte über die Oper der damaligen Zeit zu verlieren.

"... muß ich mir eine kleine Abschweifung erlauben, um von dem damaligen Opernwesen einigen Begriff zu geben."

Er weist dabei in erster Linie auf einen Mann namens Marchand hin. Weiter beschreibt er ihn, wie jeden!, sehr ausführlich, was ich jedoch hier nicht im Genauen aufgreifen will.
Deshalb nur kurz: Theobald Marchand lebte von 1741 bis 1800 und war Schauspieler und Theaterdirektor in Frankfurt, der, nach Goethes Meinung, sich sehr für das ihm anvertraute Theater engagierte.

"... deshalb er denn die kleineren und größeren französischen Opern herüber zu bequemen bemüht war."

In Verbindung mit dem Direktor nennt Goethe die frz. Oper "Die Schöne bei dem Ungeheuer" von Grétry ( "La Belle et la Bete", nach dem Text von Marmontel (1771) ), sei es dadurch, dass Marchand selbst eine Rolle spielte, sei es dadurch, dass ihm die Oper gefiel.

"Diese in ihrer Art wohlgelungene Oper näherte sich jedoch dem edlen Stil und war geeignet, die zartesten Gefühle zu erregen."

Nach dieser Einschätzung kommt er noch kurz auf den "realistischen Dämon des Operntheaters" zu sprechen.

"Zustands- und Handwerksopern taten sich hervor. "Die Jäger", "Der Faßbinder" und ich weiß nicht was alles, waren vorausgegangen."

Auf diese neuartigen Opern scheint er, ganz im Gegensatz zur französischen Oper, nicht viel gehalten zu haben.

Mit dem schlichten Kommentar zu den Handwerksopern schließt Goethe seine "Ausschweifung", die am Anfang des 17. ten Buches in "Dichtung und Wahrheit" zu finden ist. Somit erlangt diese Erinnerung Gültigkeit für das Jahr 1775.
 
"Zustands- und Handwerksopern taten sich hervor. "Die Jäger", "Der Faßbinder" und ich weiß nicht was alles, waren vorausgegangen."

Auf diese neuartigen Opern scheint er, ganz im Gegensatz zur französischen Oper, nicht viel gehalten zu haben.
Sehr interessant klingt das, hätte ich doch gedacht, dass der Stil von Grétry (kennst Du ja selber) eigentlich auch eher ein revolutionär-neuer war.
Er klingt ein bisschen, als würde jemand ein bisschen auf der Saite von Rameau, ein bisschen auf der von Gluck und ein gutes Stück auf seiner eigenen humorvoll-schwungvollen zupfen.

Es kann natürlich sein, dass Goethe, da er das alles erst sehr viel später aufschrieb, aus einem anderen Blickwinkel sah. "Dichtung und Wahrheit" entstand ja erst ab 1808, als Beethoven begann bedeutend zu werden und Spontini in Paris und Cherubini in Wien schon gefeiert wurden.
 
Sehr interessant klingt das, hätte ich doch gedacht, dass der Stil von Grétry (kennst Du ja selber) eigentlich auch eher ein revolutionär-neuer war.

Wobei ich darüber rätsel, was er denn unter einem "edlen Stil" versteht. :grübel:

Es kann natürlich sein, dass Goethe, da er das alles erst sehr viel später aufschrieb, aus einem anderen Blickwinkel sah.

Das glaube ich weniger, denn im Vorwort erzählte er davon, dass er mehrfach freundlichst gefragt wurde, was er da und dort dachte, als er das und jenes schrieb. Pflichtbewusst sah er dann seine Aufgabe darin, alles so wiederzugeben, wie er es ursprünglich in der Zeit erfahren hatte.
Eine Verzerrung, durch spätere Ansichten, könnte einen Einfluss auf "Dichtung und Wahrheit" ausgeübt haben, aber wenn dann unbewusst.
 
Grétry in Hamburg

In Hamburg wurde (vgl. mein Beitrag 04.05.2010 09:29!) scheinbar desöfteren Grétry gegeben. So erwähnt eine der ersten Ausgaben des "Journal des Luxus und der Moden" für das Jahr 1791 die Aufführung von "Richard Löwenherz", was am 14. und 16. Dezember 1790 und noch weitere Male gegeben wurde. Diese opéra comique von Grétry und Michel-Jean Sedain (1719-1797) wurde in einer veränderten englischen Fassung gezeigt, wobei der Text wohl eingedeutscht war.

Wäre ja interessant, ob die Aufführung von "Richard Coeur-de-lion" im Zusammenhang mit der französischen Stimmung in Hamburg stand. Zumindest in den späten 1790ern war Hamburg ja ein Sammelpunkt von Royalisten und zweifelsohne war diese Oper eine der beliebtesten für diese Leute.
 
In Hamburg wurde (vgl. mein Beitrag 04.05.2010 09:29!) scheinbar desöfteren Grétry gegeben. So erwähnt eine der ersten Ausgaben des "Journal des Luxus und der Moden" für das Jahr 1791 die Aufführung von "Richard Löwenherz", was am 14. und 16. Dezember 1790 und noch weitere Male gegeben wurde. Diese opéra comique von Grétry und Michel-Jean Sedain (1719-1797) wurde in einer veränderten englischen Fassung gezeigt, wobei der Text wohl eingedeutscht war.

Selbst heutzutage wagen sich manch mutige Theater noch an Opern von Grétry und zwar an szenische (!) Aufführungen. Allerdings ist das nur möglich, wenn man sich einer kompletten Umarbeitung des Librettos entschließt. So sah ich vor laaanger Zeit "Zémire und Azor" in Bielefeld, eine damals überregional hoch gelobte Inszenierung von John Dew, die die Oper wie ein Musical ablaufen ließ. http://de.wikipedia.org/wiki/John_Dew

Nur auf diese oder ähnliche Weise kann man solche Opern szenisch noch dem Vergessen entreißen - oder man muss sich mit der CD-Einspielung begnügen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst heutzutage wagen sich manch mutige Theater noch an Opern von Grétry und zwar an szenische (!) Aufführungen. Allerdings ist das nur möglich, wenn man sich einer kompletten Umarbeitung des Librettos entschließt. So sah ich vor laaanger Zeit "Zémire und Azor" in Bielefeld, eine damals überregional hoch gelobte Inszenierung, die die Oper wie ein Musical ablaufen ließ.
In Versailles sieht man das offenbar anders. Siehe "L'amant jaloux" (2010)! Die Helikon Oper hat auch im Falle von "Pierre le Grand" nur behutsam modernisiert, wobei es in dem Fall eher nach einer Lösung aufgrund finanzieller Zwänge aussah.
Die Themen (Liebe, Hass, Eifersucht, Probleme zwischen Pflicht und Neigung) sind ja zeitlos.
Ich kenne eigentlich nur eine konzertante Aufführung und das ist "Céphale et Procris" unter Leitung von Guy van der Waas. Die müsste auch auf DVD erschienen sein.
Die Inszenierung in Schwetzingen und anderswo von "Andromaque" (Dir. Hervé Niquet) war zwar modernisiert, ging aber nicht das Wagnis ein (was sonst die Heidelberger eher tun), das Libretto anzugreifen. Kann auch sein, dass Racine ein zu achtungsgebietender Name, selbst für deutsche Dramaturgen, ist. :grübel:
Die meisten CD-Einspielungen der letzten Jahre sind Livemitschnitte von aktuellen Inszenierungen. Vielleicht ist gerade das der Grund, dass man dem Libretto etc. in den Inszenierungen treu bleibt, weil ja sonst kein Musikliebhaber die CDs kaufen würde (ich auch nicht).
Letztes Jahr ist übrigens "Le Magnifique" erschienen. Von Ryan Brown sind wohl noch mehr ähnliche Aufnahmen zu erwarten, da sich die Opera Lafayette scheinbar gezielt der Oper der 2. Hälfte des 18.Jh. verschrieben hat.
Deutsche Einspielungen von Opern Grétrys kenne ich keine. Vielleicht geht man die Gefahr nicht ein, weil dazu ja eine hervorragende Beherrschung der französischen Sprache gehört, weil bei den Franzosen das Libretto so wichtig war/ist - siehe die Beiträge von Soleil Royale!
Von Opern von Grétry kenne ich bis jetzt nur "L'amant jaloux" als eine halbwegs HIP gehaltene Inszenierung. Und auch da ging man freilich nicht soweit wie bei der stärker in der Hinsicht ausgeprägten Inszenierung von "Hippolyte et Aricie" (Dir. E. Haïm) von 2009:anbetung:. (In Dtl. hat Franz. Oper oder vielleicht Oper allgemein wahrscheinlich einfach - ausgenommen einmal "Radamisto" in Karlsruhe - nicht den Stellenwert, dass man so aufwändige Inszenierungen wagt. Mir sind jedenfalls keine bekannt.)

Bis jetzt gingen eigentlich alle Versuche von Deutschen franz. Oper der Zeit aufzuführen, wenn ich dabei war, mangels Erfahrung mit der Musiksprache in die Hose. Kann aber auch nur mein Eindruck sein. :scheinheilig:

Zurück zur französischen Oper in Deutschland im 18.Jh.!
Kann es sein, dass der überwiegende Teil der Werke eingedeutscht wurde? Ich entsinne mich daran, dass auch mal im "Journal des Luxus und der Moden" kritisiert wurde, dass durch die Übersetzung der Opern ins Deutsche generell viel vom Reiz der Sprache verloren ginge. Heute kann man sich das ja nicht mehr vorstellen. Ich zumindest kenne keine modernen (also aus dem 21. Jh.) Versuche, französische Opern auf Deutsch einzuspielen.
 
Zuletzt bearbeitet:
1.
In Verbindung mit dem Direktor nennt Goethe die frz. Oper "Die Schöne bei dem Ungeheuer" von Grétry ( "La Belle et la Bete", nach dem Text von Marmontel (1771) ), sei es dadurch, dass Marchand selbst eine Rolle spielte, sei es dadurch, dass ihm die Oper gefiel.

"Diese in ihrer Art wohlgelungene Oper näherte sich jedoch dem edlen Stil und war geeignet, die zartesten Gefühle zu erregen."


Nach dieser Einschätzung kommt er noch kurz auf den "realistischen Dämon des Operntheaters" zu sprechen.

2.
"Zustands- und Handwerksopern taten sich hervor. "Die Jäger", "Der Faßbinder" und ich weiß nicht was alles, waren vorausgegangen."

Auf diese neuartigen Opern scheint er, ganz im Gegensatz zur französischen Oper, nicht viel gehalten zu haben.
1.
Er meint mit "dem edlen Stil" sicherlich den Einfluss Glucks, der auf Grétry nicht zu überhören ist.

2.
Da sitze ich jetzt wahrscheinlich einem Missverständnis auf. Aber "Der Faßbinder" ist doch eine französische Oper! Freilich ist das eine Oper, die sozusagen nach dem Tode Rameaus in der Zeit des Übergangs entstanden ist.
Oder meinst Du da mit "französischer Oper" eher die Werke von Rameau mit ihrer weitaus anspruchsvolleren Musik als die Opern von Grétry bzw. hier Monsigny ("Die Faßbinder"). Anspruchsvoller meint hier nicht, dass die Opern Grétrys oder Méhuls nicht musikalische Herrausforderungen für Sänger und Orchester bedeutet hätten - ganz im Gegenteil! - sondern dass sie allein schon von der Dauer (1-1 1/2 Stunden im Vergleich zu Rameaus Tragédie Lyrique mit 3 und mehr Stunden) höhere Anforderungen an das Publikum stellten (denen man natürlich entging, wenn man nur zu bestimmten Aufzügen erschien).
 
Die Themen (Liebe, Hass, Eifersucht, Probleme zwischen Pflicht und Neigung) sind ja zeitlos.

Die Themen sind zeitlos, nicht aber die Libretti. Die sind bei den 100 Opern des Matre Grétry meist für uns heutige Opernbesucher derart absurd und teilweise grotesk, dass man sich bei einer Originalhandlung Lachstürmen oder unglaublicher Langeweile ausgesetzt sehen würde. Wer wollte auch schon diese flüchtig geschriebenen und völlig aus der Zeit gefallenen originalen Libretti eins zu eins auf die Bühne übernehmen wollen? Das tut niemand und nur für Feinschmecker mit endloser Geduld finden sich vielleicht in Millionenstädten Besucher in ausreichender Zahl.

Wer Barockopern heute vergessener Komponisten (abgesehen von speziellen Freunden wie dir, die diese Komponisten natürlich lieben) szenisch an normalen deutschen Stadttheatern aufführen will, muss das so tun, dass sich ausreichend Besucher einfinden. Ansonsten lässt sich das angesichte der großen Theatersubventionen aus dem allgemeinen Steuersäckel aller Bürger nicht vertreten. Und das geht nur, wenn man daraus ein spektakuläres Opern-Event macht. Da das die meisten deutschen Stadttheaterintendanten (ich denke da an Würzburg, Gelsenkirchen, Kiel, Münster, Nürnberg usw.) nicht wagen, unterbleibt das leider. Und so sehen wir nur hin- und wieder an großen bzw. ausgewählten Bühnen etwas originales, bei meist hohem finanziellen Einsatz.
 
Die Themen sind zeitlos, nicht aber die Libretti. Die sind bei den 100 Opern des Matre Grétry meist für uns heutige Opernbesucher derart absurd und teilweise grotesk, dass man sich bei einer Originalhandlung Lachstürmen oder unglaublicher Langeweile ausgesetzt sehen würde. Wer wollte auch schon diese flüchtig geschriebenen und völlig aus der Zeit gefallenen originalen Libretti eins zu eins auf die Bühne übernehmen wollen? Das tut niemand und nur für Feinschmecker mit endloser Geduld finden sich vielleicht in Millionenstädten Besucher in ausreichender Zahl.
Aber Lachstürme sind doch auch erwünscht. Es sind Komödien (überwiegend)! :D

Ein Problem ist generell, dass man in Opernhäusern oftmals bei einem älteren Stoff eine bierernste Handlung erwartet. Wenn dann manche in einer humorvoll gemeinten Oper lachen, wird man schon dumm angeschaut.

Und ich habe nie verstanden, warum man sich an einem Provinztheater mit einer Produktion überheben muss, die weder dem Publikum noch den Möglichkeiten des Orchesters entspricht. Die Alternative sind die heutzutage gastierenden Spitzenensembles, die es zumindest mal in Städte wie Baden-Baden schaffen.

Das Problem mit der Überforderung des Orchesters vor Ort ist, um den Bogen zum Thread zu schlagen, natürlich ein historisches.
Viele franz. Opern erforderten bspw. große Chöre, welche sich in den Hofkalendern deutscher Höfe nicht finden und auch nicht ohne weiteres mit Hilfskräften zu ersetzen waren. Mit einem italienisch geprägten Hoforchester konnte man auch nicht einfach franz. Bühnenmusik spielen, da man (wie im sächsischen Hofkalender von 1735) bspw. zu wenige tiefe Stimmen hatte. Obendrein ließen und lassen sich nicht einfach Tenöre als Haute-Contres zweckentfremden, von der Vorliebe franz. Komponisten für Basse-Baritones etc. ganz zu schweigen.:fs: Hier sehe ich ein großes Hindernis für franz. Musik in Dtl., ausgenommen Kammermusik.
 
Und ich habe nie verstanden, warum man sich an einem Provinztheater mit einer Produktion überheben muss, die weder dem Publikum noch den Möglichkeiten des Orchesters entspricht.

Ob die musikalische Qualität solcher Produktionen ausreichend war, darüber gehen die Meinungen der Rezensenten oftmals auseinander. Im übrigen finde ich es gut, wenn das Publikum auch an klieneren Häusern mal mit solchen musikhistorisch wichtigen Komponisten bekannt gemacht wird, auch wenn das musikalische Ergebnis keine Spitzenwerte erzielt.

Die Alternative sind die heutzutage gastierenden Spitzenensembles, die es zumindest mal in Städte wie Baden-Baden schaffen.

Wie schon gesagt: Ich halte auch eine Aufführung an kleineren Häusern für akzeptabel, selbst wenn musikalisch Abstriche gemacht werden müssen. Wenn es danach geht, könnten wir Wagner nur noch in Bayreuth, München oder Berlin hören. Wer live hört, muss Abstriche machen, sieht man einmal von Spitzenorchestern ab. Dafür wächst (hoffentlich) das musikhistorische Verständnis des allgemeinen Opernpublikums und viellicht werden sogar neue Freunde für die französische Barockmusik gewonnen.

Das Problem mit der Überforderung des Orchesters vor Ort ist, um den Bogen zum Thread zu schlagen, natürlich ein historisches.
Viele franz. Opern erforderten bspw. große Chöre, welche sich in den Hofkalendern deutscher Höfe nicht finden und auch nicht ohne weiteres mit Hilfskräften zu ersetzen waren. Mit einem italienisch geprägten Hoforchester konnte man auch nicht einfach franz. Bühnenmusik spielen, da man (wie im sächsischen Hofkalender von 1735) bspw. zu wenige tiefe Stimmen hatte. Obendrein ließen und lassen sich nicht einfach Tenöre als Haute-Contres zweckentfremden, von der Vorliebe franz. Komponisten für Basse-Baritones etc. ganz zu schweigen.:fs: Hier sehe ich ein großes Hindernis für franz. Musik in Dtl., ausgenommen Kammermusik.

Dass viele zeitgenössische deutsche Opernhäuser des 18. Jh. massive Probleme bei der Produktion französischer Opern hatten, kann ich mir gut vorstellen. Allerdings denke ich, dass große Hoftheater wie die in Dresden, München oder Berlin alle finanziellen und personellen Ressourcen gehabt haben müssen.
 
Recht verbreitet scheint von Grétry "Zémire et Azore" gewesen zu sein. Hase lässt in seinem dramatischen Roman "Gustav Aldermann" (1779) seine Hauptfigur daraus singen, wenn er mit sich allein ist. Wenn es Musik schon in Romane der Zeit geschafft hat, dann scheint diese schon ausgenommen verbreitet gewesen zu sein. Kein Wunder in dem Fall, 1771 in Frankreich aufgeführt, folgten in den 1770ern noch Aufführungen in einigen der wichtigsten Hauptstädte Europas.
 
Am Dienstag lief auf Arte die Doku "Grétry, ein Komponist im Wandel der Geschichte" nochmals und kann noch in der Mediathek angeschaut werden.
Die Betonung, dass Mozart bei Grétry offensichtlich abgekupfert hat, ging mir zwar wieder auf den Wecker, aber diesmal habe ich mir immerhin gemerkt, dass Grétry bis Ravel der meistgespielte französische Komponist überhaupt war. :cool:
Schade nur, dass leider bloß so wenig Musik von Grétry (nur "Céphale et Procris", "L'Amant jaloux" und "Guillaume Tell") vorgestellt wurde.
 
Zurück
Oben