kleine Geschichte der Atombombe..

hatl

Premiummitglied
..ein Versuch:

1881 macht Michelson ein Experiment das Morley 6 Jahre später wiederholt.
Es geht um die Wellenausbreitung des Lichtes.
Das Ergebnis ist erstaunlich.
Licht breitet sich in jede Richtung gleich schnell aus, unabhängig von der Eigengeschwindigkeit der Lichtquelle.
(Schallwellen oder Wasserwellen verhalten sich anders.)

Daraus gelangt Einstein 1905 und folgende Jahre zum Schluss, dass weder Raum noch Zeit absolut seien, sondern die Lichgeschwindigkeit.
Er kommt dann auch darauf, dass Energie und Masse im Zusammenhang stehen mit der sehr einfachen Gleichung E=mc^2.
1915 werden die Gedanken als „Spezielle Relativitätstheorie“ zusammengefasst.

Fast zeitgleich hat Rutherford erkannt, dass sich Elemente durch radioaktiven Zerfall in andere Elemente niedrigerer Ordnungszahl verwandeln. Dabei werden Alpha-, Beta- und Gammstrahlen frei. 1908 erhält er den Nobelpreis hierfür.

1932 entdeckt Chadwick das Neutron. Das ist sozusagen das Teil welches den Isotopen zu einem solchen macht.
1935 erhält er dafür den Nobelpreis für Physik.

Das Thema ist nun top-spannend....
Götterdämmerung...
Wenn es gelänge Elemente zu verändern indem man sie spaltete, oder mit Neutronen anreicherte,
dann wäre man nahe an dem, was Goethes Faust so inbrünstig wünschte:
„Daß ich nicht mehr mit sauerm Schweiß,
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau’ alle Wirkenskraft und Samen,
Und thu’ nicht mehr in Worten kramen.!“

Sehr kluge Leute sind nun ganz elektrisiert von dem Gedanken,
… der Ruhm winkt auch.
(Und es mischt sich ja auch das Große mit dem Kleinen, wie stets auf dieser Welt, in welcher Zeit auch immer.)

1938 machen Hahn und Straßmann ein Experiment, welches sich letztlich als Nachweis der Kernspaltung herausstellt. Lise Meitner, die als Jüdin mittlerweilen nach Schweden geflüchtet ist, wird als brilliante Theoretikerin ihrem geliebten Mentor und Freund „Hähnchen“ wertvolle Deutungshinweise geben. Andere auch.

Was ist passiert?
Uran ist in zwei Elemente zerfallen, welche insgesamt weniger Masse haben, als das Ausgangselement. Sowas geht nach Einstein mit Energiefreisetzung einher: E=mc^2.
Nun ist ja „c“ die Lichtgeschwindigkeit mit 3*10^8 m/s, was quadriert eine richtig große Nummer macht.
Selbst bei einem kleinen „Massendefekt“.

Und plötzlich, wie unerwartet, ist die ganz große Bombe in Sicht, während wir uns noch in der ersten Hälfte des 20. Jhds. befinden.

Im August 1939, kurz vor dem deutschen Überfall auf Polen, schreibt Einstein als tief besorgter Pazifist, und angesehenster Physiker seiner Zeit, einen persönlichen Brief an Franklin Delano Roosevelt mit diesem Inhalt:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bf/Einstein-Roosevelt-letter.png
Leo Szilard, der bereits 1934 die Möglichkeit der nuklearen Kettenreaktion beschrieb, hatte Einstein kurz vorher aufgesucht und ihn gebeten dies zu tun, weil begründete Furcht vor einer faschistischen Atombombe hatte.

In der ersten Jahreshälfte 1941 gelingt britischen Forschern erstmals eine ungefähr richtige Berechnung der kritischen Masse von U235 mit dem verblüffend niedrigen Wert von ca. 10-40 kg.
Damit ist die technische Machbarkeit in den Bereich des Möglichen gerückt und das Manhatten Projekt beginnt unter höchster Geheimhaltung in den USA.

(Parallel dazu werden auch in Nazideutschland Betrachtungen und Experimente dazu angestellt.
Diese bleiben vergleichweise bescheiden an Umfang. Es sind hier mehrere Gründe zu finden.
Zum einen sind führende Köpfe der Physik vor dem Terror geflüchtet (Szilard, Fermi,Wigner, Teller ..und auch Einstein), zum anderen wird die Physik ideologisiert („deutsche Physik“) und letztlich hat das „Reich“ seine wirtschaftlichen Möglichkeiten bereits längst überdehnt.)

Als es schließlich soweit ist, Juli 1945, dass eine Atombombe erfolgreich gezündet wird, ändert dies die Weltlage mit einem Schlag.
Curchill erinnert sich in seinen Memoiren, dass über die Frage des Einsatzes überhaupt nicht diskutiert wurde, sondern es so gewesen sei, dass eine Möglichkeit der schnellen Beendigung des grausamen und verlustreichen Krieges gegen Japan als Erlösung gesehen wurde.

….

Nachbetrachtung:

- Man kann sagen, dass in der finstersten Zeit die Waffe der globalen Apokalypse geboren wurde.
Als diese noch nicht das sein konnte, was Carl Sagan als „almost a home-craft-industry“ bezeichnete, wurde diese in der freien Welt zuerst verwirklicht, weil die Freiheit der Humus ist, auf dem die Pflanze der Erkenntnis zuerst wächst.
Es ist wie die zweite Vertreibung aus dem Paradies, die der ersten im mythologischen Sinne darin gleicht, dass wieder unumkehrbar eine Frucht vom Baum der Erkenntnis verzehrt wurde.
- Was die praktische Durchführung anging, so zeigte sich, dass die Gewinnung des geeigneten Materials der eigentliche Schlüssel zur Büchse der Pandora war.
Dabei zeigten sich zwei grundsätzliche Möglichkeiten:
1.die Anreicherung durch Isotopentrennung in Zentrifugen (U235) und
2. die chemische Trennung erbrüteten Materials durch Neutronenbeschuss wie Pt239 (Transurane).
Beide Technologien sind heute, wie auch gestern, grundsätzliche Bestandteile der „zivilen“ Kernkraft.

Interessant hierzu:
Mark Walker – Die Uranmaschine, Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe -
Winston Churchill – der zweite Weltkrieg, Kapitel 31: die Atombombe -
Werner Heisenberg Ausstellung: Von Haigerloch nach Farm Hall
 
Zuletzt bearbeitet:
..... schreibt Einstein als tief besorgter Pazifist, und angesehenster Physiker seiner Zeit, einen persönlichen Brief an Franklin Delano Roosevelt mit diesem Inhalt:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bf/Einstein-Roosevelt-letter.png
...

Als es schließlich soweit ist, Juli 1945, dass eine Atombombe erfolgreich gezündet wird, ändert dies die Weltlage mit einem Schlag.
Curchill erinnert sich in seinen Memoiren, dass über die Frage des Einsatzes überhaupt nicht diskutiert wurde, sondern es so gewesen sei, dass eine Möglichkeit der schnellen Beendigung des grausamen und verlustreichen Krieges gegen Japan als Erlösung gesehen wurde....

Nur ein Paar kleine Ergänzungen sind hier: Zu Einstein:"Ich bin nicht nur Pazifist, ich bin militanter Pazifist. Ich will für den Frieden kämpfen."
"Was ich sonst mache oder sage, kann die Struktur des Universums nicht ändern. Aber vielleicht kann meine Stimme der größten Sache dienen: Eintracht unter den Menschen und Friede auf Erden."
(Zitaten aus dem Buch:Albert Einstein/Sigmund Freud:Warum Krieg?/Mit einem Essay von Isaac Asimov - "Statt eines Vorworts: Albert Einstein/Für einen militanten Pazifizmus" S.:9,11.)

Ja, mit dem zwei abgeworfene Atombombe auf Japan hat der Welt sich auf dem Erde maßgeblich veränderte. Und waren (sind) da auch noch mehrere "Fortsetzung"-en im Gang, bisher waren sie nur wie Experimente - überall mit verheerende Folgen- durchgeführt.
Zitat: S.:915
"Nach dem Abwurf der ersten Atom-Bomben auf Hiroshima und Nagasaki war es für die militärischen Befehlshaber vordringlich, eine genauere Kenntnis von diese Waffe zu bekommen. Sie mußten wissen, wie man sie im Angriff wirkungsvoll einsetzt, aber es mußte auch die Grenze ihrer Wirksamkeit bekannt sein, damit man durch Gegenmaßnahmen ihre Wirkung so gering wie möglich zu halten vermochte, falls der Feind sie seinerseits einsetzte. Aus diesem Grunde wurde die Operation <Crossroad> als Versuchsserie eines Einsatzes von Atom-Bomben gegen Kriegsschiffe konzipiert."

S.:916
"..wurden verschiedene Tests beim Bikini-Atoll durchgeführt. Über 200 Schiffe, 150 Flugzeuge und 42 000 Mann nahmen daran teil. 75 Schiffe wurden im Zielgebiet verankert. Das Bombenzielschiff, die Nevada, lag inmitten von vier anderen Schlachtschiffen, Pennsylvania, Arkansas, New York und der japanischen Nagato. Zwei Träger, Saratoga und Independence lagen ebenfalls dort mit dem Kreuzern Pensacola, Salt Lake City, dem deutschen Kreuzer Prinz Eugen und der japanischen Sakawa. Hinzu kammen etliche andere Kreuzer,...U-Boote.... Auf jedem Schiff waren Meßinstrumente angebracht, eine Auswahl von Ausrüstungsgegenstände und lebende Tiere, so daß man der Wirkung der Drucks- und Sogwellen und der radioaktiven Verseuchung erfassen könnte. ...
Der Test <Able>....fand am 1. Juli 1946 um 9.00 Uhr Ortszeit statt....
Der Versuchstest <Baker>, der am 25. Juli 1946, 8.25 Uhr, durchgeführt wurde,....
Weitere Tests wurden in eine neue Versuchsgebiet bei dem Eniwetok-Atoll durchgeführt."
((Zitaten sind aus dem Buch: Seemacht/Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart/(Sea Power. A Naval History), von Elmar B. Potter und Flottenadmiral Chester W. Nimitz, insg. 1202 Seite, Bernard & Graefe Verlag München, 1986.))

Zur "..Churchill...eine Möglichkeit der schnellen Beendigung...Kriegs gegen Japan...".
In der Tat, es war nicht sehr einfach, der Krieg gegen Japan zu beenden.
Um den Mitte des Jahres 1945 noch arbeiteten die Amerikaner und die Briten an eine Landungsplan für Kyushu (vorgesehen war im November 1945, -Operation <Olympic>), und war auch eine Angriff auf Honshu und eine Vorstoß auf der Nähe Tokios fürs März 1946 in Plan.


Anderseits selbe in Japan war auch der Situation für der Krieg rasch zu beenden, nicht sehr einfach.

S.:895
"Am 22. Juni 1945 traf Kaiser Hirohito auf einer Sitzung des Obersten Kriegsrates eine Feststellung, zu der sich führende Persönlichkeiten des Landes aus Angst oder Unmut öffentlich nicht bequemen wollten: Japan musse einen Weg finden, den Krieg zu beenden...
Es war nicht einfach, den Krieg zu beenden. Mächtige Gruppen in Japan und Führer der Streitkräfte in besetzten Gebieten waren für einen Kampf bis zum bitteren Ende.
Weder die Regierenden noch das Volk waren bereit, einen Friedensschluß zu akzeptieren, der nicht die Erhaltung der Monarchie in sich schloß.
Die notwendigen Verhandlungen mußten daher im geheimen geführt und Friedensbedingungen erlangt werden, die kurz vor der <bedingungslosen Kapitulation> haltmachten.
Da von den Weltmächten Rußland hinsichtlich des Krieges im Pazifik offensichtlich neutral war, schien es angebracht, über Moskau Friedensfühler auszustrecken. Der Oberste Kriegsrat hoffte außerdem, durch das Insspielbringen Sowjetrußlands ein neues Neuralitätversprechen im Austausch gegen Zugeständnisse in der Mandschurei zu erlangen. Als jedoch der japanische Botschafter in Moskau das sowjetische Außenministerium wegen der gewünschten Friedensverhandlungen sondierte, musste er feststellen,, daß die Russen ihn hinhalten wollten. Während der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 sagte Stalin Truman oder Churchill zunächst nichts von dem japanischen Wunsch nach Friedensvermittlung. Ganz offensichtlich wollten die Russen kein Ausscheiden Japans aus dem Krieg, bevor sie nicht selbst am Krieg gegen Japan teilgenommen hatten, um die Früchte des Sieges mitzugenießen.
Jedoch war Präsident Truman über die Friedensfühler Japans unterrichtet, denn der amerikanische Nachrichtendienst las den Funkspruchaustausch zwischen dem japanischen Außenminister in Tokio und dem japanischen Botschafter in Moskau mit.
In dem Potsdamer Proklamation vom 26. Juli erteilten die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Chinas Japan eine Antwort, indem sie erklärten, daß die <bedingungslose Kapitulation> im Falle Japans nur für die Streitkräfte gelten solle....
Die Potsdamer Proklamatio kam für das japanische Kabinett zu früh und zu plötzlich: noch hatte es keine Schritte unternommen, um das japanische Volk auf die kapitulation vorzubereiten, noch hatte es nicht das erhoffte Neutralitätversprechen der Sowjetunion erhalten,...
Das Haupthindernis für eine Annahme der alliierten Proklamation war jedoch, daß sie kein Wort über die Absichten hinsichtlich des japanischen Kaiserhaus enthielt."

Nach dem der zwei Atombombe-Abwurf...(S.:896,897): "Diese erschreckenden Ereignisse beendeten das Zögern der japanischen Regierung und lösten eines ihrer schwierigsten Probleme. Bis dahin nämlich waren die höchsten Ratgeber des Kaisers in Verlegenheit gewesen, wie sie die harte Tatsache der Niederlage einem Volke bekanntmachen sollten, das so lange durch eine lügnerische Propaganda getäuscht worden war. Die wahrscheinlichkeit war nicht gering, daß jeder Kapitulationsversuch Meuterei in den Streitkräften und einen Bürgerkrieg heraufbeschwören würde."
(Zitataten sind aus dem selbe Potter/Nimitz Buch, wie oben es schon angegeben wurde.)
 
Zuletzt bearbeitet:

Danke sehr!

Was wir übrigens hier im Forum noch nicht hatten, ist die Rolle der japanischen Armee und des von ihr initiierten (und gescheiterten) Atomprogamms, iV mit dem "Direktorium der Sechs", in dem die Armee bis zuletzt blockierte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich freu mich über das Interesse am leider makabren Thema,
würd aber gern ein wenig bei der Technik bleiben.

Wobei es ja so ist, dass in der Frühphase,
und dazu gehört das Manhatten-Projekt, wie auch andere Unternehmungen in anderen Ländern,
die wissenschaftliche Grundlagenforschung zeitlich sehr unmittelbar und bestimmend auf die technische Realisierung wirkte.
Gab es jemals vorher, (oder nachher?) eine ähnliche zeitliche Verdichtung in diesem Zusammenhang?

Erstaunlich ist es, dass zwei verschiedene Prinzipien gleichzeitig verwirklicht wurden.
Das betrifft zum einen die Konstruktion der Bombe selbst.
Über Hiroshima wurde eine U235-Bombe abgeworfen (Little Man).
Die zweite Bombe über Nagasaki (Fat Boy) hatte als Pt239-Bombe ein gänzlich anderes Konstruktionsprinzip.
Nicht weniger verwunderlich ist die Tatsache, dass erst ein einziges Mal vorher eine Kernexplosion überhaupt geglückt war (Fat Boy).

Zum anderen sind auch die technischen Prinzipien der Gewinnung der spaltbaren Stoffe (U235 und Pt239) grundlegend verschieden,
wobei auch hier mehr als jeweils nur ein Weg beschritten wurde.

Die technische Umsetzung einer fundamentalen Veränderung der Weltgeschichte geschah in nur 3 Jahren.
Gibt es irgendein Ereignis der Weltgeschichte welches in diesem Sinne vergleichbar wäre?

Ich denke, dass eine wesentliche Grundlage des Verständnisses der allerneuesten Geschichte, in der Ergründung der technischen/technologischen Voraussetzungen der nunmehr ultimativen Massenvernichtungswaffe und deren Verbreitung liegt.

Denn die Phase der wissenschaftlichen Grundsatzarbeit ist weitgehend abgeschlossen und nun abgelöst durch das Zeitalter der technischen und wirtschaftlichen Proliferation.

Nachtrag:
Es stellt sich auch die existienzelle Frage ob wir als Spezies nicht als todgeweihtes Gretchen von Goethes Faust verführt wurden und nun auch sagen müssen:
"dort unter der Schwelle,
brodelt das Feuer der Hölle!"
 
Zuletzt bearbeitet:
Die technische Umsetzung einer fundamentalen Veränderung der Weltgeschichte geschah in nur 3 Jahren.
Gibt es irgendein Ereignis der Weltgeschichte welches in diesem Sinne vergleichbar wäre?

Im Prinzip berührt Deine Frage die Dynamik der militärischen Innovationen, die eingebettet waren in die Entwicklung der önomischen Grundlagen.

z.B.
The Dynamics of Military Revolution, 1300-2050 - Google Books

oder auch
The Culture of Military Innovation: The Impact of Cultural Factors on the ... - Dima Adamsky - Google Books

oder auch die Arbeiten von Parker oder Michael Howard.
The Military Revolution: Military Innovation and the Rise of the West, 1500-1800 - Geoffrey Parker - Google Books

(ist auch auf Deutsch erschienen)

Sehr spannend auch unter technischen Gesichtspunkten ist die Veränderung des militärischen Schiffbaus von 1850 bis 1918. Eine Periode radikaler technischer Veränderungen in diesem Bereich.
 
Eine Nebenbetrachtung zum Thema:

Ich denke es ist interessant einen Blick auf das Deutsche Reich am Vorabend der Atombombe zu werfen.
Man hätte ja erwarten dürfen, dass gerade dieses als erste die große Bombe hervorbringt. (und es wurde in der fraglichen Zeit auch durchaus befürchtet)
Denn das „Reich“ war bis in die 30er-Jahre führend in der Atomphysik.

Wir wissen heute natürlich mehr als die damaligen Zeitgenossen, und dass es anders kam.

Da zu der fraglichen Zeit in diesem Falle eine, wie ich vermute, beispiellose Verschränkung zwischen Grundlagenforschung und militärischer Umsetzung bestand,
lohnt es sich einen Blick auf die Fähigkeit zur Grundlagenforschung des 3. Reichs zu werfen.
Ich will es mal versuchen..

Relativ spät erreichte auch die allgemeine Gleichschaltung den wissenschaftlichen Betrieb.
Bemerkenswert aber ist der Zeitpunkt.
Denn gerade zu der Zeit, als das 3. Reich die Wissenschaft letztlich unter ihre Kontrolle nahm, überstürzten sich die Einblicke der Physiker in Bezug auf die mögliche Verwirklichung der Atombombe.
Als am 30. Januar 1933 in
Deutschland den Nationalsozialisten
die Macht
übertragen wurde, da bedeutete dies
einen gravierenden Eingriff in das
politische Leben Deutschlands – mit
jenen katastrophalen Folgen, die
wir alle kennen. Die Auswirkungen
der nationalsozialistischen Herrschaft
beschränkten sich aber nicht
nur auf den Bereich der politischen
Machtausübung, sondern wie in
jeder Diktatur erhob auch das nationalsozialistische
Herrschaftssystem
nach und nach für alle Bereiche
des öffentlichen Lebens seinen
Machtanspruch – nicht zuletzt auch
in den Wissenschaften. Für letztere
war wohl der sichtbarste Ausdruck
dieser Einflussnahme der Exodus
führender Gelehrter, der auf vielen
Gebieten zudem mit einem sukzessiven
Verfall der naturwissenschaftlichen
Grundlagenforschung und
der Zunahme bzw. der Förderung
einer vordergründigen Anwendungsorientierung
bzw. militärtechnischen
Ausrichtung der Forschung einher
ging. In diesen Prozess war die
Physik als Kerndisziplin moderner
naturwissenschaftlich-technischer
Forschung in besonderer Weise
einbezogen.

http://www.dpg-physik.de/veroeffentlichung/physik_journal/artikel_pj/dpg_im_dritten_reich.pdf


Das hat, wie andere Teilströmungen des Rassismus dieser Zeit, (oder sollte man vielleicht sogar von einer Epoche sprechen) auch, eine Vorgeschichte.
--------------

„Für die Deutsche Physik existierte kein formales Programm, sie entwickelte sich in der Auseinandersetzung um die abstrakte moderne Physik in Veröffentlichungen und Vorträgen. Die bekannteste und immer wieder zitierte Definition stammt aus dem Vorwort von Lenards vierbändigem Lehrwerk Deutsche Physik von 1936, das – ohne dieses Vorwort – bis weit in die 1950er Jahre zur Lehre weiterverwendet wurde:

„‚Deutsche Physik?‘ wird man fragen. Ich hätte auch arische Physik oder Physik der nordisch gearteten Menschen sagen können, Physik der Wirklichkeits-Ergründer, der Wahrheits-Suchenden, Physik derjenigen, die Naturforschung begründet haben. – ‚Die Wissenschaft ist und bleibt international!‘ wird man mir einwenden wollen. Dem liegt aber immer ein Irrtum zugrunde. In Wirklichkeit ist die Wissenschaft, wie alles was Menschen hervorbringen, rassisch, blutsmäßig bedingt. […] Naturforschung […] hat kein Volk überhaupt je begonnen, ohne auf dem Nährboden schon vorhandener Eigenschaften von Ariern zu fußen.[1]
Deutsche Physik ? Wikipedia
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D.h. dass der Erfolg der Erforschung der Naturgesetze mit einer Rassenlehre verbunden wird, welche vor dem Zeitalter der Genetik grundlagenlos sein musste und auch heute noch bleibt.
Vertreten wird diese Ansicht von einem Nobelpreisträger (1905 - Phillip Lenard) mit Naziaffinität.
Bemerkenswert sind auch rassistisch motivierte Angriffe gegen Einstein durch die „Anti-Relativitäts-Gesellschaft“.
Diese Vorstellungen können wir, Stand heute, mit begründeter Abscheu zur Kenntnis nehmen..
..und müssen uns fragen wie es morgen weitergehen wird.
 
Fragen und Gedanken zur Atombombe...

Dass die Atombombe einen geschichtlichen Umbruch darstellt,
muss man als offensichtlich nehmen.
Denn niemals vorher wurde vom Menschen, oder gar einer anderen Spezies, eine Waffe hervorgebracht, die die Potenz hatte, die erschaffende Spezies zur Gänze zu vernichten.
Also eine derart zerstörerische Wirkung entfalten kann, dass die kritische Populationsdichte der „Schöpfer“ ausreichend gesenkt wird, um ein Aussterben derselben zu bewirken.

Wenn nun aber die Möglichkeit vor ca. 70 Jahren bestand, solches zu unternehmen,
war es dann noch im Bereich der freien Entscheidung,
es zu tun oder zu lassen?

Gestalten und schreiben wir die Geschichte,
oder ist es umgekehrt?
 
Gestalten und schreiben wir die Geschichte,
oder ist es umgekehrt?
Der gute Johann-Wolfgang hat es schon vorweggenommen. "die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los"
Was einmal da ist ,ist nicht wieder wegzubekommen. Was wäre eigentlich gewesen, wenn nur ein Land sie dauerhaft besessen hätte. Hätte es nicht die ganze Welt damit erpressen können. Vielleicht war es ganz in Ordnung, dass die Russen sie auch hatten. So standen sich die beiden Riesen mit gleichgroßen Keulen gegenüber und wussten das keiner gewinnen konnte.
Mittlerweile besitzen aber noch viele Andere das gefährliche Spielzeug.
Ich glaube, dass wir uns in völlig falscher Sicherheit wiegen. Irgendwann wird die Atombombe wieder ihre zerstörerische Kraft entfalten.
 
Wenn man totale Vernichtung als Kultur bezeichnet kann das hinkommen.

:)

Das mein ich nicht (es ist auch nicht ganz so OT wie es zunächst scheint).
Stock, der du gewesen,
Steh doch wieder still!
Willst's am Ende
Gar nicht lassen?
Will dich fassen,
Will dich halten
Und das alte Holz behende
Mit dem scharfen Beile spalten!
Seht, da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
Gleich, o Kobold, liegst du nieder;
Krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich! brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
Und ich atme frei!
Wehe! wehe!
Beide Teile
Stehn in Eile
Schon als Knechte
Völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer
Wirds im Saal und auf den Stufen:
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister, hör mich rufen! -

Am Beispiel der Atombe sehen wir den entfesselten "Geist".
Er geht seinen Weg, ob wir wollen oder nicht.
Wenn der erste die Bombe hat, muss ihn auch der zweite haben usw.
Der "Geist" hat sich abgekoppelt vom Erschaffer.
Nachdem er der "Büchse der Pandora" entwichen ist, "gibt es keinen Weg mehr ihn in diese zurückzudrücken".
Es ist bildlich gesprochen ein eigenes Wesen entstanden und dieses folgt seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten.
 
Wenn man totale Vernichtung als Kultur bezeichnet kann das hinkommen.

Ist es eigentlich beliebig, was als Kultur bezeichnet wird. Es gab mal ein Buch "Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten", ist das nun eine handwerkliche Anleitung, eine transzendale Philosophie oder ist das Alltags-Kultur.

Es gibt vielleicht eine "Ästhetik der Vernichtung", wenn eine Atombombe explodiert, das bedeutet aber noch nicht, dass es eine "Kultur" konstituieren würde.

Vielleicht sollte man doch ein wenig präziser definieren, was mit "Kultur" eigentlich gemeint ist, bevor man in der totalen Vernichtung, dem globalen Genozid durch H-Waffen einen Akt der "Kultur" erblicken möchte.

1. Der Mensch hält sich gern für ein großes Individuum, ist aber im Wirken des Ganzen nur verschwindend klein.

2. Die Kultur als evolutionärer Prozess ist längst dem Menschen entwachsen und folgt eigenen Gesetzen.

3. Gerade weil es eine kulturelle Evolution gibt, wirkt der Mensch auf die Natur zerstörerisch.

zu 1. Der Mensch ist ein großartiges Produkt der Evolution, sowohl unter biologischen Gesichtspunkten wie auch unter sozialen Gesichtspunkten. Er hat als Individuum und im Rahmen von Gruppen bzw. Gesellschaften bemerkenswerte Leistungen hervorgebracht. Ohne sein Wirken hätte es diese Leistungen nicht gegeben und deswegen ist obige Bewertung ausgesprochen unverständlich bzw. schlichtweg falsch.

zu 2. Was immer hier als "Kultur" definiert ist mag ein sehr komplexes Gebilde sein, das sich an vielen Punkten einer gezielten Steuerung bzw. Manipulation entzieht. Oder sofern eingegriffen wird, "unbeabsichtigte Nebenfolgen" hervorruft.

Dennoch ist der Mensch als Individuum und als Gesellschaft nicht lediglich das Subjekt von irgendwelchen nebulösen Prozessen, sondern der Mensch kann eingreifen. Die Eingriffe folgen dann beispielsweise Ansätzen der Technikmoral oder Technikphilosophie (vgl. z.B. Anders: Die Antiquiertheit des Menschen; Gehlen: Die Seele im technischen Zeitalter; Lenk: Zur Sozialphilosophie der Technik, Lenk & Ropohl: Technik und Ethik etc.).

Zudem ist es notwendig, die Rahmenbedingungen für den sozialen Wandel zu benennen, denn durch ihn entsteht erst gesellschaftliche Veränderung. Wie stellt man sich das Verhältnis von politischer, ökonomischer, gesellschaftlicher und technischer Entwicklung eigentlich vor. Ein Problem, das immer wieder Fragen aufwirft

Technik Und Sozialer Wandel: Verhandlungen Des 23. Deutschen Soziologentages ... - Google Books

zu 3. Heißt das, wenn es keine "kulturelle Evolution" (was immer Du darunter verstehen möchtest) dass der Mensch nicht zerstörerisch auf die Natur wirkt.

Und bereits bei der Umkehrung wird ersichtlich, dass diese Formulierung ebenfalls problematisch ist. Der Mensch folgt seinen Instinkten, seinem Motivationspotential und seinem rationalen Willen (in welcher Kombination auch immer) und durch sein Handeln wirkt er positiv oder negativ.

Aber es ist sein Handeln, dass Prozesse initiert, die dann durchaus eine Eigendynamik gewinnen können, aber wenn er es wollte, auch immer wieder prinzipielle beherrschbar wären. Das setzt allerdings einen Konsens voraus, der nicht ohne weiteres zu erzielen ist. Auch weil der Mensch egoistisch und tendenziell machthungrig ist und eine unterentwickelte kantsche Auffassung einer universellen Moral besitzt.

Dennoch gibt es kein Schicksal, das grundsätzlich außerhalb unserer Beeinflussung liegen würde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Thanepower,

darf ich Deinen Beitrag im Thread "Evolution der Kultur (?)" zitieren und dort weitermachen?

hatl
 
Am Beispiel der Atombe sehen wir den entfesselten "Geist".
Er geht seinen Weg, ob wir wollen oder nicht.
Wenn der erste die Bombe hat, muss ihn auch der zweite haben usw.
Der "Geist" hat sich abgekoppelt vom Erschaffer.

Die Darstellung hat wenig mit den konkreten damaligen Überlegungen zu tun. Der Einsatz war intendiert und folgte "klaren" politischen und militärischen Zielen.

Wie hier ausfürhlich diskutiert.
http://www.geschichtsforum.de/f68/l...rf-auf-hiroshima-warum-dort-33491/#post656102

http://www.geschichtsforum.de/f68/die-kapitulation-japans-42819/#post650324

Dass es keine weiteren Einsätze von A- bzw. H-Waffen weder in Korea noch in Vietnam gab ist ein ausreichender Beleg für die rationale Kontrolle, die diese Waffen bisher beherrscht hat.

Der Rüstungswettlauf bei den ICBM ist sicherlich ein Indiz für die Eigendynmik von Rüstungsprozessen. Aber er ist auch zumindest teilweise umgekehrt worden, wie in den entsprechenden Jahrbüchern von SIPRI etc. nachzulesen.
 
Der gute Johann-Wolfgang hat es schon vorweggenommen. "die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los"
Was einmal da ist ,ist nicht wieder wegzubekommen.

Ach, das hat bei Goethe doch auch geklappt:

In die Ecke,
Besen! Besen!
Seid’s gewesen.
Denn als Geister
Ruft euch nur, zu seinem Zwecke,
Erst hervor der alte Meister

;)
 
der "nukleare Winter"

Anfang der 80er interessiert sich eine Forschergruppe der NASA für den Effekt von Staubstürmen auf dem Mars auf die Oberflächentemperatur desselben.
Zur Erhellung des Sachverhalts versuchen sie eine Computersimulation.
Diese übertragen sie auf die Erde im Falle eines Nuklearkrieges.

Der Begriff des Nuklearen Winters ist geboren.
Siehe auch: Naomi Oreskes and Erik M. Conway– Merchants of Dought – Seite 47 folgende.

1983 kommt eine NASA-finanzierte Forschergruppe zu diesem Schluss:
It is estimated that a total of only 100 Mtons would be sufficient to plunge the Northern Hemisphere summer to subfreezing temperatures lasting months. Since the probable exchange in a nuclear war would exceed 5000 Mtons, it is expected that many species, including humans, may not survive the war.
Publication Date: Dec 23, 1983
„Nuclear winter - Global consequences of multiple nuclear explosions“

In der Folgezeit wird dies von verschiedenen Gruppen und Instituten heftig bestritten und relativiert.
Nuklearer Winter ? Wikipedia
 
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