Warum konnte sich der Absolutismus überhaupt durchsetzen?

Auch wenn es Ansätze davon schon im Mittelalter gab (kenn ich mich nur eingeschränkt aus), gab das Lehenssystem mWn den bedeutenden Lehensnehmern doch eine große Unabhängigkeit, die einer absoluten königlichen Macht entgegenstehen konnten, Gott, König und Eide usw hin oder her. Interessant der Hinweis, dass der 100jährige Krieg negativ für die Entwicklung der Zentralisierung in Frankreich war. Das könnte darauf hindeuten, dass die militärische Macht, die eben nicht beim König gebündelt war (oder nur theoretisch) durch den langen Kriegfsverlauf starken Einfluss auf das allgemeine staatliche Handeln nahm; oder: Da der König auf seine Lehens- und Bannerherren angewiesen war, konnten die wieder (mehr) machen, was sie wollten.

Genau das meinte ich ja. Dass im Mittelalter (ich spreche hier vom Mittelalter in den deutschen Landen) der römische Kaiser eben nicht die Befugnisse und Macht hatte, die eine Voraussetzung für den Absolutismus geboten hätte. Er war ja in allen möglichen Ressorts auf seine Fürsten und deren Zustimmung angewiesen, dass sie zum Beispiel einen Reichskrieg billigten und dem Kaiser die Soldaten stellten. Schon alleine aufgrund der Wahlmonarchie benötigte der Kaiser die Gunst der Kurfürsten, damit sein Sohn von ihnen zum König gewählt wurde (und das kostete nicht nur Geld, sondern auch Regalien und Land). Also konnte sich der Absolutismus von kaiserlicher Seite her nicht durchsetzen, da er einfach nicht möglich war. Die Reichsfürsten waren praktisch vom Kaiser unabhängig (was man alleine im Siebenjährigen Krieg sehen kann) und natürlich beharrten sie auch auf ihre Souveränität.

Innerhalb des einzelnen Staates (z. B. Preußen) konnte sich der Absolutismus hingegen doch durchsetzen, eben aufgrund der bereits genannten Gründe. Der König oder Landesherr war von Geburt an das von Gott erwählte Oberhaupt (natürlich nicht bereits im Kleinkindalter, aber mit Thronbesteigung). Er musste nicht gewählt werden und sich nicht gegen aufbegehrende Reichsfürsten erwehren. Die wirtschaftlichen Strukturen spielten dabei sicherlich auch eine Rolle, denn das Heilige Römische Reich hatte keine zentrale Wirtschaftsform mit einheitlichem Münzsystem und bestimmten Insititutionen, sondern war von Fürstentum/Stadt zu Fürstentum/Stadt unterschiedlich.
 
Der neuzeitliche Adel in Frankreich unter den Bourbonen war nur noch ein reiner Titularadel, wo sich die Noblesse innhaltslose Titel verlieh um ihren gesellschaftlichen Status zu signalisieren. Anders als noch der Schwert- und Amtsadel des Mittelalters, wo ein Graf von Toulouse und Zeitgenossen noch echte Territorialfürsten waren.
Ich meinte das so, dass die Habsburger ja auch noch den Namen führten, auch wenn sie die Gebiete nicht mehr inne hatten. Schon 1415 war die Habsburg endgültig den Habsburgern verloren gegangen.

Schöne Titel ohne den dazu gehörigen Besitz dahinter, waren also schon im Mittelalter üblich. :winke:
 
Innerhalb des einzelnen Staates (z. B. Preußen) konnte sich der Absolutismus hingegen doch durchsetzen, eben aufgrund der bereits genannten Gründe. Der König oder Landesherr war von Geburt an das von Gott erwählte Oberhaupt (natürlich nicht bereits im Kleinkindalter, aber mit Thronbesteigung). Er musste nicht gewählt werden und sich nicht gegen aufbegehrende Reichsfürsten erwehren. Die wirtschaftlichen Strukturen spielten dabei sicherlich auch eine Rolle, denn das Heilige Römische Reich hatte keine zentrale Wirtschaftsform mit einheitlichem Münzsystem und bestimmten Insititutionen, sondern war von Fürstentum/Stadt zu Fürstentum/Stadt unterschiedlich.
Wobei ich gerade bei dem Münzwesen noch am ehesten Handlungsspielraum von Seiten des Reiches bzw. der Kreise sehe.

Es gelang zwar dem Kaiser immer wieder bestimmte reichsunmittelbare Gebiete in eine tiefere Abhängigkeit zu sich zu bringen, aber das erfolgte doch eher mit Verhandlungsgeschick oder durch die Gunst der Stunde. Ein Absolutismus auf Reichsebene (also der Kaiser gegenüber dem Reich) ließ sich am Widerstand der Stände nichtmal in den am ehesten am Reich interessierten Kreisen durchsetzen.

Ich würde aber sagen, dass sich selbst das, was wir gemeinhin unter "Absolutismus" verstehen, in vielen Staaten nicht umsetzen ließ. Es wäre interessant, ob es eine Aufschlüsselung gibt, in wievielen Staaten und ab wann, diese Vormachtstellung des Landesherrn gegenüber dem Adel und den Ständen errungen werden konnte? Wahrscheinlich wird es das nicht geben, weil oftmals die Wertung der landesherrlichen Position unter Historikern noch heute umstritten ist. Das Beispiel, das mir jetzt am geläufigsten ist, ist Kursachsen. Da gibt es beide Auffassungen mit jeweils guten Argumenten, ob ein "Absolutismus" erreicht wurde.
 
Schon 1415 war die Habsburg endgültig den Habsburgern verloren gegangen.

1415 waren die Habsburger schon lange nicht mehr auf der Burg. Um 1220 lebten sie vermutlich in Brugg und danach zogen sie ganz weg. Die Burg wurde zunächst von den Truchsessen von Habsburg und Wildegg belehnt. Danach ging sie an die Herren von Wülpelsberg und dann an die Herren von Wohlen. 1371 waren die Herren von Wohlen ganz im Besitz der Burglehen, sie ergaben sich dann auch 1415 kampflos den Bernern und sicherten sich so ihre Besitzrechte. Die Burg selber hatte seit dem 13. Jahrhundert keine herrschaftspolitische Bedeutung mehr.
 
1415 waren die Habsburger schon lange nicht mehr auf der Burg.
Danke für die Ergänzung.

Mit der Eroberung des Aargaus im Jahr 1415 durch die Eidgenossen ging den Habsburgern, die mittlerweile in Wien ein weit bedeutenderes Herrschaftszentrum aufgebaut hatten, ihre Stammburg endgültig verloren.
von: Habsburg (Burg) ? Wikipedia)

Es ging mir rein um den Titel Grafen zu Habsburg, den noch die Kinder von Maria Theresia führten. :winke:
 
Na, ja, - rein gefühlt - würde ich schon einen Zusammenhang zum Dreißigjährigen Krieg, besser zum Westfälischen Frieden sehen. Immerhin erhielt Europa zum ersten Mal eine politische Landkarte, die Anspruch auf Bestand haben sollte. Wer da als Macht - zum Erhalt oder Erweiterung -mitspielen wollte, konnte (durfte) sich nicht (mehr) in landesinnenpolitischen Machtkämpfen verlieren, umso mehr, wenn neue Mitspieler z.B. Rußland oder auch Preußen sich anschickten, die Landkarte zu verändern.

Und daher sehe ich den Absolutismus als ein Erfordernis der Zeit. Bestes Beispiel ist wohl Preußen. Ohne die absolute Macht des Monarchen wäre der Aufstieg zur Großmacht wohl kaum möglich gewesen.

Danke excideuil!

Deine Erklärung geht genau in die Richtung, in die ich wollte. Natürlich wollte ich ausgehend von Frankreich den Absolutismus und die Idee dahinter verstehen. Aber nicht auf Frankreich beschränkt...
Die Erklärung, warum das System Absolutismus gewählt wurde, wäre somit, dass Europa zur gemeinsamen politischen Landkarte wurde. Ist das plausibel? Was meint ihr?

Wenn ihr mir kurz einen Abriss über die Inhalte und Folgen des Westfälischen Friedens geben könntet, wäre ich euch sehr dankbar...Momentan lese ich so viel Literatur, dass ich diese fachspezifischen Formulierungen satt habe...:weinen:
 
Danke excideuil!

Deine Erklärung geht genau in die Richtung, in die ich wollte. Natürlich wollte ich ausgehend von Frankreich den Absolutismus und die Idee dahinter verstehen. Aber nicht auf Frankreich beschränkt...
Die Erklärung, warum das System Absolutismus gewählt wurde, wäre somit, dass Europa zur gemeinsamen politischen Landkarte wurde. Ist das plausibel? Was meint ihr?
Na, ja, mein gefühlter Ansatz mit dem Westfälischen Frieden hatte die zum Zeitpunkt des Abschlusses akzeptierte Machtverteilung in Europa im Sinn, von "gemeinsamer Landkarte" würde ich nicht reden.
Vom Friedensvertrag unberührt blieben – natürlich - die "intimen" machtpolitischen Interessen der Mächte. Und hier würde ich z. B. das Bestreben Frankreichs sehen, Habsburg als kontinental dominierende Macht abzulösen. Damit ergab sich natürlich der Zwang einer Konzentration der Macht und Mittel. Richelieu hatte dies ja schon vorher erkannt und auch Mazarin unternahm alles, um die Macht des franz. Königs zu stärken. Freilich nicht ohne Rückschläge, wie sich zeigte.

Vllt. noch ein Aspekt. Mit dem Westfälischen Frieden hatte die Diplomatie erstmals eine machtpolitisch akzeptierte Landkarte in Europa geschaffen. In meinen Augen eine Aufwertung diplomatischer Mittel. Nicht ganz zufällig wird das Mittel der Diplomatie in der Folge an Bedeutung in den regelmäßigen zwischenstaatlichen Beziehungen gewinnen. Erfolgreiche Diplomatie setzt – neben dem finanziellen Aufwand - aber wohl auch eine innenpolitische Stabilität voraus.

Grüße
excideuil
 
Wobei ich gerade bei dem Münzwesen noch am ehesten Handlungsspielraum von Seiten des Reiches bzw. der Kreise sehe.

Obwohl es je nach Zeit und Gebiet unterschiedliche Währungen gab, was ja auch ein Kritikpunkt des Deutschen Zollvereins war, der eine einheitliche Währung für das gesamte Reichgebiet forderte (obwohl es da HRR natürlich nicht mehr gab). Das zeigt aber, wie schwierig es im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit gewesen sein muss, Handel intranational zu führen. Warum sonst gab es die vielen Geldwechsler?

Ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, aber ich meine, dass die Kölner Mark eine Währung war, die auch außerhalb von Kurköln als Zahlungsmittel angenommen wurde. Ansonsten gab es auch noch Münzen wie den Gulden oder die Goldmark.

Es gelang zwar dem Kaiser immer wieder bestimmte reichsunmittelbare Gebiete in eine tiefere Abhängigkeit zu sich zu bringen, aber das erfolgte doch eher mit Verhandlungsgeschick oder durch die Gunst der Stunde. Ein Absolutismus auf Reichsebene (also der Kaiser gegenüber dem Reich) ließ sich am Widerstand der Stände nichtmal in den am ehesten am Reich interessierten Kreisen durchsetzen.

Darum geht es ja eben. Auf Reichsebene wäre das niemals möglich gewesen. Die reichsimmediaten Fürstentümer, Städte, Abteien und Pfründen waren zwar dem Kaiser zu Gehorsam qua Fahnen- bzw. Zepterlehen verpflichtet, aber mit diesen paar Gebieten hätte der Kaiser niemals einen Absolutismus nach französischem oder preußischem Vorbild aufbauen können. Ich würde einfach mal vermuten, dass dies den Reichsfürsten bzw. dem Reichstag Anlass gegeben hätte, den Kaiser zu stürzen oder einen Krieg gegen ihn zu führen, da er die Souveränität der einzelnen Fürstentümer verletzt hätte und weder der Pfalzgraf bei Rhein noch der Herzog/König von/in Preußen das mit sich hätten machen lassen.
 
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