Die Fürstentümer Reuß ä.L. und Reuß j.L.

Die L.-Wertheim-Rocheforts haben nach meiner Erinnerung teilweise einfach neue Schulden aufgenommen, um andernorts neue Dörfer hinzu zu erwerben, die man dann ja auch notfalls gleich wieder verpfänden konnte.

Naja gut, dass ist dann die nicht so kluge Variante.
So lang es auf die Totalperiode sog. "unechte Verluste" sind und die Verlustjahre durchgehalten werden können, ist es kein Problem, aber so?

Zu den Staatseinnahmen eines ähnlich großen Staates wie wohl die reußischen Staaten, habe ich hier mal was geschrieben:
http://www.geschichtsforum.de/464590-post5.html
http://www.geschichtsforum.de/639237-post19.html

Danke für das Verlinken. :)
Sind die 33.000 fl. "Umsatz" oder "Überschuss"?
Weißt Du wie ungefähr die Umrechnung fl. und thl. war? (für ungefähre Vergleichbarkeit für oben)

Welche "Sprünge" also für einen kleinen Staat wie den reußischen möglich waren, hängt wohl auch von den momentanen Ausgaben für Bauwesen, Bestattungen des Landesherren (wenn das auch ein bisschen makaber klingt), Hochzeiten und dergleichen bzw. den ererbten Schulden von Vorgängern ab.

Es gibt für die Zeit wohl eine Art Zielkonflikt. Auf der einen Seite war es die mehr oder minder ausgesprochene Norm, diese und jene Summen für die Repräsentation aufzuwenden, damit man nicht gleich vollkommen weg vom Fenster ist. Ich habe mal Auszüge aus Reisetagebüchern gesehen. Die Grafen und Fürsten sind ja auch ständig in der Weltgeschichte rumgefahren. Allerdings wohl weniger aus freien Stücken, denn sie mussten ja zeigen, dass sie auch noch da waren.
Hätten sie also ihr "Netzwerk" nicht gepflegt, dann wäre die erfolgreiche Heiratspolitik u.Ä. schnell im Keller gewesen.
Auf der anderen Seite die Wirtschaftlichkeit des Staates. Die Pflege eines solchen bedurfte auch ihrer Mittel.
Meine These; hätten sich kleine Landesherren dafür entschieden alle Mittel in den Staat und nicht die Repräsentation ihres Hauses zu stecken, dann wäre ihr Haus in der Gesellschaft rasch auf einen Tiefpunkt gesunken und auf lange Sicht das Haus ausgestorben und/oder in einen anderen übergegangen.

Natürlich haben einige mit ihrer Repräsentation auch über die Stränge geschlagen. Aber ist das heute denn im Grunde anders? Die einen konsumieren und die anderen investieren.
 
1.
Danke für das Verlinken.
Sind die 33.000 fl. "Umsatz" oder "Überschuss"?
Weißt Du wie ungefähr die Umrechnung fl. und thl. war? (für ungefähre Vergleichbarkeit für oben)


2.
Es gibt für die Zeit wohl eine Art Zielkonflikt. Auf der einen Seite war es die mehr oder minder ausgesprochene Norm, diese und jene Summen für die Repräsentation aufzuwenden, damit man nicht gleich vollkommen weg vom Fenster ist. Ich habe mal Auszüge aus Reisetagebüchern gesehen. Die Grafen und Fürsten sind ja auch ständig in der Weltgeschichte rumgefahren. Allerdings wohl weniger aus freien Stücken, denn sie mussten ja zeigen, dass sie auch noch da waren.
Hätten sie also ihr "Netzwerk" nicht gepflegt, dann wäre die erfolgreiche Heiratspolitik u.Ä. schnell im Keller gewesen.
Auf der anderen Seite die Wirtschaftlichkeit des Staates. Die Pflege eines solchen bedurfte auch ihrer Mittel.
Meine These; hätten sich kleine Landesherren dafür entschieden alle Mittel in den Staat und nicht die Repräsentation ihres Hauses zu stecken, dann wäre ihr Haus in der Gesellschaft rasch auf einen Tiefpunkt gesunken und auf lange Sicht das Haus ausgestorben und/oder in einen anderen übergegangen.
1.
Bei der Größe des Territoriums gehe ich von den gesamten Staatseinnahmen aus. Einen Überschuss gab es in der Zeit kaum. Weikersheim, hier in dem Falle, hatte keine bedeutenden Handelszentren, die mehr hätten generieren können.
1 Rtl. sind genau 1 1/2 fl.. Die Staatseinnahmen beliefen sich also auf 22.000 Rtl.. M.E. eine sehr glaubhafte Summe. Der überwiegende Teil des Geldes ging für Hofhaltung/Gebäudeunterhalt und wahrscheinlich Bezahlung der Schulden oder von deren Zinsen drauf.

2.
Die Repräsentation wird generell in den meisten Büchern, die ich bis jetzt gelesen habe, als pure Notwendigkeit in der damaligen Zeit angesehen. Das Verbildlichen des Ranges erfüllte denselben mit Leben. Wer das nicht konnte, wurde eben auch entsprechend von juristisch Gleichrangigen behandelt.
Die Repräsentation durchzog im Grunde die gesamte Gesellschaft, die sich das halbwegs leisten konnte, vom Kaiser bis zum begüterten Bürgerlichen - Pietisten mit zur Schau gestellter Sparsamkeit vielleicht ausgenommen.

3.
Das Reisen wurde schon damals unterschiedlich bewertet. Ich habe mich dazu mal andernorts, zumindest bezüglich der englischen Kritik an den teuren Reisen ausgelassen.
Tatsache ist, dass man beim "Absolutismus"/Barock auch immer wieder von einer Gesellschaft spricht, wo die Gegenwart der Person von größter Relevanz war (ich müsste nochmal in nem Buch den korrekten wissenschaftl Ausdruck nachschlagen). Man musste sich in einem dauernden Konflikt zwischen anderen in einer Hierachie behaupten, welcher von einem Zeremoniell die äußere Form gegeben wurde.
Ich will mal ein hypothetisches Beispiel anführen. Nehmen wir an, ein Graf von Reuß begab sich an den Kaiserhof. Hier konnte er eine seiner größten Trumpfkarten ausspielen: Rang als Reichsgraf UND das Alter seiner Familie. Beides wurde z.B. durch den Wert, den er sich in seinem individuellen Auftritt bei Hofe beimaß, augenscheinlich für die Reichs- und im begrenzterem Maße für die "Welt"öffentlichkeit demonstriert.


Ich denke, Du hast ganz Recht.
Wären die Reußen daheim hocken geblieben hätten sie wohl keine nützlichen Netzwerke knüpfen können. Anders als die Mittel- und Großmächte konnten sich die Kleinstaaten ja seltenst Gesandte leisten. Also mussten sie schonmal persönlich als ihre eigenen Gesandten fungieren.
Daneben gab es in Wien einen gemeinsamen Vertreter für sämtliche Reußischen Häuser (ä. u. j. L.) z.B. 1763 ein Herr von Heckenberg und als Hofrat einen Herrn von Middelburg.*

*
"Neues Genealogisch-Schematisches Reichs- und Staats-Handbuch" Frankfurt am Main, bei Varrentrapp, 1763
S. 41 (2. Abschnitt)
 
Vielen Dank für Deine Ausführungen. :friends:
Ich finde, dass es wichtig ist, dass aufgezeigt wird, dass die prunkvolle Repräsentation des 18.Jh. nicht allein und vollkommen das Resultat eines allgemeinen simplen Schönfindens ist und durchaus seine schlechten Seiten für den Großteil des Adels hatte. (Von denen war ja auch nicht jeder ein Landgraf, Herzog, ... ect.)
Natürlich hätte der eine und andere besser mit der Situation umgehen müssen, aber Schuldenberge sind ja nicht ein Phänomen, das allein im 18.Jh. auftauchte. :still:

Bei der Größe des Territoriums gehe ich von den gesamten Staatseinnahmen aus.
1 Rtl. sind genau 1 1/2 fl.. Die Staatseinnahmen beliefen sich also auf 22.000 Rtl..

Also wird man davon ausgehen können, dass nachhaltig "einfach mal so" kein Lehngut erworben werden konnte und schon einen gewissen Kraftakt für kleine Staaten darstellte.
 
Also wird man davon ausgehen können, dass nachhaltig "einfach mal so" kein Lehngut erworben werden konnte und schon einen gewissen Kraftakt für kleine Staaten darstellte.
Ja, das denke ich schon. Ein Weiler oder sowas wird eher machbar gewesen sein.

Wir können auch mal anhand der Einwohnerzahl die Staatseinkünfte eines reußischen Staates schätzen.
Die Staatseinkünfte setzen sich ja aus Abgaben, Gefällen, Zöllen und Steuern zusammen, die soooo wahnsinnig unterschiedlich nun auch nicht waren. Ausnahmen bilden natürlich evtl. Vergünstigungen in großem Rahmen, welche als Lockmittel für Neusiedler genutzt wurden.

Irgendwo hatten wir doch mal die Zahl der Dörfer und Städte aufgeschrieben.
Dann kann man pro Dorf eine gewisse Zahl von Bauern, Seldnern, Einliegern etc. annehmen. Aus deren Abgaben etc. wird sich, da der Staat z.B. von Untergreiz kaum urbane Strukturen hatte, im wesentlichen zusammengesetzt haben.
 
Wir können auch mal anhand der Einwohnerzahl die Staatseinkünfte eines reußischen Staates schätzen.

Wäre eine spannende Sache, wenn sich ein ungefährer Schätzwert ermitteln ließe. Mich würde natürlich besonders Unter- oder Obergreiz interessieren. :pfeif:

Ja wo hatten wir die Auflistung noch mal? :lupe:

1791 umfassten die reußischen Gebiete (ä. und j. Linie) mehr als 75.000 Einwohner in 9 Städten, 3 Marktflecken, 241 Dörfern und 38 Vorwerken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hm, sagt ja erstmal noch nichts über die Untergreizer aus. Die zeitgen. Karten kann man ja als Quelle leider auch überwiegend vergessen, weil diese nur sehr ungenau die Besitzverhältnisse widergeben. Wieviele der Städte und Dörfer gehörten den Untergreizern?
 
Wieviele der Städte und Dörfer gehörten den Untergreizern?

Das kann ich nicht genau sagen.
Auf jeden Fall gehörten im 18.Jh. Untergreiz, Burgk, Dölau und Rothental dazu, weil zu den drei letzten Orten zuvor Linien bestanden, die dann ausgestorben sind und die Besitzungen an Untergreiz fielen.

Auf die Titel bei Leichenpredigten ect. kann man sich auch nicht verlassen. Da wurden alle größeren Orte genannt, obwohl derjenige selbst gar nichts mit denen zu schaffen hatte. Bspw. ältere Linie und Lobenstein - das passt hinten und vorn nicht, um eine gescheite Aufstellung machen zu können.

Vielleicht lassen sich Schlüsse, bzgl. kleinerer Orte, aus diesen Quellen ableiten?: Suchergebnis - Drucke des 18. Jahrhunderts (VD18)

War auch was zur Bezahlung von Dienstboten u.ä. dabei, allerdings jüngere Linie.

Würde gerade zu gern danach suchen, habe aber nicht die Zeit dafür.
 
Fellmann erwähnt in seiner Brühl-Biographie, dass sich Sachsen wohl nach dem Abschluss des Friedens von Dresden (1745) geringe Aussichten auf die reußischen Besitzungen gemacht hatte. Es ging um Entschädigungen, die in den Verhandlungen in Warschau angedeutet worden waren, als Kursachsen der Quadrupelallianz beigetreten war. Während Österreich im Fall von gewissen Gebieten an der böhmisch-sächsischen Grenze zumindest frei hätte darüber verfügen können, wäre die Frage wie Österreich od. Großbritannien Friedrich August II. hätte Land geben können, das ihnen garnicht gehörte. Es verlief dann auch rasch im Sande und wurde mit dem franz.-sächs. Subsidienvertrag von 1746 erstrecht gegenstandslos. Immerhin eröffneten die Entschädigungsforderungen Brühl wieder mehr Spielraum. Wenn sich die 3 anderen Vertragsparteien an einen wichtigen Punkt des Vertrages nicht hielten, vermeinte Brühl, dass er sich dann an seine Zusagen auch nicht gebunden fühlen brauchte.
 
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