Alfred Rethel: Keine Gewalt!

Eckert

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Alfred Rethel: Keine Gewalt!


Der Maler und Zeichner Alfred Rethel (1816-1859) hat in seinem Zyklus „Auch ein Totentanz“ ein dramatisches Bild der deutschen Revolution von 1848 und – 49 wiedergegeben mit einer großen Außenwirkung. Die sechs Zeichnungen, als Holzschnitte veröffentlicht, gelten bis heute als die künstlerisch stärkste Wiedergabe der Geschehnisse. Der englische Kunsthistoriker Peter Paret gibt den Inhalt wie folgt wieder „Der Tod vertritt eine Ideologie, die eine böswillige Kraft ist und ihre Anhänger letzten Endes vernichtet...Der Tod wird nur jene ereilen, die sich zur Rebellion verführen lassen“. Peter Paret „Kunst als Geschichte“, deutsch C.H. Beck Verlag 1990, Seite 147. Obwohl Rethel den Freiheitsgedanken bejaht, ist er gemessen an den radikalen Revolutionären, so Paret, ein Girondist.


Die realen Revolutionäre werden einwenden, wo gehobelt wird, fliegen halt Späne. Aber darum geht es Rethel nicht. Die aufgewiegelte Bevölkerung setzt sich ins Unrecht, es kommt zu Gewalttaten. So kann die Staatsmacht einschreiten mit bekanntem Ergebnis. Der Inhalt der sechs Blätter scheint zu sein: Keine Gewalt!
 
Rethels Freund, der Dichter Robert Reinick, hat die Bilder jeweils mit einem Kurzgedicht versehen und so in Art eines Bänkelsangs weiter zugespitzt. Wir Heutige sehen frühereA Revolutionen wohl verklärt. Aber bejahen wir die Revolution oder würden wir auf Reformen setzen, so mühevoll der Weg auch ist?
 
Der Maler und Zeichner Alfred Rethel (1816-1859) hat in seinem Zyklus „Auch ein Totentanz“ ein dramatisches Bild der deutschen Revolution von 1848 und – 49 wiedergegeben mit einer großen Außenwirkung.
ist das ganz sicher? Tante Wiki stellt das ein wenig anders dar:
Große Aufmerksamkeit erzielte Rethel mit seinen Holzschnittfolgen Auch ein Todtentanz / aus dem Jahre 1848 (Titel der Erstausgabe). Die Idee dieser Folge schlummerte bereits länger in seinem Kopf, wie verschiedene Sensemann-Bilder aus dem Jahre 1847 deutlich zeigen. Dieser Zyklus ist nicht vom Dresdner Maiaufstand inspiriert worden, da Alfred Rethel bereits im Winter 1848 mit der Ausarbeitung zu Auch ein Totentanz begonnen hat. Mit der aus sechs Holzschnitten bestehenden Folge knüpft Rethel an die Totentanz-Holzschnitte Hans Holbeins an. Dargestellt wird, wie der Tod zunächst von fünf weiblichen Gestalten Schwert, Waage und andere Utensilien übergeben bekommt, im Folgenden in eine Stadt reitet und dort auf dem Marktplatz die Bürger für die Revolution zu begeistern versucht; im Hintergrund ist ein Plakat mit der Aufschrift „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ zu sehen.
In den folgenden Bildern übergibt er den Bürgern ein Schwert mit der Aufschrift „Volks Justiz“ und eine Kampfszene wird dargestellt. Im letzten Bild reitet der Tod mit einem Lorbeerkranz (Zeichen des Siegers) auf dem Haupt über die Gefallenen. Die Moral ist, dass das Volk nun frei und gleich ist (vgl. Todtentanz). Die Bilder werden von Texten von Robert Reinick begleitet.
Die Darstellung in Auch ein Totentanz erreichte eine hohe Resonanz in den Zeitungen und wurde insbesondere von konservativen Kreisen begeistert aufgenommen. Die politische Aussage trat dabei stark in den Vordergrund. Auf Drängen mehrerer Seiten wurde ein billigerer Nachdruck mit einer Auflagenstärke von 10.000 Exemplaren nachgereicht – eine für damalige Verhältnisse außergewöhnlich hohe Zahl.
aus http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Rethel
 
Beginn und Vollendung

Auf kunstdirekt.net findet sich folgendes:

"Rethel schildert dieselbe Situation im Holzschnitt, auch nicht ohne altertümliche Technik - von den Nazarenern herkommend, wählt er Dürers Holzschnittmanier - und nicht ohne Allegorie: Der Anführer des aufrührerischen Volkes ist der Tod selber in seiner knöchernen Gestalt. Aber diese Technik entspricht dem Volk und seinen Taten, sie ist selber volkstümlich, derb, einfach, zuhauend und schlagkräftig; jeder Strich sitzt. Und der Tod ist selber ein Volksmann, ein wilder Geselle und Hetzer - kein Augenschmaus, sondern notwendiges Glied im Ganzen. Das Blatt will Revolutionsplakat sein und wie jedes Revolutionsplakat nicht Wahrheit, sondern Wirkung, nicht Tatsächliches, sondern Radikales, nicht Zustände sondern Ideen geben. Diese Idee ist nun freilich eine andere als in Frankreich; es ist letzten Endes die, daß das Volk, das die Freiheit seiner Gedanken und die Friedfertigkeit seiner Arbeit, kurzum seine Menschlichkeit zur Geltung bringen will, sich selbst das Grab gräbt, wenn es dies mit den Waffen in der Hand tut. Es ist eine Absage an den Revolutionsoptimismus der Franzosen, aber deshalb in der Gesinnung viel stärker neue Zeit und neunzehntes Jahrhundert und in der Form restlos und echt."
-Hamann

"Im Verlauf der Revolution zeigt sich Rethel als ideologischer Vertreter dieser liberalen Bourgeoisie, wenn er mit seinem Holzschnittzyklus "Ein Totentanz aus dem Jahre 1848" alle demokratischen Forderungen, die über die nach der Einheit Deutschlands hinausgingen, im wahrsten Sinne verteufelte. Rethel stellt den Tod mit roter Hahnenfeder an seinem Hut als Agitator der "rothen Republik" dar, in der Freiheit, Gleichheit und "Brudersinn" herrschen sollen. Mit diesen Forderungen hat der Tod jedoch nichts anderes im Sinn, als das Branntwein trinkende Volk vor die Gewehre der Konterrevolution zu führen, die mit ihren Kugeln das Versprechen der Gleichheit und Brüderlichkeit einlöst. Mit diesem Zyklus schuf Rethel der Konterevolution ein Kunstwerk, das sie bis in die Zeit des Faschismus im ideologischen Kampf eingesetzt hat."
-Rothe

Ich denke dennoch, dass es möglich ist, dass er von den aktuellen Ereignissen während des Schaffens des Werkes beeinflusst wurde, auch wenn diese zu Beginn noch nicht stattgefunden hatten. Gerade Künstler haben oft ein gutes Gespür für das, was in der Luft liegt. Dennoch sprechen die Einzelbilder und die Texte von Reinick eine universelle Sprache von Krieg und Tod. Es wird nicht auf ein spezielles Ereignis hingewiesen, sondern es wird generell vom Sensenmann und seiner "Rolle" innerhalb der Menschheitsgeschichte bei Revolutionen gesprochen. Und so denke ich sollte man das auch lesen, selbst wenn Rethel dabei vielleicht auch von den aktuellen Ereignissen beeinflusst wurde, während er die Bilder schuf. Vielleicht bestätigten sie ihm aber auch nur, was er sowieso mit "Auch ein Totentanz" sagen wollte:

Freiheit, Gleichheit und Brudersinn!
Der Schrei wälzt durch die Stadt sich hin (...)
"Zum Markt! Zum Markt!! Da steht er schon
Der Held der Revolution!
Hört ihn!" - - Stumm alles wie ein Grab.
Er aber reicht ein Schwert herab (...)
Er schreit! "Du Volk! Dies Schwert ist Dein!
Wer sonst kann richten? Du allein!
"Blut! Blut!" viel Tausend Kehlen schrein. (...)

Er, den zum Führer sie ernannt,
Die blutge Fahn in fester Hand! (...)
"Jetzt lös ich mein Versprechen Euch:
Ihr alle sollt mir werden gleich!"
Er hebt sein Wams, und wie sie's schaun,
Da fasst ihr Herz ein eisig Graun.
Ihr Blut strömt, wie die Fahne rot;
Der sie geführt, - es war der Tod!

 
Rethel: Keine Gewalt!

@ dekumatland #3 und Apsara Menaka #4: Laut Paret "Kunst als Geschichte" Seite 125 hat Rethel die sechs Blätter im März 1849 geschaffen und an die Werkstatt des Malers und Lithographen Hugo Bürkner geliefert. Sie wurden dort in Holz geschnitten im Maßstab ca. 23 x 33 cm². Bereits in der zweiten Maiwoche 1849 wurden sie in Leipzig veröffentlicht mit gewaltiger Außenwirkung. Mit den Bildunterschriften als Moritat wirken sie auf uns heute evtl. befremdend: Die Ziele der Revolution Freiheit und Gleichheit sind heute erreicht. Die sich dafür mit ihrem Leben einsetzten haben unsere Anteilnahme und unseren Respekt, auch wenn wir mit Rethel meinen: Keine Gewalt!
 
Rethel hat in den Aachener Fresken Karl den Großen als brave Historie gemalt. Um so mehr überraschen in seinem Totentanz die zeichnerische Qualität, der kluge Bildaufbau, die Dramatik des Geschehens und die klare Aussage. Das Scheitern der damaligen Revolution in Deutschland gründet wohl in der Machtlosigkeit der Revolutionäre wie in ihren unterschiedlichen Wünschen und Vorstellungen. Aber Rethels Zeichnungen haben vielleicht dazu beigetragen, daß spätere deutsche Revolutionen 1918 und 1989 weitgehend unblutig verliefen.
 
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