Stahlerzeugung in der Frühzeit

Wsjr

Aktives Mitglied
Ich bin zurzeit ein wenig ratlos.

Ließt man übliche Texte zur frühzeitlichen Eisenproduktion in Rennöfen durch kommt man eigentlich immer dazu, dass die unreine und inhomogene Eisenluppe ausgeschmiedet und verdichtet wird. Durch diesen Prozess wird das Eisen weitesgehend entkohlt und es entsteht ein mehr oder weniger homogenes Weicheisen.

Für die Produtkion von Stahl müssen nun inhomogene Stahlstücke "gegerbt" werden. Die Halbzeuge stammen jedoch aus eben diesem Weicheisen dass durch auschmieden der Luppe entstand?

Woher dann bitte der Stahl in dieser Konstellation? Es kann doch nicht sein dass jeglicher Stahl nur durch aufkohlen, einem langsamem und innefizienten Verfahren entstanden ist.

Irgendwo, (Quelle leider nicht mehr im Kopf) laß ich dass die Schmiede mit bloßem Auge innerhalb der Luppe zufällig enstandene Stahlpartien erkennen und diese extrahieren konnten?
Aber wie unterscheidet man Stahl optisch von kohlenstoffarmem Eisen? Ich arbeite ziemlich viel mit modernen Stählen und da sieht man bei gleichem Anschliff meist keinen Unterschied. Erst mit der Funkenprobe kann man das Material überhaupt eingrenzen.

Ich hab im Internet nach Bildern von Luppen gesucht aber dort wird weder auf dieses Problem eingegangen, noch erkennt man auf diesen Bildern irgendwelche Unterschiede.

Wie geht jetzt also dieser Trick mit dem Stahl. Irgendwie wird auf diesen, meiner Meinung nach wichtigsten Punkt der ganzen Geschichte nie eingegangen. Das Thema wird immer nur umkreist und zu viel als bekannt dargestellt, ohne dass es dies ist.

Des weiteren kommt man automatisch von diesem Problem zur Frage, wie wurde Stahl überhaupt entdeckt und seine Eigenschaften als die erkannt die sie nun mal sind?

Hart wird Stahl nur durch die Entstehung des Martensites und dem einfrieren dieses Zustandes durch Abschrecken in einem dichteren kühlen Medium. Wieso sollte man in der Zeit bevor Stahl bekannt war, das Eisen abgeschreckt haben und dann zufälligerweise auch genau ein Stück erwischt haben dass aus Stahl besteht?

Es muss eine optische Unterscheidung innerhalb der Luppe geben, damit man überhaupt auf die Idee kommt den Stahl zu extrahieren.

Also irgendetwas an der ganzen Konstellation muss ich nicht verstanden haben.
 
Irgendwo habe ich mal gelesen, das ein guter Schmied das an der Färbung in einer dunklen Schmiede auf dem Amboss erkennen kann, solange das Werkstück in der Rotglut ist. Dazu braucht man wohl viel Erfahrung, damit das Werkstück nicht zu warm wird. Zumal das Eisen ja auch in der Hitze das Gefüge irreversibel ändern kann.

Apvar
 
Wie geht jetzt also dieser Trick mit dem Stahl. Irgendwie wird auf diesen, meiner Meinung nach wichtigsten Punkt der ganzen Geschichte nie eingegangen. Das Thema wird immer nur umkreist und zu viel als bekannt dargestellt, ohne dass es dies ist.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass das Verfahren im Handwerk tatsächlich noch sehr bekannt ist.

Grob zusammengefasst kann man sagen, dass Eisen bei niedrigen Temperaturen Kohlenstoff aufnimmt, bei hohen Temperaturen hingegen Kohlenstoff herausgebrannt wird. Der Kohlenstoffgehalt lässt sich also über die Temperatur (mit viel Erfahrung) steuern.

Einige Infos dazu: Der Schmied am Amboß: Ein praktisches Lehrbuch für alle Schmiede und Schlosser - Hermann Hundeshagen - Google Books

Wenn Dich das Thema interessiert, beleg doch mal z.B. einen Messerschmiedekurs. Ist hochspannend und man bekommt ein einmaliges Erinnerungsstück.

MfG
 
AAAAlso, das ganze ist eigentich ganz einfach ...
Das Rennfeuerverfahren, von dem Reden wir hier im Prinzip, ist ein indirektes Reduktionsverfahren, und es entsteht immer eine Eisenlegierung, allgemein Stahl genannt. Manchmal härtbarer, manchmal nicht schmiedbarer und manchmal nicht härtbarer, aber immer eine Legierung des Eisens, die als Schwamm/Flitter in der Luppe vorliegen. Also Stahl , umgeben von Schlacke. Nun schmilzt reines Eisen bei einer Temperatur von über 1500 C, je nach Legierungsbestandteilen der Stahl oberhalb von ~950° C, die Schlacke wird aber so ab 800-900° teigig und darüber zähflüßig. Klopfe ich jetzt die Luppe zusammen, drücke ich die Schlacke aus den Poren des Eisenschwamms, mangels Sauerstoff an den festen Oberflächen verbinden sich diese , wenn keine Schlacke mehr dazwischen ist und ich erhalte ein Stück Stahl.

Der Kohlenstoffgehalt dieses Stahls hängt nun davon ab, wie lange die Luppe dem Reduktionsgas CO ausgesetzt war und wie oft ich meinem Stück die Gelegenheit im reduzierenden Feuer gebe, Kohlenstoff aufzunehmen. Je länger das im Feuer ist, um so mehr Kohlenstoff wird aufgenommen.

Dem Stahl im Festen den Kohlenstoff entziehen, geht nicht !!! Jetzt kommt der Aufschrei der Messerkursteilnehmer, "Aber der hat gesagt" , richtig, im teigigen Zustand, also fester und flüssiger Stahl nebeneinander, da verarmt unter Sauerstoffanwesenheit die flüssige Phase an Kohlenstoff, sie wird entkohlt. Das bisschen macht sich nachher beim so schönen Damast als diese schönen Schweißfehler bemerkbar, hat aber nix mit dder Qualität und Härtbarkeit zu tun. Man erkennt die unterschiedliche Qualität der Stähle am Bruch und am Klang im Zweifel verräts die Abschreckprobe. Naja, wenn man dann eine ganze Reihe unterschiedlicher Luppen hat, von fast nicht mehr Schmiedbar bis butterweich, schweißt man das ganze eben passend im Feuer zusammen, faltet das oft genug und erhält so die passende Qualität
 
Danke Wilfried. Das hilft mir schon sehr weiter.

Heißt dass das ein guter Rennofenbetreiber durch Steuerung des reduzierenden Brandes gewissermaßen kontrollieren konnte wie viel Kohlenstoff das Eisen aufnimmt?

Bleibt immer noch die Frage, wie wird wohl die Fähigkeit des Härtens beim Stahl entdeckt worden sein?

@Maelonn
Ich hab mir Messerschmieden gewissermaßen selber beigebracht und es mit sehr improvisierten Mitteln betrieben, darum hab ich immer mal wieder Wissenslücken weil ich keine ordentliche Ausbildung hinter mir hab. Ein Kurs würde vielleicht ein paar dieser Lücken schließen.
Aber ich hab halt immer nur mit fertigen Stählen zu tun gehabt. Sei es die alte Feile die ich umschmiede oder der N690 Flachstahl.
 
Zuletzt bearbeitet:
nein, man konnte bzw kann nur ganz wenig am Kohlenstoffgehalt der Ofenreise drehen. Das einfachste ist , nach dem Ausschmieden den zu weichen Stahl im Schmiedefeuer aufzukohlen.
 
Maleonn, ich habe mir den verlinkten Artikel mal durchgelesen ..
Alles soweit richtig, nur im Eisenschwamm ist nix mit Kohlepartikel und die erreichten Temperaturen können im Feuer selbst je nach Wind (Luftzufuhr) durchaus örtlich die 1600° C überschreiten. Was allerdings nicht förderlich ist, weswegen man , sollte das drohen, Wind wegnimmt.
 
Danke Wilfried. Das hilft mir schon sehr weiter.

Heißt dass das ein guter Rennofenbetreiber durch Steuerung des reduzierenden Brandes gewissermaßen kontrollieren konnte wie viel Kohlenstoff das Eisen aufnimmt?

Bleibt immer noch die Frage, wie wird wohl die Fähigkeit des Härtens beim Stahl entdeckt worden sein?

@Maelonn
Ich hab mir Messerschmieden gewissermaßen selber beigebracht und es mit sehr improvisierten Mitteln betrieben, darum hab ich immer mal wieder Wissenslücken weil ich keine ordentliche Ausbildung hinter mir hab. Ein Kurs würde vielleicht ein paar dieser Lücken schließen.
Aber ich hab halt immer nur mit fertigen Stählen zu tun gehabt. Sei es die alte Feile die ich umschmiede oder der N690 Flachstahl.
Auch bei einem Schmiedekurs kriegt man natürlich keine "Ausbildung". Aber man kann Leuten, die sich mit der Praxis auskennen, Fragen stellen. Ich zum Beispiel fand es hochspannend, zu sehen und mir erklären zu lassen, wie die unterschiedlichen Temperaturen das innere Gefüge des Metalls verändern. Diesen Kurs habe ich als blutiger Laie absolviert. Wenn man - wie Du - schon Vorwissen hat, ist es mit Sicherheit noch aufschlussreicher.

Was den Rennofen betrifft: Wie Wilfried schon geschrieben hat, gibt es so gut wie keine Möglichkeit, den chemischen Prozess im Rennofen irgendwie zu steuern. Man kann nur zum einigermaßen richtigen Zeitpunkt Kohle und Erz nachschütten. Und man kann sich mehr oder minder erfolgreich bemühen, die Temperatur hoch zu halten. Auf das, was im Ofen abläuft (also z.B. auf die Temperaturschwankungen zwischen den einzelnen Schichten), hat man keinen Einfluss. Deshalb bekommt man - selbst wenn man alles richtig macht - sehr inhomogenes Material aus dem Prozess heraus. An heißen Stellen im Ofen entsteht Eisen, an kühleren Stellen entsteht Stahl mit stark schwankendem Kohlenstoffgehalt. Die einzigen Mittel, daraus ein homogenes Material zu machen, sind Esse, Hammer und Amboss. Und wenn man es nicht schafft, in der Esse einen Stahl mit dem gewünschten und konstanten Kohlenstoffgehalt zu erzeugen, dann schmiedet man eben verschiedene Stähle aufeinander und erhält einen Damaststahl, der "durchschnittlich" den richtigen Kohlenstoffgehalt hat. Und das alles, ohne zu wissen, was Eisen und was Kohlenstoff überhaupt ist... Was die vorgeschichtlichen Schmiede geleistet haben, wirkt schon ziemlich "magisch", gell? :D

Maleonn, ich habe mir den verlinkten Artikel mal durchgelesen ..
Alles soweit richtig, nur im Eisenschwamm ist nix mit Kohlepartikel und die erreichten Temperaturen können im Feuer selbst je nach Wind (Luftzufuhr) durchaus örtlich die 1600° C überschreiten. Was allerdings nicht förderlich ist, weswegen man , sollte das drohen, Wind wegnimmt.
Meinst Du den zweiten Link (Geschichte des Stahls)? Mein Wissen in der Hinsicht ist nur theoretischer Natur (Leider. Ich würde gern mal einen Rennofen bauen und in Betrieb sehen), aber da ist immer die Rede davon, dass die maximal erreichbaren Temperaturen bei 1250 Grad liegen und dass in der Luppe regelmäßig viele Fremdstoffe, vorwiegend Asche, sind. Das ist ja der Umstand, der ausgiebige Nachbearbeitung auf dem Amboss nötig macht. Das Thema interessiert mich schon lange. Hast Du tiefergehende Infos dazu?

Interessanter als die technischen Details fand ich in dem Link allerdings die Hinweise auf die möglichen Ursprünge des Schmiedehandwerks. Da ist die Theorie erwähnt worden, dass die Menschen "aus Versehen" Kupfer erzeugt haben, als sie versucht haben, Malachit zum Glasieren von Keramik zu verwenden. Wenn die Theorie stimmt, dann ist es nur logisch, dass sie in der Folgezeit mittels Versuch und Irrtum untersucht haben, ob man aus anderen Mineralien ähnlich interessante Stoffe wie Kupfer herausschmelzen kann. So fand man Zinn und Blei. Hat man Kupfer, Zinn und Blei, dann kann man das vermengen und bekommt die Bronze, die einem Zeitalter den Namen gegeben hat. Hat man dann die Bronze, ist es nur logisch, dass Methoden zur "zerspanungsfreien Verarbeitung" des Werkstoffs - also Schmiedetechniken - entwickelt werden.

Wenn das alles so gelaufen ist, muss zwangsläufig irgendwann irgendjemand auf die Idee gekommen sein, mit dem ähnlich aussehenden, aber schwerer zu verarbeitenden Eisenerz rumzuhantieren. Zu dem Zeitpunkt waren die grundlegenden Techniken - das Schmelzen und das Schmieden - ja schon bekannt. Man musste "nur noch" geeignete Verarbeitungsmethoden entwickeln. Dass dieses "nur noch" keine Nebensächlichkeit war, sieht man daran, dass Jahrtausende vergingen, ehe man die richtigen Methoden kannte...

MfG
 
Ich bin zurzeit ein wenig ratlos.

Ließt man übliche Texte zur frühzeitlichen Eisenproduktion in Rennöfen durch kommt man eigentlich immer dazu, dass die unreine und inhomogene Eisenluppe ausgeschmiedet und verdichtet wird. Durch diesen Prozess wird das Eisen weitesgehend entkohlt und es entsteht ein mehr oder weniger homogenes Weicheisen.

Für die Produtkion von Stahl müssen nun inhomogene Stahlstücke "gegerbt" werden. Die Halbzeuge stammen jedoch aus eben diesem Weicheisen dass durch auschmieden der Luppe entstand?

Woher dann bitte der Stahl in dieser Konstellation? Es kann doch nicht sein dass jeglicher Stahl nur durch aufkohlen, einem langsamem und innefizienten Verfahren entstanden ist.
........

Wsjr,

ich teile Deine Ratlosigkeit.
Zunächst entsteht ja "Roheisen" mit einem Kohlenstoffgehalt von 4-5%.
Das sollte sich auch im Rennofen so ergeben haben:
In der Beschickungs- und Verhüttungsphase wird entweder eine Mischung aus Holzkohle und Erz (Verhältnis ca. 1:2 bis 1:3) oder die beiden Komponenten in Wechsellagen in den Ofen gegeben. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt.
Eisenverhüttung bei den Germanen ? Wikipedia

Es ensteht also ein sehr spröder Kohlenstoffstahl mit viel zu hohem Kohlenstoffgehalt.
-> ein Blick auf übliche Kohlenstoffgehalte moderner Stähle (Angaben in %).

Man muss also das sogenannte "Roheisen" erstmal zu ca. 90% entkohlen um überhaupt einen brauchbaren Kohlenstoffstahl zu erhalten. (Frischen)

Ich kann nicht beurteilen inwiefern das Frischen bereits im Rennofen stattfand. Jedenfalls waren die Kohlenstoffgehalte stark inhomogen, was durch langwieriges Schmieden und Falten, so wie ich es verstehe ausgeglichen werden kann.

Ein weiteres Aufkohlen kann als Oberflächenhärtung (vielleicht ein paar Zehntel mm tief) sinnvoll sein und benötigt nicht sehr viel Zeit. Dabei können sehr große Härten erzielt werden, ohne dass das Werkstück insgesamt versprödet.

Wie das damals wirklich ging, weiß ich nicht.
Es sind nur ein paar Gedanken eines alten Ing.

Grüße hatl
 
Hatl, es entsteht im Rennfeuerverfahren eben kein Roheisen, es wird auch kein Stahl erschmolzen. Das einzige was schmilzt , ist die Gangart, die anderen mineralischen Bestandteile des Erzes...
Das ist alles in dem Wikipediaartikl richtig beschrieben.

Doch , man kann aus einem Stück nicht härtbaren Baustahl ein schnitthaltiges Stecheisen machen, aus einem Nagel einen Glasschneider. Man muß dabei das "Eisen" nur ein paar Stunden in die reduzierende Zone des Feuers legen. Außerdem nimmt der Stahl in der Luppe des Rennfeuers während der Reise nach der Reduktion durch Diffusion Kohlenstoff auf. Beides führt eben automatisch bei der Verarbeitung verschiedener Luppen zu einer Aufkohlung
 
Wäre es nicht effizienter, dem Schmiedegut eine so große Oberfläche wie möglich zu geben? Also das Stahlstück zu zersägen so das viel mehr Eindringfläche gegeben ist und dies nachträglich wieder zusammenschmieden?

Ich würd das mit dem aufkohlen gern mal testen. Wie kann ich sicher sein dass mein Stück auch reduziert, reicht es einfach die Sauerstoffzufuhr, also den Blasebalg auszulassen und es dann in der heißen Kohle liegen zu lassen?
 
Sicher, nur krieg das mal wieder zusammen ....
Es soll ja nicht "reduzieren", die reduzierdende Zone des Feuers ist die, in der das CO entsteht, also etwas mehr als rotglut. Im Prinzip reichen 12 Stunden im Glühgut eines Grills ...
Die Beschreibug, wie Siegfried Balmung schmiedet, lies Dir mal mit dem Wissen um Nitrierung und Aufkohlung etc durch. Da werden diese Prozesse eigentlich, zwar verklausuliert, aber ziemlich genau beschrieben
 
Hatl, es entsteht im Rennfeuerverfahren eben kein Roheisen, es wird auch kein Stahl erschmolzen. Das einzige was schmilzt , ist die Gangart, die anderen mineralischen Bestandteile des Erzes...
Das ist alles in dem Wikipediaartikl richtig beschrieben.
....

Wilfried, das versteh ich nicht.
Haben denn nicht "die anderen mineralischen Bestandteile des Erzes" einen noch höheren Schmelzpunkt?
SiO2: 1719 °C
CaO: 2575 °C
Al2O3:2050 °C
MnO: 1650 °C

SO2 hingegen ist gleich gasförmig (Siedepunkt -10°C)

Was mich auch verwundert ist die Tatsache, dass die Luppe relativ (was das auch bedeuten mag) kohlenstoffarm war. Denn ich hätte schon erwartet, dass bei der " Prozesstemperatur von 1150 – 1200 °C" eine starke Aufkohlung der entstehenden Fe-Kristalle im porösen Material stattfindet.

Aber mei,
besonders interessant sind ja oft die Sachen die man nicht versteht.
:)
 
Die Mischung der Schlackebestandteile machts und die Löslichkeiten ...
Dazu Diffusionsgeschwindigkeiten etc.
Glas z.B. besteht ja aus den von Dir genannten Dingen, und ist eigentlich bei Raumtemperatur eine "hochviskose Flüssigkeit"...
Und der Trick bei der Reduktion im "festen" ist eben, das das schon reduzierte eben nicht so lange Zeit hat, Kohlenstoff aufzunehmen. Im Hochofen hingegen wird eben die Aufkohlung genutzt, um das Produkt, Roheisen, zu erschmelzen. Die ganzen Hüttenprozesse arbeiten meist mit Schmelzpunkterniedrigung. Würde man die Rennofenluppe lnge der Kohlenstoffhaltigen Athmosspäre aussetzen, würde auch da Roheisen ausfließen. Dieses Unglück ist schon manchem Rennofenbetreiber passiert ;-)
Man muß eben den Ofen so fahren, das das nicht passiert, über zusatz von Kalk, Sand, lehm tierknochen , Erzmischungen und was es da sonst noch für Kniffe gibt.

Eisenhüttenwesen ist nicht umsonst ein wissenschaftliches Ingenieurstudium von Minimum 9 Semestern mit anschließender Zeit von ~ 2-3 Jahren als Betriebsassistent
 
Sicher, nur krieg das mal wieder zusammen ....
Ähhhh... Krieg das mal wieder zusammen? Um genau das zu erreichen, wurde das Schmieden erfunden! Das ist das Grundprinzip beim Schmieden von Eisen oder Stahl. Es gibt (gab in vorindustrieller Zeit) keinen Energieträger, der genug Hitze geliefert hätte, um Eisen zum Schmelzen zu bringen. Also blieb einige tausend Jahre lang nur der Weg, zwei glühende Eisen-/Stahl-Stücke aufeinander zu legen und so lange mit dem Hammer draufzuprügeln, bis die Teile untrennbar miteinander verbunden waren. Das nennt man Feuerverschweißen. Man kann den Begriff "Feuerverschweißen" als modernes Synonom zu dem betrachten, was in antiker Zeit Wieland und seinesgleichen als "Schmieden" bezeichnet haben.

Es soll ja nicht "reduzieren", die reduzierdende Zone des Feuers ist die, in der das CO entsteht, also etwas mehr als rotglut. Im Prinzip reichen 12 Stunden im Glühgut eines Grills ...
Nein! Nein! Auf gar keinen Fall! Die Temperatur im Glühgut eines Grills macht eine Wurst zum Genuss. Aber sie macht ein Eisenstück zu Schrott.

Wäre es nicht effizienter, dem Schmiedegut eine so große Oberfläche wie möglich zu geben? Also das Stahlstück zu zersägen so das viel mehr Eindringfläche gegeben ist und dies nachträglich wieder zusammenschmieden?
Jawollja!!!

Genau das ist es!

Genau deshalb haben die frühgeschichtlichen Schmiede ihre Luppe zu handlichen Barren geschlagen, diese Barren dann flachgekloppt (größere Oberfläche und damit größere Ein- oder Ausdringfläche!), den flachen Fladen dann wieder ins heiße Feuer geschoben, anschließend gefaltet und erneut zu einem handlichen Barren "feuerverschweißt", diesen nunmehr wieder (hoffentlich, wenn man alles richtig gemacht hat) Barren dann wieder plattgehämmert, den so entstandenen "Fladen" wieder ins heiße Feuer geschoben... und immer so weiter.

Das Platthämmern des Werkstücks hat keine andere Funktion, als die Oberfläche für das Auf- oder Abkohlen zu vergrößern. Das anschließende Falten hat keine andere Funktion, als beim nächsten Arbeitsgang einen Teil des Werkstücks, der zuvor "innen drin" war, nach "außen" zu kehren. Nach 20 oder 200 Faltungen war jedes einzelne Atom des eisernen Werkstücks mal "außen" und folglich dem Hammerschlag ausgesetzt. So ähnlich wie beim Kneten von Kuchenteig.

Da stellt sich dann zwangsläufig die Frage: Woher weiß ich, WANN mein glühendes Werkstück bereit ist, Hammerschläge zu empfangen, anschließend gefaltet zu werden ... und immer so weiter. Darauf gibt es keine Antwort außer der Folgenden: Die Menschen haben mehrere tausend Jahre gebraucht, um mittels Versuch und Irrtum die Antwort zu finden. Heute können wir nur sagen, dass die Versuche letztlich erfolgreich waren. Wir werden nie herausfinden, wie viele Versuche fehlgeschlagen sind.

MfG
 
Die Schmelz- oder Erstarrungspunkte (ist das gleiche) die oben aufgeführt worden sind, gelten nur für Reinstoffe. Sobald ein weiterer Stoff dazu kommt erniedrigt sich der Schmelz oder Erstarrungspunkt.
Und ändert sich dann wieder wenn ein Bestandteil aus der Schmelze wieder austritt, z.B. durch Ausgasung wie das entstehende Schwefeldioxid, Kohlendioxid oder auch das Eisen, welches aus der Schmelze austritt und sich irgendwo sammelt.
Das nächste Problem ist das Eisenerz nicht gleich Eisenerz ist. Je nach Fundstätte sind dabei alkalische oder saure Zusatzstoffe im Erz enthalten, welche dann auch das entstehende "Roheisen" in den Eigenschaften verändern.
Siehe die Probleme bei der Überführung des Martinverfahrens aus dem Labor in den Konverter.

Apvar
 
Maleonn, das mit dem Grill klappt, wenn man hinterher ein bisschen Feinkornung betreibt...
zu dem anderen ->Rafinierstahl
 
Also ich glühe regelmäßig Werkstücke die ich zu Klingen verarbeite weich, z.B. Federn oder alte Feilen. Die heize ich dann meist einmal auf Orange an und lasse die Stücke dann über nacht in der Glut, damit sie nachher ganz weich und leicht zerspanbar sind.
Demnach müsste ja auch bei bereits Kohlenstoffhaltigen Stücken eine weitere Aufkohlung stattfinden, der den Kohlenstoffgehalt in den obersten Schichten noch erhöht. Bei Feilenstahl ist der Kohlenstoffgehalt ja sowieso schon extrem hoch. Weitere Aufkohlung würde in Richtung Gußeisen führen. Doch merkte ich bisher nix davon, dass irgendwie eine Aufkohlung stattgefunden haben könnte.

Ich will das mal testen mit Baustahl. Habe hier noch glaub ich S235 rumliegen und mal gucken ob ich den aufkohlen kann.
 
Zurück
Oben