Wie lebte besonders die städtische Unterschicht? Bedeutete da "im Haushalt verweilen" im Zweifel eingesperrt auf engem Raum? Wer besorgte die alltäglichen Verrichtungen, wenn keine Sklaven zur Verfügung standen und die Oma gerade gestorben war?
Ok, ich modifiziere meine frühere Auskunft zu diesem Thema: Die Unterschicht-Frauen waren insofern nicht ans Heim gebunden, als sie ohnehin auswärts zu arbeiten hatten, z.B. als Wäscherin, Marktverkäuferin, Kindermädchen, Hebamme usw. Die Einkäufe erledigten dann entweder sie oder ihr Mann. Der Arbeitsplatz der höhergestellten Frau war, wie schon gesagt, der eigene Haushalt. Frauen in der Öffentlichkeit waren also Sklavinnen, alte Frauen (die bei Männern wenig Achtung genossen) und Vertreterinnen der Unterschicht.
Auf der anderen Seite gab es Frauen, die sowohl in Griechenland resp. in Rom entscheidende Rolle spielten:
Kleopatra, Livia Drusilla, Aspasia und viele mehr. Auch in der jüdischen Geschichte spielen Frauen eine wesentliche Rolle. Bei einer allgemeien Unterdrückung hätten sie wohl kaum Einfluss nehmen können.
Ich habe mich bei meinen Statements auf die generelle rechtliche Schlechterstellung der antiken Frau bezogen, sowie auf die damals verbreitete männliche Auffassung von ihrer mangelnden Eignung für politische Funktionen bzw. Ämter. Dass du oder Ravenik auf beispielhafte Powerfrauen anspielen, kann vorgenannte Sachverhalte nicht aus der Welt schaffen. Deine und Raveniks Beispiele beziehen sich auf
Ausnahmefälle, welche die Regel nicht widerlegen, sondern bekanntlich bestätigen.
Sieht man sich die Karrieren von Livia Drusilla und Aspasia an, entdeckt man schnell ihre Abhängigkeit von den Bedingungen der Männerwelt. Aspasia verschaffte ihre ungewöhnliche Intelligenz und Bildung die Bewunderung wichtiger Philosophen; politischen Einfluss hatte sie aber nicht. Ihre Beziehung zu Perikles wurde als Konkubinat eingestuft; ob sie ein Bordell betrieb, ist umstritten. Den ´moralischen´ Gegenpol bildete Livia Drusilla, die hochangesehene Anstandsapostolin an der Seite des Augustus. Ihr Engagement in diese Richtung könnte auf ihr biologische Unfruchtbarkeit zurückgehen; da sie dem Kaiser keinen Sohn (sic) gebären konnte, war eine Kompensation geboten, um sich unentbehrlich zu machen. Gewarnt war sie ja, da ihr zuliebe Augustus/Octavian seine erste Frau Scribonia, hochschwanger, verstoßen hatte. Was Kleopatra betrifft (eine von mindestens vier Pharaoninnen), kann ich auf die schon erwähnten Sonderverhältnisse in Ägypten hinweisen, wo die Frau allgemein ein höheres Ranking hatte als in der restlichen antiken Welt, was sich auch auf der religiösen Ebene widerspiegelt.
Was die von dir angedeuteten jüdischen (eigentlich israelitischen) Frauen betrifft - die zum größten Teil nur fiktional sind, wenn du die im Tanach erwähnten meinst - , so gilt das gleiche: Sie waren Ausnahmen. Die rechtliche Stellung der Frau im Judentum war nicht minder katastrophal als im übrigen Orient, eher noch schlimmer, da ihr, im Unterschied zu den Frauen in polytheistischen Kulturen, jede trostsuchende Zuwendung zu einer Göttin verwehrt war. In der Genesis entsteht sie aus einer Rippe des Mannes - geht´s noch abwertender? Rechtlich war sie Eigentum des Mannes und durfte von diesem verstoßen werden, selbst aber keine Scheidung einreichen.
Es bringt also nichts, auf Ausnahmen hinzuweisen, die das Prinzip Frauenunterdrückung in der Antike nicht mal ansatzweise zu relativieren vermögen. Genauso gut könnte man auch argumentieren, dass der Erfolg von Barack Obama, P. Diddy, Jay-Z, Denzel Washington und Morgan Freeman widerlegt, dass der Rassismus in den USA immer noch (praktisch und in den Köpfen) vorherrscht.
Leider widerlegt er es nicht.
Man muss auch anerkennen, dass die griechische Religion und Mythologie, anders als unser moderner Materialismus oder das abendländisch christliche Patriarchat den Frauen eine Lebenswelt als Frau gab.
Mir ist unklar, wie du das meinst.
Die "patria potestas" eignet sich aber nur bedingt als Beleg für die allgegenwärtige Unterdrückung der Frau, denn dem pater familias waren grundsätzlich auch die männlichen Familienmitglieder (auch wenn sie längst volljährig waren) unterworfen. Sowohl für sie als auch für die Frauen gab es aber durchaus die Möglichkeit, ihr zu entkommen. Die "patria potestas" war also in erster Linie eine extreme Form der Herrschaft des Familienoberhauptes über seine Familie - unabhängig vom Geschlecht der Unterworfenen.
Ich erkenne absolut nicht den Wert dieses Arguments.
Dass ein Vater nicht nur das Recht hat, seine Kinder zu töten, sondern auch seine eigene Frau, die diese Kinder geboren hat, das hältst du also
nicht für ein Symptom der allgemeinen Frauenunterdrückung? Siehst du denn nicht, dass es - rein theoretisch - auch die Alternative gäbe, dass es zwar erlaubt ist, Kinder und Sklaven zu töten, aber nicht die Ehefrau?
Patriarchalisch war an ihr, dass der pater familias ein Mann war.
Eben. Also?