Zeitgeschichte: Mauerfall 1989

Köbis17

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Hallo Zusammen,

anlässlich des 25 jährigen Jubiläum des Mauerfalles am Abend des 9. November 1989 stellt sich immer die Frage:

Was hast Du am Abend des 9. November 89 gemacht?

Ich habe damals (und auch schon vorher) zu Hause immer gern RIAS 2 gehört, doch ich glaube, ich habe an dem Abend mit meinen Eltern zusammen die Pressekonferenz im TV gesehen, im Radio kamen dann später noch Informationen.
Aber das, was Schabowski da erzählte hörte sich für mich so geschwollen, wie immer an, wenn die SED Heinies etwas zum Thema Reisen mitteilten. Sprich, ich hörte nicht die Öffnung der Grenze heraus, zudem war es für mich so surreal wie wenn die Hölle zufrieren würde ... Ich ging dann zu Bett, weil es war ja ein normaler Arbeitstag.
Erst am nächsten morgen erfuhr ich im Radio, was Nachts in Berlin geschehen war und beim Eintreffen in der Lehrwerkstatt feierten alle Jungs und schmiedeten schon Pläne, zu welchen Grenzübergang heute noch gefahren wird.


Und was habt Ihr gemacht?
 
09.11.1989, ein Donnerstag.
Feierabend wie an jeden Wochentag so um 16.00 Uhr.
18.00 Uhr Beginn der Pressekonferenz.

Wenn ich mich erinnere, war es wohl dann in den Nachrichten „ZDF heute“ 19.00 Uhr wo ich von dieser Pressekonferenz erfuhr.
Meine Frau und ich sahen uns an.
Meine erste Reaktion, was nun, wie nun, jetzt kann auch ich endlich reisen. Ich deshalb, weil meine Frau damit nie ein Problem hatte.

Klar war eigentlich, man kann bald reisen, unklar war nur noch der Zeitpunkt. Das Zeitgeschehen deutet ja daraufhin.

E. Krenz sagt heute: „Durch die „Schusseligkeit“ des Politbüro-Mitglieds Günter Schabowski...“.

Da wiederspreche ich.
Das war keine Schusseligkeit, das war der sogenannte „lichte Moment“ den man im D.....m mitunter hat, wenn man merkt, da bläst am Druckkessel nicht nur warnend die Pfeife, der Druckkessel berstet gleich unkontrolliert auseinander.

Der Fernseher - war schon ein Farbfernseher (PAL) - blieb an.
Und als dann die Bilder kamen, da war alles klar.
Nämlich, mit der Maueröffnung bricht von jetzt auf gleich die DDR zusammen.

Über die Jahre hatten wir ja oft genug auf Arbeit und im Bekanntenkreis dies diskutiert.

Meine erste Reise mit dem Trabbi nach Göttingen (Weihnachtsmarkt).
Dann nach Kassel. Bei der Commerzbank wunderte man sich über meine Computerkenntnisse.
Und dann nach Fulda, sowie nach Coburg.

Später dann zum Neffen meiner Frau nach Wuppertal. Und später dann mein erster Westurlaub bei der Familie der Schwester meiner Frau in Ostfriesland.
Von Emden aus einen Abstecher auf Borkum. Wir bezahlten die Hin – und Rückfahrt und warten auf den Katamaran.
Hinter uns rief der Kassier, ihr seid doch aus dem Osten. Wir waren gemeint. Kommt noch einmal her, ihr bekommt Geld zurück.
Und dann auch meine erste Reise nach Holland – Groningen. Und das alles mit den Trabbi.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im November 1989 war ich 14 und lebte mit meiner Mutter in Westberlin. Seit dem Sommer 1989 wohnten auch meine Cousine mit Lebensgefähren & kleiner Tochter bei uns, die die DDR spontan während eines Ungarn-Urlaubes den Rücken kehrten. (Wie meine Mutter schon 1966, daher die vielen verwandtschaftlichen Beziehungen in die DDR). Es war also eine Zeit der Ungewissheit: Keiner wusste, wie es in der DDR weitergehen, ob die SED den Ceaucescu machen würde, was mit der Familie ist, ob die Abgehauenen je wieder in die DDR dürften: Es stand alles in den Sternen.

Ich sah gerade mit demFreund meiner Cousine fern, als unter der Sendung (kA, was, aber auf RTL^^) ein Schriftband eingeblendet wurde: Die DDR-Regierung hätte Grenzübergänge für DR-Bürger geöffnet. Es war kaum zu fassen. Also sind wir zu dritt los, Cousine, Freund und ich, zum Lehrter Stadtbahnhof (heute Hauptbahnhof). Meine Erinnerung sind wirr aber beinhalten Menschenmassen voM Bahnsteig bis zum Grenzübergang, hupende Trabis, ein paar ratlos guckende Grepos, und eine Jubelstimmung, die ich so nie wieder erlebt habe.

Dem folgte dann das schönste Silvester, dass ich bisher erlebt habe: Die ganze Verwandschaft, die wir jahrelang in Thüringen besucht hatten, konnte (von Oma & Opa abgesehen zum ersten mal) uns in Westberlin besuchen. Inklusive persönlicher Abrissarbeiten an dem Monument der deutschen Teilung, dass diesen besuch bisher verhindert hatte...
 
Eine Frage an die Runde der Zeitzeugen - was machten eigentlich die vielen DDR-Bürger die in den letzten Monaten vor dem Mauerfall über Ungarn oder die Prager Botschaft ausreisten? Sind die nach dem Mauerfall bzw. nach der Einheit zurückgegangen? Was passierte mit ihren Wohnungen, Häusern, sonstigen Besitztümern die sie zurückgelassen haben?
 
Meine Nichte mit ihren Freund reiste über die Warschauer Botschaft aus.
Altersbedingt hatte sie keine materiellen Werte die sie zurück lies.
Beide landeten in einer kleinen Gemeinde in NRW und wurden dort sehr liebevoll aufgenommen (Menschen, Arbeit, Wohnung).
Im Gegenzug haben dann öfters ihr neuer Freundeskreis Sachsen und Thüringen besucht. Einige haben sogar bei meinem Grundstücksnachbar Urlaub gemacht. Bei mir ging nicht, weil sie die Hütte zur gleichen Zeit belegte.
 
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Eine Frage an die Runde der Zeitzeugen - was machten eigentlich die vielen DDR-Bürger die in den letzten Monaten vor dem Mauerfall über Ungarn oder die Prager Botschaft ausreisten? Sind die nach dem Mauerfall bzw. nach der Einheit zurückgegangen? Was passierte mit ihren Wohnungen, Häusern, sonstigen Besitztümern die sie zurückgelassen haben?
Meine Bekannten, die über Ungarn oder die prager Botschaft ausgereist sind, sind alle im Westen geblieben. Im Gegensatz zu den meisten Hiergebliebenen haben die sich in den Jahren ein kleines Vermögen erarbeiten können . Manche wären gern zurückgekommen aber die niedrigen Löhne bei teilweise größerem Arbeitspensum sind absolut abschreckend. Ein Bekannter ist zurückgekehrt aber nach einem Jahr wieder zurückgegangen, da er mit den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung nicht zurechtkam.
 
Aber das, was Schabowski da erzählte hörte sich für mich so geschwollen, wie immer an, wenn die SED Heinies etwas zum Thema Reisen mitteilten. Sprich, ich hörte nicht die Öffnung der Grenze heraus, zudem war es für mich so surreal wie wenn die Hölle zufrieren würde ... Ich ging dann zu Bett, weil es war ja ein normaler Arbeitstag.
Mir ging es ähnlich. Ich habe aus der Pressekonferenz keine Grenzöffnung herausgehört sondern lediglich, dass man ein Visum beantragen kann. Ich bin an diesem Abend beim Fernsehen eigeschlafen und erwachte mitten in der Nacht. Da sah ich zwar die Bilder von den Massen, die über die Grenze liefen, aber ich war derart verschlafen, dass ich das gar Ganze gar nicht richtig begriffen habe und ins Bett gegangen bin. Ich glaube ich habe meiner Frau etwas davon gesagt aber sie schlief weiter und hatte das auch nicht richtig wahrgenommen. Am nächsten Morgen hatte ich das alles vergessen und erst auf der Arbeit wurde mir davon erzählt und ich begriff, dass ich das doch nicht geträumt hatte.
 
Ich habe aus der Pressekonferenz keine Grenzöffnung herausgehört sondern lediglich, dass man ein Visum beantragen kann.

Und genau das haben wir "brave Zonies" dann auch heut vor 25 Jahren gemacht. Wir standen stundenlang in einer Schlange vorm Polizeirevier und haben uns unseren Visumsstempel im Perso abgeholt. Das Visum war übrigens nicht unbegrenzt, sondern, ich glaube nur für 2 Wochen gültig. Erst viel später gab es dann noch den unbegrenzten Stempel.
 
Und genau das haben wir "brave Zonies" dann auch heut vor 25 Jahren gemacht. Wir standen stundenlang in einer Schlange vorm Polizeirevier und haben uns unseren Visumsstempel im Perso abgeholt
Wir sind erst eine Woche später nach Westberlin gefahren. Da musste man sich nicht mehr so lange für den Stempel anstellen. Ohne Visa hätte man auch die jämmerlichen 15 Mark pro Nase nicht umtauschen können.
Als wir ankamen war die erste Besoffenheit schon vorbei und wir wurden nicht mehr jubelnd empfangen. Die Westberliner waren da schon von der Ostinvasion genervt, was ich aber, angesichts der überfüllten Geldausgabeschalter in den Banken und Sparkassen nachvollziehen konnte.
 
Mir ging es ähnlich. Ich habe aus der Pressekonferenz keine Grenzöffnung herausgehört sondern lediglich, dass man ein Visum beantragen kann.

„Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ :D

Für zigtausende deiner Landsleute scheint das aber das ersehnte Signal gewesen zu sein.
 
„Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ :D

Für zigtausende deiner Landsleute scheint das aber das ersehnte Signal gewesen zu sein.
Die Berliner waren schon immer was besonderes in der Zone!

Im Rest des Landes gab es solche Aktionen nicht, im Gegenteil, der große Teil der Zonies machte sich erst in den nächsten Tagen auf den Weg. Die Bilder aus der Nacht von Berlin sind leider nur ein kleiner Teil und spiegeln nicht die ganze Republik wieder. Es gibt kaum Bilder von Grenzübergängen an der Innerdeutschen Grenze, oder?
 
Im Rest des Landes gab es solche Aktionen nicht, im Gegenteil, der große Teil der Zonies machte sich erst in den nächsten Tagen auf den Weg. Die Bilder aus der Nacht von Berlin sind leider nur ein kleiner Teil und spiegeln nicht die ganze Republik wieder. Es gibt kaum Bilder von Grenzübergängen an der Innerdeutschen Grenze, oder?

Hier an der Zonengrenze in Niedersachsen hatte sich das bis zum Morgengrauen ebenfalls rumgesprochen. Gute Bilder gibt's von der Grenzübergangsstelle Marienborn.
 
Hier an der Zonengrenze in Niedersachsen hatte sich das bis zum Morgengrauen ebenfalls rumgesprochen. Gute Bilder gibt's von der Grenzübergangsstelle Marienborn.

Naja, ich wollte an dem kommenden WE mit meinen Kumpel nach Berlin, aber der Zug war so voll (Interzonenzug), daß wir nicht zusteigen konnten oder wollten. Ich bin dann erst 2 Wochen später zu unserer Westverwandtschaft gefahren.

Erster Eindruck auf dem Hauptbahnhof in Frankfurt a.M.: ... scheiße, hier ist es genauso dreckig wie in Leipzig ... :cool:
 
„Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ :D

Für zigtausende deiner Landsleute scheint das aber das ersehnte Signal gewesen zu sein.
Hätte ich so nahe an der Grenze gewohnt, wäre ich vielleicht auch noch in der Nacht losgelaufen. In Berlin waren das ja zunächst auch nur wenige Leute, die sofort losgegangen sind. Ich denke, dass sich das erst nach und nach herumgesprochen hat und schließlich Tausende vor den Übergängen standen.
Da wir damals kein Fahrzeug hatten, war man auf den Zug angewiesen . Die Züge waren aber in den ersten Tagen derart voll, dass wir beschlossen haben erst noch ein paar Tage zu warten. Wir haben damals diesen Stress auch den Kindern erspart und sind nur zu zweit gefahren.
 
So lange hast du die West-Abstinenz ausgehalten? Da staune ich aber! :)

Ich habe soviele schlechte Dinge in der Zone erlebt gehabt, bis dahin, ich war mir sicher, das die Zone mit dem Fall der Mauer Geschichte ist. Da war keine Eile geboten.

Als mein Kumpel und Ich nach Berlin wollten, habe ich auf dem Bahnsteig Bilder gesehen, als die Leute wie die Wahnsinnigen in den Zug drängten, um nach Berlin zu fahren, die mich schwer erschüttert hatten. Nachdem der Zug weg war, stand ein Kinderwagen mit Kleinkind verlassen und allein auf dem Bahnsteig ... schlimm dachte ich damals. Und wenn ich heute die Bilder im TV sehe, wie sich die Leute über die Zäune der Botschaft in Prag kämpften, Kinder drüber lupfen oder Absperrungen überrennen und wer stolpert und fällt, zertrampelt wird, Frage ich mich, welcher Teil der DDR Bürger da geflüchtet ist!? :grübel:

Nein, auch wenn das DDR Regime nicht meine Zuneigung hatte, einen gewissen Stolz hatte ich auch und nach dem 9.11. gab es keinen Grund mehr, sich der Wahnsinnigen Masse an Zonenflüchtlingen anzuschließen.
 
Der Satz von Herrn Schabowski war eindeutig.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat das was herausgegeben. Siehe -> Hier.

Es gibt auch Videos bei YouTube.
Z.B.: „DDR Grenzöffnung live aus Herleshausen 1989“.

Ergänzend zu dem was ich hier bisher geschrieben habe.
Donnerstag in der Nacht sind wir nicht los, ebenso nicht am Freitag.
Unser Problem war...
Die Tante meiner Frau (wohnt in Chemnitz) hat am 11.11. Geburtstag und wir waren zur Geburtstagsfeier eingeladen.
Wir sind am Freitagabend ostwärts gefahren :).
Erinnere mich. Wir waren fast allein auf der der A4.
Anders sah es in der Gegenrichtung aus.
 
Und wenn ich heute die Bilder im TV sehe, wie sich die Leute über die Zäune der Botschaft in Prag kämpften, Kinder drüber lupfen oder Absperrungen überrennen und wer stolpert und fällt, zertrampelt wird, Frage ich mich, welcher Teil der DDR Bürger da geflüchtet ist!? :grübel:

Vermutlich diejenigen, die unter dem Staat am meisten gelitten haben oder sich - ganz subjektiv - unfrei fühlten. Ein Überschwang der Gefühle ist doch sehr verständlich, oder? Menschen sind von ihrer Mentalität her halt unterschiedlich.

Nein, auch wenn das DDR Regime nicht meine Zuneigung hatte, einen gewissen Stolz hatte ich auch ....

Das ehrt dich! ;)
 
Vermutlich diejenigen, die unter dem Staat am meisten gelitten haben oder sich - ganz subjektiv - unfrei fühlten. Ein Überschwang der Gefühle ist doch sehr verständlich, oder? Menschen sind von ihrer Mentalität her halt unterschiedlich.

Das mag ich nicht beurteilen müssen.
Aber manche Bilder aus dem Sommer 89 sprechen klare Worte.
 
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