Versailler Vertrag nach Machtergreifung

Chrisyma

Neues Mitglied
Hallo!

Ich habe eine Frage. Inwiefern hat der Versailler Vertrag die Geschichte Deutschlands nach der Machtergreifung Hitlers beeinflusst?

Ziemlich offene Frage und ich bin um jedes Detail dankbar.
 
Der VFV hat die Geschichte Deutschlands nach der sog. Machtergreifung beeinflußt, indem die Revision einzelner Vertragsbestandteile Inhalt der ns Außenpolitik war (z.B. Wiedereinführung der Wehrpflicht etc.).

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank.
Das habe ich mir auch überlegt. Das hat schliesslich dazu geführt, dass Hitler auch ziemlich zweigesichtig gehandelt hat.
Was gibt es sonst noch für Aspekte?
 
Schon die Weimarer Politiker haben daran gearbeitet, die Bedingungen des VFV für die Republik zu verbessern und es ist ihnen - v.a. Stresemann - z.T. auch gelungen. Es gelang ihnen nur nicht, ihre Erfolge angemessen zu kommunizieren.
 
Vielen Dank für die Antwort.

Es sollte sich jedoch schon auf Hitler resp. das Deutsche Reich beziehen. Das Deutsche Reich war ja durch den VFV auch ziemlich isoliert. Hitler versuchte, diese Isolation zu durchdringen: Zuerst bekam er Aufsehen durch sein zweigleisiges Taktieren, er hatte ja auch ein Konkordat mit dem Papst/Vatikan. Trotz der Stresafront zog er dann auch England auf seine Seite und machte den 19-Punkte-Friedensplan. Schliesslich verbündete er sich mit Italien und dann mit Japan (Antikominternpakt). All dies ist eben (in)direkt auf den VFV zurückzuführen: Durch diese Isolation musste Hitler geschickt handeln und neue Bündnispartner für das DR finden, was ihm auch gelang.

Gibt es noch andere Punkte? Ich bin für alles dankbar.
 
So isoliert war das Reich nicht mehr. Man war vor der Machtergreifung auf einem guten Weg zur Verständigung mit Frankreich, man war nach Locarno dem Völkerbund beigetreten, aus dem Hitler wieder austrat - das war ein Schritt in die Isolation. Die Propaganda der Nazis war noch während der WR darauf ausgerichtet, "den Systempolitikern" - das waren die demokratischen Politiker im Nazisprech (hört man dieser Tage wieder: "Systemmedien") - die Schuld an allem zu geben und vor allem, ihnen ein Versagen, was den Ersten Weltkrieg und Versailles anging, anzuhängen. Umgekehrt wurden Hitlers Erfolge in der Revision des VFV propagandistisch aufgebaut.
 
Ich würde meinen, der Versailler Vertrag war eine wesentliche Ursache dafür, dass Hitler überhaupt an die Macht gekommen ist. Was er danach getan hat, hätte er nicht tun können, wenn er nicht an die Macht gekommen wäre. Insofern finde ich die Fragestellung mit der klaren Einschränkung "nach der Machtergreifung" problematisch. Hitler war in seinen Ideen sicherlich stark durch eine nationalistisch-gekränkte Rezeption des VFV bestimmt. Davon abgesehen würde ich eine Wirkung des VFV auch nach der Machtergreifung auch darin sehen, dass Hitler vor diesem Hintergrund leichter für seine Ideologie begeistern konnte.
 
Könnte man also behaupten, dass dank dem VFV, der ja wie Ketten auf Deutschland wirkte, Hitler die Möglichkeit hatte, das DR von diesen Ketten zu lösen und somit noch mehr präsent und von einem Teil der Deutschen "verehrt" resp. "geschätzt" wurde?
 
Ich würde meinen, der Versailler Vertrag war eine wesentliche Ursache dafür, dass Hitler überhaupt an die Macht gekommen ist.

Ich glaube viel eher, Hauptgrund dürfte die hungernde Bevölkerung gewesen sein. Beim Hausen in einem Erdloch, Mangelernährung durch eine dürftige Suppenküche und Politikern, die dein Leid durch schlechte Maßnahmen noch vergrößern, dürfte man beim Kreuzchen setzen auf den Wahlzettel wohl eher an den knurrenden Magen, als an die Vertragsrevision gedacht haben.
 
@Rebellution

das mit der hungernden Bevölkerung ist etwas übertrieben dagestellt. Das war während des WW1 so. Die wirtschaftliche Lage war extrem schlecht und es gab Massenarbeitslosigkeit das trieb den Kommunisten und den Nazis die Wähler zu.
Aber auch diese wirtschaftliche Lage war zu einem großen Teil auf den Versailler Vertrag zurückzuführen ebenso war die Weltwirtschaftskrise eine unmittelbare Folge des WW1.
Der Versailler Vertrag war der Hauptgrund für das Scheitern der Republik.
 
Der Versailler Vertrag erklärt allerdings nicht das Aufkommen und Erstarken faschistischer Bewegungen in anderen Ländern Europas, wie Italien, Ungarn, Österreich, Frankreich oder Spanien etc. Insofern ist überhaupt zu fragen, ob hier nicht zu monokausal gedacht wird. Sicher hat die Hugenberg-Presse und die rechte Propaganda einen Gutteil dazu beigetragen, dass der Versailler Vertrag wahrgenommen wurde, wie er wahrgenommen wurde, und die Weimarer Politiker als unwillig oder unfähig, dagegen Politik zu machen. Dabei wurde mit Rathenau einer der fähigsten Außenpolitiker der Weimarer Republik von den Rechten ermordet.
 
Zu hinterfragen wären beispielsweise die Beamtenschaft, wo einer personellen Kontinuität zum Kaiserreich zu konstatieren ist. Selbiges gilt für die Justiz. Und wie sah es mit der Reichswehr aus?
Oder mit der "Unregierbarkeit der Repubik? Nein, nein, einfach alles auf den VV zu schieben, das greift viel zu kurz.
 
Wenn man also die wirtschaftlich schlechte Lage Deutschlands auf den VFV zurückführt, könnte man behaupten, dass dieser eben Hitler die Möglichkeit gab, die Wirtschaft zu bessern und somit das Volk zufrieden zu stimmen?

Hitler hat ja zum Teil die Arbeitslosigkeit beseitigt, in dem er die Strassenbauprojekte, die Hochbauprojekte, die Aufrüstung usw. betrieb, die RAD-Lager einführte. Weil der Versailler Friedensvertrag die Wirtschaft Deutschlands also gewissermassen geschwächt hat, konnte Hitler seine wirtschaftliche Stärke zeigen und seine Wahlversprechen einhalten, dem Volk Arbeitsplätze zu bieten? Auch wenn das ja nur teilweise zutrifft, könnte das ja auch ein Einfluss des VFV auf die Zeit nach der Machtergreifung darstellen, oder?
 
Hitler hat ja zum Teil die Arbeitslosigkeit beseitigt, in dem er die Strassenbauprojekte, die Hochbauprojekte, die Aufrüstung usw. betrieb, die RAD-Lager einführte. Weil der Versailler Friedensvertrag die Wirtschaft Deutschlands also gewissermassen geschwächt hat, konnte Hitler seine wirtschaftliche Stärke zeigen und seine Wahlversprechen einhalten, dem Volk Arbeitsplätze zu bieten? Auch wenn das ja nur teilweise zutrifft, könnte das ja auch ein Einfluss des VFV auf die Zeit nach der Machtergreifung darstellen, oder?

Zunächst einmal ist der Autobahnbau bereits in der Weimarer Republik geplant und begonnen worden.
Hitler hat hier die Früchte anderer geerntet. Es ist immer wieder erschreckend, dass noch 70 Jahre nach seinem Tod die NS-Propaganda betreffs des Autobahnbaus nachwirkt.

Was die Beseitigung der Arbeitslosgkeit angeht, so war diese a) einem Wiederanziehen der Konjunktur der Weltwirtschaft ebenso geschuldet, wie auch einer Reduktion der Reallöhne. D.h. die Kaufkraft des Arbeiters wurde beschnitten.

Die Weltwirtschaftskrise, der Grund also für die hohe Arbeitslosigkeit 1930 - 32 war kein Resultat des Versailler Vertrags. Allenfalls, dass die WWK Deutschland so hart traf, weil die amerikanischen Anleger ihre Kredite aus Dtld., die sie z.T. auch an Dtld. gegeben hatten, damit Dtld. die Reparationen bezahlen konnte, abziehen mussten.

Der RAD wäre arbeitsmarktpolitisch allenfalls eine Maßnahme, um die Arbeitslosenzahlen zu beschönigen. Im Prinzip war das eine paramilitärische Veranstaltung nach dem Geschmack der Nationalsozialisten, die der Erziehung der jungen Männer zu Soldaten vorbereiten sollte. Das griff aber 1933 noch gar nicht.
 
Könnte man behaupten, dass Hitlers Abneigungen gegenüber den Franzosen z.T. auf den Versailler Friedensvertrag zurückzuführen ist und somit der folgende Blitzkrieg mit Frankreich teilweise auf dem Hass (der durch den VFV hervorgerufen wurde) abzuleiten ist? Ich erinnere mich noch an Clemenceaus Aussage, dass er Deutschland "abgrundtief hasse, nachdem was sie Frankreich angetan haben".
 
Man könnte den Eindruck haben, du wolltest unbedingt dem Versailler Vertrag die Schuld an allem, was bis 1945 geschah geben.
 
Nun, rein theoretisch ist das zum Zeitpunkt auch die Aufgabe, mit der ich mich auseinandersetze, also ja :D

/aber um einmal ernst zu bleiben: Ich würde eben genau wissen, INWIEFERN der VFV das Geschehen beeinflusst hat nach der Machtergreifung. Dabei möchte ich ihm nicht alle Schuld geben.
 
Mutmaßungen und Glauben sollte man den Theologen überlassen. Deutschland 1919-1933 war nicht Biaffra, und die Mehrzahl der Deutschen hauste durchaus nicht in Erdlöchern. Die Bewohner von urbanen "Problembezirken" wie Wedding wählte eher die KPD oder die SPD.

Die Mehrzahl der NSDAP- Wähler rekrutierte sich aus Angestellten, Arbeitslosen, aus der Bauernschaft und last but not least jungen arbeitslosen Akademikern.

Als Hitler an die Macht kam, war der Vertrag von Versailles längst schon aufgeweicht und eigentlich nur noch Papier. Die Verträge von Locarno und Rapallo hatten die isolation Deutschlands beendet, das inzwischen auch in den Völkerbund aufgenommen wurde. Die irrwitzige Inflation der frühen 20er schien vorrüber zu sein, und in den "Stesemannjahren" machte sich durchaus eine wirtschaftliche Erholung bemerkbar. Die Reparationen wurden mit amerikanischen Krediten finanziert, und es war vor allem die Weltwirtschaftskrise, die nach dem "Black Friday" 1929 Deutschland besonders hart traf. Die Weimarer Republik- eine Republik ohne Republikaner- ging eigentlich schon mit den Präsidialkabinetten nach Brüning unter.

Es blieb dann Hitler vorbehalten, gegen die "Verzichtspolitiker" und "Novemberverbrecher" zu wettern.
 
Könnte man behaupten, dass Hitlers Abneigungen gegenüber den Franzosen z.T. auf den Versailler Friedensvertrag zurückzuführen ist und somit der folgende Blitzkrieg mit Frankreich teilweise auf dem Hass (der durch den VFV hervorgerufen wurde) abzuleiten ist? Ich erinnere mich noch an Clemenceaus Aussage, dass er Deutschland "abgrundtief hasse, nachdem was sie Frankreich angetan haben".

Blödsinn! Hitler hate ursprünglichüberhaupt gar keinen Krieg gegen Frankreich im Sinn gehabt. Er war besessen vom Gedanken eines Vernichtungkrieges gegen die Sowjetuinion, den er ab 22.06.41 in die Tat umsetzte.
 
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