Kutschen und Sänften im Winter?

Ich kann und will nicht verallgemeinern, aber in der russischen Literatur des 19. Jhdts. wird immer wieder erwähnt, dass zumindest Landstraßen im Winter nur schwer passierbar sind (obwohl im Winter anscheinend ohnehin mit Schlitten gefahren wurde - was auch gegen eine Räumung spricht) und es mitunter nicht mehr möglich ist, den Weg zu erkennen. Das spricht nicht unbedingt für eine organisierte Räumung.
 
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Ich habe noch nie von dergleichen wie Winterdienst gehört und mich schon recht viel mit Frondiensten beschäftigt. Es gab so eine Art Straßenwarte, meistens niedere Beschäftigte wie Jäger, Türmer oder sowas, die immer für einen Streckenabschnitt einer Hauptstraße zuständig waren und geringfügig dafür entlohnt wurden (ein paar Gulden aufs Jahr, mehr nicht). Es war oftmals schon schwierig die Bauern zu den gewöhnlichen Gemeindediensten anzuhalten, d.h. Instandhaltung der Gemeindewege und sowas. Ich kann mir daher irgendwie nicht vorstellen, dass man im Winter die Bauern zu irgendwas heran ziehen konnte. Wenn es kalt wurde verkroch man sich in die Häuser und tat eigentlich nur noch das Allernotwendigste bzw. begann mit typischer Wintertätigkeit (Stricken, Spinnen etc., was man halt auch drinnen machen kann). Mein Bild von der Zeit ist, dass es für einen Reisenden schon schwierig war überhaupt eine Menschenseele auf den Straßen anzutreffen, wenn man im Winter über Land reiste.
 
Und dann gibts noch die "technische" Seite, womit hättens denn die Straßen räumen solln?
Die Strecke die man mit Schaufeln räumen kann ist eher nicht allzu lang.
 
Ich habe vor einiger Zeit eines der Wiener Bezirksmuseen besucht, und dort haben sie etwas ausgestellt, was zumindest ein Hinweis auf die Schneeräumung in damaligen Niederösterreich / heutigen Wien sein dürfte:
Das Dokument ist vom Jänner 1850. In diesem fordert eine Wiener Vorortgemeinde (Braunhirschen) nach einem Gerichtsbeschluss die Nachbargemeinde (Fünfhaus) auf, endlich die Schneeräumung an einem bestimmten Straßenteil (dessen Name leider nicht angegeben wird) durchführen zu lassen, dazu genaue Angaben in Bezug auf Arbeiter, Werkzeug und ausdrückliche Anmerkung, dass die Nachbargemeinde auch die Kosten zu tragen hat.
 
@ Teresa C.
Toller Hinweis!
Weißt Du noch zufälligerweise, ob die Stelle irgendwelche Besonderheiten hatte? Vielleicht war diese ja für Unfälle oder dergleichen berüchtigt.

@ balkanese
Eben. Es blieb nur die Muskelkraft und Schaufeln. Die allermeisten Straßen, auch Hauptstraßen, waren ja nichtmal gepflastert. Wie breit sollte man dann eigentlich räumen? Für zweibahnigen Verkehr?:grübel:
 
Ich kann und will nicht verallgemeinern, aber in der russischen Literatur des 19. Jhdts. wird immer wieder erwähnt, dass zumindest Landstraßen im Winter nur schwer passierbar sind (obwohl im Winter anscheinend ohnehin mit Schlitten gefahren wurde - was auch gegen eine Räumung spricht) und es mitunter nicht mehr möglich ist, den Weg zu erkennen. Das spricht nicht unbedingt für eine organisierte Räumung.

Zar Peter I. ließ entlang der Landstraßen Pfosten zur besseren Orientierung errichten und alle 20 bis 40 Kilometer sollten Gasthäuser und Relaisstationen gebaut werden. Schon im vorpetrinischen Russland reisten Kaufleute bevorzugt im Winter. Während des Frühlingstauwetter und der Herbstregen verwandelten sich Straßen, sofern überhaupt vorhanden in unwegsamen Morast, während Flussläufe sich im Winter in Highways verwandelten, auf denen man wesentlich schneller und mit beheizbaren Schlitten auch komfortabler reisen konnte, als während der Schlammsaison im Frühling und Herbst oder während des heißen Sommers, wenn Staub das reisen qualvoll machte. Johann Georg Korb, ein kaiserlicher Gesandter schrieb, dass ihn die russischen Adeligen, die winters mit Schlitten reisten, an Schmetterlinge erinnerten, die sich entpuppten, wenn sie in Pelze vermummt aus ihren Schlitten ausstiegen.
 
Und dann gibts noch die "technische" Seite, womit hättens denn die Straßen räumen solln?
Die Strecke die man mit Schaufeln räumen kann ist eher nicht allzu lang.

So ganz zufrieden bin ich mit den Antworten nicht, ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass Hauptverbindungsstrassen, z.B. von St.Petersburg nach Moskau, zwischen Oktober und April, rund ein halbes Jahr, in keiner Weise irgendwie behandelt wurden, ausser, dass man Schneestangen aufgestellt hat.
Wer soll denn da noch jemand durchgekommen sein? Es geht ja auch nicht nur um ein paar Adelige im Schlitten, sondern um den ganzen Handel, Nahrungsmittel, militærische und zivile Post, usw.
Wenn man einen Weg, auch wenn er markiert sein sollte, monatelang zuschneien læsst, ist er "weg", und sich durch huefthohen Tiefschnee und Schneeverwehungen vorwærts zu kæmpfen klappt weder mit Pferd (auch Schlitten) noch zu Fuss ueber længere Strecken.
Auch Flusslæufe, wenn sie zugefroren sind, bekommen eine schicke Schneedecke obendrauf.
Ich sitze gerade im eingeschneiten Norwegen und frage mich, wie das gegangen sein soll.
Vielleicht eine Møglichkeit:
Die Reise in grøsseren Gruppen/Kolonnen/"Karawanen": Dadurch haben es zumindest die hinteren in der Gruppe einfacher, weil die vorne alles platt machen. Und vorne kann man sich abwechseln.

Gruss, muheijo
 
So ganz zufrieden bin ich mit den Antworten nicht, ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass Hauptverbindungsstrassen, z.B. von St.Petersburg nach Moskau, zwischen Oktober und April, rund ein halbes Jahr, in keiner Weise irgendwie behandelt wurden, ausser, dass man Schneestangen aufgestellt hat.
Wer soll denn da noch jemand durchgekommen sein? Es geht ja auch nicht nur um ein paar Adelige im Schlitten, sondern um den ganzen Handel, Nahrungsmittel, militærische und zivile Post, usw.
Wenn man einen Weg, auch wenn er markiert sein sollte, monatelang zuschneien læsst, ist er "weg", und sich durch huefthohen Tiefschnee und Schneeverwehungen vorwærts zu kæmpfen klappt weder mit Pferd (auch Schlitten) noch zu Fuss ueber længere Strecken.
Auch Flusslæufe, wenn sie zugefroren sind, bekommen eine schicke Schneedecke obendrauf.
Ich sitze gerade im eingeschneiten Norwegen und frage mich, wie das gegangen sein soll.
Vielleicht eine Møglichkeit:
Die Reise in grøsseren Gruppen/Kolonnen/"Karawanen": Dadurch haben es zumindest die hinteren in der Gruppe einfacher, weil die vorne alles platt machen. Und vorne kann man sich abwechseln.

Gruss, muheijo


Entlang bekannter Heer- und Landstraßen gab es schon im ausgehenden Mittelalter "Hand- und Spanndienste", die von anliegenden Bauern gefordert wurden, um die Straßen instand zu halten. Post- und Relaisstationen gab es schon im 1. Jhd, und römische Amtsträger konnten Arbeitsleistung einfordern und notfalls auch Gespanne requirieren.

Mit großer Sicherheit wird man annehmen dürfen, dass entlang den Straßen nach Moskau ein ähnliches System an Frondiensten existierte, Leibeigene gab es ja genug in Russland. Das noch sehr junge St. Petersburg lag allerdings extrem abgelegen und wildromantisch. Noch um 1720 wurden zwei Soldaten in der Nähe des Palais Menschikow von Wölfen angegriffen. Die Umgebung Petersburgs war dazu fast menschenleer, während die Gegend um Moskau relativ dicht besiedelt war für russische Verhältnisse.

Petersburg wurde daher auch mehr über den Seeweg mit Lebensmitteln und Handelsartikeln versorgt.
 
Ist jetzt zwar nicht wirklich historisch, aber die Geschichte vom Ritt über den Bodensee wirft wahrscheinlich schon etwas Licht auf die winterlichen Straßenverhältnisse, und das nicht in Russland sondern mitten in Europa
 
So ganz zufrieden bin ich mit den Antworten nicht, ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass Hauptverbindungsstrassen, z.B. von St.Petersburg nach Moskau, zwischen Oktober und April, rund ein halbes Jahr, in keiner Weise irgendwie behandelt wurden, ausser, dass man Schneestangen aufgestellt hat.

Kannst Du Dir andererseits vorstellen, dass man rund 700 Km Strasse von immer wieder nachfallenden Schnee freigehalten hat? Per Hand? Den ganzen Winter lang? Halte ich für Unwahrscheinlich.

Ich denke das Markierungsstangen und Schlitten die wahrscheinlichste Variante waren, um die Kommunikation aufrecht zu erhalten.
 
Kannst Du Dir andererseits vorstellen, dass man rund 700 Km Strasse von immer wieder nachfallenden Schnee freigehalten hat? Per Hand? Den ganzen Winter lang? Halte ich für Unwahrscheinlich.

Per Hand kann man das natuerlich nicht freischaufeln. Ich dachte eher an mit Pferden gezogene Schneepfluege.
Bei Wiki ist einer abgebildet, ohne allerdings zu sagen, seit wann es das gab, wo, wie oft, ob und von wem organisiert.

Hier ist auch ein Pferde-Schneepflug abgebildet (das 4.Bild), allerdings schon "moderner" - ein Photo aus Oslo von 1907:

http://www.osloby.no/nyheter/Da-snoplogen-hadde-fire-ben-7079219.html

So etwas kønnte/muesste es schon frueher gegeben haben.

Im Nachgang fand ich sogar eine Bauanleitung:

http://hest.no/artikkel.html?news.nid=3272#.VK6_cpd0zIU

Gruss, muheijo
 
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Ohne moderne Hilfsmittel sind 700 km Schneeräumen einfach nicht sinnvoll zu machen. Warum sollte der Schnee auch stören? Schlitten sind doch viel besser als Räder in Schlaglöchern. Die Betreuung einer Straße im Winter erfordert aber nicht nur Markierungsstangen, auch die Räumung bei umgestürzten Bäumen erfordert Arbeit.
 
Das ein Schlitten bei gefrorenem Boden und Schnee drauf Vorteile gegenüber einem Gefährt mit Rädern ist, steht wohl ausser Frage. Das Problem beginnt aber bei Schneehöhen über 1 m. Das Pferd muß da aber erstmal selbst durch und dann noch das, wie auch immer geartete Gefährt ziehen. Ein Kufenschlitten macht auch erst Sinn, wenn die Kufenhöhe über der Schneehöhe liegt und der Weg bekannt ist. Möglicherweise hat man ja den Schee weniger beräumt als mehr verdichtet, in dem man schon bei beginnendem Schneefall flache schwere Schlitten auf den entsprechenden Abschnitten patrouillieren lies.
Bei größeren Abständen zwischen den Siedlungen (Russland) blieben da aber immer noch sehr viel "unbearbeitete" Abschnitte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf der russ. Wiki-Seite ist ein Gemälde mit einem russischen Bauernschlitten abgebildet, der ja ziemlich flach ist. Allerdings kann lt. dem Bild von Beräumung bzw. Verdichtung der Schneedecke nicht die Rede sein. Und das innerhalb einer Ortschaft.
 
@ Teresa C.
Toller Hinweis!
Weißt Du noch zufälligerweise, ob die Stelle irgendwelche Besonderheiten hatte? Vielleicht war diese ja für Unfälle oder dergleichen berüchtigt.

@ balkanese
Eben. Es blieb nur die Muskelkraft und Schaufeln. Die allermeisten Straßen, auch Hauptstraßen, waren ja nichtmal gepflastert. Wie breit sollte man dann eigentlich räumen? Für zweibahnigen Verkehr?:grübel:

Leider gibt es keine Angabe, aus der sicher hervorgeht, um welches Straßenstück es geht. Immerhin werden 9 Männer angefordert mit Schaufeln und Harken als Ausrüstung.
 
Soviel ich weiß bzw. gelesen habe, wurde die ganze Geschichte hindurch auch und vor allem im Winter gereist: Des festen Untergrunds wegen. Man denke da an den Gang nach Canossa samt Alpenüberquerung im Winter (von Dezember 1076 bis Januar 1077).

Es gibt auch Zoll-Verzeichnisse, die Aufschluss darüber geben, wie viel gereist wurde. So wurden zu Dürers Zeit in Südtirol an einer Abzweigung zur Val Sugana, durch die man nach Venedig reiste, vom 1. Januar bis zum 15. März folgende Verkehrsteilnehmer gezählt – Zitat:

573 Leute zu Fuß
234 Leute zu Roß
146 Samrosse
6 Flöße
184 Rottwagen
61 Terfiswagen
(Größere Fuhrwerke aus Treviso. Konnten mit bis 25 Zentnern beladen werden, brauchten auf geraden Wegen nur 2 Pferde, auf den Steilpassagen bis zu 8, die von einheimischen „Rottführern“ gemietet werden mussten)

„Dort, wo man monatlichen Abrechnungen vergleichen kann, ergibt sich – und das hört sich für uns paradox an -, daß der Frachtverkehr im Winter bei weitem stärker war als im Sommer.“

Im Jahr 1483 schrieb der Dominikanerpater Felix Faber: „Nachdem wir Brixen den Rücken gekehrt haben, kamen wir zum Kuntersweg (entlang des Eissacktals nach Bozen), auf dem wir gute Winterreise hatten.“ Und über den Rückweg im Januar nächsten Jahres: „Am 23. erhoben wir aus in der Frühe und stiegen vom Grund aus in gerader Richtung auf der Reichstraße zur Brennerhöhe empor.“

Auf dem Brennerpass befand sich ab 16. Jahrhundert ein Lagerhaus, „das im wesentlichen wohl für solche Waren diente, für deren dann leichteren Abtransport auf Schlitten man auf den günstigen Schnee wartete.“

1829 schrieb Joseph von Görres, Publizist und Professor in München: „Als wir am 1. November auf den Brenner kamen, waren wir schon mitten im Winter hineingeraten, und zollhoher Schnee lag oben. Am folgenden Tag, wo wir in Innsbruck blieben, wütete ein furchtbarer Schneesturm in den Bergen, die Scharnitz wurde vom Schnee zugeweht, daß der Postwagen ausblieb, und am anderen Tag fuhren wir bei hellem Himmel ganz lustig im Schlitte durch fußhoch mit Schnee bedeckte Felder und kamen glücklich im schneebedeckten Bayern an.“

Für den Zustand der Fernstraßen waren in Tirol ab dem 16. Jahrhundert die Gemeinden verantwortlich. Dafür hatten sie Transportmonopol durch die sog. Rottführer. Weil die Gemeinden die Arbeiten nicht immer zur Zufriedenheit ausführten, gab es Kontrolleure: Die sog. Wegbereiter, später Weginspektoren genannt. 1792 wurde „die Zahl der Wegmeister auf 34 erhöht. Jedem Wegmeister unterstanden etwa 16 Kilometer Straße. Sogenannte Einräumer und Wegmacher gab es 274.“

Gereist wurde nur zwischen dem Sonnenaufgang und dem Sonnenuntergang. Es ging auch nicht anders, denn die Städte schlossen bei Anbruch der Dunkelheit ihre Tore. Erst mit dem Aufkommen der öffentlichen Straßenbeleuchtung im 19. Jahrhundert änderte sich das.

Um das abzukürzen: Laut Buch klagten fast alle Winterreisende in ihren Berichten über die Kälte sowohl in den Wägen als auch in den Gasthäusern, wo sie übernachteten: Die Zimmer wurden nicht oder nur selten geheizt.

Alle Zitate sind dem Buch „Alpenübergänge von Bayern nach Italien 1500 bis 1850“, erschienen 1986, entnommen.
 
Ich kann und will nicht verallgemeinern, aber in der russischen Literatur des 19. Jhdts. wird immer wieder erwähnt, dass zumindest Landstraßen im Winter nur schwer passierbar sind (obwohl im Winter anscheinend ohnehin mit Schlitten gefahren wurde - was auch gegen eine Räumung spricht) und es mitunter nicht mehr möglich ist, den Weg zu erkennen. Das spricht nicht unbedingt für eine organisierte Räumung.
Berühmt geworden ist die Schlittenreise Napoleons aus Rußland nach Paris 1812. Caulaincourt, Herzog von Vincenza hat darüber geschrieben.
Zunächst erfolgte die Reise in einer Kutsche. "Aber da unser Gefährt auf Rädern lief und wir keine Zeit hatten, Schlittenkufen anbringen zu lassen, so kamen wir in dem tiefen Schnee nicht vorwärts, während die Schlitten der Kuriere über die Oberfläche leicht dahinflogen. Durch Zufall trieb ich auf der ersten Station einen gedeckten Schlitten auf, was bei des Kaisers Ungeduld, die Reise hinter sich zu legen, ein wahrer Glücksfall war." [1]
Die Schilderung legt nahe, dass selbst die Hauptstrassen mit Relaisstationen, ohne die Kuriere nicht auskommen können nicht vom Schnee geräumt wurden und dass die verwendeten Pferde vor einen Schlitten gespannt gut mit der Situation zurecht kamen.

Grüße
excideuil

[1] Caulaincourt: „Unter vier Augen mit Napoleon – Denkwürdigkeiten des General Caulaincourt, Herzogs von Vicenza, Großstallmeister des Kaisers“, von Dr. Friedrich Matthaesius, Verlag von Velhagen & Klasing, 1937, Seite 78
 
Interessant auch, was der junge Herzog Emmanuel von Croÿ für Anfang 1743 schreibt:
In Kreuznach gab es keine Postpferde, so dass wir auf den Postillon von Mainz warten mussten, was uns drei Stunden kostete. Um vier ging es endlich die sechs Meilen weiter bis zur Poststation von Eckweiler. Die Nacht überraschte uns auf einem eisbedeckten Berg, die Kutsche kam nicht voran, und ich ritt zur Station, wo ich mich mit ein bisschen Latein dem lutherischen Pfarrer verständlich machte, der uns zum Ziehen der Kutsche Ochsen schickte. Ich übernachtete in diesem armseligen Dorf, von wo ich am 13. um neun aufbrach, nachdem ich drei Stunden auf Pferde gewartet hatte. Nur mühsam bewältigten wir die ziemlich mächtigen, ein Fuß hoch verschneiten Berge und erreichten nach acht Meilen die nächste Poststation Laubersweiler, wo umgespannt wurde. Um sieben Uhr und sechs Meilen weiter trafen wir bei schrecklichem Schneetreiben an der Station Haag an. Wir schliefen in diesem elenden Dorf, wo nur ein erbärmliches Zimmer für alle vorhanden war. Um sieben brachen wir mit denselben Pferden gen Trier auf: Die acht Meilen waren lebensbedrohlich, denn dieser ganze Hunsrück ist sehr gebirgig und waldreich; ansonsten wird alles gut bewirtschaftet. ... Eine Meile hinter Haag, auf vereistem Berge, kamen wir nicht weiter, obwohl seit Eckweiler vier Pferde vorgespannt waren. Wir stißen auf einen katholischen Leichenzug mit zwei Pferden, die wir übernahmen, wonach wir trotz nunmehr sechs Pferden nur mit Mühe Trier erreichten, denn Schnee und abschüssige Hänge machten die Wege schrecklich. Drei Meilen vor Trier ginge es hinunter zur Mosel, die ein recht hohes und sehr schroffes Gebirge durchschneidet. Wir trafen um halb fünf ein, hatten für acht Meilen fast zehn Stunden gebraucht." [1]

Und dann noch ein vllt. subjektiver ? Vergleich:
"Dann beginnen Lothringen und die Staaten des Königs. Das ist ganz leicht zu bemerken, denn man lässt all die miserablen Strassen Deutschlands hinter sich und gelangt eine halbe Meile hinter Apach, wo wir wieder auf die Mosel trafen, auf eine herrliche Chaussee."[1]

Grüße
excideuil

[1] Pleschinski, Hans: Nie war es herrlicher zu leben - Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ, C.H. Beck, München, 2011, Seiten 58-60
 
...Wir stißen auf einen katholischen Leichenzug mit zwei Pferden, die wir übernahmen,


Und was haben sie mit der Leiche getan? Weggeschmissen? Oder musste die Familie selber ziehen?

"Dann beginnen Lothringen und die Staaten des Königs. Das ist ganz leicht zu bemerken, denn man lässt all die miserablen Strassen Deutschlands hinter sich und gelangt eine halbe Meile hinter Apach, wo wir wieder auf die Mosel trafen, auf eine herrliche Chaussee."

Das ist ja wie heutzutage!
 
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