Wie problematisiert man das Leben der Bauern im Mittelalter?

Hallo liebe Community!

Ich gebe zu - das ist eine erstmal sehr ungewöhnliche Themenstellung und wirklich präzise ist sie auch nicht. Mehr lässt sich aber andererseits nicht in eine Zeile quetschen und ich hoffe ja überhaupt auf ein erstes Leseinteresse :winke:

Also Folgendes ist meine Situation und daran anknüpfend meine Frage:
Ich habe sehr bald eine Lehrprobe zu absolvieren zum Thema "Leben der Bauern im Mittelalter". Da ich bereits die Grundherrschaft und das Lehenswesen durchgenommen habe, wollte ich mich mehr auf das Dorf und seinen Aufbau sowie die Arbeiten der Bauern im Einklang mit der Natur beschränken. (Soweit der Entwurf bisher - Anregungen werden gerne angenommen!).

Problem ist der bayerische Staat und seine Ansprüche, die er an die Refis stellt: es reicht nämlich leider nicht nur, Wissen zu vermitteln, nein, wir müssen auch eine Problem- oder Fragestellung in unserer Stunde aufstellen und beantworten. Leider bin ich darin noch sehr unbeholfen. Ich hab kein Problem damit, den Schülern den Aufbau und die Techniken der mittelalterlichen Landwirtschaft beizubringen.

Aber bei Gott, ich finde da keine Problematisierung (die Freiheit der Bauern hatte ich schon gefunden).
Eine erste Idee war: wie kommt der Bauer an sein Brot. Weil man hier verschiedene Stationen abarbeiten könnte ( Aussaat, andere Arbeiten während der Wachstumsphase, Ernte mit der Sichel, Dreschen, Mühlzwang und eventuell noch Backzwang.
Aber was kann man denn da noch problematisiern, was sowohl den Aufbau des Dorfs, die Selbstverwaltung, wie auch die Arbeiten betriffT? "Wie lebt man mit der Natur", vielleicht?
- wie wappnet man sich gegen den Winter? - Vorräte und Beheizungstechniken
- wie lange arbeitet man ohne elektronische Hilfsmittel? - bis es dunkel wird.
- woher kommt das Wasser, wenn nicht aus der Leitung? - Brunnen / Schöpfräder
- Welche Pflanzen nutzt man? Anbaupflanzen (Getreide, Obst, Gemüse) und sonstige Nutzpflanzen (Eicheln für die Schweine, Holz für alles)
- Welche Tiere hält man?
- Was macht man gegen ein Auslaugen des Bodens? (Dreifelderwirtschaft)...

Freu mich auf Mitdenker, sonst werde ich Vordenker:devil:
Gruß, questionmarque
 
Eigentlich ist es doch der Sinn eines problemorientierten Unterrichtseinstiegs, dass die Schüler das Problem selbst aufwerfen; die Aufgabe des Lehrers ist die, hierzu eine Situation kognitiver Dissonanz zu schaffen. Allerdings frage ich mich, wie viele Geschichtsstunden ihr in Bayern zur Verfügung habt, dass du a) jetzt schon im Mittelalter bist und b) drei Stunden Zeit hast, mit den SuS über bäuerliches Leben zu arbeiten.
 
- wie wappnet man sich gegen den Winter? - Vorräte und Beheizungstechniken

Viel Anregung kann ich nicht geben, aber da gerade Winter ist, und die Winter im Mittelalter sicher auch noch etwas strenger waren, finde ich dieses Thema interessant.
Als verweichlichter Mitteleuropæer, der ganzjæhrig Zugang zu Nahrungsmitteln aller Art hat und in der warmen Stube sitzt, ist das Thema "Winter" bestimmt eine spannende Sache.

Gruss, muheijo
 
Also Folgendes ist meine Situation und daran anknüpfend meine Frage:
Ich habe sehr bald eine Lehrprobe zu absolvieren zum Thema "Leben der Bauern im Mittelalter". Da ich bereits die Grundherrschaft und das Lehenswesen durchgenommen habe, ....

Mir fällt da ad hoc die Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung der Bauern ein. Die Basis zu einer Problemstellung hast du mit der Behandlung der Grundherrschaft schon gelegt.

Erträge aus der Landwirtschaft waren immer eine wichtige, für viele Adlige die einzige, wirtschaftliche Basis der Landesherren, von Nationen, Reichen etc.

Für den Bauern selbst resultierte daraus ein hoher ökonomischer, aber sehr geringer gesellschaftlicher Wert.

Ganze Dörfer wurden in Europa bis in die Neuzeit verkauft/beliehen/vererbt. Leibeigenschaft existierte in Osteuropa bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: hoher ökonomischer Wert bei gleichzeitiger Rechtlosigkeit des Individuums.

Mögliche Frage: warum konnte das Bürgertum seine wachsende wirtschaftliche Bedeutung in politische Macht umsetzen, während das dem Bauerntum nie (bzw. erst nach Verlust seiner eigentlichen Bedeutung) gelang.

Oder handfester: wie können Bauern in Zeiten niedriger Produktivität, denen auch noch der große Teil ihrer Erträge abgenommen wird, überleben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Don Quichote, muheijo und Steffen,


erstmal Danke für die Antworten!

erstmal zu Don Quichote_ eigentlich haben wir nur eine Stunde für das Leben auf dem Lande...und das ist wahrlich eine Sch....und insgesamt ca. 14 Stunden für das gesamte Mittelalter in der 7. Klasse.

Eine Situation kognitiver Dissonanz würde ich schaffen, wenn ich einen Traktor ins Mittelalter setze, oder wie meinst du das?

zu muheijo: Ja, der Winter im Mittelalter war bisweilen strenger. Mit Sicherheit möchte ich damit arbeiten. Aber deine Antwort zielte leider etwas an meiner Frage vorbei. Ich habe die Frage aber auch nicht soooo gut formuliert. Also: ich suche einen "roten Faden" für meine Stunde, und dieser sollte ein Problem sein, das sich durch drei Viertel der Stunde oder besser noch die ganze Stunde zieht und von den Schülern durch die Quellen, die ich ihnen vorlege, erarbeitet und gelöst werden kann.

Das bringt mich gleich zum Beitrag von steffen04: Es ist vollkommen richtig, dass es eine Diskrepanz gab zwischen Bedeutung und Wertschätzung der Bauern im Mittelalter bis in die Moderne, m. Meinung nach auch bis heute (wo kommt denn unser täglich Brot her?). Allerdings ist die gesellschaftliche Reputation und Haltung der Bauern im Mittelalter leider nur ein Teilaspekt, der unter das Thema bäuerliches Leben fällt....

Mittels einer Dramaturgie könnte ich...

1. Problem: Wie kommt ein Bauer durch den Winter? (Bösewicht "Natur")

2. Lösung

2.1. Lösung gegen Hunger: Durch Vorräte. Woher kommen die Vorräte? Durch den Ertrag aus der landwirtschaftlichen Arbeit (Ackerbau, Gemüsegarten, Viehhaltung, Fischerei). Wie werden die Vorräte haltbar gemacht? Durch Trocknen, etc...
2.2. Lösung gegen Kälte: Durch Holzvorräte, um sich ein Wärmefeuer zu machen. Durch ein Haus, das ein wenig isoliert und zumindest vor Schnee und Nässe schützt. Durch nutzen der Wärme der Tiere

3. Womit hat der Bauer zu kämpfen?

3.1. Die Abgaben und Frondienste, die er dem Grundherren leisten muss.
3.2. Krankheit und Seuche bei Tier und Mensch und Pflanze
3.3. Das Wetter - zu kurzer, verregneter Sommer, etc...
3.4. Die Beschaffenheit des Bodens


4. Wie nimmt er den Kampf auf?

zu 3.1.: Er probiert es durch Aufstände und Bauernkriege, vielleicht auch durch "Bauernschläue": Verstecken von Vorräten; und psychologisch: durch Bauernfeste
zu 3.2.: Nope / Beten um göttlichen Beistand / Aberglaube (?Form?)
zu 3.3.: Beten / göttlicher Beistand / Aberglaube (Feldbeigaben)
zu 3.4.: Bessere Techniken (Eisenpflug und Räderpflug, Düngung durch Tiermist, Entwicklung der Dreifelderwirtschaft)

5. Fazit:

Das Leben der Bauern war hart, ungerecht, arbeitsam, aber sie ließen sich nicht unterkriegen

6. Aktualitätsbezug: Wie ist es heute? (technischer Fortschritt, gesellschaftliche Gleichberechtigung, im Wandel? Das Problem der geringen Wertschätzung der Produkte _ Milchpreis, Öko-und Bioerzeugnisse...Produktionssteigerung auf Kosten der Natur / Tiere)

:grübel:

Wenn ihr wollt, könnt ihr mir gerne nochmals helfen...
... z.B. bei Punkt 3 (Womit hatte der Bauer zu kämpfen?) zu vervollständigen. [steffen04 sagte ja, dass hier die fehlende Anerkennung reinfiele (und das war den Bauern teilweise auch damals schon bewusst...Ich hab das Zitat gerade nicht da, aber ich reich es nach, wenn ich darüber stolpere)]

Aber vielleicht ist das eine Struktur, die ich weiter ausarbeiten sollte...um daraus dann aus didaktischer Reduktion die Sachziele der Stunde herauszuarbeiten um daraus dann die geeigneten Methoden zu entwerfen.

Hey, auch wenn es vielleicht nicht so wirkt: ich freue mich sehr über eure Mitarbeit! Es tut sehr gut, feedback zu dem Thema zu bekommen und ich würde mich freuen, wenn ihr weiter an Bord bleiben würdet oder sogar noch andere Forenmitglieder aufspringen würden! Es ist echt wahnsinnig viel Arbeit zu tun in einer sehr kurzen Zeit!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Don Quichote, muheijo und steffen04,


erstmal Danke für die Antworten!

erstmal zu Don Quichote_ eigentlich haben wir nur eine Stunde für das Leben auf dem Lande...und das ist wahrlich eine Sch....und insgesamt ca. 14 Stunden für das gesamte Mittelalter in der 7. Klasse.

Eine Situation kognitiver Dissonanz würde ich schaffen, wenn ich einen Traktor ins Mittelalter setze, oder wie meinst du das?

zu muheijo: Ja, der Winter im Mittelalter war bisweilen strenger. Mit Sicherheit möchte ich damit arbeiten. Aber deine Antwort zielte leider etwas an meiner Frage vorbei. Ich habe die Frage aber auch nicht soooo gut formuliert. Also: ich suche einen "roten Faden" für meine Stunde, und dieser sollte ein Problem sein, das sich durch drei Viertel der Stunde oder besser noch die ganze Stunde zieht und von den Schülern durch die Quellen, die ich ihnen vorlege, erarbeitet und gelöst werden kann.

Das bringt mich gleich zum Beitrag von steffen04: Es ist vollkommen richtig, dass es eine Diskrepanz gab zwischen Bedeutung und Wertschätzung der Bauern im Mittelalter bis in die Moderne, m. Meinung nach auch bis heute (wo kommt denn unser täglich Brot her?). Allerdings ist die gesellschaftliche Reputation und Haltung der Bauern im Mittelalter leider nur ein Teilaspekt, der unter das Thema bäuerliches Leben fällt....

und zum guten Beitrag:
Mögliche Frage: warum konnte das Bürgertum seine wachsende wirtschaftliche Bedeutung in politische Macht umsetzen, während das dem Bauerntum nie (bzw. erst nach Verlust seiner eigentlichen Bedeutung) gelang.
Ich hab das Leben in der Stadt und das Bürgertum erst in einer der Folgestunden, diese Art der Problematisierung kommt also nicht im Betracht.

Mittels einer Dramaturgie könnte ich...

1. Problem: Wie kommt ein Bauer durch den Winter? (Bösewicht "Natur")

2. Lösung

2.1. Lösung gegen Hunger: Durch Vorräte. Woher kommen die Vorräte? Durch den Ertrag aus der landwirtschaftlichen Arbeit (Ackerbau, Gemüsegarten, Viehhaltung, Fischerei). Wie werden die Vorräte haltbar gemacht? Durch Trocknen, etc...
2.2. Lösung gegen Kälte: Durch Holzvorräte, um sich ein Wärmefeuer zu machen. Durch ein Haus, das ein wenig isoliert und zumindest vor Schnee und Nässe schützt. Durch nutzen der Wärme der Tiere

3. Womit hat der Bauer zu kämpfen?

3.1. Die Abgaben und Frondienste, die er dem Grundherren leisten muss.
3.2. Krankheit und Seuche bei Tier und Mensch und Pflanze
3.3. Das Wetter - zu kurzer, verregneter Sommer, etc...
3.4. Die Beschaffenheit des Bodens


4. Wie nimmt er den Kampf auf?

zu 3.1.: Er probiert es durch Aufstände und Bauernkriege, vielleicht auch durch "Bauernschläue": Verstecken von Vorräten; und psychologisch: durch Bauernfeste
zu 3.2.: Nope / Beten um göttlichen Beistand / Aberglaube (?Form?)
zu 3.3.: Beten / göttlicher Beistand / Aberglaube (Feldbeigaben)
zu 3.4.: Bessere Techniken (Eisenpflug und Räderpflug, Düngung durch Tiermist, Entwicklung der Dreifelderwirtschaft)

5. Fazit:

Das Leben der Bauern war hart, ungerecht, arbeitsam, aber sie ließen sich nicht unterkriegen

6. Aktualitätsbezug: Wie ist es heute? (technischer Fortschritt, gesellschaftliche Gleichberechtigung, im Wandel? Das Problem der geringen Wertschätzung der Produkte _ Milchpreis, Öko-und Bioerzeugnisse...Produktionssteigerung auf Kosten der Natur / Tiere)

:grübel:

Wenn ihr wollt, könnt ihr mir gerne nochmals helfen...
... z.B. bei Punkt 3 (Womit hatte der Bauer zu kämpfen?) zu vervollständigen. [steffen04 sagte ja, dass hier die fehlende Anerkennung reinfiele (und das war den Bauern teilweise auch damals schon bewusst...Ich hab das Zitat gerade nicht da, aber ich reich es nach, wenn ich darüber stolpere)]

Aber vielleicht ist das eine Struktur, die ich weiter ausarbeiten sollte...um daraus dann aus didaktischer Reduktion die Sachziele der Stunde herauszuarbeiten um daraus dann die geeigneten Methoden zu entwerfen.

Hey, auch wenn es vielleicht nicht so wirkt: ich freue mich sehr über eure Mitarbeit! Es tut sehr gut, feedback zu dem Thema zu bekommen und ich würde mich freuen, wenn ihr weiter an Bord bleiben würdet oder sogar noch andere Forenmitglieder aufspringen würden! Es ist echt wahnsinnig viel Arbeit zu tun in einer sehr kurzen Zeit!

Und hoppla - Steffen04 - jetzt war ich ganz in eigenen Gedanken versunken und habe deinen Beitrag voll aus den Augen verloren. Lese gerade, dass du ja zu einem ähnlichen Ziel gekommen bist: Wie überlebt der Bauer eigentlich im Mittelalter? Entschuldige das Überlesen:red:
 
Wenn ihr wollt, könnt ihr mir gerne nochmals helfen...
... z.B. bei Punkt 3 (Womit hatte der Bauer zu kämpfen?) zu vervollständigen. [steffen04 sagte ja, dass hier die fehlende Anerkennung reinfiele (und das war den Bauern teilweise auch damals schon bewusst...Ich hab das Zitat gerade nicht da, aber ich reich es nach, wenn ich darüber stolpere)]

Als Adam drosch und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?
 
Ich finde, die Bauern waren im „Mittelalter“ nicht so rechtlos wie vielfach dargestellt. Deren Rechte und Pflichten waren meistens genau festgelegt bzw. festgeschrieben. Zu vermehrten Verletzungen dieser verbrieften Rechte durch die Grundherren kam es erst im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Die Folge davon waren die Bauernaufstände bzw. -kriege. Dazu trugen in dieser Zeit auch die Türkeneinfälle bei, die in südöstlichen Gegenden (Gebiet des später so genannten Österreich-Ungarns) fast an der Tagesordnung waren, und denen die Bauern, im Gegensatz zu den Grundherren, die sich in ihren Burgen verschanzen konnten, schutzlos ausgeliefert waren.

Auch dass die Winter damals strenger waren, kann man nicht so allgemein sagen: Im Hochmittelalter gab es in Europa teilweise ein wärmeres Klima als heute, was zur einer Verbesserung der Ernährungslage und dementsprechend zu einer Bevölkerungsexplosion führte. Diese hatte wiederum zur Folge, dass bisher unerschlossene Räume urbar gemacht und besiedelt wurden. Pionierarbeit verrichteten dabei Klöster, die natürlich auch vom Bevölkerungswachstum profitierten. Es entstanden neue Höfe (Hube), deren Besitz erblich war und auch durch Kauf selbstständig erweitert werden konnte. Will sagen: Nicht alle Bauern waren Hörige, die keinen Grund besitzen durften.

Ein Problem waren die überzähligen Söhne, denn nur ein Sohn konnte den Hof übernehmen. Die anderen mussten entweder als Knechte auf dem Hof des Bruders arbeiten oder in die Stadt ziehen. Aber zum „Glück“ gab es immer wieder Kriege, in denen sich Europa bis zum 1. Weltkrieg regelmäßig ihrer überzähligen Söhne entledigte. Jedenfalls waren z.B. die Kreuzzüge auch eine Folge der Bevölkerungsexplosion im Hochmittelalter.

Mittelalter ist keineswegs als eine Einheit zu sehen, zu unterschiedlich waren die Verhältnisse während der 1000 Jahre. Das in wenigen Stunden adäquat darzustellen dürfte äußerst schwierig sein, zumal verlässliche Daten vielfach fehlen – z.B. die aus dem Frühmittelalter.
 
Hallo Dion!
Ja, das das Klima nicht sooo streng war, hab ich auch gelesen. In Bayern setzte erst "gegen 1300" eine nachhaltige Verschlechterung ein. "Sie dauerte bis zur Mitte des 19.Jhdts.; so wird der Zeitraum zwischen 1590 bis 1850 sogar als kleine Eiszeit bezeichnet" (Hefte zur bay. Geschichte und Kultur, Bd. 36, S. 5).

Und der Hinweis, dass das Mittelalter definitiv nicht so schematisch war, wie wir es darstellen wollen, ist ebenfalls angebracht. Hörige konnten ja Dienstadelige Ministeriale werden, ein Freier konnte zum Hörigen werden, der eigene zweitgeborene Sohn zum Knecht usw....Aber wie du auch schon gemeint hast: Wir Lehrer haben nicht die Zeit, dafür sind dann eigentlich die Unis da. Und wir arbeiten exemplarisch.

Jetzt aber mal nochmal ne ganz plumpe Anfängerfrage: Mussten ALLE BAUERN den Zehnt zahlen, also auch die Freien?
Und wem mussten die freien Bauern Abgaben und Frondieste leisten? De iures eigentlich nur dem Landesherren (also z.B. Karl dem Großen). Und defacto? Hat der nächste Grundherr nicht auch seine Finger nach den Gütern der freien Bauern und ihrer Arbeitskraft ausgestreckt?
 
Der Zehnte war eine Abgabe die jeder bezahlen musste, außer Adel und Klerikern.
Freie konnten zu Frondiensten nicht herangezogen werden, das war ein Dienst, den Grundhörige leisten mussten.
 
Vielleicht sollte man erstemal den untersuchten Begriff definieren.
Bzw. die Begriffe. Dann ist die Stunde schon um.
Was ist ein Bauer, wer betrieb alles Landwirtschaft wann im Mittelalter.
So in 1000 Jahren hat sich da etliches geändert. Während Chlodwig und andere neben ihrer Tätigkeit als Räuber selber Bauern waren, ist ja Kaiser Maximilian nur mehr oberster Verwaltungsbeamter des Reichs ...
 
Hallo!

Abschließend ist zu sagen, dass ich auf das falsche Pferd gesetzt habe.
Leistung ist Arbeit pro Zeit. Und ich addiere + Glück, auf das richtige Pferd zu setzen oder auf das richtige Gleis gesetzt zu werden.

Das Pferd, auf das ich setzte, hieß: "Das Leben der Bauern im Mittelalter - Harte Arbeit oder Müßiggang?" -, herausgezogen aus einem flämischen Erntegemälde von Brueghel dem Jüngeren. Auf diesem sieht man sowohl erntende Bauern als auch eine Pausengruppe mit Picknickcharakter. Ich hab das Bild so bearbeitet, dass beide Aspekte getrennt voneinander in den Betrachtervordergrund kamen. Innerhalb der Stunde habe ich dieser Fragestellung dannn nachgespürt und alltägliche und saisonale Aufgaben der Freizeit und ihren Beschäftigungen entgegengestellt.
Dass das Leben der Bauern hart war / ist, war dann das von den Schülern gezogene Fazit.

- Aber das war den Prüfern zu einfach, das wussten die Schüler ja eh schon.
Sie hätten gerne Dreifelderwirtschaft und Räderpflug gesehen, wie man das richtig problematisiert, weiß ich immer noch nicht. Vermutlich über eine Bevölkerungsentwicklungskurve. Wie entstand Bevölkerungswachstum im Mittelalter? ... Aber dann wäre ich wahrscheinlich dafür gekreuzigt worden, dass ich ein komplexes Phänomen monokausal beleuchte, denn vermutlich gehört auch mehr dazu, als Dreifelderwirtschaft und Räder/Eisenpflug, um die Bevölkerung in Europa grob nach Putzger von 50 auf 100 Millionen zu pushen. Putzger nennt noch Aneigung von Land als Faktor, und gelesen habe ich, dass die die Viehwirtschaft zugunsten des Getreidebaus reduziert wurde, was effizienter war.

Wie auch immer, jetzt weiß ich mehr, aber die Prüfung ist vorbei. Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Danke für die Antworten! +

P.S: "Vielleicht sollte man erstemal den untersuchten Begriff definieren. Bzw. die Begriffe. Dann ist die Stunde schon um." Stimmt!
 
ja, Chlodwig war Eigentümer großer Ländereien und Besitzer mehrerer größerer landwirtschaftlicher Betriebe, nach heutiger Auffassung also Landwirt/Bauer.
Und der Sachsenkrieg KdG-Widukind ging damit los, das die Franken unter anderem einen Hof des Widukind verwüsteten. Was den dazu veranlasste, 30 Jahre gegen "die Franken" Krieg zu führen.

Kaiser Maximilian hingegen lebte von ganz anderen Einkünften (unter anderem vom Ausstellen von "Privilegien"), ernannte die für die Verwaltung des Reiches zuständigen Leute und wurde auch von diesen bzw von deren Vertretern eingesetzt.
 
Kaiser Maximilian hingegen lebte von ganz anderen Einkünften (unter anderem vom Ausstellen von "Privilegien"), ernannte die für die Verwaltung des Reiches zuständigen Leute und wurde auch von diesen bzw von deren Vertretern eingesetzt.
Der Kaiser wurde von wem eingesetzt? :confused:

Mir klingt das alles sehr wirr.

Natürlich besaßen die Grundherren "landwirtschaftliche Betriebe", aber das tat doch auch fast jeder Herrscher bis in die FNZ. Ist man deswegen ein Bauer? Und was soll da der Unterschied zu Maximilian sein?

Zu fast jedem Schloss gehörte eine Landwirtschaft, ganz einfach weil frisches Gemüse, Milch etc. nötig waren. Aber deswegen wird ein Schlossherr doch nicht zum Bauer.
 
Den Kaiser wählten die Kurfürsten. Und der Schloßherr wird dann zum Bauern, wenn er sich selbst um die Erträge kümmert.

Natürlich waren die allermeisten Großen auch "landwirtschaftlich tätig", was sie nun nicht zum Landwirt macht. Aber was ist dann im Frühmittelalter ein Bauer? KdG förderte maßgeblich den Gartenbau, wohl seine herausragendste Leistung, Widukind verliert in Westfalen einen Hof und führt 30 Jahre Krieg.

Und damit hängt man eben in der Falle. Entweder sind alle Bauern oder wir verwenden dann bitte einen anderen Begriff.
 
Abschließend ist zu sagen, dass ich auf das falsche Pferd gesetzt habe.
(…)
Das Pferd, auf das ich setzte, hieß: "Das Leben der Bauern im Mittelalter - Harte Arbeit oder Müßiggang?" -, herausgezogen aus einem flämischen Erntegemälde von Brueghel dem Jüngeren.
Brueghel der Jüngere lebte im 17. Jahrhundert und kann daher kaum zum Thema Mittelalter was gemalt haben.

Besser wären die Bilder aus dem Stundenbuch des Duc de Berry (Les Très Riches Heures du Duc de Berry) vom Anfang des 15. Jahrhunderts, in dem die bäuerliche Arbeiten zu verschiedenen Jahreszeiten in den einzelnen Kalenderblättern sehr anschaulich illustriert wurden.
 
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