keltisches Kalendarium am Glauberg

Es geht nicht um die Schriftform
Schau bitte noch mal hier rein.

Es geht um Bauernregeln, die sich an einem Kalender orientieren, bei dem jeder der 366 Tage seinen Heiligen hat. Zu den meisten Heiligen gibt es eine oder mehrere Bauernregeln:
Liste von Bauernregeln ? Wikipedia

es geht darum, den richtigen Zeitraum für die Aussaat zu bestimmen.
Der "richtige Zeitraum" für die Aussaat von Sommergetreide ist lang und dehnbar - von Februar bis April, abhängig von Höhenlage, Wetter, Zustand des Bodens und so weiter.
Sommergerste sollte so früh wie möglich gesät werden. Die Voraussetzung dafür ist ein ausreichend abgetrockneter Boden. Die optimale Saatzeitspanne beginnt Ende Februar und endet gegen Ende März. In Höhenlagen über 400 Meter kann man bis Anfang April aussäen.
Ratgeber: Tipps zur Aussaat von Sommergerste - Agrarheute


Dafür ist jeder Zeitpunkt nach dem astronomischen Frühlingsanfang (wegen der längeren Sonnenscheindauer) besser geeignet als die Zeitpunkte davor.
Jeder Zeitpunkt nach dem astronomischen Frühlingsanfang?
Sorry, das ist Unfug.

Die Mondphasen sagen etwas über die Zeitpunkte innerhalb eines Monats, nicht innerhalb eines Jahres.
Wer in der Lage ist, auf 12 zu zählen, kann auch herausfinden, wo man innerhalb des Jahres steht.
Siehe auch http://www.geschichtsforum.de/741842-post68.html

Mit anderen Worten: Wer sich auf die Naturbeobachtungen stützen würde – wie Du in dem ersten zitierten Beitrag als sinnvoller vorschlägst -, wäre in diesen Jahren mehrmals mit seiner Aussaat gescheitert.
Wieso das? Ich habe doch nicht behauptet, dass man mit dem Beginn der Haselblüte säen sollte?

Das Eintreten der phänologischen Jahreszeiten ist lokal deutlich unterschiedlich und differiert auch in den verschiedenen Jahren. Schon deshalb decken sie sich nicht mit den an fixe Anfangs- und Enddaten gebundenen astronomischen und meteorologischen Jahreszeiten. In der Landwirtschaft sind es aber gerade die phänologischen Jahreszeiten, die dem Bauern helfen, zu beurteilen, welche Arbeiten für seinen Landstrich anfallen.
Phänologie ? Wikipedia

Sonnenkalender ist dem Mondkalender überlegen, sonst hätten wir den seit der neolithischen Revolution nicht
Wir haben den Sonnenkalender seit Julius Caesar.
Auch der keltische Coligny-Kalender war - lange nach der neolithischen Revolution - noch kein Sonnenkalender:
Der Kalender ist nach dem Lunisolaren Zyklus eingerichtet. Die Grundlage ist ein Mondjahr mit 12 Monaten und 355 Tagen, wobei sieben Monate je 30 und fünf Monate je 29 Tage haben. Der sich zum Sonnenjahr ergebende Unterschied wird dadurch ausgeglichen, dass beginnend mit dem 1. Jahr und nach zweieinhalb Jahren – also 31 Monaten – ein Schaltmonat zu 30 Tagen eingeschoben wurde.
Kalender von Coligny ? Wikipedia

Wenn wir gerade bei den Kelten sind:
Hier mal die Klimadaten von Bourg-en-Bresse (in der Nähe von Coligny):
Klimadaten Bourg-en-Bresse - Klima & Beste Reisezeit Bourg-en-Bresse - Klima.org
Da liegen die Temperaturen im Februar zwischen 0 und 7 Grad, im März zwischen 3 und 12 Grad.
Und hier die von Manching, wo es mal ein keltisches Oppidum gab:
Klimadaten Manching - Klima & Beste Reisezeit Manching - Klima.org
Da liegen die Temperaturen im März zwischen -1 und +7 Grad, im April zwischen 3 und 13 Grad.

Welche Relevanz hat der 21. März für die Aussaat in Coligny, und welche Relevanz hat er für die Aussaat in Manching?
 
Ich möchte mich bei allen Diskussionspartnern bedanken, das Thema hat mich überraschend gefesselt, und zu einer kleinen Zeitreise zur Geschichte der Zeitmessung geführt, wirkliches Neuland für mich. Sehr spannend aber auch nicht unkompliziert.
Inhaltliche Beiträge folgen!
 
Der "richtige Zeitraum" für die Aussaat von Sommergetreide ist lang und dehnbar - von Februar bis April, abhängig von Höhenlage, Wetter, Zustand des Bodens und so weiter.
Die neolithischen Bauern haben nicht nur Getreide (Einkorn, Emmer, Dinkel, Weizen, Gerste, Hirse) angebaut, sondern auch Erbsen, Ackerbohnen, Linsen, Lein, Rüben (Brassica rapa L). Die haben teilweise andere Ansprüche an die Wärme bzw. Tageslichtlänge. Außerdem gab es damals schon Wintergetreide, das im Herbst gesät wird, und zwar nach der Herbst-Tagundnachtgleiche. Man sieht daran, wie wichtig auch dieser Termin für die Bauern war und ist.


Dafür ist jeder Zeitpunkt nach dem astronomischen Frühlingsanfang (wegen der längeren Sonnenscheindauer) besser geeignet als die Zeitpunkte davor.
Jeder Zeitpunkt nach dem astronomischen Frühlingsanfang?
Sorry, das ist Unfug.
Das ist Wortklauberei und zudem eine unzulässige Verkürzung des Gesagten. Ich habe gesagt:
Es geht nicht um die Schriftform, es geht darum, den richtigen Zeitraum für die Aussaat zu bestimmen. Dafür ist jeder Zeitpunkt nach dem astronomischen Frühlingsanfang (wegen der längeren Sonnenscheindauer) besser geeignet als die Zeitpunkte davor. Wenn man die Tag/Nachtgleiche nicht kennt und sich auf Naturbeobachtungen verlässt, kann man eher scheitern.
Es geht also um die Frage, wer erfolgreicher Bauer war: Der "Mond- oder Sonnenbauer".


Wer in der Lage ist, auf 12 zu zählen, kann auch herausfinden, wo man innerhalb des Jahres steht.
Nein, denn die 12 Mondmonate entsprechen nicht dem Sonnenjahr, das entscheidend für die Jahreszeiten ist – und damit entscheidend für die Bauern. Schon im zweiten Jahr differiert das Mondjahr um mehr als 20 Tage vom Sonnenjahr. Um das auszugleichen, muss man wissen, wie lang das Sonnenjahr ist, was man mit Naturbeobachtung nicht immer hinkriegt, weil diese unzuverlässig sind – siehe z.B. Haselblüte im Januar.


Wir haben den Sonnenkalender seit Julius Caesar.
Es gibt steinzeitlichen Stätten, die nachweislich aus Sonnenbeobachtungen resultierten bzw. diesen dienten – hier 2 Beispiele:
Newgrange: Lichtstrahl am Mittwintermorgen – Zitat: So besitzt das 3.150 v. Chr. erbaute Ganggrab Newgrange in Irland eine innere Kammer, in die jedes Jahr nur an wenigen Tagen um die Wintersonnenwende herum bei Sonnenaufgang ein Sonnenstrahl fällt. Für rund 15 Minuten stehen dann Sonne, die Öffnung über dem Grabeingang, der 22 Meter lange Gang und die Grabkammer an seinem Ende genau in einer Linie. Ein Lichtfleck fällt direkt in die Grabkammer.

Welche Riten damals mit diesen Sonnenfleck verbunden waren, weiß heute niemand mehr. Naheliegend ist jedoch die Interpretation als Wiederkehr und Sieg der Sonne und damit des Lebens über die Dunkelheit. Der Fleck zeigte an, dass die dunkle Zeit vorbei war und die Tage wieder länger wurden.


Das Sonnenobservatorium von Goseck – Zitat: Und genau diese Tore sind nach Ansicht der Forscher ein klarer Beleg für einen astronomischen Hintergrund der Anlage: „Zur Wintersonnenwende, am kürzesten Tag des Jahres, geht die Sonne in Richtung dieses Tores auf, beschreibt dann einen sehr flachen Bogen am südlichen Himmel und geht im Südwesten am anderen Tor unter“, erklärt Wolfhard Schlosser, Astronom an der Ruhr-Universität Bochum und Mitbegründer der Europäischen Gesellschaft für Archäoastronomie (SEAC) in einem Interview des NDR zum Thema Goseck. Seiner Ansicht nach markieren die Hauptblickrichtungen vom Zentrum der Anlage aus nicht nur die Sonnenwenden, sondern auch zwei Zwischenzeiten und die Nord-Südrichtung.


Wenn wir gerade bei den Kelten sind:
Hier mal die Klimadaten von Bourg-en-Bresse (in der Nähe von Coligny):
Klimadaten Bourg-en-Bresse - Klima & Beste Reisezeit Bourg-en-Bresse - Klima.org
Da liegen die Temperaturen im Februar zwischen 0 und 7 Grad, im März zwischen 3 und 12 Grad.
Und hier die von Manching, wo es mal ein keltisches Oppidum gab:
Klimadaten Manching - Klima & Beste Reisezeit Manching - Klima.org
Da liegen die Temperaturen im März zwischen -1 und +7 Grad, im April zwischen 3 und 13 Grad.
Durchschnittstemperaturen sagen nichts darüber aus, wie warm oder kalt es tatsächlich vor bzw. nach dem 21. März war. Dies ist aber wichtig bei der Beurteilung der Frage, ob die Tag/Nacht-Gleiche Bedeutung für die Bauern hätte.


Wie hartnäckig die Festlegung von Festen nach dem Mond sich halten kann, sieht man in unserem Kulturkreis, wo trotz 2000 Jahre Julianischem/Gregorianischen Kalender sich immer noch ein großer Teil der Feste nach dem Mond richtet: Fastnacht, Ostern, Pfingsten...
Hier ist nur ein Fest bestimmend: Ostern. Die beiden anderen sind von Ostertermin abhängig. Dazu sagt Wikipedia: Als Osterdatum wurde im Jahre 325 auf dem Konzil von Nicäa der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling (Datum des Frühlingsvollmondes), der frühestens am 21. März stattfinden kann, festgelegt. Der früheste Ostersonntag fällt folglich auf den 22. März, der späteste auf den 25. April. Nach dem Datum des Osterfestes richten sich fast alle anderen beweglichen Feiertage im Kirchenjahr.

Man sieht, auch hier spielt der 21. März, der astronomische Frühlingsbeginn, eine entscheidende Rolle.


Im Übrigen drehen wir uns im Kreis: Du behauptest, mit Mond- und Naturbeobachtungen kämen die neolithischen Bauern gut zurecht, ich behaupte, mit Sonne- und Naturbeobachtungen konnte ihnen das besser gelingen. Weil ich nicht glaube, dass wir unsere Meinungen ändern werden, sollten wir es dabei belassen.
 
Das ist Wortklauberei und zudem eine unzulässige Verkürzung des Gesagten.
Vielleicht habe ich Dich nicht richtig verstanden, aber auch aus dem Zusammenhang leuchtet mir der Sinn des Gesagten nicht wirklich ein. Am 21. März passiert doch nichts, was nicht auch am 20. März oder am 22. März oder an jedem anderen Frühlingstag passiert: Die Sonne geht wenige Minuten früher auf und wenige Minuten später unter als am Tag zuvor.

Nein, denn die 12 Mondmonate entsprechen nicht dem Sonnenjahr, das entscheidend für die Jahreszeiten ist
Ich frage mich, ob Du die bisherige Diskussion wirklich gelesen hast:

Warum soll der Mondkalender nicht für ein Jahr tauglich sein?
Man muss nur auf zwölf zählen können.

Zum Beispiel: Ab der Ernte zählt man zwölf Monate, dann müsste das Getreide wieder reif sein.
Ist es noch nicht reif, wartet man einfach noch einen Schaltmonat ab, fertig.

Erst bei einem überregionalen Kalender funktioniert das nicht - bei den einen ist das Getreide vielleicht im Juli reif, bei den anderen erst im August.
Da wird man sich auf einen objektiveren Maßstab einigen müssen. Dann kommen Sonnwenden und Sternbilder ins Spiel. Eine Umstellung auf einen Sonnenkalender ist aber nicht erforderlich.

Dion schrieb:
Schon im zweiten Jahr differiert das Mondjahr um mehr als 20 Tage vom Sonnenjahr. Um das auszugleichen, muss man wissen, wie lang das Sonnenjahr ist
Man muss doch eigentlich nur wissen, dass das Jahr etwas länger ist als die 12 Monate.

Sobald die Menschen geistig in der Lage waren, auf 12 zu zählen und den Monaten Nummern oder Namen zu geben, haben sie recht bald geschnallt, dass man alle zwei bis drei Jahre einen Schaltmonat braucht, um mit den Jahreszeiten im Takt zu bleiben.


Es gibt steinzeitlichen Stätten, die nachweislich aus Sonnenbeobachtungen resultierten bzw. diesen dienten
Habe ich das irgendwo bestritten?
Das heißt aber noch lange nicht, dass deswegen die Mondmonate abgeschafft und stattdessen ein Sonnenkalender eingeführt wurde.

Wie soll der denn ausgesehen haben? Wie waren die 365,2425 Tage eingeteilt? Wie sahen die Schaltregeln aus? Wie waren die Tag-und-Nachtgleichen definiert, wenn man sie wegen schlechtem Wetter nicht beobachten konnte?

Durchschnittstemperaturen sagen nichts darüber aus, wie warm oder kalt es tatsächlich vor bzw. nach dem 21. März war.
Natürlich nicht, es kann vor dem 21. März schon warm sein und am 21. März wieder zu schneien beginnen.

Die Durchschnittstemperaturen sagen aber, dass die März-Temperaturen in Manching dieselben sind wie die Februar-Temperaturen in Coligny. Wenn ein Bauer in Manching sich nach den Aussaatterminen in Coligny richtet, ist das vielleicht nicht sehr schlau.

Im Übrigen drehen wir uns im Kreis: Du behauptest
Um noch mal auf den Ausgangspunkt unseres Dialogs zurückzukehren:

Ich behaupte, dass ein Kalender, der die Tage nach den Mondphasen gruppiert, viel praktischer zu handhaben ist als ein Sonnenkalender, der definitionsgemäß die Mondphasen ignoriert.

Zumindest für Leute, die keine Schrift haben, keinen Kalender in ihre Bauernstube hängen können und auch keinen in der Tasche herumtragen können.

Gibt es zu dem, was ich geschrieben habe, noch Einwände?

Wenn man keine Schrift hat und das Kalenderdatum von Sonne, Mond und Sternen ablesen muss, ist der Mond unschlagbar.

Die Mondphasen lassen sich jeden Tag ablesen. Man braucht keine Messgeräte, sondern muss nur nach oben schauen. Wenn es gerade bewölkt ist, kann man auch eine Stunde später nochmal nachschauen.

Um die Sonnenphasen zu bestimmen, hat man nur viermal in einem Jahr dazu Gelegenheit. Man braucht geeignete Messgeräte, und man hat jeweils nur ein kurzes Zeitfenster. Wenn es gerade bewölkt ist, nutzt es nichts, eine Stunde später nochmal nachzuschauen.

Man kann die Sterne nutzen, aber dazu muss man sich sehr gut am Nachthimmel auskennen, man hat nur jeweils ein sehr kleines Zeitfenster, und genaue Tage lassen sich anhand der Sterne nicht bestimmen.
 
Kleine Antwort auf viele Fragen

Zur Naturbeobachtung:
Diskussionsthema war, inwiefern Naturbeobachtungen ausreichend als Grundlage für Entscheidungsfindungen im landwirtschaftlichen Tätigkeitsbereich sind, und inwiefern
sie Indikatoren für den weiteren Verlauf des Wetters / der Sonnenscheindauer / der durchschnittlichenTemperatur sind. Der phänologische Kalender zeigt, dass es eine regelmäßige Chronologie der Ereignisse / Beobachtungen gibt, eine "konservative" Struktur, jedoch mit Ausschlägen und starken Abweichungen, bzw. grundsätzliche klimatische Entwicklungen (derzeit Klimawandel) oder Veränderungen von Großwetterlagen und Einfluss exogener Faktoren (Vulkanausbrüche z.B.).
Daher sind Naturbeobachtungen zwar stabil, gleichzeitig nicht absolute Indikatoren, das führte wahrscheinlich auch dazu, kosmische Beobachtungen wie Sternenaufgänge als Zeitmarker und Indikatoren für landwirtschaftliche Abschnitte (siehe weiter oben Sirius in Altägypten, Arktur, Plejaden) zu verwenden, die im Vergleich zu den irdischen Beobachtungen "unveränderlich" erschienen sind (die Präzession und Eigenbewegung der Gestirne wurde dann infolge einer langfristigen Beobachtung entdeckt ).
Die Gestirne waren gleichfalls überlokale Erscheinungen, während Naturbeobachtungen von vielen weiteren lokalen Faktoren abhängen (Boden, Höhe, Sonneneinstrahlung, Niederschläge).
Da in Mitteleuropa das Klima von subtropischen Wettereinflüssen (Südwest), und subpolarer Kaltluft (Nord), maritim-atlantischen Luftmassen (Nodwest-West) und kontinentale Luftmassen (Nordost-Ost) geprägt ist, die hier aufeinander stoßen, sich austauschen und vermischen (nordhemisphärische Frontalzone), kann Mitteleuropa klimatisch auch als Übergangsgebiet bezeichnet werden - entsprechend "abwechslungsreich" ist das Wetter. Und desto schwieriger (aber nicht unmöglich) ist eine Prognose des Wetters aufgrund von Naturindikatoren.
Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es in Mitteuropa nicht, auch im Mai kann es (wenn auch selten) noch Nachtfröste geben (4.Mai 2011, große Schäden an Weinreben und im Obstbau im Jagst-Tauber-Kocher-Gebiet, Temperaturen bis zu minus 5 Grad Celsius verursachten in der Nacht vom 17. auf 18. Mai 2012 insbesondere in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark Schäden in der Landwirtschaft von 25 Millionen Euro an Wein und Sonderkulturen, ein paar Beispiele, allerdings für Pflanzkulturen, die keine lebenswichtige Bedeutung in der Eisenzeit hatten).
 
Vielleicht habe ich Dich nicht richtig verstanden, aber auch aus dem Zusammenhang leuchtet mir der Sinn des Gesagten nicht wirklich ein. Am 21. März passiert doch nichts, was nicht auch am 20. März oder am 22. März oder an jedem anderen Frühlingstag passiert: Die Sonne geht wenige Minuten früher auf und wenige Minuten später unter als am Tag zuvor.
Das stimmt. Dennoch ist das ein Fixpunkt, der einem Bauern Sicherheit gibt, weil der danach nicht mehr viel falsch machen konnte. Diese Sicherheit erreicht man bei der Mondbeobachtung nur nach umständlicher Rechnerei, bei der man sich zudem erinnern muss, wann man zuletzt einen Mondmonat eingeschaltet hat, was nach Aufzeichnungen verlangt.


Sobald die Menschen geistig in der Lage waren, auf 12 zu zählen und den Monaten Nummern oder Namen zu geben, haben sie recht bald geschnallt, dass man alle zwei bis drei Jahre einen Schaltmonat braucht, um mit den Jahreszeiten im Takt zu bleiben.
Sicher. Aber noch besser ist es, den Taktgeber selbst zu beobachten: die Sonne.


Habe ich das irgendwo bestritten?
Das heißt aber noch lange nicht, dass deswegen die Mondmonate abgeschafft und stattdessen ein Sonnenkalender eingeführt wurde.
Ja, Du hast gesagt, dass wir den Sonnenkalender erst seit Julius Caesar haben. Ich meine aber, die neolithischen astronomischen Beobachtungsstätten haben nur dann einen Sinn, wenn sie auch benutzt wurden.


Wie soll der denn ausgesehen haben? Wie waren die 365,2425 Tage eingeteilt? Wie sahen die Schaltregeln aus?
Was für Schaltregeln? Man braucht keine, denn die Sonne geht immer richtig. Und was soll diese genaue Angabe von 365,2425 Tagen? Du bist bei „Deinem“ Mondjahr wesentlich großzügiger.


Wie waren die Tag-und-Nachtgleichen definiert, wenn man sie wegen schlechtem Wetter nicht beobachten konnte?
Diese neolithischen „Sonnenobservatorien“ sind fest ja fest installiert. Daher läuft das so wie beim Mond auch: Man sieht schon Tage davor, wie sich die Sonnenstrahlen dem einem Punkt nähern – bzw. sieht Tage danach, dass der Punkt bereits überschritten wurde. Wo ist das Problem?


Ich behaupte, dass ein Kalender, der die Tage nach den Mondphasen gruppiert, viel praktischer zu handhaben ist als ein Sonnenkalender, der definitionsgemäß die Mondphasen ignoriert.

Zumindest für Leute, die keine Schrift haben, keinen Kalender in ihre Bauernstube hängen können und auch keinen in der Tasche herumtragen können.

Gibt es zu dem, was ich geschrieben habe, noch Einwände?
Ja: Der Mond läuft zu der Jahreszeiten bestimmenden Sonne asynchron, deswegen muss die Zählung der Monde alle paar Jahre nachjustiert werden, was zusätzlicher Aufwand bedeutet. Das umso mehr, weil man Monde gar nicht zu zählen braucht, denn während des Jahres sieht man sowieso wie es um die Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte steht, denn geerntet wird erst, wenn die reif sind. Aber um z.B. Wintergetreide auszubringen sollte man schon die herbstliche Tagundnachtgleiche abzuwarten, jedenfalls wird noch heute so verfahren – siehe bitte hier: https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/getreide/getreide-saatstaerken-pdf.pdf
 
@ El Quijote: Der Sinn von religiösen Stätten wie Tempel, Synagogen, Kirchen, Moscheen etc ist vlt. der, dem, an was man glaubt, näher zu sein, die Zeichen und „Worte“ besser deuten zu können. Das was mein Umfeld und mein Leben bestimmt zu ehren und zu erfahren, was es von mir will, damit es mir gut geht. Insofern macht es schon Sinn, erfahren zu wollen, was die Sonne, der Mond, die Sterne über die Jahreszeiten „sagen“.
Kann man zu dieser Zeit Begriffe wie Wissenschaft oder Religion schon anwenden bzw. kann man sie zu dieser Zeit exakt trennen oder ist es in dieser Weltvorstellung nicht das Gleiche?
 
@Pingu, das war eigentlich nicht die Stoßrichtung meiner Frage. Dion behauptet auf den Punkt gebracht: Wenn die neolithischen Kalenderbauten nicht dem bäuerlichen Kalender dienten und der Aussaat, dann hatten sie keinen [aus heutiger Sicht] rationalen Zweck.
Rationalität ist es aber nicht, was die Menschen im Laufe der Geschichte zu ihren architektonischen Höchstleistungen getrieben hat. Die Pyramiden, die Kathedralen des Mittelalters etc. dienten alle keinem Zweck, der heute noch als rational gilt.
 
Dion behauptet auf den Punkt gebracht: Wenn die neolithischen Kalenderbauten nicht dem bäuerlichen Kalender dienten und der Aussaat, dann hatten sie keinen [aus heutiger Sicht] rationalen Zweck.
Ich bezweifle nicht, El Quijote, dass diese neolithischen Bauten auch kultischen Zwecken gedient haben. Aber das kam hinterher dazu: Erst als sie herausgefunden haben, dass es eine Tagundnachtgleiche gibt, die ziemlich sicher mit dem beobachteten Frühling zusammen fällt, haben sie aus diesem Anlass Feste veranstaltet (und dazu Größeres gebaut), schließlich war das für eine bäuerliche Gesellschaft wohl der sehnlichst erwartete Moment des Jahres.

Umgekehrte Reihenfolge, d.h. erst Frühlingsfestivitäten, dann „astronomisches Observatorium“, kann ich mir nur sehr schwer vorstellen.
 
Diese Sicherheit erreicht man bei der Mondbeobachtung nur nach umständlicher Rechnerei, bei der man sich zudem erinnern muss, wann man zuletzt einen Mondmonat eingeschaltet hat, was nach Aufzeichnungen verlangt.

Eine "Sicherheit", bei der es auf den genauen Tag ankommt, ist nicht mehr als Aberglaube.
Denn die Natur hält sich, wie schon oft gesagt, nicht an Fixdaten.
Wenn es auf ein paar Tage hin oder her nicht ankommt, braucht man weder umständliche Rechnerei noch Aufzeichnungen.
Ob man den letzten Schaltmonat letztes Jahr oder vor zwei Jahren eingelegt hat, kann man sich ohne Aufzeichnungen merken.

Wenn es aber auf den 21. März ankommt und man mit dem Risiko rechnen muss, dass die Tag-und-Nachtgleiche wegen Nebel oder Wolken nicht zu beobachten ist, dann braucht man Aufzeichnungen.

Ja, Du hast gesagt, dass wir den Sonnenkalender erst seit Julius Caesar haben. Ich meine aber, die neolithischen astronomischen Beobachtungsstätten haben nur dann einen Sinn, wenn sie auch benutzt wurden.
Die Leute sind sicher nicht von nah und fern zu den "Beobachtungsstätten" gepilgert, nur um zu erfahren, wann denn nun der 21. März stattfindet (und dann ggf. bei Schlechtwetter nach tagelangem Warten die Auskunft zu bekommen: "Schon vorbei"...)

Mir ist immer noch nicht klar, wogegen Du eigentlich zu argumentieren versuchst.
Ich schreibe doch hier von Anfang an, dass die Leute sicherlich die Sonne beobachtet haben. Dazu braucht man übrigens keine Kreisgrabenanlagen, das geht auch mit deutlich weniger Aufwand.

Und nochmal:
Man kann natürlich die Sonne beobachten, ohne deswegen gezwungen zu sein, gleich einen Sonnenkalender einzuführen.

Wir können heute ja auch den Mond beobachten, ohne dass wir deswegen gleich den Sonnenkalender wieder abschaffen müssen.


Was für Schaltregeln? Man braucht keine, denn die Sonne geht immer richtig.
Für einen Kalender schon.
Wenn der "Kalender" nur aus vier Tagen pro Jahr besteht, braucht man natürlich keine Schaltregel.


Diese neolithischen „Sonnenobservatorien“ sind fest ja fest installiert. Daher läuft das so wie beim Mond auch: Man sieht schon Tage davor, wie sich die Sonnenstrahlen dem einem Punkt nähern – bzw. sieht Tage danach, dass der Punkt bereits überschritten wurde. Wo ist das Problem?
Wenn es auf den Tag nicht ankommt, sondern nur so ungefähr auf die Woche: Kein Problem! :D


Aber um z.B. Wintergetreide auszubringen sollte man schon die herbstliche Tagundnachtgleiche abzuwarten, jedenfalls wird noch heute so verfahren – siehe bitte hier: https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/getreide/getreide-saatstaerken-pdf.pdf
Man sieht, dass - je nach Boden und Höhenlage - schon vor der Tag-und-Nachtgleiche gesät werden kann, um die Tag-und-Nachtgleiche oder auch viel später.
Heute wird das Wintergetreide z. T. auch schon Anfang September, sogar Ende August ausgesät.
 
Ich bezweifle nicht, El Quijote, dass diese neolithischen Bauten auch kultischen Zwecken gedient haben. Aber das kam hinterher dazu: Erst als sie herausgefunden haben, dass es eine Tagundnachtgleiche gibt, die ziemlich sicher mit dem beobachteten Frühling zusammen fällt, haben sie aus diesem Anlass Feste veranstaltet (und dazu Größeres gebaut), schließlich war das für eine bäuerliche Gesellschaft wohl der sehnlichst erwartete Moment des Jahres.

Umgekehrte Reihenfolge, d.h. erst Frühlingsfestivitäten, dann „astronomisches Observatorium“, kann ich mir nur sehr schwer vorstellen.

Sepiola wies doch schon daraufhin: Ne Woche vor oder nach einem bestimmten Datum, tat für die Aussaat nichts zur Sache. Wir kennen auch heute noch die Eisheiligen und wissen, dass vor diesen Maitagen das Setzen frostempfindlicher Pflanzen ein Risiko ist, was aber nicht bedeuten muss, dass es auch tatsächlich Frost gibt. Ein Kalender gibt keine definitive Sicherheit vor zu viel/wenig Sonne, zu viel/wenig Regen oder Frost.
 
Um die Diskussion abzukürzen, will ich hier meine Sicht der Dinge zusammenfassen, und mich hinterher nur noch äußern, wenn gravierende Einwände kommen.

1. Es gibt neolithischen „astronomischen Observatorien“, mit denen es möglich ist, Sonnenlauf zu verfolgen und einen oder mehrere fixe Stände der Sonne (Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen) festzustellen.

2. Diese „Observatorien“ waren ursprünglich wahrscheinlich sehr klein, aber nachdem man Sicherheit in der Beobachtung der Sonne gewonnen hatte, konnte man auch auf den Tag genau sehen, wann ein bestimmter Fixpunkt erreicht sein würde.

3.
Nun konnte man diese wichtigen Termine auch feiern. Um dem Volk der näheren Umgebung dieses Ereignis auch anschaulich zu machen, baute man nun größer, und manchmal sogar so groß, dass sie bis zum heutigen Tag „funktionieren“.*

4.
Klar, wenn die Sonne wegen der Witterung nicht zu sehen war, konnte auch nichts gezeigt werden, aber die Menschen haben damals wie wir heute trotzdem gewusst, dass das Ereignis stattfand, schließlich hatte es in den Jahren zuvor sicher nicht immer schlechtes Wetter gegeben.

5.
Natürlich war Mond mit seinen Phasen auch wichtig – z.B. um bei zunehmendem Mond zu säen bzw. zu pflanzen -, aber nicht für die Aufteilung des Jahres in Jahreszeiten.

6.
Und last but not least waren Naturbeobachtungen für Bauern auch damals ein Muss. Dem ist auch heute nicht anders, denn niemand hält stur an einen bestimmten Termin fest, wenn die aktuelle Witterung bestimmte Feldarbeiten nicht erlaubt oder wenig sinnvoll macht.

[FONT=&quot]* Dieses Funktionieren habe ich in Anführungsstriche gesetzt, weil die Sonne inzwischen etwas anders „geht“ als vor tausenden von Jahren, und somit diese Anlagen heute nicht ganz das gleiche zeigen wie damals.[/FONT]
 
Um die Diskussion abzukürzen, will ich hier meine Sicht der Dinge zusammenfassen, und mich hinterher nur noch äußern, wenn gravierende Einwände kommen.
Ich sehe, Du hast keine Einwände mehr zu meinem letzten Beitrag.

Einen Einwand habe ich aber noch:

5. Natürlich war Mond mit seinen Phasen auch wichtig – z.B. um bei zunehmendem Mond zu säen bzw. zu pflanzen -, aber nicht für die Aufteilung des Jahres in Jahreszeiten. [FONT=&quot][/FONT]

Was meinst Du mit "Aufteilung des Jahres in Jahreszeiten"?

Die Aufteilung des Kalenders kann nicht gemeint sein, denn eine Aufteilung des Jahres in Jahreszeiten gibt es weder im keltischen noch im altrömischen noch im julianischen noch im gregorianischen Kalender.

Bei allen diesen Kalendern wird das Jahr in Monate aufgeteilt.

Die Sonnenphasen markieren hingegen keine Kalenderabschnitte.


Und für die Jahreszeiten der Natur ist natürlich der Vollmond am 4. April genauso unerheblich wie der Sonnenkalendermonatsbeginn am 1. April oder der Äquinoktialzeitpunkt am 20. März.

Der Frühling bringt Blumen, der Sommer den Klee. Der Herbst, der bringt Trauben, der Winter den Schnee.
 
Hallo Dion, zu den neolithischen und bronzezeitlichen Anlagen kann ich wenig sagen,
mich würde interessieren, inwiefern die erforschten Kreisgrabenanlagen "anschlussfähig" sind an eine spätere eisenzeitliche Kalenderentwicklung - wenn es Kultorte waren, eigentlich Tempelanlagen, dann wäre ein Begriff wie Kalenderbauten oder Observatorien missverständlich - auch wenn sie wie auch mediterrane antike Tempel auf bestimmte Sternaufgänge oder Himmelsrichtungen (Osten) ausgerichtet sind. Spannend sind sicher die Ergebnisse des DFG-Forschungsprojekts der Makroregion um Nebra, die offensichtlich eine Kreisgrabenanlage der älteren Eisenzeit gefunden haben.
http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/5432681/ergebnisse
Die Himmelsrichtungen von Gräbern und religiösen Gebäuden haben eine nicht immer nachvollziehbare bzw. eindeutig interpretationsfähige Bedeutung
Orientierungslos? Ausrichtungen hallstattzeitlicher Gräber in Süddeutschland | Nils Müller-Scheeßel - Academia.edu
Ein mögliches altes System der Sonnenbeobachtung könnte auch das http://de.wikipedia.org/wiki/Belchen-System sein.
Ich kann mir folgendes neolithisches Anfangs-Szenario vorstellen: eine zuerst kultische Funktion (z.B. zeitliche Bestimmung einer Feier der Wiederkehr der Sonne um die Wintersonnenwende mit Prozession (siehe z.B. Goseck) wird einem Schamanen übertragen. Dieser Schamane beobachtet die Sonne und hält ihren südöstlichsten Aufgang und südwestlichsten Untergang fest, und stellt fest, dass der Aufgangspunkt der Sonne an Mittsommer im Henge (Nordost) dem Untergangspunkt zum Wintersolstitium fast gegenüber liegt. Umgekehrt liegt der Untergangspunkt an Mittsommer (Nordwest) dem Aufgangspunkt der Wintersonnenwende gegenüber. Diese Entdeckung eines Achsenkreuzes, dass den äußersten Punkt, und damit den längsten Tag und die kürzeste Nacht und umgekehrt fast mathematisch abbildet (2 80° Grad-Winkel, 2 100°-Winkel), ist für unseren mathematisch begabten und interessierten Schamanen nun der Anlass zu weiteren Beobachtungen.....vielleicht liegt deswegen das Nordtor in Goseck auf dem astronomischen Meridian, um ihn zu bestimmen, den dunkelsten Punkt nach Norden, musste er ja nur den Winkel zwischen den Deklinationpunkten teilen...
Das ist jetzt noch kein Kalender, aber es wächst natürlich die grobe Vorstellung eines Sonnenjahres und seiner Regelmäßigkeiten. Tagundnachtgleichen finden sich in Goseck nicht, jedoch in anderen Kreisgrabenanlagen - es gibt jedoch auch Anlagen, die diese astronomischen klaren Ausrichtungen nicht haben, und über deren Funktion auch über einen Markt-und Versammlungsplatz oder eine Befestigungsanlage nachgedacht wird (Dresden-Nickern). Vielleicht ist diese Diskussion aber eher im Ordner Frühzeit besser aufgehoben. Ich konzentriere hier mehr auf die Kalenderentwicklung in der frühen Eisenzeit, und da hat Sepiola recht, ist der Mondkalender der archaischere Inhalt der Kalendertypen in Mitteleuropa (Coligny), Südeuropa (z.B. römischer und attischer Kalender) oder auch in der Levante (jüdischer Kalender). Der Mond ist das am besten zu beobachtende Gestirn, das mit den regelmäßigen Mondphasen eine Zeitteilung zwischen dem Tag und dem Jahr ermöglicht. Das dieser Kalender nicht so einfach ist, habe ich für den jüdischen Kalender ausgeführt, doch möchte ich dies im nächsten Beitrag noch einmal vertiefen.
 
Zuletzt bearbeitet:
es gibt jedoch auch Anlagen, die diese astronomischen klaren Ausrichtungen nicht haben,

Das dürfte sogar für die allermeisten Kreisgrabenanlagen gelten.

Eine systematische Untersuchung von 33 Standorten brachte als Ergebnis:

Trotz aller Bemühungen ließen sich den Kreisgrabenanlagen Niederösterreichs keine großen "astronomischen Geheimnisse" entlocken. Im Gegenteil, die Betrachtung und Rekonstruktion im digitalen Geländemodell führt sehr klar zur Erkenntnis, daß an den meisten Fundstellen die Tore der Hangneigung folgen, wobei diese gelegentlich mit astronomisch-kalendarisch signifikanten Richtungen abseits der Sonnwenden zusammenfallen, zu selten jedoch, um einen damals allgemein beachteten astronomischen oder kalendarischen Zweck gesichert hervorheben zu können. In vielen Anlagen erscheint eine Sonnenaufgangs-Orientierung eines Tors abseits der Sonnwenden (also z.B. zum Gründungstag) zumindest nicht völlig ausgeschlossen, aber Gegenbeispiele (Gauderndorf, Rosenburg) zeigen, daß dies keinesfalls für alle Anlagen angenommen werden darf. Eine Orientierung zu markanten Bergen am Horizont konnte hingegen ausgeschlossen werden. Pranhartsberg 2 bildet eine klare Ausnahme, hier liegt eine sehr klare Sonnwend-Orientierung abseits der Hangorientierung vor, die auch durch die in dieser Region einmalige Architektur mit langen Torwegen eine Besonderheit darstellt.
VIAS: ASTROSIM
 
… mich würde interessieren, inwiefern die erforschten Kreisgrabenanlagen "anschlussfähig" sind an eine spätere eisenzeitliche Kalenderentwicklung - wenn es Kultorte waren, eigentlich Tempelanlagen, dann wäre ein Begriff wie Kalenderbauten oder Observatorien missverständlich - auch wenn sie wie auch mediterrane antike Tempel auf bestimmte Sternaufgänge oder Himmelsrichtungen (Osten) ausgerichtet sind.
Für mich sind die nach bestimmten Punkten ausgerichtete Kreisgrabanlagen keine Kalenderbauten - weil ein Kalender viel mehr ist als nur Beobachtung der Himmelskörper -, sondern wegen der dazu nicht notwendigen Größe eine Art astronomische Observatorien zur Schauzwecken: Eine Sonnenwende oder eine Tagundnachtgleiche als Grund für ein Fest zu nehmen, liegt nahe.
 
Nun ja, ich würde sagen die Funktion ist nicht ganz klar, weil wir nicht im Detail wissen,wie die Kreisgrabenanlagen ausgesehen haben,es sind schließlich nur die Gräben und Pfostenlöcher dokumentiert .
Wir wissen,daß sich durch Lücken in der Umwallung die Äquinoktien und Solstiden abbilden ließen , aber wir wissen nichts über mögliche weitere Kalenderfunktionen,die sich zum Beispiel durch unterschiedliche Längen oder Ausgestaltung der Wallpfosten oder die Verwendung eines Gnomons im Zentrum bzw, eines Lochgnomons in der Umwallung ergeben würden.
In dem Zusammenhang ist wäre es für mich als Laien mal interessant,von unseren Profiarchäologen hier im Forum zu erfahren,inwieweit man Pflocklöcher als kleinere Variante der Pfostenlöcher erfassen und bestimmen kann .
 
Eine Dimension dürfen wir nicht außer acht lassen bei der Debatte um vorgeschichtliche Kalenderbauwerke:

Wir müssen den geistigen Brückenschlag in eine Zeit VOR der Aufklärung vollziehen, und all die Errungenschaften weg denken, die die Wissenschaft seit dem gemacht hat.
Darüber hinaus müßten wir die gesamte klösterliche Überlieferung und christliche wie muslimische Prä-Wissenschaftliche Forschung „vergessen“ können, um aus einer vergleichbaren Perspektive auf die Bauwerke zu sehen wie ihre Errichter.


Wir müssten ohne naturwissenschaftliche Sicherheit und ohne die notwendigen Techniken zum Beweis der inneren Zusammenhänge komplexe Ereignisse verarbeiten lernen.


Ich will damit sagen:
Der Kalender wird auch für die Bestimmung von Ereignissen Verwendung gefunden haben, die wir heute als unvorhersagbar oder – (übrigens entgegen der Erkenntnisse aus der „Chaos-Theorie“) - als „zufällig“ erkannt haben.
Dazu gehören zum Beispiel Himmelsereignisse bis hin zum „Deep Impact“ und alle Ereignisse aus dem Bereich der Naturkatastrophen wie Flut- Starkregen- und anhaltende Dürreperioden.


Die Kalenderkundigen der europäischen Eisenzeit hätten sicherlich versucht, eine Regel aus solchen Naturkatastrophen abzuleiten um sie vorhersagen zu können.


Diese Überlegungen erinnern mich an die Geschichte des Joseph, überliefert im "Alten Testament".
Darin sagt Joseph dem ägyptischen König, hier angeblich durch Traumdeutung, die Klimaperioden der kommenden Jahre besser voraus, als die Priester des Pharao.
Eine solche Fähigkeit wurde also als Kunst empfunden.
Und dafür spielte es vermutlich keine Rolle, wie derjenige oder diejenige zu der Erkenntnis gelangt waren.


Der auf der Basis von langen Beobachtungzeiträumen gewonnene Kalender wird also fixiert durch lokale Kalenderbauwerke. Zu diesen gehörte auch eine Nutzung von topographischen Beobachtungspunkten und ihre Fixierung in Form von Tempeln oder administrativen Zentren, wie sie Stonehenge und die stetig größer werdende Zahl der vorgeschichtlichen Erdwerke darstellen.


Letztlich bestehen für uns zwei wichtige Probleme mit den antiken Observatorien:


Wir wissen als erstes nicht, auf was die Beobachtungspunkte ausgerichtet waren.
Während derzeit hauptsächlich eine Ausrichtung gemäß den Sternenläufen angenommen wird, würde ich davon ausgehen, dass auch die Laufrichtung von Kometen oder der Ort einer eindrucksvollen Supernova für die Menschen dieser Zeit so wichtig waren, dass man den Ort ihres Erscheinens mit fest installierten Beobachtungsmarkierungen versah.
Den Menschen von Heute wäre der Zusammenhang dieser Markierungen natürlich ohne die zugehörige Überlieferung unverständlich.


Und zweitens neigen auch Wissenschaftler dazu, eine gewisse Arroganz in der Betrachtung der Leistungen lange vergangener Kulturen an den Tag zu legen.
Will sagen: Die Baumeister solcher Observatorien haben sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eben gerade nicht errichtet, um Menschen nachfolgender Generationen zu beweisen, wie genau sie die Laufbahn von Sonne, Mond und Wandersternen berechnen können.
Wenn dem kritischen Denker von heute sich der Eindruck aufdrängt, dass nicht genug „praktischer“ Nutzen in den Bauwerken verbunden war, dann liegt das vielleicht viel mehr daran, dass wir noch gar nicht alle Funktionen dieser kultisch wie wissenschaftlich für die Kultur der Bronzezeit und – wie der Göbekli-Tepe beweisen kann – auch der Epochen lange davor hatten. Als einfache Landwirte wären wir einfach dankbar für jedes Instrument, das uns die Arbeit leichter macht.


Die Effizienz dieser Beobachtungen für landwirtschaftliche Fragen wird für die Menschen dieser Zeit ausreichend gewesen sein – einfach, weil man sie sonst nicht mehr benutzt oder sogar abgebaut hätte und nicht etwa noch mehr davon über ganz Europa verteilt errichtet hätte.

Wenn wir heute mit einer gewissen Arroganz darüber diskutieren, dann sollten wir nicht außer Acht lassen, dass wir selbst erst seit wenigen Jahrzehnten in der Lage sind, Sternenläufe und den Aufbau des Universums zu erkennen. Von der Vorhersage von Supernovae oder Asteroideneinschlägen sind wir heute vielleicht sogar noch viel weiter entfernt, als es die Menschen in den Epochen der „Kalenderbauwerke“ jemals hätten sein wollen.

Und: Nein, das war nicht mein Kommentar nach dem Durchlesen. Der kommt noch ;)

Ah, und @zaphod: Ich habe den Begriff "Pflockloch" noch nie gehört.
Grundsätzlich lautet eine der wenigen anerkannten Grundregeln der Archäologie: "Nichts ist dauerhafter, als ein ordentliches Loch".
Aber den Begriff solltest du als Entdecker schnellstmöglich patentieren lassen ;)
 
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