Mal mixed assorted ein paar Einwürfe:
@ Köbi: Hätten sich die Macher der Doku mit ihrer eigenen Marine beschäftigt, hätten sie das Filmchen schonmal "
Master Commandant" genannt. Aber man hängt sich ja leider lieber an (leider nicht soo) erfolgreichen Hollywoodproduktionen auf.
https://en.wikipedia.org/wiki/Master_Commandant (Sorry, leider nur Englisch. Im wesentlichen: der
master commandant war das US-amerikanische Entsprechuum zum
master and commander der
limeys. Beide (zunächst) Dienststellungen (die sich im Lauf der Zeit zum Dienstgrad entwickelten) haben übrigens mit der Schiffsklasse, von der hier die Rede ist, nicht das geringste zu tun. Vielmehr waren sie für die Kommandanten von
unrated vessels vorgesehen, ergo solchen, die kleiner als eine Fregatte waren.)
@ Apvar: Die Karronade eine taktische Fehlentwicklung? Neben der Kupferbeplankung hat sie der Royal Navy im amerikanischen Unabhängigkeits den A...llerwertesten gerettet! (Ich bin immer noch auf der Wiedersuche eines Zitates aus dieser Zeit, in dem ein französischer Seeoffizier sinngemäß gesagt haben soll:
Die segeln schneller als wir und schießen schneller als wir - was sollen wir da denn noch wollen sollen?). Mit der Karronade konnte auf kurze Entfernung mit einer geringen Bedienung und mit reduzierter Unfallgefahr der Gegner in einer irrsinnigen Feuergeschwindigkeit mit großkalibrigen Geschossen vollgepumpt werden. Nicht zu Unrecht
a) hießen die Dinger im landläufigen Gebrauch
smasher (Zerschläger?);
b) versuchten Franzosen und Spanier verzweifelt, an die Technologie ranzukommen, oder mit den eher untauglichen
obusiers eine Konkurrenztechnologie zu entwickeln (Fehlschlag);
https://en.wikipedia.org/wiki/Obusier_de_vaisseau;
c) haben Katharina der Großen schottische Russen ( u. a.Admiral Greig) die halbe Belegschaft der Carron Ironworks abgeworben.
Falkirk Local History Society
Natürlich muss das taktische Szenario dazu passen und natürlich haben die Briten sich auf ungezieltes Schnellfeuer im Nahkampf spezialisiert. Solange die US Schiffe eine höhere Distanz halten konnten, konnten sie ihren Ausbildungsvorteil bei gezieltem Distanzfeuer ausspielen, ABER: das war kein Karronadenproblem. Vielmehr waren die britischen Standardfregatten in der Batterie auch mit Langrohrgeschützen ausgestattet, allerdings mit 18-Pfündern statt der 24-er, die die Amis fuhren. Das führte zu geringerer effektiver Reichweite und Durchschlagskraft und damit im Gefecht, wie die britischen Kommandanten es führen wollten, zu einem Nachteil.
Das von Dir angesprochene Karronadenproblem ergab sich eher auf kleineren Schiffsklassen, deren Hauptbatterie aus Karronaden bestand - und zwar in erster Linie, um trotz extrem begrenzter Anzahl an Seeleuten genügend Fahrzeuge für die immer weiter zunehmenden Aufgaben der Flotte in Seeraumüberwachung, Handels- und Küstenschutz bereitstellen zu können. Hier war das ein Kompromiss, der einerseits im Gefecht womöglich Nachteile brachte, insgesamt aber den strategischen Aufgaben der RN entsprach. (Hier ein Beispiel:
https://en.wikipedia.org/wiki/Cherokee-class_brig-sloop - Riesenstückzahl, klein und immer noch schlagkräftig genug, um 99% der Schmuggler, 90% der gegnerischen Kaperschiffe und mindestens 50% der gegnerischen Kriegsschiffe mehr als gewachsen zu sein.) In den Fregattenduellen hatten dieses Problem eher die Amerikaner: Ihre praktisch ausschließlich mit Karronaden bestückte
Essex wurde von der britischen
Phoebe vor Valparaiso aus sicherer Distanz wehrlos zu Klump geschossen, nicht umgekehrt.
https://de.wikipedia.org/wiki/USS_Essex_(1799)
(Diese Kampagne war übrigens das historische Vorbild zu O'Brians Buch, das auch nicht "Master and Commander" hieß, (und dessen deutschen Titel "Manöver um Feuerland" ich für schwachsinnig und irreführend halte) sondern "The far side of the world" (Am anderen Ende der Welt) weil er halt im Pazifik spielt.)
Mit ihren unterlegenen Schiffen (die sicherlich auch bezüglich Führung und Ausbildungsstand nicht die Crème de la crème der RN waren) haben sich
Guerrière,
Macedonian und
Java übrigens nicht ganz unbillig verkauft. Erste und dritte hatten übrigens noch den Nachteil, dass sie französische Beuteleichtbauten waren, also gegenüber einem britischen Bau im Vergleich mit den Humphreys-Schiffen nochmal eine Spur fragiler waren. Das hatte allerdings wieder weniger mit dem verfügbaren/benutzten Holz zu tun, sondern mit den unterschiedlichen Design-Ansätzen, die die Franzosen im Gegensatz zu den Briten oder den Amis verfolgten. Damit waren sie nach ihrere Kapitulation für die Amis auch nur noch als Brennholz zu gebrauchen. Insbesondere
Java scheint der
Constitution doch ordentlich weh getan zu haben. Nach diesen bösen Überraschungen passte die RN sich an: Taktisch verbot sie 1:1 Duelle ihrer Standardfregatten, technologisch legte sie größere und stärkere Fregatten auf, die es schiffbaulich mit den Humphreys auch allein auflegen konnten, kurzfristig wurden drei kleinere 74er zu Fregatten "razéer" (die m. E. mitunter artilleristisch UND schiffbaulich stärker waren als die Humphreys, die im Übrigen m. W. als nicht ganz so berauschende Schnellsegler galten) und ausbildungsmäßig führte ein gewisser Philip Broke auf seiner
Shannon zusätzlich zu seinem fokussierten Gefechtsdrill eine primitive zentralisierte Feuerleitung ein. Ergebnis war ein kurzer Prozeß, den Shannon der (nicht Humphreys, sondern der
Shannon vergleichbar großen
Constellation) in bummelich 15 Minuten machte.
Super-Amis? Innovativ, hochausgebildet und ein respektabler und tougher Gegner. Von einer strukturellen haushohen Überlegenheit wegen Superholz und Verzicht auf Karronaden kann aber nicht die Rede sein. @Apvar: m. E. waren die Humphreys einem modernen 74er schiffbaulich und artilleristisch noch deutlich unterlegen, was Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit angeht, wäre es wohl auf den Einzelfall angekommen, da ist die Spreizung bei den 74ern einfach zu hoch. Ich würde die Dinger von Standfestigkeit und Feuerkraft eher als einem (bereits veraltenden) 64er fast ebenbürtig einschätzen. Allerdings hätte ich auch gerne mal einen der amerikanischen Kommandanten gefragt, ob und falls ja unter welchen Umständen er sich auf ein Duell mit einem 64er eingelassen hätte.
@ Holz und Schiffsentwurf: Sicher war das amerikanische Bauholz toll - die Briten führten es ebenfalls gerne als Rohmaterial oder als fertige Rümpfe ein. Bei den Humpreys-Frigates kommt dazu, dass Bordwände und Verbände exterm dick waren - daher der Ehrenname "Old Ironsides" für die
Constitution. In den Gefechten mit den Briten sollen angeblich deren Vollgeschosse vom Rumpf abgeprallt oder in der Bordwand stecken geblieben sein, ohne diese zu durchschlagen. Über Abstände, Aufprallwinkel und Pulvermenge beim Abschuss hab ich mich schon mal ausgelassen, aber nichtsdestoweniger hatten die Humphreys-Schiffe hier einen klaren strukturellen Vorteil. Allerdings könnte Bdaian uns jetzt schildern, was für Superrümpfe die Spanier in Havanna mit tropischen Edelhölzern aus Mexiko hinbekommen haben. In Ostindien nutzten die Briten Teak wohingegen sie in der Discountabteilung während des Napoleonischen Krieges quick and dirty nach bestem IKEA Prinzip kurzlebige aber schnellbaufähige Fregattenrümpfe aus Kiefernholz gezimmert haben. Alles immer eine Frage der technisch-finanziellen Anforderungen
feif: