Holzschnitt nicht eindeutig

Wenn man die Figuren aus dem bildlichen Zusammenhang reißt, könnte man den Schnitt sicher als frühes Beispiel einer Darstellung einer Karnevalsparty verkaufen…
Teresas Aussage hat mich auch zum Nachdenken über das »angemessen« veranlasst. Und ja, das Hampelmann-Styling hat was. Da frag ich mich, ob der Schiffsuntergang nicht etwa die Hussitenkriege symbolisieren könnte, um auch auf das Styling vom Mann neben dem König wieder zurückzukommen, das doch irgendwie böhmisch anmutet. Dann könnte man nämlich auch mit dem Gedanken spielen, ob die Papstfigur nicht etwa den Gegenpapst Johannes XXIII. darstellen wolle, der auch sonst unliebsam stürzend dargestellt wurde. (vgl. Abb. in: Freiburg: Ein Gegenpapst war schon mal da - badische-zeitung.de ) Für die Personen der bärtigen Gegenseite gäbe es in diesem Fall mehrere Möglichkeiten, auch wenn Johann Hus höchstpersönlich neben dem König eher schwierig vorzustellen wäre…, glaub ich nicht, obwohl mich die zwei Vögel, unten am Bild (im Buch) doch etwas stutzig machen: links zwar ein Huhn, aber rechts ein Schwan! (vielleicht frei nach dem Motto: »Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen« ?)
 
Ich halte es nicht für sinnvoll, den Holzschnitt aus dem Kontext des Textes zu reißen, zu dessen Illustrierung er gestaltet ist. Text und Bild gehören untrennbar zusammen, Übersetzungen von Textausschnitten hat Sepiola schon geliefert.
 
Ich halte es nicht für sinnvoll, den Holzschnitt aus dem Kontext des Textes zu reißen, zu dessen Illustrierung er gestaltet ist. Text und Bild gehören untrennbar zusammen, Übersetzungen von Textausschnitten hat Sepiola schon geliefert.
Nicht unbedingt. Durch den Umstand, dass Grünpeck das Buch vom Syphilis gebeutelt, im stillen Kämmerlein verfasst haben muss, zudem fern vom Autor der Zeichnungen, erlaubt m.E. solche textunabhängige Überlegungen. Da zudem vom Holzschnitt versch. Versionen heute noch existieren, lässt o.W. die Vermutung zu, dass es sich nicht um eine Illustration speziell für das Buch handelt. (schließt es aber auch nicht aus)


Nachtrag: das mit dem Syphilis hatte ich falsch in Erinnerung (anscheinend ging es ihm besser), aber Grünpeck konnte jedenfalls kaum pers. Kontakt zum Zeichner haben. (falls es sich um einen Nürnberger Maler handelt)
 
Zuletzt bearbeitet:
Da zudem vom Holzschnitt versch. Versionen heute noch existieren, lässt o.W. die Vermutung zu, dass es sich nicht um eine Illustration speziell für das Buch handelt.

Die verschiedenen Versionen gehören zu verschiedenen Auflagen des Buchs.

Außerhalb des Buchs gibt es keine Version des Holzschnitts.

Hier der Holzschnitt aus der lateinischen Version des Buchs von 1508:

Digitale Bibliothek - Mnchener Digitalisierungszentrum

Hier der Holzschnitt aus der deutschen Version des Buchs von 1522:

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Die verschiedenen Versionen gehören zu verschiedenen Auflagen des Buchs.

Außerhalb des Buchs gibt es keine Version des Holzschnitts.

Hier der Holzschnitt aus der lateinischen Version des Buchs von 1508:

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Hier der Holzschnitt aus der deutschen Version des Buchs von 1522:

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Gut, das ist ein Punkt für Dich. Damit aber die gemeinsame Entstehung von Bild und Text beweisen zu wollen, wäre blauäugig, v.a. wenn man dabei auf diese und jene Bildinhalte pfeifen muss, damit das Bild irgendwie zum Text passt. Deshalb nochmals zur Erinnerung:

Weder Hans Süss von Kulmbach, noch Wolf Traut waren oberflächliche Karikaturisten. Zumindest der Erstere konnte Schiffe sehr genau darstellen.

• Beide Maler lebten fern von Joseph Grünpeck.

• Alle Nürnberger Maler der Zeit wahren sich gewohnt, kleinste Details in Bildern als Metaphoren zu verstehen und zu verwenden.

Hier also Bildinhalte zu ignorieren, wäre m.E. fahrläßig. Deshalb nochmals die zwei wichtigsten Fragen:

• Warum halten die Weltlichen die Zipfel der Segel? Dass dies auf Schiffen nicht Usus war, wird wohl der hinterletzte Maler gewusst haben.

• Was soll das Bootspaddel im Wasser, zudem noch unübersehbar im Vordergrund? Deutsche Segelschiffe hatten zu dieser Zeit keine Paddel und Ruder waren nie am Bug angebracht. Auch das dürfte jedem Maler bekannt gewesen sein. In der Nordischen Renaissance solche künstlerische Freiheiten anzunehmen, ist schlicht abwegig.
 
Weder Hans Süss von Kulmbach, noch Wolf Traut waren oberflächliche Karikaturisten. Zumindest der Erstere konnte Schiffe sehr genau darstellen.
Wir wissen doch gar nicht, ob einer der beiden die Holzschnitte gemacht hat.
Die Vermutung liegt deswegen nahe, weil beide zu der Zeit in Nürnberg lebten, als auch Joseph Grünpeck in Nürnberg tätig war - wo er dann auch 1508 die Erstauflage des Buchs drucken ließ.

• Beide Maler lebten fern von Joseph Grünpeck.

Wie kommst Du darauf?
Wo hat sich Grünpeck Deiner Meinung nach 1507/1508 aufgehalten?

Talkenberger S. 112 schrieb:
1506 lebte er in Augsburg, 1507 in Nürnberg, an beiden Orten mit historiographischen Arbeiten beschäftigt.
 
Wir wissen doch gar nicht, ob einer der beiden die Holzschnitte gemacht hat.
Die Vermutung liegt deswegen nahe, weil beide zu der Zeit in Nürnberg lebten, als auch Joseph Grünpeck in Nürnberg tätig war - wo er dann auch 1508 die Erstauflage des Buchs drucken ließ.



Wie kommst Du darauf?
Wo hat sich Grünpeck Deiner Meinung nach 1507/1508 aufgehalten?
Die NDB schreibt zu den Aufenthalten Grünpecks: »Aufenthalte in Konstanz 1507, Regensburg 1508«, und nix über einen Aufenthalt in Nürnberg. Ist das denn durch irgendwelche Quellen erwiesen?
 
Die NDB schreibt zu den Aufenthalten Grünpecks: »Aufenthalte in Konstanz 1507, Regensburg 1508«, und nix über einen Aufenthalt in Nürnberg. Ist das denn durch irgendwelche Quellen erwiesen?

Selbstverständlich.

1507 hielt er sich im Nürnberger Predigerkloster auf, wo er eine Geschichte Deutschlands verfasste. Dort findet sich der Vermerk:
"Doctor Joseph Grunpeck de Burckhausen hec absolvit in ambitu predicatorum Nuremberge anno 1507."
Codex 23751 der königlichen Bibliothek München, zitiert nach:
Albin Czerny: Der Humanist und Historiograph Kaiser Maximilians I. Joseph Grünpeck.
In: Archiv für österreichische Geschichte 73. H. 2. (1888)
 
Selbstverständlich.
Also gut. Jaaa, Du bist gut, Sepiola! Und dennoch… :D Da ja die Zuweisungen eher labil sind, wissen wir eigentlich nicht, wer die Vorlagen für die Stiche gezeichnet hat. Für mich jedenfalls bestehen da weiterhin Fragezeichen, was eine textabhängige Illustration anbetrifft. Deshalb würde ich nicht mit Bestimmtheit das Bild interpretieren wollen. Klar, man kann sagen, dass die Illustration dürftig sei, aber eine befriedigende Antwort auf die Unstimmigkeiten zwischen Bild und Text ist das keineswegs.
 
Da ja die Zuweisungen eher labil sind, wissen wir eigentlich nicht, wer die Vorlagen für die Stiche gezeichnet hat.
... und es ist ja auch egal.
Grünpeck ist der Autor des Buches.
Er wollte es drucken lassen und hat dazu einen Drucker beauftragt.
Er wollte es illustrieren lassen und hat dazu einen Illustrator beauftragt.
Jedenfalls läuft das normalerweise so, wenn man ein Buch veröffentlichen will.

Nun kann es passieren, dass in der Druckerei mal was verwechselt wird und das falsche Bild auf der falschen Seite auftaucht. So was kommt auch heute noch vor.

Wer behaupten möchte, dass in diesem Fall das Bild nicht zum Text gehört, sollte irgendwann mal eindeutige und überprüfbare Fakten nennen und nicht nur gewagte Vermutungen.

Dass in diesem Fall Text und Bild gut zusammenpassen, ist doch klar:

Bild: Schiff mit Christus auf dem Segel (=Kirche)
Text: Sankt Peters Schiff (=Kirche)

Bild: (felsige) Steilküste
Text: Fels/Küste der Gefahr

Bild: Das Schiff zerbricht
Text: Das Schiff wird zerstoßen

Bild: Papst, Bischof, Nonne, Mönch, die bereits im Wasser sind
Text: Geistlichkeit muss zuerst die Trübsal erleiden

Bild: Kaiser, Ritter, Bürger sind noch im Trockenen
Text: Weltlichkeit muss später ebenfalls die Trübsal erleiden

auf die Unstimmigkeiten zwischen Bild und Text ist das keineswegs.
Welche objektiven Unstimmigkeiten gibt es denn?

Bitte diesmal ohne fantasievolle Vermutungen und Gedankenspiele...
 
Welche objektiven Unstimmigkeiten gibt es denn?
Bitte diesmal ohne fantasievolle Vermutungen und Gedankenspiele...
Jetzt kommst Du mir zum x-ten mal mit der Vermutungskarte. Du hast bestimmt mehr drauf!

Wie wär’s, wenn Du einmal, wenigstens einmal einen Blick auf meine 7-Punkte-Liste werfen und darauf eingehen würdest. Dann zerpflücke sie einzeln mit Deinen Nicht-Vermutungen. Sehr gerne, um überhaupt mit Dir hier diskutieren zu können. Gegen Ignoranz anzukämpfen, ist nicht mein Ding, macht auch keinen Spaß.

Um Dir Deine Lieblingskarte zurückzuschieben: es ist reine Spekulation, Bildinhalte als Fehler hinzustellen, nur damit ein Text dazu passt (egal ob sie nebeneinander abgedruckt sind). Das Bild ist schwarz auf weiß (gut, dann halt beige, bevor Du da einhakst) vor Deiner Nase. Ist es denn wirklich so schwierig, nur auf das Bild zu blicken, und den Text erstmal zu vergessen? Ansonsten müsste man bei Dir eigentlich blinde Schriftengläubigkeit, gar Schriftenunterwürfigkeit diagnostizieren, und das wollen wir nicht. Also ran ans Bild!
 
Du hast behauptet, es gäbe Unstimmigkeiten zwischen Text und Bild.

Nun habe ich gefragt, welche objektiven Unstimmigkeiten es gibt.

Du hast keine genannt, sondern regst stattdessen an, "den Text erstmal zu vergessen."

Also fassen wir zusammen:

Text und Bild wurden zusammen gedruckt.
Text und Bild passen inhaltlich gut zusammen.
Zwischen Text und Bild gibt es keine wesentlichen Widersprüche.

Daher bleibt es bei El Quijotes Feststellung:

Ich halte es nicht für sinnvoll, den Holzschnitt aus dem Kontext des Textes zu reißen, zu dessen Illustrierung er gestaltet ist. Text und Bild gehören untrennbar zusammen.



Warum Du nochmal die sieben Punkte aufrollen willst, verstehe ich nicht.

1. Was sagt die Beplankung über den Inhalt des Bilds aus? Insbesondere in der ursprünglichen Version von 1508?

2. Der Künstler hat einen Bruch dargestellt. Am Bug, da wo der Felsen ist. Ich dachte, da wären wir uns einig.

3. Das "Paddel" eignet sich, so wie es montiert ist, nicht zum Paddeln, es scheint mir eher ein Steuerruder zu sein. (Wo bleiben eigentlich die Schiffsexperten des Forums?)

4. Der Mast steht eindeutig in dem Teil des Schiffs, in dem sich die Geistlichkeit befindet.

5. Auf die Gesichtszüge würde ich nicht allzu viel Wert legen.

6. Wo im Bild (wenn wir den Text mal "vergessen" wollen) wird "der Klerus wegen seiner Verschwendsucht angeprangert"?

7. Es ist völlig egal, ob wir "zwingende Hinweise auf gemeinsame Aufenthalte in den Biographien von Hans Süss von Kulmbach und Josef Grünpeck haben".

Worüber müssen wir noch diskutieren?
 
Du hast behauptet, es gäbe Unstimmigkeiten zwischen Text und Bild.

Nun habe ich gefragt, welche objektiven Unstimmigkeiten es gibt.

Du hast keine genannt, sondern regst stattdessen an, "den Text erstmal zu vergessen."
Warum wohl? Weil Du Dich an den Text geklammert hast.


Daher bleibt es bei El Quijotes Feststellung:

Ich halte es nicht für sinnvoll, den Holzschnitt aus dem Kontext des Textes zu reißen, zu dessen Illustrierung er gestaltet ist. Text und Bild gehören untrennbar zusammen.
Da hab ich schon andere Ansichten gehört, wenn Bild und Text nicht vom selben Autor stammen. Als Argument dienen da weder beharrliches Behaupten, noch Fettschreibung.


Warum Du nochmal die sieben Punkte aufrollen willst, verstehe ich nicht.
Ich wollte auf die Punkte zurückkommen, da Du sie geschickt links liegen gelassen hast. War Voraussetzung dafür, dass wir von den selben Dingen reden, damit Du nicht die ganze Zeit nur den Text zitierst, sondern eigene Interpetationen einbringst.


1. Was sagt die Beplankung über den Inhalt des Bilds aus? Insbesondere in der ursprünglichen Version von 1508?
Eine gute Beobachtung, die stimmt! Die Beplankung ist in der späteren Version anders dargestellt, wo es auch mehr nach zwei Wasserfahrzeugen aussieht. Seltsam aber bei beiden Versionen, dass wir rechts viel bauchigere Formen sehen. Es gab keine Schiffstypen, die erst vor dem Achterkastell plötzlich bauchig aussahen. Aber gut, hier kann man noch daran glauben (sofern man nur ein Schiff sehen will), dass sich der Seitenteil im Bild nach vorne öffnet; in der 1508-er Version sehe ich diese Annahme einigermaßen berechtigt, während in der 1522-er Ausgabe die Formen nicht zusammenhängend aufeinandertreffen. In beiden Fällen fehlt aber am Knick(!) zwischen den beiden Formen eine Bruchstelle.


2. Der Künstler hat einen Bruch dargestellt. Am Bug, da wo der Felsen ist. Ich dachte, da wären wir uns einig.
Ich habe immer die fehlende Bruchstelle zwischen den zwei Schiffsteilen gemeint. Da gibt es keine Zersplitterung, wie sie der Holzstich beim Paddel zeigt. Wenn Du aber den Felsen ansprichst: rechts vorne splittert schon gar nichts. Im Gegenteil. In der 1508-er Version erscheint die Küste weit enfernt mit kleinen Bäumen drauf. Erst in der 1522-er Version werden die Bäumchen zu Blättern (die allerdings wie Bäume wachsen).


3. Das "Paddel" eignet sich, so wie es montiert ist, nicht zum Paddeln, es scheint mir eher ein Steuerruder zu sein. (Wo bleiben eigentlich die Schiffsexperten des Forums?)
Da wird Dir niemand helfen können! Es gibt keine Wasserfahrzeige mit dem Ruder vorne. Den Klerus in einem separaten Ruderboot, d.h. außerhalb des Schiffes Petri zu sehen, würde bedeuten, dass hier eben doch ein Gegenpapst dargestellt ist, was ich aber nur als eine Möglichkeit anbiete.


4. Der Mast steht eindeutig in dem Teil des Schiffs, in dem sich die Geistlichkeit befindet.
Das bestreitet ja niemand. Mein Einwand war hier, betrachtet man die 1522-er Version, dass sich der Mast nicht mit dem sinkenden Schiffsteil zur Seite lehnt. Auf der 1508-er Version aber, wo man eher eine abbrechende Seitenplanke annehmen kann, erübrigt sich dieser Einwand.


Ein schwacher Versuch, Sepiola! Es geht um die Gestik. Da der Zeichner die Personen rechts die Arme verwerfen lässt, darf man sich o.W. fragen, warum er die Seite links einfach nur zugucken lässt; da gibt es genug Leute, deren Hände noch frei wären…


6. Wo im Bild (wenn wir den Text mal "vergessen" wollen) wird "der Klerus wegen seiner Verschwendsucht angeprangert"?
Im Kruzifix sehe ein Mahnmal, u.A. um an die Bescheidenheit zu erinnern. Auf Darstellungen von Hinrichtungen sieht man häufig, wie jemand ein Kruzifix dem Sterbenden entgegenhält, damit dieser seine Fehler einsehe, damit sich dieser vielleicht noch bekehre. Das Kruzifix auf dem Segel sehe ich hier genauso den ertrinkenden Klerikern vorgehalten.


7. Es ist völlig egal, ob wir "zwingende Hinweise auf gemeinsame Aufenthalte in den Biographien von Hans Süss von Kulmbach und Josef Grünpeck haben".
Da sind wir uns einig.


Worüber müssen wir noch diskutieren?
Ich teile Deine Ansicht, dass diese Diskussion etwas mühsam ist. (zudem muss ich heute auch noch passen) Die Frage wäre aber, was ist der Grund für unseren kleinen Disput. Bei mir ist es 1. das Missbehagen, wie gerne Bilder der Nordischen Renaissance von modernen Autoren mit Bestimmtheit interpretiert werden; und 2. die Vermutung, dass hier unbedingt ein berechtigter Angriff gegen die Kirche gesehen werden soll, was m.M.n. mehr unseren Zeitgeist wiederspiegelt, als den wahren Bildinhalt.

Deshalb schlage ich vor, hier mehr Wert auf den Unterschied zwischen den Gebärden auf den beiden Seiten zu legen, und diese nicht als »obsolet« vom Tisch fegen zu wollen. Dann wäre noch jenes Halten des Segels, während die Kirchlichen auf der anderen Seite sterben.
 
Warum wohl? Weil Du Dich an den Text geklammert hast.
Das Bild ist nun mal an den Text "geklammert".

Und Unstimmigkeiten zwischen Text und Bild gibt es nicht.


In der 1508-er Version erscheint die Küste weit enfernt mit kleinen Bäumen drauf.
In der 1508-er Version sieht man Grashalme und Sträucher.

Es gibt keine Wasserfahrzeige mit dem Ruder vorne.
Ich habe doch schon eins verlinkt, schau nochmal nach.

Es gibt jedenfalls keine Wasserfahrzeuge, die von einem einzelnen festmontierten Paddel vorne fortbewegt werden.
Und auch keine Wasserfahrzeuge, wo die Segelzipfel frei im Wind flattern, wenn man sie nicht mit der Hand festhält.

Wie Du es auch drehst und wendest: Über nautische Details an diesem Schiff zu diskutieren, lohnt sich nicht.


Es geht um die Gestik.
Ich dachte, es geht um die Emotionen.
Der neben dem Kaiser hält das Segel.
Kaiser und Bischof zeigen dieselbe Haltung.
Der Papst und Kardinal sind schon halb im Wasser versunken und heben die Hände.
Von den anderen sieht man die Hände nicht.


Im Kruzifix sehe ein Mahnmal, u.A. um an die Bescheidenheit zu erinnern. Auf Darstellungen von Hinrichtungen sieht man häufig, wie jemand ein Kruzifix dem Sterbenden entgegenhält, damit dieser seine Fehler einsehe, damit sich dieser vielleicht noch bekehre. Das Kruzifix auf dem Segel sehe ich hier genauso den ertrinkenden Klerikern vorgehalten.
1. Das Kruzifix wird hier den Klerikern nicht vorgehalten, sondern befindet sich hinter den Klerikern. Damit wäre diese Interpretation eigentlich schon erledigt.
2. Die eigentliche Frage hast Du nicht beantwortet. Warum der "Fehler" hier ausgerechnet in der Verschwendungssucht bestehen soll, ist auf dem Bild nicht zu erkennen.

Die Frage wäre aber, was ist der Grund für unseren kleinen Disput.
Die Diskussion hat hier begonnen.
Du behauptest, der Klerus bzw. die Kirche als solche würde wegen der Verschwendungssucht vom Kaiser attackiert.

Das ist so auf dem Bild nicht zu erkennen.

Bei mir ist es 1. das Missbehagen, wie gerne Bilder der Nordischen Renaissance von modernen Autoren mit Bestimmtheit interpretiert werden
Na, eigentlich schießt Du doch gegen die Interpretation des Autors von 1508.
Dem, der den Holzschnitt hat drucken lassen.
Und der aller Wahrscheinlichkeit nach das Bild wohl auch in Auftrag gegeben hat.
Dem unterstellst Du doch, er habe das Bild entweder missverstanden oder sogar absichtlich "missbraucht".
 

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...Text und Bild wurden zusammen gedruckt.
Text und Bild passen inhaltlich gut zusammen.
Zwischen Text und Bild gibt es keine wesentlichen Widersprüche.

Text und Bild wurden zusammen gedruckt - eine Tatsache.

Ob Text und Bild inhaltlich gut zusammen passen?
Ob es zwischen Text und Bild keine wesentlichen Widersprüche gibt?
Das ist eine Interpretationssache, wobei auch der Umstand, dass es eine Version von 1508 und eine 1422 gibt (beide mit leichten Abweichungen, was das Bild betrifft) zu berücksichtigen wäre.

Da nicht einmal sicher ist, wer das Bild tatsächlich geschaffen hat und über die Schaffung des Bildes offensichtlich nichts bekannt ist, wie kann es dann eindeutig erwiesen sein, dass das Bild tatsächlich für das Buch geschaffen wurde?

Es besteht auch die Möglichkeit dass Grünpeck oder der Drucker ein Bild als Illustration gewählt haben, das es bereits gegeben hat.
(Da das Bild nicht eindeutig im Widerspruch zum Text steht, kann auch in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass Grünpeck / Drucker das Bild für die Illustration sicher nicht unwillkürlich ausgewählt haben. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Auslegung des Bildes, die sie durch den Text bewirkt haben, die einzig mögliche war oder mit der ursprünglichen Bedeutung ident ist.)

Daraus folgt aber, dass eben nicht erwiesen ist, dass der Text und das Bild ursprünglich untrennbar zusammengehört haben. Somit ist eine Interpretation des Bildes, die den Text nicht berücksichtigt, sondern sich nur auf das Bild beschränkt, ebenfalls zulässig.

Zumindest in der Version, die im Anfangspost dieses Threads verlinkt wurde, dürfte der Schlüssel zur Deutung die Figur neben dem Kaiser sein. Der Mann ist offensichtlich der einzige, der durch das Halten eines Segelszipfels oder des Segels zumindest versucht, aktiv das Geschehen zu beeinflussen und das Schiff wenigstens noch über Wasser zu halten.

Da Figuren offensichtlich auf ihre gesellschaftliche "Rolle" / "Position" (Kaiser, Papst, Bischof, Kardinal, Nonne?) reduziert sind, wäre es doch seltsam, dass er Luther, Hus oder eine andere konkrete Person ist. Naheliegender ist doch, dass er ebenfalls eine gesellschaftliche "Rolle" / "Position" vertritt. Welcher Standesvertreter fehlt noch?

Sollte er ebenfalls zum Klerus gehören, wäre übrigens der Kaiser der einzige Nichtkleriker.
 
Text und Bild wurden zusammen gedruckt - eine Tatsache.



Ob Text und Bild inhaltlich gut zusammen passen?
Dafür habe ich zweimal die Tatsachen aufgelistet.

Bisher gab es keinen Widerspruch.

Ich mache es zum dritten Mal:

Bild: Schiff mit Christus auf dem Segel (=Kirche)
Text: Sankt Peters Schiff (=Kirche)

Bild: (felsige) Steilküste
Text: Fels/Küste der Gefahr

Bild: Das Schiff zerbricht
Text: Das Schiff wird zerstoßen

Bild: Papst, Bischof, Nonne, Mönch, die bereits im Wasser sind
Text: Geistlichkeit muss zuerst die Trübsal erleiden

Bild: Kaiser, Ritter, Bürger sind noch im Trockenen
Text: Weltlichkeit muss später ebenfalls die Trübsal erleiden

Gibt es dazu begründete Einwände?


Ob es zwischen Text und Bild keine wesentlichen Widersprüche gibt?
Ich habe mehrmals danach gefragt.

Es wurden keine genannt.

wie kann es dann eindeutig erwiesen sein, dass das Bild tatsächlich für das Buch geschaffen wurde?
Dass es eindeutig erwiesen ist, hat niemand behauptet.
Es ist aber sehr wahrscheinlich.
Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass es mit dunkler Farbe auf helles Papier gedruckt wurde.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass es mit heller Farbe auf dunkles Papier gedruckt wurde. Und dass die im Internet kursierenden Abbildungen alle auf Negativ-Reproduktionen zurückgehen. Wer für diese Möglichkeit plädiert, sollte aber irgend eine konkrete Begründung auf Lager haben.

Möglichkeiten zu diskutieren, für die es keine Begründung gibt, halte ich für sinnlos.

Die Vermutung, dass Text und Bild nicht zusammengehören, hatte Mashenka mit drei Punkten begründet:

Nicht unbedingt. Durch den Umstand, dass Grünpeck das Buch vom Syphilis gebeutelt, im stillen Kämmerlein verfasst haben muss, zudem fern vom Autor der Zeichnungen, erlaubt m.E. solche textunabhängige Überlegungen. Da zudem vom Holzschnitt versch. Versionen heute noch existieren, lässt o.W. die Vermutung zu, dass es sich nicht um eine Illustration speziell für das Buch handelt. (schließt es aber auch nicht aus)

1. "Durch den Umstand, dass Grünpeck das Buch vom Syphilis gebeutelt, im stillen Kämmerlein verfasst haben muss" - das war schlicht falsch. Das hat Mashenka schnell selber bemerkt und korrigiert.

2. "zudem fern vom Autor der Zeichnungen" - das basierte auf der Annahme, dass Grünpeck um 1507/08 nicht in Nürnberg war. Dass diese Annahme falsch war, habe ich belegt.

3. Die "verschiedenen Versionen" existieren nur als Illustration verschiedener Auflagen desselben Grünpeck-Buchs. Auch da ist Mashenka von einer Fehlinformation ausgegangen.

Alle drei Punkte sind vom Tisch, damit ist für mich dieser Teil der Diskussion erledigt.


Sollte er ebenfalls zum Klerus gehören, wäre übrigens der Kaiser der einzige Nichtkleriker.
Die Leute hinter dem Kaiser sind mit Waffen (Hellebarde usw.) dargestellt. Es wird sich demnach wohl kaum um Nonnen und Patres handeln, sondern eher um Ritter oder Soldaten
 

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Die Leute hinter dem Kaiser sind mit Waffen (Hellebarde usw.) dargestellt. Es wird sich demnach wohl kaum um Nonnen und Patres handeln, sondern eher um Ritter oder Soldaten

Konkretisierung: Wenn es sich bei dem Mann neben dem Kaiser auch um einen Kleriker handelt, ist der Kaiser auf dem Bild der einzige Nichtkleriker, der als Einzelfigur eine eigene Darstellung hat.

Die Ritter / Soldaten sind als Gruppe dargestellt, also keine Einzelfiguren, wie dies bei den Klerikerfiguren der Fall ist. Immerhin wäre es auch möglich gewesen, den Papst mit mehreren Bischöfen und Kardinälen zu umgeben.
 
Konkretisierung: Wenn es sich bei dem Mann neben dem Kaiser auch um einen Kleriker handelt, ist der Kaiser auf dem Bild der einzige Nichtkleriker, der als Einzelfigur eine eigene Darstellung hat.

Ich würde es so formulieren:

Wenn es sich bei dem Mann neben dem Kaiser erkennbar um einen Kleriker handeln würde, dann wäre dieser Mann der einzige erkennbare Kleriker in der kaiserlichen Gruppe.

Ich sehe allerdings kein Merkmal, das den Mann als Kleriker kenntlich machen würde. Die Kappe sieht für mich eher "bürgerlich" aus. Weiß jemand mehr?
 

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Zur Frage, ob es sich um 1, oder um 2 Wasserfahrzeuge handelt

Die Zuweisung der Bilder in Grünpecks Werk in die unmittelbare Nähe von Dürer ist gut nachvollziehbar, denn die Ähnlichkeit des Zeichenstils ist offensichtlich. Die Art der Darstellung auf Dürers Stichen in Sebastian Brants Narrenschyff (Basel, 1494) weist eindeutig entweder auf die selbe Hand, oder auf eine direkte Vorlage.
1. Die Darstellung des ›Felsens‹ ist exakt im gleichen Stil, wie auf Abb. 1.
2. Die Art, wie das Wasser dargestellt wird (ein maßgebendes Indiz bei Marinemalereien), ist 1:1 wie auf Abb. 2.

Auf Abb. 2 sieht man auch gut, wie es die Werkstatt Dürers verstand, ein ausenanderbrechendes Boot klar und deutlich darzustellen. Zu beachten wären außerdem die Größenverhältnisse der Striche auf der Felsenlandschaft in Abb. 1, im Vergleich mit dem angebl. Felsen auf unserem Bild. Ortet man also das Bild in Dürers Nähe, müsste m.M.n. gleichzeitig von zwei Wasserfahrzeugen ausgegangen werden.


Zur Frage, wer alles dargestellt ist

(v.l.n.r.) Ganz links im Vordergrund sind Bürger, dahinter ein Soldat (dahinter unsichtbar weitere Soldaten, nur durch Hellebarden angedeutet); ein unbekannter Adliger/Herrscher mit Bart (mit einer stilisierten Krone?); ein König/Kaiser mit sehr langen Haaren und langem Bart; ein Unbekannter mit einer ›Haube‹ auf dem Kopf, der sowohl ein Kleriker, ein Reformator, als auch ein Adliger sein könnte, der durch das Halten des Segels auffällt (was in der 1522-er Version nebst einem gründlichen Umstyling zusätzlich hervorgehoben wurde); bereits halb im Wasser eindeutig dargestellt ein Bischof, ein Papst, ein Kardinal (zu den versch. ›Kappen‹ vgl. Liber chronicarum), und zuhinterst ein Mönch.


Zur Frage, ob Joseph Grünpeck Bildinhalte nach eigenem Gusto hätte auslegen können

Hier steht zuvorderst die Seriosität des Autors, der mit diesem Buch seine moralisierenden und warnenden Prophezeiungen veröffentlichte. Wäre er tatsächlich einer Manipulation abgeneigt gewesen, bzw. hätte er sich gescheut, ein Bild nach Gusto zu interpretieren?

Sowohl Hans Süss von Kulmbach, wie auch Wolf Traut müssen zur Zeit des Druckes noch ziemlich jung gewesen sein und ihre Ausbildung kurz vorher abgeschlossen haben. Da fragt man sich, ob dieser Umstand bei der Verknüpfung der Holzstiche gerade mit diesen Malern eine Rolle gespielt habe. Ob Grünpeck nur diese Neulinge, die auf Aufträge angewiesen waren, für sein Projekt gewinnen konnte? (die dann haargenau auf den Stil Dürers zurückgreifen, und zwar gerade aus Brants Narrenschyff, das Grünpeck zu seinem Werk inspirierte…) Oder hat er irgendwo eine Zeichnung ausgegraben, die er dann interpretierte? Die Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
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1. Die Darstellung des ›Felsens‹ ist exakt im gleichen Stil, wie auf Abb. 1.
2. Die Art, wie das Wasser dargestellt wird (ein maßgebendes Indiz bei Marinemalereien), ist 1:1 wie auf Abb. 2.
...
Das Wasser ist grundsätzlich verschieden, einmal ist nur Oberflächengekräusel dargestellt, das andere Mal richtige Wellen oder Dünung oder so was
und das mit den Felsen versteh ich überhaupt nicht
 
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