Feldzug Karls des Großen/778

Teresa C.

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...ein 1912 publiziertes Buch kann kaum als Quelle für Ereignisse des 8. Jhs. dienen;
in der Zeit von den Brüdern Grimm bis zum Ersten Weltkrieg hat es allerlei historische und germanistische Publikationen gegeben, naturgemäß taugliche und weniger taugliche - zu den letzteren zählt das hier erwähnte Buch.

Ich gebe dir völlig recht, ein 1912 publiziertes Buch kann nicht als Quelle für Ereignisse des 8. Jahrhunderts dienen.

Aber spricht etwas dagegen die in diesem Buch vertretene These ein wenig unter die Lupe zu nehmen?

Spricht etwas dagegen, das als Anlass zu nehmen, eine gewisse Sicht auf ein historisches Geschehnis (das auch zur Entstehung eines Werks der Weltliteratur, ebenso der Chanson de Roland beigetragen hat) einmal ein wenig zu hinterfragen?
 
Gibt es eigentlich keine Islamischen Quellen zu den Fränkischen Vorstößen nach Spanien? Die haben doch sonst alles aufgeschrieben.Die Eroberung Barcelonas durch die Franken im Jahr 800 ist jedenfalls in Arabischen Chroniken beschrieben.
 
Die Rolandsstatuen sind erst ab dem 14. jahrhundert entstanden, die meisten deutlich später. Ich sehe nicht, wie es da einen direkten Bezug zu Ereignissen im 8. Jahrhundert geben sollte.

Und Roland ist auch eine beliebte Sagenfigur in Sizilien, wo er bis heute eine populäre Figur in Puppenspielen ist, und in Südostspanien, in der Provinz Alicante. Dort gibt es einen "Tajada de Roldan" (Rolandskerbe) genannten Einschnitt in einen Berg die angeblich Roland mit Durindal schlug, so wie die Sage, dass der peñon de Calpe einst eine Bergkuppe war, die von Roland gegen eine arabische Invasionsflotte geschleudert wurde. Beide Gegenden waren im 8. Jahrhundert noch islamisch, die Erzählungen kamen vermutlich nach Alicante mit französischen Siedlern nach der Reconquista. Nach Mittel-und Ostdeutschland so wie nach Kroatien (dort gab es ja auch einige Rolandsfiguren) wird es genauso erst später im Zuge von Erzählungen gekommen sein.
 
Stettin kamen preußische und andere Stämme unter Führung des Baligant von der Ostsee über das Stettiner Haff zur Hilfe. Wesentlich einfacher als den Ebro hoch nach Saragossa.
...

Der Ebro war bis in das 15. Jahrhundert schiffbahr. In der Antike sogar bis nach Vareia im heutigen Logroño.
 
Beiträge aus dem Smalltalk ausgegliedert.

Anknüpfungspunkt für eine Diskussion zur Historizität des Feldzuges ist diese Fragestellung aus dem Beitrag von Bdaian, #2.

Weiterer smalltalk zum Rolandlied in diesem Thema hier wird gelöscht.


"Im Jahr 777, während Karl der Große sich noch im Krieg gegen die Sachsen befand, trafen ein Abgesandter der abtrünnigen Gouverneure, Suleiman ibn al-Arabi, Statthalter von Barcelona, Husayn, Statthalter von Saragossa, und Abu Taur, Statthalter von Huesca, in Karls Feldlager ein, um sich der Hilfe der Franken gegen den Emir von Córdoba zu versichern. Karl erkannte sofort die Möglichkeit, seinen Machtbereich auszudehnen, und sagte zu."
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Roncesvalles#Vorgeschichte

Gibt es eigentlich keine Islamischen Quellen zu den Fränkischen Vorstößen nach Spanien? Die haben doch sonst alles aufgeschrieben.Die Eroberung Barcelonas durch die Franken im Jahr 800 ist jedenfalls in Arabischen Chroniken beschrieben.
 
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Die Cambridge History of Islam I, S. 303 gibt folgenden Kontext:

"The Kharijites were not the only competitors for the qAbbasids in the west. Spain had already drifted from the authority of the caliphate in 138/756 when an adventurous member of the Umayyad family, Abd al Rahman ibn Muqawiya ibn Hisham (r. 138 72/756 88), escaped the dynasty’s downfall in Syria and succeeded in establishing an Umayyad emirate in Spain with Cordoba as its capital. Abd al Rahman’s rule had to contend for some time with various challenges, including a pro Abbasid attempted coup encouraged by al Mansur, a resistance movement from the local governor, Yusuf al Fihrı, who led a Qaysı tribal coalition against Abd al Rahman in 141/748, and a challenge from Charlemagne to control the northern cities of Saragossa and Barcelona in 162/778. Eventually the Umayyad emirate of Spain stabilised as a hereditary dynasty, and although its amırs did not assume the title ‘caliph’ (which would happen in the early tenth century), they were able to cultivate a strong image of their rule as orthodox Sunnı leaders who were defending the western Islamic frontier."

Und aus einer weiteren Publikation:

"Thus, early governors (wulah, sing. walı ) conducted independent programs of “foreign” policy, making and breaking alliances with Christian powers expressly to lever a greater autonomy from Cordoba. In 777, for example, the governor of Zaragoza, Amrus b. Yusuf, attempted to counter the authority of the capital by forging an alliance with Charlemagne, an event recalled, albeit distortedly, in the late eleventh-century French epic the Chanson de Roland."

Quellenangabe:

"For Amrus’s negotiations with Charlemagne, see al-Udhrı, Nusus an al-Andalus, pp. 28–29, and for a Latin version, Ubieto, Cronica najarense, p. 52, doc. 2: 16."

Catlos, The Victors and the Vanquished - Christians and Muslims of Catalonia and Aragon, 1050–1300, S. 66.
 
Es gilt ja heute als gesichert, dass die Gegner des sagenhaften Rolands (wenn es ihn denn gab, Hroudland, Markgraf der Bretagne) nicht Mauren sondern Basken waren. Dass macht insofern auch Sinn, als sich die Franken eine Generation nach Karl dem Grossen mit dem baskischen König von Pamplona, Iñigo Arista, auseinandersetzen mussten. (Ludwig der Fromme startete einen misslungenen Kriegszug gegen ihn). Und Iñigo Arista, obwohl christlich, war nicht nur verbündet sondern vermutlich auch verschwägert mit den Banu Quasi, den muslimischen Fürsten des Ebro-Tals.
Bei der Genealogie des folgenden Links sind jeweils auch die mittelalterlichen Quellen angegeben:
[FONT=&quot]http://fmg.ac/Projects/MedLands/NAVARRE.htm#AssonaIniguez[/FONT]
 
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Was heißt denn, es gilt heute als gesichert? Unsere einzige Quelle zu diesem Sachverhalt schreibt nichts anderes. Es war also schon immer klar, dass Roland Basken zum Opfer fiel, die sich für Pamplona rächten:

Einhard etwa schreibt:
Als er [Karl] sich standhaft und beinahe ständig mit den Sachsen im Krieg maß (Cum enim assiduo ac poene continuo cum Saxonibus bello certaretur) schritt Spanien mit allem was es an Kriegsapparat aufbringen konnte heran (Hispaniam quam maximo poterat belli apparatu adgreditur;) - sprich Einhard zeichnet hier einen Zweifrontenkrieg, was für jeden Kriegsführer sehr unangenehm ist. Spanien ist damals quasi al-Andalus, dessen Grenzen von Gibaltar bis an die Pyrenäen, zeitweise sogar darüber hinaus (Narbonne, arab. Münzprägestätte Arbuna) gingen. Lediglich nördlich des Duero gab es unabhängige Herrschaften, wobei diese noch wenige Jahrzehnte zuvor auch muslimisch beherrscht waren. Gijon beispielsweise war Sitz eines wali.
Entsprechend eingeteilt, um die benachtbarten Orte zu besetzen, hatten sie [die Franken] die Pyrenäen überquert (dispositis per congrua confiniorum loca praesidiis, saltuque Pyrinei superato), von allen, welche zu ihnen kamen, Städten und Burgen, nahmen sie die Unterwerfung an und kehrten sicher und unvershert zurück (salvo et incolomi exercitu revertitur); außer, dass in denselben Pyrenäen das Joch der baskischen Untreue (praeter quod in ipso Pyrinei iugo Wasconicam perfidiam) eine kurze Zeit die Zurückkehren prüfte.

Denn mit dem langen Heereszug (nam cum agmine longo), wie es der Platz in den engen Klausen erlaubte (ut loci et angustiarum situs permittebat), ging das Heer auseinandergestreckt (porrectus iret exercitus) und die Basken hatten von den Spitzen der höchsten Berge einen Hinterhalt gelegt (Wascones in summi montis vertice positis insidiis) - es handelt nämlich um einen Ort von dunklen Wäldern (est enim locus ex opacitate silvarum), wo es viele Möglichkeiten gibt, günstige Hinterhalte zu legen (quarum ibi maxima est copia, insidiis ponendis oportunus) etc. ...
In diesem Fall half den Basken die Leichtigkeit ihrer Waffen und der Ort (Adiuvabat in hoc facto Wascones et levitas armorum et loci), an dem die Sache ausgeführt wurde (in quo res gerebatur), während die Franken mit schweren Waffen und der Ungerechtigkeit des Ortes wegen ungleich zurückkehrten (contra Francos et armorum gravitas et loci iniquitas per omnia Wasconibus reddidit impares).
In dieser Schlacht starben Eghard, der Vorsitzende der königlichen Tafel, Pfalzgraf Anselm und der Vorsteher der bretonischen Mark, Hruodland (In quo proelio Eggihardus regiae mensae praepositus, Anshelmus comes palatii et Hruodlandus Brittannici limitis praefectus cum aliis conpluribus interficiuntur).
Und die Lorscher Annalen, ebenfalls zeitgenöss., wissen folgendes:

777: Habuit Carlus conventum Francorum, id est Magiscampum, in Saxonia ad Padresbrunnon, et ibi paganorum Saxonum multitudo maxima baptizata est.(Karl hatte eine fränkische Zusammenkunft, die große Feldschau, in Sachsen bei Paderborn und dort wurden viele heidnische Sachsen getauft

778: Fuit rex Carlus in Spania cum exercitu, et conquesivit civitatem Pampalonam; [König Karl ging nach Spanien mit seinem Heer und eroberte die Stadt Pamplona] und zu ihm kam der König der Sarazenen Abû Tawr (wâlî von Huesca/Wasqa) und er übergab ihm die Städte, die er besaß und gab ihm als Geiseln seinen Bruder und seinen Sohn. (et Habitaurus Saracinorum rex venit ad eum, et tradidit civitates quas habuit, et dedit ei obsides fratrem suum et filium.) Und dann kam der Herr und König bis nach Zaragoza (Et inde perrexit domnus rex usque ad Cesaris–Augusta), und dort kam zu ihm Ibn al-Arabi, ein andere Sarazenenkönig, den er ins Frankenreich wegzuführen befahl (et ibi venit ad eum Abinlarbi alter rex Saracenorum, quem et fecit adducere in Francia). Und inzwischen, als der König in jene Ländereien gegangen war (Et interim quod domnus rex illis partibus fuit), kamen die Sachsen, dieses untreue Volk von Lügnern aus ihre Grenzen heraus und kamen feindliche gesinnt bis zum Rhein (Saxones gens perfida mentientes fidem, egressi de finibus suis venerunt hostiliter usquead Renum fluvium) alles anzündenden und plündernd, überhaupt nichts zurücklassen (succendendo omnia et vastando, nihil penitus relinquentes).

Daraufhin zurückkehrend, wurden sie von den Franken bis an die Eder verfolgt (Etinde regredientes, persecuti sunt eos Franci usque ad flumen Adernam), und dort einander sich bekämpfend (et ibi invicem belligerantes) wurden die Sachsen in die Flucht geschlagen (Saxones in fugam versi sunt) und viele derselben fielen (et plurimi ex ipsis ceciderunt); die Franken traten durch die Hilfe Gottes als Sieger hervor (Franci victores per Dei auxilium extiterunt).

Zusammengefasst: 777 hat Karl Sachsen bei Paderborn taufen lassen (ob das freiwillig geschah, sei dahingestellt, die Ereignisse des darauffolgenden Jahres und die Bewertung des prokarolongischen fränkischen Annalisten lassen daran Zweifel, auch wenn dieser diese sicher nicht intendierte), und ist 778 nach Spanien gegangen, wo er gegen die Sarazenen kämpfte. Karls Abwesenheit nutzten die Sachsen zu einer Erhebung, die aber von einem fränkischen Heer unter namentlich nicht genannter Führung im heutigen Hessen geschlagen wurde.
 
Was heißt denn, es gilt heute als gesichert? Unsere einzige Quelle zu diesem Sachverhalt schreibt nichts anderes. Es war also schon immer klar, dass Roland Basken zum Opfer fiel, die sich für Pamplona rächten:

Das ist so geschildert, und wird (hinsichtlich der Zerstörung der Befestigungsmauern) von Lewis (God's Crucible) und Collins (Arab Conquest of Spain sowie The Basques und in Charlemagne) auch übernommen.

Sowohl die Quellenkritik (ähnliche behauptete Zerstörungen in anderen Städten 711/778) als auch die Archäologie gehen wohl davon aus, dass die Stadt nur erfolglos belagert wurde, und es sich eher um einen symbolischen Akt, mglw. bei einigen hölzernen Außentoren, gehandelt haben könnte.
(Bachrach, Charlemagne's Early Campaigns).

Jedenfalls ist nachvollziehbar, dass die aus römischer Zeit gut befestigte Stadt dem auf dem Rückweg von Saragossa wohl arg frustrierten Heer die Tore verschlossen hat. Auch gut möglich, dass man das aufgrund der schlechten Erfahrungen beim Hinweg schon für angezeigt hielt. Die Zerstörung Pamplonas bzw. mindestens angeblich seiner Befestigungsmauern könnte daher in einer Sachkritik als Aufbauschung angesehen werden. Sinn hätte das gemacht, da die Positionierung von Pamplona nicht klar war, und die Zerstörung wegen des Rückzuges vorsorglich angeordnet sein könnte. Nach den Quellen überstand die unverändert befestigte Stadt danach aber zwei moslemischen Angriffen zur Eroberung. So "geschliffen" kann die also auch nach den Quellen nicht gewesen sein.
 
Das ist so geschildert, und wird (hinsichtlich der Zerstörung der Befestigungsmauern) von Lewis (God's Crucible) und Collins (Arab Conquest of Spain sowie The Basques und in Charlemagne) auch übernommen.

Sowohl die Quellenkritik (ähnliche behauptete Zerstörungen in anderen Städten 711/778) als auch die Archäologie gehen wohl davon aus, dass die Stadt nur erfolglos belagert wurde, und es sich eher um einen symbolischen Akt, mglw. bei einigen hölzernen Außentoren, gehandelt haben könnte.
(Bachrach, Charlemagne's Early Campaigns).

Jedenfalls ist nachvollziehbar, dass die aus römischer Zeit gut befestigte Stadt dem auf dem Rückweg von Saragossa wohl arg frustrierten Heer die Tore verschlossen hat. Auch gut möglich, dass man das aufgrund der schlechten Erfahrungen beim Hinweg schon für angezeigt hielt. Die Zerstörung Pamplonas bzw. mindestens angeblich seiner Befestigungsmauern könnte daher in einer Sachkritik als Aufbauschung angesehen werden. Sinn hätte das gemacht, da die Positionierung von Pamplona nicht klar war, und die Zerstörung wegen des Rückzuges vorsorglich angeordnet sein könnte. Nach den Quellen überstand die unverändert befestigte Stadt danach aber zwei moslemischen Angriffen zur Eroberung. So "geschliffen" kann die also auch nach den Quellen nicht gewesen sein.

Außerdem, warum sollte KdG eine seit dem 6. Jahrhundert bestehende christliche Stadt zerstören? Eine Bastion zur Christianisierung der Basken.
 
Außerdem, warum sollte KdG eine seit dem 6. Jahrhundert bestehende christliche Stadt zerstören? Eine Bastion zur Christianisierung der Basken.

Du solltest Dich mal etwas in die höchst volatilen Zustände der Region 711/800 einlesen.

Dann stellt sich die Frage nicht, da hier wechselnde Koalitionen nach dem Prinzip "jeder gegen jeden" herrschten. Berichtete Zerstörungen waren hier nichts Seltenes, ebenso wie in Aquitanien.

Weiter berichten die Annales regni Francorum spätestens innerhalb der nächsten 50 Jahre solches. Für die Zeitgenossen stellte sich die Frage daher ebenfalls nicht, die sich für Dich zu stellen scheint.

Zu den strategischen Überlegungen, die mindestens hinter der Absicht (wenn es nicht in der Tat verwirklicht wurde) standen, siehe die seitenweisen Erwägungen von Bachrach. Das Ganze beschreibt auch Lewis als ernste Krise, im Kontext des unerwarteten, frustierenden und gefährlichen Feldzugsausgangs interessieren bei solchen militärischen Erwägungen keine religiösen Ambitionen oder ähnliche Skrupel, wie etwa einem sarazenischen Lehen für die Bundesgenossenschaft halb Spanien zu versprechen.

Die Annalen sind kein Chanson.
 
Du solltest Dich mal etwas in die höchst volatilen Zustände der Region 711/800 einlesen.

Dann stellt sich die Frage nicht, da hier wechselnde Koalitionen nach dem Prinzip "jeder gegen jeden" herrschten. Berichtete Zerstörungen waren hier nichts Seltenes, ebenso wie in Aquitanien.

Weiter berichten die Annales regni Francorum spätestens innerhalb der nächsten 50 Jahre solches. Für die Zeitgenossen stellte sich die Frage daher ebenfalls nicht, die sich für Dich zu stellen scheint.

Zu den strategischen Überlegungen, die mindestens hinter der Absicht (wenn es nicht in der Tat verwirklicht wurde) standen, siehe die seitenweisen Erwägungen von Bachrach. Das Ganze beschreibt auch Lewis als ernste Krise, im Kontext des unerwarteten, frustierenden und gefährlichen Feldzugsausgangs interessieren bei solchen militärischen Erwägungen keine religiösen Ambitionen oder ähnliche Skrupel, wie etwa einem sarazenischen Lehen für die Bundesgenossenschaft halb Spanien zu versprechen.

Die Annalen sind kein Chanson.

El Quijote #9

Einhard etwa schreibt:
Als er [Karl] sich standhaft und beinahe ständig mit den Sachsen im Krieg maß (Cum enim assiduo ac poene continuo cum Saxonibus bello certaretur) schritt Spanien mit allem was es an Kriegsapparat aufbringen konnte heran (Hispaniam quam maximo poterat belli apparatu adgreditur

Viel kann das nicht gewesen sein, wenn es später heißt KdG sei sicher und unversehrt zurückgekehrt.

Entsprechend eingeteilt, um die benachtbarten Orte zu besetzen, hatten sie [die Franken] die Pyrenäen überquert (dispositis per congrua confiniorum loca praesidiis, saltuque Pyrinei superato), von allen, welche zu ihnen kamen, Städten und Burgen, nahmen sie die Unterwerfung an und kehrten sicher und unvershert zurück (salvo et incolomi exercitu revertitur); außer, dass in denselben Pyrenäen das Joch der baskischen Untreue (praeter quod in ipso Pyrinei iugo Wasconicam perfidiam) eine kurze Zeit die Zurückkehren prüfte.

Am Ende ließ er sich dann doch noch von ein paar Basken übertölpeln, das halbe Heer vernichten. Aber das prüfte ihn nur kurze Zeit.

778: Fuit rex Carlus in Spania cum exercitu, et conquesivit civitatem Pampalonam; [König Karl ging nach Spanien mit seinem Heer und eroberte die Stadt Pamplona] und zu ihm kam der König der Sarazenen Abû Tawr (wâlî von Huesca/Wasqa) und er übergab ihm die Städte, die er besaß und gab ihm als Geiseln seinen Bruder und seinen Sohn. (et Habitaurus Saracinorum rex venit ad eum, et tradidit civitates quas habuit, et dedit ei obsides fratrem suum et filium.) Und dann kam der Herr und König bis nach Zaragoza (Et inde perrexit domnus rex usque ad Cesaris–Augusta), und dort kam zu ihm Ibn al-Arabi, ein andere Sarazenenkönig, den er ins Frankenreich wegzuführen befahl (et ibi venit ad eum Abinlarbi alter rex Saracenorum, quem et fecit adducere in Francia).

Abu Tawr kam aus dem etwa 150 km entfernten Huesca im Osten und wurde anscheinend von dem zweiten Heerzug, der im Osten die Pyrenäen überquert hatte, aufgescheucht und nach Pamplona in Marsch gesetzt.

Daraufhin zurückkehrend, wurden sie von den Franken bis an die Eder verfolgt (Etinde regredientes, persecuti sunt eos Franci usque ad flumen Adernam), und dort einander sich bekämpfend (et ibi invicem belligerantes) wurden die Sachsen in die Flucht geschlagen (Saxones in fugam versi sunt) und viele derselben fielen (et plurimi ex ipsis ceciderunt); die Franken traten durch die Hilfe Gottes als Sieger hervor (Franci victores per Dei auxilium extiterunt).

Man hört von keiner Besatzung, keiner langfristigen Sicherung des Erreichten. Die Araber hatten schon gleich drauf alles wieder in ihrer Hand. Also außer Spesen nichts gewesen. Während anschließend nach diesem unverständlichen Intermezzo der Kampf gegen die Sachsen dort weiterging, wo man ihn hat "ruhen" lassen und dann auch zu einem siegreichen Ende geführt wurde.


Die Annalen sind kein Chanson. Aber es beinhaltet doch einige "schräge" Töne.
 
Schräge töne bedeuten aber nicht, dass alles erfunden ist. Es ist ein Unterschied, ob man beweisen kann, dass nicht alles richtig ist oder nur das Gefühl hat, dass alles falsch sein muss!
 
Schräge töne bedeuten aber nicht, dass alles erfunden ist. Es ist ein Unterschied, ob man beweisen kann, dass nicht alles richtig ist oder nur das Gefühl hat, dass alles falsch sein muss!

Wenn man alles beweisen kann, ist das natürlich toll. Aber ich muß zugeben auch das Gefühl, daß alles richtig ist, ist ein sehr angenehmes. Deshalb wimmelt man ja hier Kritik auch gerne ab. Auch wenn man das Gefühl hat, daß...
 
Ja, Einhard schildert einen gescheiterten Feldzug als erfolgreich, gibt aber gleichzeitig die Gründe für's Scheitern an, was inkonsequent ist. Die Niederlage gegen die Basken hat er sich wohl nicht zu verschweigen im Stande gesehen. Offenbar waren die namentlich erwähnten Gefallenen in der damaligen Zeit einfach zu wichtig - auch wenn wir heute kaum noch viel mehr über sie wissen, als dass sie dem baskischen Überfall zum Opfer fielen - dass Einhard sich außer Stande sah, diesen Verlust zu unterschlagen.
 
@gangflow, nein, hier ist niemand unkritisch. Es ist nicht "kritisch", nur weil ein Historiograph versucht, die Deutungshoheit über die von ihm beschrieben Ereignisse am sich zu ziehen, gleich die Ereignisse an sich in Frage zu stellen. Es ist die Interpretation, die in Frage zu stellen ist. Denn der Historiograph hat nicht Leser 2015 im Sinn, sondern ein zeitgenössisches Publikum. Leute, die noch dabei waren, ihre Kinder und Enkel. Mal abgesehen davon, dass wir uns mit einer solchen Quellenrezeption rein auf die Geschichtsschreiber reduzierten und Urkunden, Archäologie etc. völlig außer Acht ließen.
Wenn du heute die taz, die FAZ und die Welt ließt, wirst du auch, insbesondere zu innenpolitischen Sachverhalten, drei völlig unterschiedliche Deutungen der Sachverhalte lesen. Nach deiner Methode müssten nun zukünftige Historiker annehmen, dass nicht die Deutungen vom politischen Standort der Autoren bestimmt sind, sondern gänzlich erfunden...
 
Zumal die Aktion ja auch kein totaler Misserfolg war. Man hatte die Spanische Mark, die sich nun weiter ausbreiten konnte. Da konnte die Propaganda ansetzen. Dass das Ergebnis groß geredet wurde, kann sogar die Entstehung der Sage befördert haben. Denn, um die Erinnerung zu ändern, musste darüber geredet werden. Das wird bis heute so gemacht, nur dass der Effekt mittlerweile untersucht ist.
 
...
In Roncevalles hat sich der Feind nach vollbrachter Tat so weit verstreut, daß man keine Ahnung hatte, wo man ihn suchen sollte.
Wohl eine übertriebene, im Kern aber sicher authentische Beschreibung.

...

Was soll daran unglaubwürdig sein? Die Basken bzw. ihre Vaskonischen Vorfahren haben über Jahrhunderte den Römern so wiederstand geleistet. Der Kleinkrieg lag ihnen in der Natur und in ähnlicher Form haben sie bis ins 19. Jahrhundert gekämpft. Wärend der napoleonischen Besatzung bildeten sich Guerillatruppen in der ganzen Iberischen Halbinsel. Aber besonders in Navarra und dem Baskenland gab es einige sehr effektive Gruppen, die sich bei Bedarf zu größeren Kontingenten zusammenschlossen und sich mit den Franzosen offene Feldschlachten lieferten, um sich dann wieder aufzulösen und in den Bergen zu verschwinden.

Der "Corso Terrestre" von Francisco Espoz y Mina ist ein Begriff dazu und bestand aus zuletzt ca. 8000 Mann. Jauregui in Guipuzcoa führte 3000 mann ins Feld.
Bei der Schlacht von Vitoria war auf allierter Seite ein wichtiger Kontingent an Guerrilleros (Division de Longa) die während der ganzen französischen Besatzung im Untergrund operiert hatten.
 
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