Skilehrer
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Vor einigen Wochen hatte ich Gelegenheit, den Ausgräbern in der CUT (Colonia Ulpia Trajana) bzw. des APX über die Schulter zu schauen. Die wohl überraschendste Entdeckung der letzten Jahre ist eine zweite (!) spätantike Festung auf dem Gebiet der CUT, und zwar genau in der Südecke der ehemaligen Colonia. Darüber hinaus wurden Kasernengebäude gefunden, und zwar auf dem Gebiet, wo die neue Verwaltung des APX entstanden ist. Die wichtigsten Details der mir zu Gesicht gekommenen Grabungszeichnungen habe ich mal bei Google Maps sehr grob (!) eingezeichnet, so weit ich es aus der Erinnerung rekonstruieren kann.
Weiß nachgezeichnet ist die Fortsetzung der Stadtmauer aus dem 2./3. Jh., der Blütezeit der Stadt. Hellgrün eingezeichnet ist die bekannte spätantike (konstantinische?) Festung aus dem frühen 4. Jahrhundert.
Rot eingezeichnet ist die neu entdeckte Mauer mit zwei Toren, die teilweise ergraben wurde (auf dem Gebiet der neuen APX-Verwaltung) bzw. wie sie aufgrund der guten radiometrischen Untersuchungsergebnisse (östlicher Teil) nachverfolgt werden konnte; die Bilder vom Bodenradar waren sehr eindeutig. Bis vor einigen Wochen konnte man das Torfundament und den Mauerverlauf im Osten noch gut bei Google Maps verfolgen. Auf dem Bild aus dem Sommer war gut zu erkennen, dass die Vegetation über der Mauer dunkler war. Leider hat Google die Bilder kürzlich ersetzt durch neuere Fotos, auf denen der Verlauf nur noch schwer erkennbar ist. Sehr schade.
Ferner hat man Fundamente innerhalb der Festung entdeckt, die als typische Kasernenbauten angesprochen wurden. Ich habe sie hellblau eingezeichnet.
Die Datierung der Mauer ist noch unsicher. Die darunter liegende Schicht (Epoche) ist stratigraphisch älter und der Mitte des 2. Jahrhunderts zuzuordnen, also der Blütezeit der Stadt. Die neue entdeckte Mauer und die Kasernengebäude stammen somit aus einer späteren Epoche.
Hier die grobe Zeichnung:
Und nun zur meiner Interpretation (die Archäologen waren da naturgemäß deutlich vorsichtiger):
Ich hatte mich schon immer gefragt, was nach der Zerstörung der CUT um 276 bis zur Errichtung der bekannten spätantiken Festung passiert ist. Die in der Dauerausstellung des APX-Museums etwas voreilig als "Tricensimae" bezeichnete und schon lange bekannte spätantike Festung auf dem Gebiet der CUT ist wohl aus konstantinischer Zeit. Was aber war dazwischen? Ich konnte mir nie vorstellen, dass 275 erst alle Römer getötet bzw. vertrieben worden waren, und dass dann um 310 aus dem Nichts wieder eine immer noch recht große Stadt gebaut und bevölkert (!) wurde. Wo sollten die Bewohner plötzlich her kommen, wenn es nicht nur Soldaten waren, die dort stationiert waren? Eine gewisse Siedlungskontinuität hatte ich dazwischen immer vermutet. Ist das nun entdeckte spätantike "Verkleinerungskastell" (wie ich es hier nennen möchte und wie wir es von anderen Limeskastellen aus der 2. Hälfte des 3. Jh. kennen, etwa aus Einig) das gesuchte Bindeglied? Oder womöglich gar die Tricensimae? Oder ist das Verkleinerungskastell ein Vorläufer der Tricensimae? Oder vielleicht ein Kastell aus diokletianischer Zeit, das den Übergang mit reduzierten Grenztruppen zur ruhigeren Zeit unter Konstantin markiert? Oder ist das Kastell gar aus der spätesten römischen Phase? Fragen über Fragen, die mir unter den Nägeln brennen, aber der Beantwortung harren. Wer hat eine plausible Erklärung?
Weiß nachgezeichnet ist die Fortsetzung der Stadtmauer aus dem 2./3. Jh., der Blütezeit der Stadt. Hellgrün eingezeichnet ist die bekannte spätantike (konstantinische?) Festung aus dem frühen 4. Jahrhundert.
Rot eingezeichnet ist die neu entdeckte Mauer mit zwei Toren, die teilweise ergraben wurde (auf dem Gebiet der neuen APX-Verwaltung) bzw. wie sie aufgrund der guten radiometrischen Untersuchungsergebnisse (östlicher Teil) nachverfolgt werden konnte; die Bilder vom Bodenradar waren sehr eindeutig. Bis vor einigen Wochen konnte man das Torfundament und den Mauerverlauf im Osten noch gut bei Google Maps verfolgen. Auf dem Bild aus dem Sommer war gut zu erkennen, dass die Vegetation über der Mauer dunkler war. Leider hat Google die Bilder kürzlich ersetzt durch neuere Fotos, auf denen der Verlauf nur noch schwer erkennbar ist. Sehr schade.
Ferner hat man Fundamente innerhalb der Festung entdeckt, die als typische Kasernenbauten angesprochen wurden. Ich habe sie hellblau eingezeichnet.
Die Datierung der Mauer ist noch unsicher. Die darunter liegende Schicht (Epoche) ist stratigraphisch älter und der Mitte des 2. Jahrhunderts zuzuordnen, also der Blütezeit der Stadt. Die neue entdeckte Mauer und die Kasernengebäude stammen somit aus einer späteren Epoche.
Hier die grobe Zeichnung:
Und nun zur meiner Interpretation (die Archäologen waren da naturgemäß deutlich vorsichtiger):
Ich hatte mich schon immer gefragt, was nach der Zerstörung der CUT um 276 bis zur Errichtung der bekannten spätantiken Festung passiert ist. Die in der Dauerausstellung des APX-Museums etwas voreilig als "Tricensimae" bezeichnete und schon lange bekannte spätantike Festung auf dem Gebiet der CUT ist wohl aus konstantinischer Zeit. Was aber war dazwischen? Ich konnte mir nie vorstellen, dass 275 erst alle Römer getötet bzw. vertrieben worden waren, und dass dann um 310 aus dem Nichts wieder eine immer noch recht große Stadt gebaut und bevölkert (!) wurde. Wo sollten die Bewohner plötzlich her kommen, wenn es nicht nur Soldaten waren, die dort stationiert waren? Eine gewisse Siedlungskontinuität hatte ich dazwischen immer vermutet. Ist das nun entdeckte spätantike "Verkleinerungskastell" (wie ich es hier nennen möchte und wie wir es von anderen Limeskastellen aus der 2. Hälfte des 3. Jh. kennen, etwa aus Einig) das gesuchte Bindeglied? Oder womöglich gar die Tricensimae? Oder ist das Verkleinerungskastell ein Vorläufer der Tricensimae? Oder vielleicht ein Kastell aus diokletianischer Zeit, das den Übergang mit reduzierten Grenztruppen zur ruhigeren Zeit unter Konstantin markiert? Oder ist das Kastell gar aus der spätesten römischen Phase? Fragen über Fragen, die mir unter den Nägeln brennen, aber der Beantwortung harren. Wer hat eine plausible Erklärung?