Römerforschung in der DDR

"Im Gegensatz zur DDR hält sich unser Staat natürlich zurück, gegen verrückte Theorien vorzugehen, so lange sie nicht gefährlich sind."
Ein schöner Schlusssatz zum Thema!
 
Eine Konferenz wird nur zu dem einzigen Zweck veranstaltet, jede einzelne These zu widerlegen und dies im "Anti-Pflug" für die internationale Fachwelt zu dokumentieren.

Nur schade, dass sich niemand erinnern kann, wie dieses international bekannte Werk betitelt war und wer es herausgegeben hat.

Nur in der alten "Zeit" von 1957 finde ich eine knappe Notiz über das Kolloquium:

Die Kettenreaktion ist indessen ausgeblieben. Die Wissenschaftler zweifeln im Gegenteil Pflugs Theorien an. Ein Kolloquium, zu dem die Abteilung Geschichte des Altertums im Institut für Allgemeine Geschichte an der Leipziger Universität vor kurzem den Dr. Pflug eingeladen hatte, verlief ebenfalls nicht sonderlich ergiebig. Der Leipziger Dozent Dr. Thierfelder, dem Pflugs Hermannsschlachtfeld praktisch vor der Tür liegt, sagt über den Verlauf der Unterredung: „Sie hat keine wesentlichen Ergebnisse gezeitigt. Der Referent hielt sich leider an die literarischen Textstellen (Tacitus, Sueton, Valleius, Paterculus usw.) und ging auf seine Ausgrabungen nicht ein. Man kann also nach wie vor zu der ganzen Frage recht skeptisch eingestellt sein.“
Nord rhein-Westfalen: Hermann kann stehen bleiben |*ZEIT ONLINE

Vielleicht war auch alles ganz anders. Während Dr. Pflugs Vergehen eine "lässliche Sünde" darstellte, immerhin wurde er zum Kolloquium eingeladen und durfte dort seine Thesen referieren, beging Dr. Thierfelder ein Jahr später ein gar unfassliches "Verbrechen":

"Jetzt und für alle Zukunft: Für Republikverräter kein Platz an der Universität. Der kommissarische Direktor des Instituts für Allgemeine Geschichte und Dozent für Geschichte des Altertums, Helmut Thierfelder, hat unsere Republik illegal verlassen. Die Kollegen des Instituts haben mit Empörung von seinem Verrat Kenntnis genommen. Alle Angehörigen der Abteilung Geschichte des Altertums beantragen, der Rat der Fakultät solle Thierfelder die akademischen Grade eines Dr. phil. und eines Dr. habil. sowie den Titel eines Dozenten aberkennen. 'Im künftigen sozialistischen Hochschulwesen des einheitlichen Deutschlands ist für ihn kein Platz', heißt es im Antrag der Abteilung. Die Redaktion erhielt zahlreiche Schreiben von Angehörigen des Instituts für Allgemeine Geschichte, in denen der Verrat des ehemaligen kommissarischen Direktors scharf verurteilt wird. Asp. Dr. Rigobert Günther: 'Die politisch-moralische Verworfenheit Thierfelders kommt gerade darin bestens zum Ausdruck, daß er in dem Augenblick zum Verräter und Verbrecher wurde, als unser Kampf um den Frieden einen neuen Höhepunkt erreichte. Die Republikflucht Thierfelders erweist sich als eine offene Sympathieerklärung gegenüber den NATO-Kräften, die nach dem Beschluß über die Atomaufrüstung in Westdeutschland das deutsche Volk in einen Atom-Krieg stürzen wollen.' Ass. Sabine Winkler: 'Thierfelder war für Assistenten und Studenten weder fachlich noch etwa gar politisch Vorbild. Es machte ihm nichts aus, im Vorlesungsverzeichnis zehn Stunden Vorlesungen, Seminare und Kolloquien anzugeben, davon aber nur vier Stunden zu halten. Mehr noch: Für seine Studienreise nach Italien, von der er nicht mehr ins Institut zurückgekehrt ist, stellte ihm unser Staat 52 000 Lira zur Verfügung – darüber hinaus nahm er für diese Reise noch 300 DM Vorschuß in Anspruch. Alle Gelder unterschlug er und ist damit nichts anderes als ein gemeiner Verbrecher.' Stud. hist. Gabriele Bockisch: 'Vor allem empört es mich, dass Thierfelder als Hochschullehrer so verantwortungslos, ja direkt gemein handelte, indem er die Studenten, von denen ein großer Teil bei ihm das Staatsexamen oder die Diplomarbeit ablegen wollten, verlassen hat. Durch das Verlassen der DDR hat Thierfelder bewiesen, daß er sich wohl nie seiner großen Verantwortung uns gegenüber bewußt war. Ich schließe mich vollkommen der Forderung an, Thierfelder seine akademischen Grade, deren Erwerbung ihm nur unser Staat ermöglicht hat, abzuerkennen.' Ass. Dr. G. Schrot und Ass. Dr. G. Härtel: 'Die Kollegen des Instituts beantworten Thierfelders Verrat mit der feierlichen Verpflichtung, die Lehr- und Forschungsaufgaben gut zu erfüllen, die gesamte Arbeit noch besser als bisher durchzuführen und noch schärfer als bisher gegen alle Versuche der Desorientierung und der politischen Doppelzüngigkeit vorzugehen. Unser Ziel ist, mit politischer Verantwortung eine Altertumswissenschaft aufzubauen, die der Errichtung des Sozialismus und der marxistischen Erziehung dient.'"

Erwiderung auf Matthias Willing zu Stark, Isolde (Hg.), Elisabeth Charlotte Welskopf und die Alte Geschichte in der DDR, 2005 | H-Soz-Kult

Von da an war es streng verboten, sich über Pflugs Thesen "recht skeptisch" zu äußern.
 
@Sepiola, dann werde ich mich wohl doch noch um einen Anti-Pflug kümmern müssen. Auf jeden Fall wurde Pflug mit einem Parteiverfahren bestraft und Kritik an seinen "Entdeckungen" wurde oberstes Gebot für alle Archäologen, wenn das Thema überhaupt noch angeschnitten wurde. Republikflucht war in jener Zeit eine Massenbewegung. Aber bezüglich der "Römer mitten in Germanien" war das uninteressant. Pflug war zwar ein Quertreiber, denn er hatte auch "sein Schloss" vor dem Abriss zur Gewinnung von Baumaterial zum Aufbau des Sozialismus bewahrt. Aber er war hier geblieben! Allerdings hatte er mehrfach die Historiker einer Froschperspektive bezichtigt. Eigentlich ein Grund, um hart mit ihm umzugehen. Seine Thesen wurden widerlegt. Mit Parteiverfahren und Publizierungsverbot war die Sache abgetan. Er hatte allerdings mit seinen unmöglichen Thesen und Behauptungen die Wissenschaft der DDR der Lächerlichkeit preisgegeben. Und die SED verstand keinen Spaß. Und wenn Herr Kaufmann sogar noch Jahre nach der Wende davor zurück schreckte, ein Luftbild mit "klaren römischen Linien" in seinem Buch zur Diskussion zu stellen, so wirkten hier nicht die SED, sondern die "preisgegebenen" Wissenschaftler nach.
Der "Verbrecher Thierfelder" hatte damit weiß Gott nicht das Geringste zu tun. Sein Name geriet sehr schnell in Vergessenheit.
 
Auf jeden Fall wurde Pflug mit einem Parteiverfahren bestraft
Das ging nur, weil er SED-Mitglied war. Ein Parteiverfahren ist als solches aber noch keine Strafe. Was kam denn bei dem Verfahren heraus? Eine Verwarnung? Eine Rüge? Eine strenge Rüge? Oder gar die Höchststrafe - der Ausschluss?

Thierfelder hätte man kein Parteiverfahren anhängen können, weil er kein Parteimitglied war. Man wollte ihn zum Parteieintritt bewegen, dafür hätte man ihn zum Professor ernannt - aber daraus wurde wohl nichts.
(Eine Parteistrafe - wenn auch "nur" eine Verwarnung - bekam allerdings damals der zitierte Dr. Rigobert Günther verpasst.)

Der "Verbrecher Thierfelder" hatte damit weiß Gott nicht das Geringste zu tun.
Dem "Zeit"-Zitat entnehme ich, dass das Institut für Allgemeine Geschichte zu dem "Anti-Pflug"-Kolloquium eingeladen hat.

Und Thierfelder war der Leiter des Instituts.

Hat die "Zeit" da etwa Blödsinn geschrieben? Warum zitiert sie denn Thierfelder, wenn er mit der Sache nicht das Geringste zu tun hatte?


Republikflucht war in jener Zeit eine Massenbewegung.
Ach so, dann war das also nicht so schlimm. Viel schlimmer war es, das Wort "Römer" in den Mund zu nehmen... :still:

und Kritik an seinen "Entdeckungen" wurde oberstes Gebot für alle Archäologen
Wie gesagt, ich behaupte jetzt einfach mal das Gegenteil:
Von da an war es streng verboten, sich über Pflugs Thesen "recht skeptisch" zu äußern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ging nur, weil er SED-Mitglied war. Ein Parteiverfahren ist als solches aber noch keine Strafe. Was kam denn bei dem Verfahren heraus? Eine Verwarnung? Eine Rüge? Eine strenge Rüge? Oder gar die Höchststrafe - der Ausschluss?

Thierfelder hätte man kein Parteiverfahren anhängen können, weil er kein Parteimitglied war. Man wollte ihn zum Parteieintritt bewegen, dafür hätte man ihn zum Professor ernannt - aber daraus wurde wohl nichts.
(Eine Parteistrafe - wenn auch "nur" eine Verwarnung - bekam allerdings damals der zitierte Dr. Rigobert Günther verpasst.)

Dem "Zeit"-Zitat entnehme ich, dass das Institut für Allgemeine Geschichte zu dem "Anti-Pflug"-Kolloquium eingeladen hat.

Und Thierfelder war der Leiter des Instituts.

Hat die "Zeit" da etwa Blödsinn geschrieben? Warum zitiert sie denn Thierfelder, wenn er mit der Sache nicht das Geringste zu tun hatte?


Ach so, dann war das also nicht so schlimm. Viel schlimmer war es, das Wort "Römer" in den Mund zu nehmen... :still:

Wie gesagt, ich behaupte jetzt einfach mal das Gegenteil:
Von da an war es streng verboten, sich über Pflugs Thesen "recht skeptisch" zu äußern.
Der Ausgang des Parteiverfahrens ist mir nicht bekannt, spielt aber auch nur eine untergeordnete Rolle.
Wenn Thierfelder für das Kolloquium verantwortlich zeichnete, dann wohl auch für dessen Ergebnis, den "Anti-Pflug". Und dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass Letzterer sang- und klanglos in der Versenkung verschwand. Thierfelder war nach seiner Flucht eine Unperson. Er hatte keinen Einfluss mehr auf das Verhalten von Historikern und Archäologen, schon gar nicht auf das von Personen nach der Wende.
 
Der Ausgang des Parteiverfahrens ist mir nicht bekannt, spielt aber auch nur eine untergeordnete Rolle.

Er spielt insofern schon eine Rolle, als ein Parteiverfahren an sich noch niemand zur "Unperson" machte.

Wenn Thierfelder für das Kolloquium verantwortlich zeichnete, dann wohl auch für dessen Ergebnis, den "Anti-Pflug". Und dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass Letzterer sang- und klanglos in der Versenkung verschwand.
Umso unverständlicher bleibt mir, warum Du diesem "Anti-Pflug"-Kolloquium und dessen Ergebnis immer so einen gewaltigen Einfluss auf die gesamte Römerforschung - bis lange nach dem Ende der DDR - zuschreibst.

Auf welche Quellen stützen sich denn Deine Behauptungen über die Causa Pflug überhaupt? Vom "Anti-Pflug" kennst Du nicht einmal den Titel, bislang hast Du nur einen journalistischen Artikel zweifelhaften Inhalts zitiert: http://www.geschichtsforum.de/764007-post96.html
 
Auf welche Quellen stützen sich denn Deine Behauptungen über die Causa Pflug überhaupt? Vom "Anti-Pflug" kennst Du nicht einmal den Titel, bislang hast Du nur einen journalistischen Artikel zweifelhaften Inhalts zitiert: http://www.geschichtsforum.de/764007-post96.html
Vor etwa 25 Jahren hatte ich den Anti-Pflug auf dem Tisch. Ich habe ihn vollständig gelesen und er wurde auch hier lange diskutiert. Leider hatte ich ihn nicht kopiert und mir auch keine Notizen gemacht. Es ging aber nur um das einzige Thema.
Die darin festgehaltene Ablehnung jedes einzelnen Punktes von Pflugs Thesen, einschließlich bestimmter, auch in anderen Veröffentlichungen von ihm geäußerter Meinungen, scheint für die hiesige Archäologie eine Art Richtlinie gewesen zu sein. Der Anti-Pflug war bezüglich der Aussage zu römischen Hinterlassenschaften in Mitteldeutschland zur damaligen Zeit nicht etwa falsch. Er war nur eine äußerst unübliche Art, mit der Ansicht eines Menschen umzugehen, der eigentlich weder Historiker noch Archäologe war.Er diente zur Korrektur eines unerwünschten Eindrucks im Ausland, den man staatlicherseits nicht auf sich sitzen lassen durfte.
Das ist aber nur meine rein persönliche Meinung.
Was ist denn an dem Welt-Artikel zweifelhaft?
 
Zuletzt bearbeitet:
... eine Richtlinie, die ganz schnell "sang- und klanglos in der Versenkung verschwand"? ;)
In Fachkreisen kannte man sie. Und man agierte deshalb mindestens bis zur Wende sehr vorsichtig und zurückhaltend.
Was die Zeitung betrifft, so weiß ich nicht, wen man interviewt hatte. Ich weiß nur, dass bis zur Wende eine Arbeitsgemeinschaft existierte, die sich ausschließlich mit den unveröffentlichten Manuskripten befasste. Der Rest des Artikels ist nicht zu beanstanden.
 
Der Artikel enthält korrekte Angaben, falsche Angaben und dubiose, für mich nicht überprüfbare Angaben.

Für zweifelhaft halte die Formulierungen "von den Kommunisten politisch ausgegrenzt" und "ein Schweigebann verhängt". Wenn es dafür Belege gäbe, würde ich es für glaubhaft halten. Wurde Pflug aus der SED gedrängt oder ausgeschlossen? Weiß man nicht. Und wer soll den Schweigebann verhängt haben? Ulbricht? Das Institut für Allgemeine Geschichte an der Uni Leipzig?

Der Rest des Artikels ist nicht zu beanstanden.
Auch im Rest des Artikels ist grober Unfug zu finden:

Denn die Identifikation des in den Schriftquellen zur Varusschlacht häufig genannten "Amisia" mit Geismar bei Fritzlar durch ein Forscherteam aus Altphilologen, Geodäten und Mathematikhistorikern der Technischen Universität Berlin legt nahe, dass sich die Angabe des Tacitus "media in Germania" tatsächlich auf einen Schauplatz weit im Südosten von Kalkriese bezieht – wenn denn Pflug mit seiner Kombination recht gehabt hätte, dass mit Amisia nicht die Ems, sondern die schon von Ptolemaios erwähnte, aber zu Pflugs Zeiten noch nicht lokalisierte Ortschaft gleichen Namens gemeint gewesen sein müsse.

Ich weiß nicht, wie oft wir es schon durchgekaut haben, aber Tacitus spricht hier von einem Fluss. Von dem Fluss Amisia. Diesen Fluss Amisia befährt er mit seiner Flotte.
:boot: :boot: :boot: :boot: :boot::boot:

integrum equitem equosque per ora et alveos fluminum media in Germania fore.
...
lacus inde et Oceanum usque ad Amisiam flumen secunda navigatione pervehitur.
classis Amisiae relicta laevo amne, erratumque in eo, quod non subvexit neque transposuit militem dextras in terras iturum; ita plures dies efficiendis pontibus absumpti.

:autsch:
 
Der Artikel enthält korrekte Angaben, falsche Angaben und dubiose, für mich nicht überprüfbare Angaben.

Für zweifelhaft halte die Formulierungen "von den Kommunisten politisch ausgegrenzt" und "ein Schweigebann verhängt". Wenn es dafür Belege gäbe, würde ich es für glaubhaft halten. Wurde Pflug aus der SED gedrängt oder ausgeschlossen? Weiß man nicht. Und wer soll den Schweigebann verhängt haben? Ulbricht? Das Institut für Allgemeine Geschichte an der Uni Leipzig?

Auch im Rest des Artikels ist grober Unfug zu finden:

Denn die Identifikation des in den Schriftquellen zur Varusschlacht häufig genannten "Amisia" mit Geismar bei Fritzlar durch Und legt nahe, dass sich die Angabe des Tacitus "media in Germania" tatsächlich auf einen Schauplatz weit im Südosten von Kalkriese bezieht – wenn denn Pflug mit seiner Kombination recht gehabt hätte, dass mit Amisia nicht die Ems, sondern die schon von Ptolemaios erwähnte, aber zu Pflugs Zeiten noch nicht lokalisierte Ortschaft gleichen Namens gemeint gewesen sein müsse.

Ich weiß nicht, wie oft wir es schon durchgekaut haben, aber Tacitus spricht hier von einem Fluss. Von dem Fluss Amisia. Diesen Fluss Amisia befährt er mit seiner Flotte.
:boot: :boot: :boot: :boot: :boot::boot:

integrum equitem equosque per ora et alveos fluminum media in Germania fore.
...
lacus inde et Oceanum usque ad Amisiam flumen secunda navigatione pervehitur.
classis Amisiae relicta laevo amne, erratumque in eo, quod non subvexit neque transposuit militem dextras in terras iturum; ita plures dies efficiendis pontibus absumpti.

:autsch:
Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass es für alle repressiven Vorgänge in der DDR Belege gibt. Pflug kam mit einem blauen Auge davon und blieb vermutlich in der SED. Während er vor seinem Buch zahlreiche kleinere Publikationen tätigte, sind mir für den Zeitraum danach keine mehr bekannt. Wenn es einen Schweigebann gab, dann wurde der in Historiker- und Archäologenkreisen verhängt. Natürlich lokal, also im Raum Halle oder Dessau. Ich vermute mal, dass der Journalist Hinterbliebene befragt hat.
Und als Journalist würde ich mir nie wagen, an der Kompetenz von einem Forscherteam aus Altphilologen, Geodäten und Mathematikhistorikern der Technischen Universität Berlin zu zweifeln. Es ist ja schließlich keine Fachzeitschrift.
Kleine Korrektur: 1960 durfte Pflug noch mal ein kleines Werk zu seinem Schloss veröffentlichen. Aber das hatte ja mit Römern nichts zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Während er vor seinem Buch zahlreiche kleinere Publikationen tätigte, sind mir für den Zeitraum danach keine mehr bekannt.
Pflug hat in den 1960er und 1970er Jahren mehrere Bücher und Aufsätze zu lokalhistorischen Themen veröffentlicht. Zwei Bücher listet die Deutsche Nationalbibliothek auf:

https://portal.dnb.de/opac.htm;jsessionid=D392C6ABDCD3CC62D373A367063B9789.prod-worker1?method=showFullRecord&currentResultId=Woe%3D143906704%26any&currentPosition=1

https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord&currentResultId=auRef%3D143906704%26any&currentPosition=0


Und als Journalist würde ich mir nie wagen, an der Kompetenz von einem Forscherteam aus Altphilologen, Geodäten und Mathematikhistorikern der Technischen Universität Berlin zu zweifeln. Es ist ja schließlich keine Fachzeitschrift.
Der Journalist bezieht sich offensichtlich auf die damals nagelneue Veröffentlichung von Kleineberg (Philologie), Knobloch (Mathematikgeschichte) sowie Marx und Lelgemann (Geodäsie) zu Ptolemaios. Die schreiben aber keinen derartigen Blödsinn, wie er im Artikel steht, sondern identifizieren den Amisia fluvius einwandfrei mit der Ems.
:boot:

EDIT:

Während er vor seinem Buch zahlreiche kleinere Publikationen tätigte, sind mir für den Zeitraum danach keine mehr bekannt.
...
Kleine Korrektur: 1960 durfte Pflug noch mal ein kleines Werk zu seinem Schloss veröffentlichen. Aber das hatte ja mit Römern nichts zu tun.

Von den Publikationen vor 1956 beschäftigen sich die meisten ebenfalls mit Schloss Mosigkau und haben demzufolge mit den Römern nichts zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Pflug hat in den 1960er und 1970er Jahren mehrere Bücher und Aufsätze zu lokalhistorischen Themen veröffentlicht. Zwei Bücher listet die Deutsche Nationalbibliothek auf:

https://portal.dnb.de/opac.htm;jsessionid=D392C6ABDCD3CC62D373A367063B9789.prod-worker1?method=showFullRecord&currentResultId=Woe%3D143906704%26any&currentPosition=1
Die beiden Angaben betreffen dasselbe Buch.
Da es hier aber ausschließlich um die Römerforschung gehen soll, müssen wir das Pferd über einen Umweg aufzäumen- die "Germanenforschung".
Hier ist besonders Frau Schmidt-Thielbeer zu nennen. Sie hat mehrere Bücher zu Ausgrabungen von Urnenfriedhöfen der späten Eisen- und frühen Kaiserzeit veröffentlicht. Dabei werden zahlreiche römische Funde erwähnt, die aber durchweg als Beute- oder Handelsgut eingestuft werden. Sie war von den Römerzügen zur Elbe überzeugt, konnte aber keinen einzigen Fund diesen zuordnen.
 
Die beiden Angaben betreffen dasselbe Buch.
Sorry, das andere ist hier:
https://portal.dnb.de/opac.htm?meth...tResultId=Woe=143906704&any&currentPosition=0

Sie hat mehrere Bücher zu Ausgrabungen von Urnenfriedhöfen der späten Eisen- und frühen Kaiserzeit veröffentlicht. Dabei werden zahlreiche römische Funde erwähnt, die aber durchweg als Beute- oder Handelsgut eingestuft werden. Sie war von den Römerzügen zur Elbe überzeugt, konnte aber keinen einzigen Fund diesen zuordnen.
Und bei welchen Urnenfriedhöfen bzw. bei welchen römischen Funden hat sie sich geirrt?
 
Und bei welchen Urnenfriedhöfen bzw. bei welchen römischen Funden hat sie sich geirrt?
Sie galt als Fachfrau in der ostdeutschen Germanenforschung. Ob und wo sie sich bei römischen Funden geirrt hat, dürfte der zukünftigen Forschung überlassen bleiben.
Bei republikanischen Fundmünzen hielt sie sich alle Wege offen: "handelt es sich hier um wenigstens einen greifbaren Hinweis römisch-keltisch-hermundurischen Kontaktes vor dem eigentlichen römischen Import.."
Allerdings zeigte sie, wie mir gesagt wurde, bei einer Befragung bezüglich ihrer einmal in einer Broschüre veröffentlichten Meinung, dass "ein- oder zweimal ein römisches Heer durch das Köthener Land gezogen wäre", die typische ablehnende Haltung der hiesigen Archäologie in Sachen Römer. Aber vermutlich betraf das wohl die zu konkrete Angabe "durch das Köthener Land".
 
Sie galt als Fachfrau in der ostdeutschen Germanenforschung. Ob und wo sie sich bei römischen Funden geirrt hat, dürfte der zukünftigen Forschung überlassen bleiben.
Die meisten ihrer Publikationen sind ja 20 bis 50 Jahre alt, da könnte es schon sein, dass der eine oder andere Punkt heute überholt ist.

Wenn das nicht der Fall sein sollte, sehe ich keinen Diskussionsbedarf.
Über den Forschungsstand in zwanzig Jahren können wir uns in zwanzig Jahren unterhalten.
 
Die meisten ihrer Publikationen sind ja 20 bis 50 Jahre alt, da könnte es schon sein, dass der eine oder andere Punkt heute überholt ist.
Wenn das nicht der Fall sein sollte, sehe ich keinen Diskussionsbedarf.
Über den Forschungsstand in zwanzig Jahren können wir uns in zwanzig Jahren unterhalten.
Richtig. Damit ist aber auch das Thema "Römerforschung in der DDR" fast ausgeschöpft.
Allerdings fiel mir bei der Recherche folgender Artikel aus der MZ Halle auf, der anlässlich eines geplanten römischen Wagenrennens geschrieben wurde:
"Ganz ähnlich könnte es gewesen sein, damals, vor 2 000 Jahren. Lederknirschen und Pferdegetrappel, der helle Klang von Metall, das auf Metall schlägt, und ein Duft in der Luft nach Stroh, Wein und Männerschweiß. Am Ufer eines Flusses namens Salas schlug der römische Kaiser Tiberius im Jahr 5 nach Christus seine Zelte auf, ehe er gegen den Markomannen Marbod in die Schlacht zog. Und nach den Aufzeichnungen des Reiterobersten Velleius Paterculus, der im Feldzug getreulich Tagebuch führte, könnte Salas, so glaubt zumindest die Germanen-Expertin Erika Schmidt-Thielbeer, durchaus die Saale gewesen sein."
Tiberius an irgend einer Saale? Welche Textstelle des Velleius soll damit gemeint sein?
 
Allerdings fiel mir bei der Recherche folgender Artikel aus der MZ Halle auf, der anlässlich eines geplanten römischen Wagenrennens geschrieben wurde:

Zum direkt Nachlesen:

Wagenrennen: Geschichte im Galopp | Mitteldeutsche Zeitung

Tiberius an irgend einer Saale? Welche Textstelle des Velleius soll damit gemeint sein?
Das kann nur aus dem bislang unveröffentlichten Tagebuch des Velleius Paterculus stammen:
... Velleius Paterculus, der im Feldzug getreulich Tagebuch führte...
Spannend, spannend!
Wer mag dem Journalisten wohl die Passagen aus dem Tagebuch vorgelesen haben? Die Germanen-Expertin oder der später im Text erwähnte Experte für die Römerzeit?


Es wird wohl wie im zuletzt diskutierten journalistischen Artikel sein:
Der Journalist hat sich auf die Schnelle etwas angelesen, Leute befragt, Notizen gemacht, da kann es schon vorkommen, dass man hinterher etwas falsch zusammenbastelt.
Die Saale wird ausschließlich bei Strabon erwähnt, laut ihm starb Drusus zwischen Salas und Rhein. Tiberius soll Drusus noch kurz vor dessen Tod erreicht haben.
5 n. Chr. stand Tiberius an der Elbe.
6 n. Chr. zog Tiberius gegen Marbod, aber nicht von der Elbe aus, sondern von Carnuntum an der Donau.

Und dann wird das alles zu einem Satz verwurstet, der dann lautet: "Am Ufer eines Flusses namens Salas schlug der römische Kaiser Tiberius im Jahr 5 nach Christus seine Zelte auf, ehe er gegen den Markomannen Marbod in die Schlacht zog."

(Im übernächsten Absatz verrät der Journalist unfreiwilligerweise, dass er bei seinen Recherchen nicht nur an Fachleute geraten ist, sondern sich wohl von mindestens einem Dummschwätzer einen Bären hat aufbinden lassen...)

Damit will ich kein Journalisten-Bashing betreiben. Die MZ ist keine historische Fachzeitschrift, und dass der Journalist kein Fachmann für Alte Geschichte ist, wird ihm niemand zum Vorwurf machen.
Und der Sinn des Artikels ist wohl in erster Linie, auf das große Wagenrennen aufmerksam zu machen, für das die MZ Karten verlost hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum direkt Nachlesen:
Wagenrennen: Geschichte im Galopp | Mitteldeutsche Zeitung
Das kann nur aus dem bislang unveröffentlichten Tagebuch des Velleius Paterculus stammen:
Spannend, spannend!
Wer mag dem Journalisten wohl die Passagen aus dem Tagebuch vorgelesen haben? Die Germanen-Expertin oder der später im Text erwähnte Experte für die Römerzeit?
Es wird wohl wie im zuletzt diskutierten journalistischen Artikel sein:
Der Journalist hat sich auf die Schnelle etwas angelesen, Leute befragt, Notizen gemacht, da kann es schon vorkommen, dass man hinterher etwas falsch zusammenbastelt.
Die Saale wird ausschließlich bei Strabon erwähnt, laut ihm starb Drusus zwischen Salas und Rhein. Tiberius soll Drusus noch kurz vor dessen Tod erreicht haben.
5 n. Chr. stand Tiberius an der Elbe.
6 n. Chr. zog Tiberius gegen Marbod, aber nicht von der Elbe aus, sondern von Carnuntum an der Donau.
Und dann wird das alles zu einem Satz verwurstet, der dann lautet: "Am Ufer eines Flusses namens Salas schlug der römische Kaiser Tiberius im Jahr 5 nach Christus seine Zelte auf, ehe er gegen den Markomannen Marbod in die Schlacht zog."

(Im übernächsten Absatz verrät der Journalist unfreiwilligerweise, dass er bei seinen Recherchen nicht nur an Fachleute geraten ist, sondern sich wohl von mindestens einem Dummschwätzer einen Bären hat aufbinden lassen...)
Damit will ich kein Journalisten-Bashing betreiben. Die MZ ist keine historische Fachzeitschrift, und dass der Journalist kein Fachmann für Alte Geschichte ist, wird ihm niemand zum Vorwurf machen.
Und der Sinn des Artikels ist wohl in erster Linie, auf das große Wagenrennen aufmerksam zu machen, für das die MZ Karten verlost hat.
Er hat offenbar nur keinen hauptamtlichen Archäologen gefunden, der sich für solche Werbung missbrauchen lassen wollte. Seine "Information" dürfte er aus Pflugs "media in germania" entnommen haben, da dieser wohl der Einzige ist, der Tiberius mit der Saale in Verbindung bringt.(Pflug kannte möglicherweise die verschollenen Tagebücher) Es gibt lediglich in einem halleschen Kalender einen Beitrag, der die Drusus-Sage von der großen germanischen Seherin an die Saale verlegt. Der MZ-Artikel sieht auch nicht so aus, als wenn dazu jemand direkt interviewt worden wäre, denn das hätte ordnungshalber erwähnt werden müssen. Auch sind alle mir bekannten fanatischen Befürworter von Pflugs Theorien bereits verstorben.
Hier scheint also noch einmal ein Restausläufer der alten Pflug-Keule gewirkt zu haben: es schickte sich immer noch nicht, ihn als Quelle zu nennen.
Mit der Äußerung Herrn Mellers, in seiner Amtszeit noch ein Römerlager finden zu wollen, und mit dem Auffinden des Lagers in Hachelbich, ist aber die Pflug-Keule völlig stumpf geworden. Die Römerforschung gilt nun in Ostdeutschland nicht mehr als anrüchig, wenn es nicht gerade die Varusschlacht sein soll.
 
Seine "Information" dürfte er aus Pflugs "media in germania" entnommen haben, da dieser wohl der Einzige ist, der Tiberius mit der Saale in Verbindung bringt.

Wahrscheinlicher dürfte doch sein, dass er seine "Information" vom erwähnten Bernd Willing hat - ob über ein formelles Interview oder auf andere Weise, ist eigentlich unerheblich.

Willing muss vor Jahren zur Pflug-Fangemeinde gehört haben. Er wirkte in der Arbeitsgruppe "Media in Germania" mit, die sich zur Aufgabe gemacht hatte, auf Pflugs Spuren zu wandeln. Er hatte auch Kontakt zur Witwe, und er zitierte auf einschlägigen Internet-Seiten aus Pflugs unveröffentlichten Manuskripten.

Dass die Mär von der "Pflug-Keule" einen Journalisten noch im Jahr 2010 davor zurückschrecken ließ, den Namen Pflug überhaupt zu erwähnen, dürfte dagegen total abwegig sein.

B. Willing 17.02.2004 schrieb:
... und möchte nur noch eine Kostbarkeit aus dem leider unveröffentlicht gebliebenen Manuskript von Dr.Pflug anbieten, die man einfach gelesen haben muss...
Römer in Mitteldeutschland (2)

B.Willing 10.05.2004 schrieb:
Die Arbeitsgruppe "Media in Germania" beim Deutschen Kulturbund bemühte sich seit Mitte der achtziger Jahre, die Beiträge aus dem Nachlass Dr.Pflugs zu sichten, zu ordnen und einem möglichst großen Personenkreis zugänglich zu machen. Sie führte auch eigene Untersuchungen der beschriebenen Lokalitäten durch. Leider konnten keine Funde und Befunde gesichert werden, die für die Pflugschen Hypothesen sprechen.
Römer in Mitteldeutschland (8)

B.Willing 04.08.2004 schrieb:
Unsere Arbeitsgruppe "Media in Germania" hat dies im Fall Dr.Pflug über Jahre hinweg praktiziert und die Orte akribisch nach Beweisen abgesucht. Über das Ergebnis hatte ich mich bereits geäußert.
Varusschlacht im Saltus bei Halberstadt (4)
 
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