Hauptartillerie auf dem Vorschiff

Scharnhorst ist aus dem Panzerkreuzer D "entstanden".
Ja, wobei lt. Breyer (S. 308) die ursprüngliche Planung auf die Deutschland-Klasse hinaus wollte; begonnen und realisiert wurde jedoch die S.-Klasse.

Wenn man bedenkt, dass Hitlers see(kriegs)politisch letztlich ein völliger Ignorant war und seine Schwerpunkte ganz anders setzte, haben alle diese Pläne irgendwie Sandkastenformat. - Aber das geht wohl über die Frage, wo man gescheiterweise seine Hauptartillerie aufstellt, ein wenig hinaus.:still:
 
Nochmal zurück zu NELSON und RODNEY.


Die Vorgänger-Entwürfe L, M, N hatten 3 (L auch 4 Türme, 18 Zoll), und die Besonderheit war deren Aufstellung:

Hinter den vorderen zwei Türmen kam die Kommandobrücke, danach 1-2 weitere Türme (2 bei L).
Nach dem dritten Turm kamen dann die Schornsteine und die Mittelartillerie etc. im größeren restlichen Heckaufbau. Die Türme waren also noch durch die Kommandobrücke, in die Hauptpanzerung einbezogen, getrennt.
 
Die Vorgänger-Entwürfe L, M, N hatten 3 (L auch 4 Türme, 18 Zoll), und die Besonderheit war deren Aufstellung: Hinter den vorderen zwei Türmen kam die Kommandobrücke, danach 1-2 weitere Türme (2 bei L). Nach dem dritten Turm kamen dann die Schornsteine und die Mittelartillerie etc. im größeren restlichen Heckaufbau. Die Türme waren also noch durch die Kommandobrücke, in die Hauptpanzerung einbezogen, getrennt.
Ich denke, solche Planstudien wurden in allen Marinen in Auftrag gegeben, zumal nach der 1922 vereinbarten Gewichts- bzw. Tonnagebeschränkung.

Ob neben solchen (konstruktionsbezogenen) Aspekten auch noch taktische eine maßgebliche Rolle spielten, wie hier beschrieben?
Die Massierung der Hauptgeschütze auf dem Vorschiff war beabsichtigt, um vor allem bei der wichtigen Annäherung der Flotten zueinander die komplette Hauptartillerie von Anfang an einsetzen zu können. [...]
Meine Unterlagen geben dazu nichts her. Ich weiß auch nicht, ob solche Überlegungen jemals praktisch geworden oder auch nur in Manövern getestet worden sind. In dieser Weise auf einen Gegner zuzulaufen, der, sobald er das bemerkt, seinerseit sofort seine Breitseite zum Tragen bringt, kommt mir wir wie eine Va-banque-Taktik vor. (Vielleicht habe ich auch lediglich zu wenig Phantasie.:))
 
Ich finde es interessant,wie sich die Royal Navy scheinbar darauf verließ,immer in Zahlenmäßiger Überlegenheit zu kämpfen. Denn einem Schiff,dass seine gesamte schwere Artillerie auf dem Vorschiff konzentriert hat,kann auch ein Artilleristisch unterlegenes Schiff gefährlich werden,wenn dieses es Schafft,sich ins gegenerische Kielwasser zu setzen.
 
Ob neben solchen (konstruktionsbezogenen) Aspekten auch noch taktische eine maßgebliche Rolle spielten, wie hier beschrieben?

An den Raven/Roberts habe ich zunächst nicht gedacht, aber er beschreibt in Band I ausführlich die Konstruktionsgeschichte 1920/22, die zu Nelson/Rodney führte.

Die Entwürfe
Schlachtkreuzer: K2, K3, J3 hatten klassische Artillerieaufstellung. Der Übergang auf die Mittschiff/Vorschiffaufstellung der Schweren Artillerie erfolgte bei I3 (mit 9 * 45,7cm), an der breitesten Stelle des Schiffes und damit verbundener besserer Panzerung bei Gewichtsersparnis. Die Länge der Munitionskammern konnte verkürzt werden - toter Winkel 40 Grad am Heck. H3a ließ dann den Mittelturm entfallen / Druckprobleme der hinteren Aufbauten beim Schießen + weitere Gewichtsersparnis. H3b und G-Entwürfe behielten die vordere Aufstellung bei, bei den "G" kam wieder ein dritter Turm Mittschiffs hinter dem Kommandoturm hinzu, Bewaffnung nun 9*42cm.

Taktische Überlegungen werden bei den allen Typenveränderungen nicht angesprochen.

Schlachtschiffe: L2, L3 noch mit klassischer Aufstellung. Danach M3, M2 vom November 1920 mit der entscheidenden Veränderung, zeitgleich wie bei der I3 auch bei den Schlachtschiffen mit Konzentration der Schweren Artillerie auf Vorschiff/Mittelschiff. Gewichtsersparnis dabei waren 5.000 To. der M- gegenüber den L-Entwürfen. Die beiden Entwürfe unterschieden sich mit 4 bzw. 3 Türmen (8 bzw. 9*45,7cm). Aus M3 wurde dann der genannte N3 entwickelt.

Nelson und Rodney werden dann konzeptionell als auf G3-(Schlachtkreuzer-Entwürfe) basierend bezeichnet, als "23-Knoten-Version" mit stark verminderter Maschinenleistung. Alle drei Türme (Kaliberverminderung von 42 cm auf 40,6cm) wurden jetzt vor den Kommandoturm gezogen. Ihre Konstruktion ist demnach im wesentlichen 1920 entstanden und wurde nur leicht an das 1922er-Abkommen angepaßt (35.000to-Begrenzung bei Maximalkaliber 40,6cm analog zu den beiden Nagatos).
 
Na ja, der dritte (der Brücke zunächst gelegene) Turm konnte bei der Nelson-Klasse auch nicht "von Anfang an" eingesetzt werden - vor ihm standen ja die beiden anderen.

Inzwischen ist die überarbeitete Auflage des Burt erschienen. Da habe ich nochmal nachgeschaut (Vorentwürfe siehe Anlage).

Der Typenentwurf wurde in das Washingtoner Abkommen hinein "gepreßt", bei Beibehaltung der Armierung 9*40,6 (wg. US-Bauten und Nagato), mit der Vorgabe maximaler Protektion.

Bei den Gewichtsvorgaben blieb wohl nur die Konzentration der drei Türme übrig. Wie immer in der Pracis, ist alles auf Kompromisse zurück zu führen.

Interessanterweise sahen die letzten Entwürfe sogar den überhöhten "X-Turm" vor (hinter A und B), sozusagen mit der Idee des "vollen" Einsatz von 9.

Offenbar trugen aber die Bedenken über den gewaltigen "Blast-Effekt" dazu bei, auf die "Vollsalve" durch Erhöhungen konstruktiv zu verzichten. Selbst bei den Tests in der realisierten Aufstellung (X abgesenkt) gab es Bedenken, die Brücke und den Bereich des Vorschiffes wegen des "considerable shocks" räumen, wenn "X" bei maximaler Rohrerhöhung feuert. So gingen auf der Admirals- und darunter liegenden Kapitänsbrücke mehrere Scheiben und Lüftungsöffnungen zu Bruch. Und das bei "weichgespültem" Turmkonzept.

Angehängt aus Burt, British Battleships 1919-1945 die letzten drei Konzepte unter Washingtoner Bedingungen:
 

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Inzwischen ist die überarbeitete Auflage des Burt erschienen.
Danke fürs Exhuminieren des Themas!:winke:
/ Meta ein /
In den vergangenen 8 Jahren ist ja neben Burt (2012) auch noch "Nelson and King George V classes" (2009) bei Osprey erschienen (oder sogar noch weitere, die ich als Laie gar nicht registriert habe). Was, glaubst Du, sind die Gründe für das offenbar anhaltende Interesse?
/ Meta aus /

Offenbar trugen aber die Bedenken über den gewaltigen "Blast-Effekt" dazu bei...
Den "Blast" haben Raven/Roberts auf S. 10/13 auch beschrieben. Es wurden dann allerlei Abhilfen erwogen/getestet, aber das grundsätzliche Problem blieb.
Dem Konstrukteur (Tennyson) gebührt unser Mitgefühl für den Versuch, unterschiedlichste Anforderungen zu realisieren.:trost:
 
Es gibt reihenweise aktuelle Fach-Publikationen zur Marinehistorie, bzw. zur zugeordneten Technikgeschichte, auf dem internationalen Markt (auch ohne solche Reihen wie unter Osprey oder in Warship International, das inzwischen auch 50 Jahre erscheint). Woran das breite Interesse liegt, kann ich nicht sagen. Bei mir ist es sozusagen Subthema zur Politik-, Militär- und Wirtschaftsgeschichte der "Montanära".

Die Seitenangabe kann ich nicht zuordnen. Bein Raven/Roberts habe ich die deutsche Ausgabe in drei Bänden. In Band 2 ist etwas zu den Schäden berichtet.
 
Noch eine Skizze aus dem Parkes, zu Vorläuferentwürfen im Detail.

Bemerkenswert ist der Horizontal- bzw- Deckspanzer mit 8-9 inch (rd. 20-23 cm mit entsprechendem Gewicht) über den "explosiven" Bereichen.

Vermutlich sind diese massiven Panzerungskonzepte auf den Skagerrak-Schock 1916 zurückzuführen, bzw. die vermuteten Verlustursachen.

Tennyson ist eine interessante (vielleicht auch: dubiose) Person im "Schaukeln" zwischen Politik und Rüstungsfirma Armstrong.
https://en.wikipedia.org/wiki/Eustace_Tennyson_d'Eyncourt
 
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