Reste des Heidentums in der Folklore

Gibt es denn Zugang zur 1743er Quelle? Dort wird ja vermutlich ein Grund für das Verbot genannt sein. Nur weil "die Kirche" irgendwas verbietet, muss es ja nicht archaischen Ursprungs sein. Neben der Aufklärung würden mir als erstes diverse Sicherheitsbedenken einfallen, was dagegen sprechen könnte brennende Räder unkontrolliert irgendwelche Hügel herunter zu schubsen.
 
Mein Paradebeispiel dafür ist der "altgermanische" Volkstanz, den Himmler aufführen lassen wollte, bis ihn einer seiner Mitarbeiter aus dem Ahnenerbe darauf aufmerksam machte, dass die Uraufführung deses "altgermanischen" Tanzes im Jahr 1919 stattgefunden hatte.
Beim Stöbern bin ich darauf gestoßen, dass es schon mal einen ähnlichen Thread gab:
http://www.geschichtsforum.de/f32/baal-kontra-dem-keltischen-bel-29417/#post446358

Da hätte ich noch ein Beispiel für einen "uralten Brauch", der offensichtlich von einem braunen Volkskundler erfunden wurde:
Der Brauch der „Heimholung des Feuers“ wurde in oben genanntem Artikel 1939 von dem Volkskundler Scheller erstmals erwähnt und darin, vermutlich zu seiner Legitimation, gleichzeitig behauptet, es handle sich um einen „uralten Brauch“ (ebd. 193). Vermutlich bezog sich Scheller bei dieser Aussage auf seinen Kollegen Huth, der in einem Artikel der Zeitschrift „Germanien“ von 1938 betonte, dass den Germanen das Element des Feuers angeblich „heilig“ gewesen sei. Dies belege die Bedeutung des altnordischen Begriffs „arenn“, der gleichzeitig für „Herd“ und „Altar“ benutzt worden sei, und „noch vor wenigen Jahrzehnten“ (Germanien 1938:242) hätten in jedem niederdeutschen Bauernhaus permanent als „heilig“ empfundene Herdfeuer gebrannt, die zur Zeit der Wintersonnenwende einmal gelöscht und feierlich wieder neu entfacht worden seien (vgl. ebd. 242ff.). Es gebe daher keinerlei Zweifel, dass dieser
„tiefsinnige und altertümliche Kult (...) mit Recht (...) urindogermanisch [ist, d. A.]. Daß er auch germanisch war ist daher nicht zu bezweifeln, denn die Versuche, den Germanen (...) zuzuschreiben, daß sie keine echten Indogermanen gewesen seien, sind als fehlerhaft anzusehen (...) In der späteren Volksüberlieferung aller germanischen Länder ist der alte indogermanische Herdfeuerkult gut erhalten“ (ebd. 241).​
Da Scheller den Leser jedoch über genaue Herkunft und Alter des Brauchs „Heimholung des Feuers“ in Unkenntnis ließ, wird wahrscheinlich, dass es sich um eine freie Erfindung handelt. Auch wurden bis heute keine Beweise für seine frühere Existenz gefunden (vgl. Foitzik 1987: 69).
http://d-nb.info/99388704X/34
 
Es gibt sogar eine noch ähnlichere Abweichung, wo ich nicht nur den Volkstanz von 1919 erwähne, sondern auch und gerade in Bezug auf den Osterlauf. Der von Lili erwähnte Sicherheitsaspekt wird auch schon thematisiert:

Ein Beispiel ist der Feuerräderlauf von Lügde. Dieser uralte Brauch wurde im Zuge der Christianisierung zwar zum Osterräderlauf umdeklariert, besteht aber bis heute fort. Allerdings dürfte diese Tradition älter sein als der Cheruskername.

Oder es handelt sich einfach um einen christlichen Brauch, der, nur weil er archaisch wirkt, willkürlich zurückdatiert wird? So wie der 1919 uraufgeführte Volkstanz, der Himmler beinahe als urgermanisch vorgeführt worden wäre?

Wenn man mal die Quellen, welche die Seite des für den Osterfeuerräderlaufs zuständige Vereinigung in Lügde zusammengetragen hat, um ihre lange Tradition zu behaupten, sich anschaut, ließt man zunächst etwas von der Göttin Ostara, die ist uns allerdings nur aus Beda Venerabilis bekannt und es dürfte sich um eine pseudoetymologische, also falsche Rekonstruktion des bereits verchristlichten Monatsnamen (Eosturmonath-Ostermonat) handeln.
Dann wird etwas von Höhlenmalereien gefaselt (die möchte ich sehen, das wäre eine Revolution der Geschichtsschreibung und der Erfindung des Rades!)

Dann diese Behauptung:

784 feiert Karl der Große in Lügde das Weihnachtsfest. Der Überlieferung nach, soll er den heidnischen Brauch, den Feuerräderlauf zu Ehren der Frühlingsgöttin Ostara, nun zur Auferstehung Christi angeordnet haben. Nun spricht man vom -Osterräderlauf-.
Da Ostara nur in einer einzigen Quelle überhaupt genannt wird, nämlich Beda, welcher starb bevor Karl geboren wurde, kann es schon mal keine Quellen geben, in welcher Karl diese Lauf zu Ehren dieser Göttin anordnet.
Zum zweiten kann man a priori ziemlich sicher ausschließen, dass Karl der Große einen Brauch zu Ehren irgendeiner heidnischen Gottheit anordnete. Im Ggt.: Wenn überhaupt könnte man ein Verbot erwarten, etwa in den Capitularien.

Tatsächlich ist zu seinem Aufenthalt in Lügde nur folgendes überliefert:
Et celebravit natalem Domini iuxta Skidrioburg in pago Waizzagawi super fluvium Ambra in villa Liuhidi - Und er feierte die Geburt des Herren bei (der) Schieder(burg) im (Gau) Weißgau über dem Fluss Emmer im Dorf Lügde.

In einer anderen Quelle heißt es leicht abweichend: In castris super Ambram fluvium in pago Huettagoe iuxta castrum Saxonum, quod dicitur Skidroburg. In den Lagern über dem Fluss Emmer im (Gau) Weißgau, bei der sächsischen Burg, welcher Schieder(burg) genannt wird.

(Wobei das interessantes hieran noch der sprl. Befund ist, nämlich dass der Weißgau einmal altniederdeutsch und einmal althochdeutsch benannt wird.)
Von irgendwelchen Volksbräuchen ist hier weder positiv noch negativ die Rede.
Und so relativiert sich ganz allmählich das angeblich so hohe Alter der Osterfeuerräder.

Dann wird die Zerstörung des Kloster Lorschs im Jahre 1090 durch vom Berg heruntergerollte Feuerräder behauptet.
Soviel kann ich sagen: Von Lorsch bis zu den nächsten Bergen sind es ca. 3 km und die Feuerräder hätten zudem noch einen Altarm des Neckar überqueren müssen.
Wenn man sich die Stelle mal anschaut ließt man von einem anderen Brauch, der 1090 erstmals dokumentiert ist: Dem sogenannten Scheibenschlagen.
In den Lorscher Annalen ließt sich das so:
Anno etenim dominicae incarnationis 1090, evolutis ab exortu monasterii ipsius plus minus 326 annis, 12°. Kalendas Aprilis, repentino ac miserabili incendio tota Laureshamensis ęcclesia conflagravit, illasque regum ac principum nobiles et veteres operas et impensas, parietes auro argentoque pretextos, fornices marmore, ebore gemmisque interstinctos, preciosam purpurae copiosamque subpellectilem, omne denique quod pulchrum erat visu, cum circumpositis aedificiis edax flamma favillatenus absorbuit. Quae calamitas qualiter aut unde processerit, comperta a maioribus rerum fide, castigata brevitate succingamus.

Ipsa quam prediximus die vergente iam in vesperum, postquam exemplo carnalis Israel sedit populus manducare et bibere, et surrexerunt ludere, forte inter cetera ludorum exercitia discus, in extrema marginis hora ut solet accensus, militari manu per aera vibrabatur; qui acriori impulsu circumactus, orbicularem flammae speciem reddens, tam ostentui virium quam oculis mirantium spectaculi gratiam exhibet. Is a quodam non tam perniciter quam infeliciter tandem intortus, ad summum ęcclesiae fastigium imprudenti iactu evolavit, ubi inter tegulas et cariosos asseres artius insidens, animante vento fomitem incendio prebuit. Quid multa? Primo castellum, mirabili dolatura fabrefactum, in quo signa ęcclesiae dependebant, funibus exustis ne quis sonitu excitari posset, arripuit; dehinc totam superiorem fabricam, turres quoque cum porticibus flamma victrix obtinuit; ad extremum bulliente plumbi deliquio, cuius materiae omne tectum fuerat, subveniendi, ingrediendi vel quippiam exinde eruendi omnimodam abstulit facultatem. Erat tunc miseranda rerum facies, tot preclara tam ęcclesiae quam totius monasterii aedificia, tot insignia ornamenta repentina flammarum vastitate devorari, et plurimis absumptis pauca admodum vel manu collecta vel securi et ascia deiecta, summo sudore et periculo ex ipsis incendii globis vix liberari. Qualis tum calamitas, quae miseria, qui clamor, qui luctus, qui gemitus, quae suspiria lamentaque omnium fuerint, facilius est tacendo conicere, quam multa dicendo parum dicere .

Zunächst wird über die Zerstörung der Kirche lamentiert und der Verlust der Kunstschätze durch das "gefrässige Feuer", welches alles "bis zur Asche" zerstörte, bedauert, dann wird der Sachverhalt geschildert, wie es zu der Zerstörung kam und wie diese ablief und am Ende über das dem folgende Wehklagen berichtet. Von Feuerräderrollen ist hier nicht die Rede, sondern das Scheiben durch "kriegerische Hand" in die Luft geschleudert wurden. Das ganze im Rahmen eines Gelages, welches den Bericht von Exodus 32, 6 (Tanz um das Goldene Kalb) aufgreift.


Dass sie am Ort eines heidnischen Kultplatzes errichtet wurde, ist eben nicht dokumentiert. Das rekonstruierst du durch Analogiebildung. Ich halte Analogiebildung für eine legitime Methode zur Hypothesenbildung aber das macht noch keine Fakten.

Ich denke, dass ist ein Missverständnis. Der in Lügde verantwortliche Verein schreibt "784 feiert Karl der Große in Lügde das Weihnachtsfest. Der Überlieferung nach, soll er den heidnischen Brauch, den Feuerräderlauf zu Ehren der Frühlingsgöttin Ostara, nun zur Auferstehung Christi angeordnet haben. Nun spricht man vom -Osterräderlauf-."
Chronologie
Karl habe also angeordnet den vormals heidnischen Brauch nun dem christlichen Osterfest und nicht mehr irgendwelchen paganen Göttern zu widmen.
Die vom Verein genannte "Überlieferung" als Quelle dieser Karlsgeschichte kann auch jünger als 200 Jahre sein. Solche Anekdoten sind aus Sicht des Stadtmarketings sicherlich sehr wünschenswert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann wird die Zerstörung des Kloster Lorschs im Jahre 1090 durch vom Berg heruntergerollte Feuerräder behauptet.
Soviel kann ich sagen: Von Lorsch bis zu den nächsten Bergen sind es ca. 3 km und die Feuerräder hätten zudem noch einen Altarm des Neckar überqueren müssen.
Wenn man sich die Stelle mal anschaut ließt man von einem anderen Brauch, der 1090 erstmals dokumentiert ist: Dem sogenannten Scheibenschlagen.

Bis zum Hang des Odenwaldes sind es sogar mindestens 6 Kilometer. Dazu verläuft kurz vor dem Kloster ein Bach Wednitz. Der Neckar befindet etwa 30 Kilometer weiter südlich.
 
Hm... woher ich vor anderthalb Jahren den Altarm des Neckar genommen habe, kann ich auch nicht mehr nachvollziehen. Die Entfernung zum Gebirge (Luftlinie), würde ich heute eher mit vier als mit drei km schätzen, aber auch nicht mit sechs.
 
Ganz einfach:der Neckar hat sein Bett nach dem Austritt aus dem Odenwald öfter mal verändert und floss auch mal dort lang,wo heute die Weschnitz fließt
Allerdings dürfte das länger vor der Zeit der Klostergründung gewesen sein

Das heutige Kloster steht übrigens auf einer Sanddüne, die sich zwischen Weschnitz und Rhein gebildet hatte ,also etwas erhöht, tiefer und unmittelbar an der heutigen Weschnitz lag nur ein Vorgängerbau und späteres Nonnekloster
Im übrigen gab es in dem Gebiet zwischen Kloster und Bergstrasse im Mittelalter noch den Lorscher See.-das mit den Feuerrädern konnte also nicht klappen
 
Nur weil "die Kirche" irgendwas verbietet, muss es ja nicht archaischen Ursprungs sein.

Gut gesagt!

Und wie du störe ich mich immer etwas daran, wenn da von "die Kirche" die Rede ist. Welche denn? Gibt es weltweit nur eine einzige Kirche, so dass man pauschal "die Kirche" sagen kann?
 
Ich habe meine liebe Not wenn ich mal sage, dass die ganzen Traditionen vielleicht nicht von den Heiden abstammen. Dann kommt immer das hat doch nichts mit dem Christentum zu tun, mein Priester hat mir davon geredet.

Ich will nichts ausschließen, aber bei so langen Herleitungen hab ich immer Kopfschmerzen.
 
Bei Helmut Birkhan steht etwas über eine Vita des Hl. Vincent von Agen in der ein brennenes Rad erwähnt wird... Vincent lebte im 4. Jhd. in dem Heidentum in Gallien wohl noch eine Rolle gespielt haben dürfte... allerdings erwähnt er nicht von wann die Vita ist... müsste man bei Zwicker nachschlagen...
 
Bei Helmut Birkhan steht etwas über eine Vita des Hl. Vincent von Agen in der ein brennenes Rad erwähnt wird... Vincent lebte im 4. Jhd. in dem Heidentum in Gallien wohl noch eine Rolle gespielt haben dürfte... allerdings erwähnt er nicht von wann die Vita ist... müsste man bei Zwicker nachschlagen...
An dieser Stelle – oder im Lügde-Strang? – verkürzt das, was im HDA [1] steht:

Die Verwendung des Rades "im Kulte der Jahresfeuer" sei schon seit dem frühen Mittelalter häufig bezeugt, und zwar in den beiden Formen des Radrollens und des Scheibenschlagens. – Das "häufig" wird jedoch nur belegt mit Quellen aus Frankreich (vor 659), Lorsch (1090) und einer Kaiserchronik (ca. 1150). Zitat aus den Lorscher Annalen zur Brandursache: "discus in extrema marginis hora, ut solet accensus, per aera vibratus".

Darauf folgt Jahrhunderte lang gar nichts, bis es dann ab 1520 (bezeugt für Würzburg) wieder losgeht. Über Verbote wird berichtet aus Leiningen (1566, nochmals 1722) und Schwaben (1608). "1779 wird zum letzten Mal das Feuerrad vom Maxberge bei Trier zu Tal gerollt. 1816 hört die gleiche Sitte in Gerolstein auf." Ênde des 19. Jh. ist der Brauch in Deutschland "so gut wie ausgestorben".

Die Zeitpunkte des Räderrollens sind recht unterschiedlich: meistens am 1. Fastensonntag ("Funkensonntag"), "zu Ostern im alten Bistum Hildesheim [2], in Oberbayern".

Die Theorie, es handele sich bei alledem um "Reste eines germanischen Sonnenkults", wird verworfen unter Hinweis auf "scharfe räumliche [Verbreitungs-]Grenzen": Radrollen und Scheibenschlagen fallen für "die nördlichen und östlichen germanischen Lande ganz aus[...]". Deshalb wird die Entstehung des Brauchs "auf fränkischem Boden" vermutet, und in seinem Mittelpunkt stand "ein Fruchtbarkeits- und Schadensabwehrritus".


[1] Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Hg. Hans Bächthold-Stäubli, Neudruck der Ausgabe 1935/36, Band 7, S. 467 ff.
[2] Diese Angabe geht zurück auf Wilhelm Mannhardt, Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme, 1875, 1. Teil, S. 507; der wieder verweist auf Karl Seifart: Sagen [usw.] aus Stadt und Stift Hildesheim, 1889, S. 177
 
Mich würde mal interessieren wie die Herren das kirchliche Verbot des Osterräderrollens als Beweis dafür deuten wollen, es handle sich bei besagtem Räderrollen um einen christlichen Brauch. Auf den ersten Blick nicht wirklich einleuchtend.

Viel plausibler erscheint ein – in der Tat – archaischer Brauch vorindogermanischen Ursprungs, wobei das Feuerrad als Sonnensymbol auch mit den Indogermanen (z.B. in Persien, Rußland, usw.) in Verbindung gebracht werden darf. Die magisch-symbolische Bedeutung dürfte sich nicht allzu sehr von derjenigen anderer uralter Fruchtbarkeitsriten unterscheiden : nämlich der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit, die Erneuerung der frühlinglichen Lebenskraft, die Überwindung der wintelrichen Starre, usw.

Gewiss kann man argumentieren, dass auch Christos ein Sonnengott ist, eine lebenserneuernde und -spendende Lichtgestalt, dessen Vollkommenheit und höchste Leistung – der Sieg über den Tod – in der kreisrunden Form des Rades zum Ausdruck kommt.

Es ist aber doch unzweifelhaft, dass wir es hier mit einem Fall religiösen Synkretismus' zu tun haben, also dem Verschmelzen verschiedener Glaubenssysteme – wie in nahezu jedem anderen christlichen Fest auch (Weihnachten, Ostern, usw.)
 
Mich würde mal interessieren wie die Herren das kirchliche Verbot des Osterräderrollens als Beweis dafür deuten wollen, es handle sich bei besagtem Räderrollen um einen christlichen Brauch. Auf den ersten Blick nicht wirklich einleuchtend.
Das ist eine falsche Verkürzung, denn so hat das niemand getan.
Tatsache ist aber, dass Licht - und Feuer ist eine unserer Hauptlichtquellen vor der Erfindung der Elektrizität - ein Symbol für Jesus ("Ich bin das Licht der Welt") ist. Und gerade Ostern, wo die Auferstehung Christi vom Tod gefeiert wird (Licht und Dunkelheit) spielt das Feuer daher eine besondere Rolle. Spätere kirchliche Würdenträger haben daher womöglich frühere christliche Bräuche, die sie nicht verstanden haben, als heidnisch interpretiert. Fakt ist, dass die Erstbelege dieses Brauchs erst relativ spät datieren, was tendentiell gegen eine heidnische Herkunft desselben spricht.

Ich vergleiche das immer gerne mit dem "urgermanischen" Tanz den Himmler hatte aufführen lassen wollen, bis einer seiner Untergebenen vom Ahnenerbe ihn vor der Peinlichkeit rettete, indem er ihn darauf hinwies, dass dieser "urgermanische" Tanz 1919 aufgeführt worden war. Nicht alles, was auf uns Unverständige archaisch wirkt, ist eben auch tatsächlich alt.
 
Tatsache ist aber, dass Licht - und Feuer ist eine unserer Hauptlichtquellen vor der Erfindung der Elektrizität - ein Symbol für Jesus ("Ich bin das Licht der Welt") ist. Und gerade Ostern, wo die Auferstehung Christi vom Tod gefeiert wird (Licht und Dunkelheit) spielt das Feuer daher eine besondere Rolle.

Die christliche Symbolik des Lichtes/ Feuers ist mir bekannt. Assoziationen wie Licht/ Dunkelheit bzw. Sieg der Sonne über die Nacht gehen aber über den rein jüdisch-christlichen Religions- und Kulturhorizont hinaus und finden sich in... nun ja, nahezu jeder anderen Religion wieder, die es jemals gab. Insbesondere das indogermanische Heidentum hatte einen starken Bezug zum Feuer, es ist z.B. unleugbar, daß die Sonnenwendfeste nicht erst seit dem Christentum existieren, sondern schon viel älter sind und mit einem ähnlichen Gedanken funktionierten (Wiedergeburt, usw.)... Ferner gibt es da noch die Bedeutung des Feuers im Zoroastrismus, ebenfalls eine indogermanische Religion und ebenfalls um einiges älter als das Christentum.

Daher liegt die Vermutung nahe, dass es sich beim Feurräderrollen, wie auch beim Jul- bzw. Weihnachtsfest, bei der Tagundnachtgleiche, usw., eben doch um archaische Riten handelt. M. E. hat es nach der Christianisierung eine Neuinterpretierung dieser Bräuche im Sinne der Kirche gegeben, was ja dank der doch ziemlich verwandten Auferstehungssymbolik, die du völlig richtig beschrieben hast, auch nicht allzu schwierig gewesen sein dürfte.

Von vornherein aber zu behaupten, es könnten in solcherlei Riten keinerlei heidnische Elemente mehr fortbestehen, weil ja doch der Himmler und andere Spinner das Gegenteil sagten, halte ich für nicht gerade überzeugend und auch nicht sehr redlich, ehrlich gesagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Von vornherein aber zu behaupten, es könnten in solcherlei Riten keinerlei heidnische Elemente mehr fortbestehen, weil ja doch der Himmler und andere Spinner das Gegenteil sagten, halte ich für nicht gerade überzeugend und auch nicht sehr redlich, ehrlich gesagt.
Auch das ist wieder eine Verkürzung ins unerkennbare, denn das habe ich nicht geschrieben.
Es ging um zwei Sachverhalte.
Sachverhalt Nummer 1: Der Erstbeleg der Osterräderläufe ist verhältnismäßig spät.
Sachverhalt Nummer 2: Nicht alles, was archaisch wirkt, ist auch tatsächlich archaisch.
Auch von "vornherein behaupten" kann kaum die Rede sein, wenn im Originaltext "tedentiell" steht.
 
Beides richtig. Wie man aber daraus schlußfolgern möchte, es handele sich hierbei um einen rein christlichen, von heidnischen Einflüssen freien Ritus, will mir nicht einleuchten...
 
Das habe ich doch bereits (s.o.)

Bei Wikipedia findet sich unter dem Eintrag Feuerrad Folgendes :

Den ersten schriftlichen Beleg für einen Feuerbrauch dieses Typs in Deutschland bietet die Chronik des Klosters Lorsch. Am 21. März 1090 vernichtete ein Feuer große Teile des Klostergebäudes, hervorgerufen durch eine brennende Holzscheibe, die als Volksbrauch zur Frühlingstagundnachtgleiche in die Luft geschleudert wurde.

(...)

Es wird angenommen, dass das Feuerrad in vorchristlichen Zeiten ein Frühlingsbrauch zum Äquinoktium gewesen ist, der sich nach der Christianisierung in die Verbindung mit der Fastenzeit in Südwestdeutschland und mit der Osterzeit im nördlichen Deutschland aufspaltete. Noch heute sind beide Ausprägungen zu finden. Auf ein solches Fest zum Frühlingsäquinoktium weist auch der eingangs beschriebene Klosterbrand am 21. März, also genau zum Termin der Tagundnachtgleiche, hin.
 
Es ist ja nun nicht so, dass wenn das eine nicht gilt, automatisch das andere gilt. Daher ist rein christlicher Ursprung nicht bewiesen, zumal der heidnische auch nicht widerlegt werden kann.

Es gibt da auch noch ein recht interessantes Phänomen, dass Mythen und Bräuche hervorbringen kann. Ein gutes Beispiel stammt von den Maya des letzten Jahrhunderts. Touristen fragten nach der in den USA und Europa populären Vorstellung, dass der Maya-Kalender das Ende der Welt vorhersagt. Plötzlich konnten Ethnologen diese vorher unbekannte Vorstellung bei den Maya feststellen.

Anhand der Kunst kann man sehen, wie mythologische Vorstellungen aus dem Römischen Reich ins Barbaricum diffundierten.

Wie sollte man da ohne Anhaltspunkt sagen, woher ein Brauch kommt, der irgendwann in den Quellen auftaucht.

Es liegt nahe bei einem in Mitteleuropa überlieferten Brauch bei Germanen, Kelten, Slawen und im Christentum zu suchen. Früher wollte man Anhaltspunkte in der Edda finden, die nur in eine andere Region gehört und schon vom Christentum beeinflusst ist. Dann gab es auch in Deutschland eine Zeit, in der man - zumindest auf populärer Ebene- viele Bräuche auf die Kelten zurückführte.

Nachdem Christentum und Rom lange vernachlässigt wurden, ist es durchaus folgerichtig Brauche und Mythen in dieser Hinsicht 'abzuklopfen'. Angesichts der Quellenlage wird man bei den wenigsten Fragen Beweise finden. Aber das ist kein Grund, es nicht zu versuchen.

Eine solche Betrachtung sollte nicht so missverstanden werden, dass schon als bewiesen gesehen wird, was doch erst untersucht wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie sollte man da ohne Anhaltspunkt sagen, woher ein Brauch kommt, der irgendwann in den Quellen auftaucht.

Der Anhaltspunkt ist, daß es den Ackerbau schon seit dem Neolithikum gibt, die Jahreszeiten gar schon seit ein paar Jahrmillionen – das Christentum in seiner staatlichen Form aber erst seit Konstantin (zumindest was Europa betrifft).

Eine solche Betrachtung sollte nicht so missverstanden werden, dass schon als bewiesen gesehen wird, was doch erst untersucht wird.

Selbstverständlich können wir hier weder das eine noch das andere beweisen. Aber wir können doch solche Mutmaßungen hinterfragen die uns weit hergeholt erscheinen und neue, plausiblere Vermutungen aufstellen.

Das Christentum (Katholizismus und Orthodoxie) hat sich in Europa nicht zuletzt durch Vereinnahmung alteingesessener heidnischer Glaubensvorstellungen und Riten durchgesetzt, genau wie das afrikanische bzw. südamerikanische Christentum zahlreiche animistische Elemente beinhaltet. Lediglich die rejudaisierte Form des christlichen Glaubens, der Protestantismus, ist mehr oder weniger frei von heidnischen Einflüssen. Die Protestantisierung des Katholizismus seit dem II. Vatikankonzil ist dann eine andere Frage...
 
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