Fehmarn und HRR

H

HansAusHolland

Gast
Stimmt es dass die Insel Fehmarn nicht zum Heiligen Römischen Reich gehörte?
 
Da Fehmarn zu Schleswig gehörte, war es mWn kein Teil des Reiches, ja. Kann als Quelle aber nur meine Erinnerung (und wiki) anbieten.
 
Da Fehmarn zu Schleswig gehörte, war es mWn kein Teil des Reiches, ja. Kann als Quelle aber nur meine Erinnerung (und wiki) anbieten.
Im Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Fehmarn kommt das HRR nicht vor. Auch Gerhard Köbler schreibt nur [1]:
1231 gehörte F. zum Herzogtum Schleswig, kam dann an Dänemark und als dänisches Reichslehen an die Grafen von Holstein. 1636 wurde die Verbindung des Amtes mit dem Herzogtum Schleswig bestätigt.
Greift man jedoch zur Geschichtskarte [2], findet man, dass erstens um 1250 die Grenze des HRR durch Eider und Levensau gebildet wurde und dass zweitens Fehmarn zu Holstein (südlich der Eider-Levensau-Linie) gehörte und zu dieser Zeit Teil des HRR war. Die gleiche Auskunft erhält man für das Stichjahr 1378. [3]

Frage also: Wann und wieso könnte F. aus dem HRR ausgeschieden sein?


[1] Historische Enzyklopädie der Länder der Deutschen. 8. Auflage 2014. 2014-04-20 Fassung (pdf), S. 232
[2] http://deutschland-im-mittelalter.de/bilder/landkarten/mitteleuropa-1250-g.jpg
[3] Großer Historischer Weltatlas. München 1970. II. Teil: Mittelalter, S. 114
 
In der Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Fehmarn#Unter_Schleswiger_und_Holsteiner_Herrschaft) steht:

Die inzwischen zum Herzogtum Schleswig gehörige Insel wurde 1326 dänisches Lehen der Grafen von Holstein

Wurde das Lehensverhältnis so in den Karten interpretiert, dass Fehmarn Teil des Herzogtums Holstein und damit Teil des Reiches wurde?

Man müßte jetzt in die Entwicklung des Lehens einsteigen:

Blieb Fehmarn Teil des Herzogtums Schleswig und damit Teil des Königreiches Dänemark?

oder

wurde Fehmarn Teil der Grafschaft von Holstein und damit Teil des HRR?

oder

wurde Fehmarn Eigengut der Grafen von Holstein, aber wurde nicht Teil von Holstein und des HRR, aber war auch nicht mehr Teil von Schleswig und von Dänemark?
 
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Verfassungsrechtlich ist die Sache nicht ganz unkompliziert.

Ich lese hier, dass Fehmarn schon unter König Waldemar II. (1314-1364) zum Herzogtum Schleswig zählte, das nicht Teil des Heiligen Römischen Reichs war. Es kam später als Krongut an Dänemark und wurde als dänisches Reichslehen den Grafen von Holstein übertragen. Die Verbindung des Amtes Fehmarn mit dem Herzogtum Schleswig, die 1636 gesetzlich bestätigt wurde, blieb bis 1866 bestehen. [1]

Das bedeutet: Die Grafen und späteren Herzöge von Holstein besaßen Fehmarn lediglich als Lehen der dänischen Krone. Lehnsherren waren die Herzöge von Schleswig, die zugleich Könige von Dänemark waren. Während also das Land südlich der Eider als Herzogtum Holstein zum HRR zählte, gehörte das kleine Fehmarn verfassungsrechtlich nicht dazu.

[1] Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Schleswig-Holstein/Hamburg, S. 50 f.
 
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Verfassungsrechtlich ist die Sache nicht ganz unkompliziert.

Da gab es doch so ein schönes Zitat:

„Nur drei Menschen haben die schleswig-holsteinische Geschichte begriffen – Prinzgemahl Albert, der ist tot; ein deutscher Professor, der ist wahnsinnig geworden; und ich, nur habe ich alles darüber vergessen.“

– Henry John Temple, 3. Viscount Palmerston, britischer Premierminister[17]

https://de.wikipedia.org/wiki/Schleswig-Holstein#Geschichte

Ich lese hier, dass Fehmarn schon unter König Waldemar II. (1314-1364) zum Herzogtum Schleswig zählte, das nicht Teil des Heiligen Römischen Reichs war. Es kam später als Krongut an Dänemark und wurde als dänisches Reichslehen den Grafen von Holstein übertragen. Die Verbindung des Amtes Fehmarn mit dem Herzogtum Schleswig, die 1636 gesetzlich bestätigt wurde, blieb bis 1866 bestehen. [1]

Das bedeutet: Die Grafen und späteren Herzöge von Holstein besaßen Fehmarn lediglich als Lehen der dänischen Krone. Lehnsherren waren die Herzöge von Schleswig, die zugleich Könige von Dänemark waren. Während also das Land südlich der Eider als Herzogtum Holstein zum HRR zählte, gehörte das kleine Fehmarn verfassungsrechtlich nicht dazu.

[1] Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Schleswig-Holstein/Hamburg, S. 50 f.

Auf den Karten wird Fehmarn auch als Teil von Schleswig dargestellt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:SchleswigSlesvig18642016.png

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:DuchySchleswigSlesvig.png

Kurioserweise gehört heute Fehmarn zum Kreis Ostholstein.
 
Da gab es doch so ein schönes Zitat:

Das treffende Zitat ist mir wohlbekannt. Schön, dass du es hier erwähnt hast. =)

Grundsätzlich war es seit dem späteh Mittelalter so: Sowohl in Schleswig als auch in Holstein herrschte der dänische König. Für Holstein war er Lehnsmann des römisch-deutschen Kaisers, während Schleswig dänisches Reichslehen war und somit nicht zum Heiligen Römischen Reich gehörte.
 
Sowohl in Schleswig als auch in Holstein herrschte der dänische König. Für Holstein war er Lehnsmann des römisch-deutschen Kaisers, während Schleswig dänisches Reichslehen war und somit nicht zum Heiligen Römischen Reich gehörte.
So ist es, wobei die "nicht unkomplizierten" Details – siehe das schöne Palmerston-Zitat – zunächst ausgeblendet bleiben mögen.

Auf den Karten wird Fehmarn auch als Teil von Schleswig dargestellt...
Weshalb die das HRR betreffende Ausgangsfrage mit einem herzhaften "Ja, zeitweise!" beantwortet werden sollte.

..Teil des Herzogtums Schleswig und damit Teil des Königreiches Dänemark? ...Teil der Grafschaft von Holstein und damit Teil des HRR? ...Eigengut der Grafen von Holstein, aber wurde nicht Teil von Holstein und des HRR, aber war auch nicht mehr Teil von Schleswig und von Dänemark?
Ja, das sind die Alternativen. Mich treibt in diesem Zusammanhang z.B. um, dass ich die genannten Jahreszahlen – 1231 (#3), 1326 (#4), 1636 (#5) – nicht ohne Weiteres mit einem in der Literatur genauer beschriebenen Ereignis in Verbindung bringen kann. Deshalb fände ich es gut, wenn wir gemeinsam auf die Suche nach dem Werk des erwähnten Professors gingen :winke: oder halt nach sonstigen Nachweisen.
 
Ja, das sind die Alternativen. Mich treibt in diesem Zusammanhang z.B. um, dass ich die genannten Jahreszahlen – 1231 (#3), 1326 (#4), 1636 (#5) – nicht ohne Weiteres mit einem in der Literatur genauer beschriebenen Ereignis in Verbindung bringen kann. Deshalb fände ich es gut, wenn wir gemeinsam auf die Suche nach dem Werk des erwähnten Professors gingen :winke: oder halt nach sonstigen Nachweisen.

Einiges davon ist zu klären.

1326 vereinigte Graf Gerhard III. von Holstein-Rendsburg erstmals Schleswig mit Holstein. Im selben Jahr 1326 verpflichtete sich der dänische König Wakdemar III. in der Constitutio Waldemariana, dass Schleswig nie denselben Herrn wie Dänemark haben solle. Später wurde diese Abmachung allerdings durchbrochen.

1636 bestätigte der dänische König die Zugehörigkeit Fehmarns zum Herzogtum Schleswig durch ein Gesetz.
 
Einiges davon ist zu klären.
Die Frage, welche Quellen/Literatur Du herangezogen hast, muss ich schon deswegen stellen, weil meine Lektüre Anderes ergab.

Ich beginne mit Amtmann Sarauw [1], dabei die Zeit vor des großen Waldemar Aufstieg und Fall außer Acht lassend. Der Autor hält dafür, dass Fehmarn, ebenso wie Wagrien, jedenfalls im Jahr 1225 im Besitz von Adolf IV. von Holstein war (S. 48), also eines HRR-Fürsten. Für kurze Zeit freilich nur, denn König Erich Plogpennig eroberte die Insel 1248 und gab es "seinem Bruder Christoph, der dort die bekannte Margaretha Sprenghest heirathete, zum Lehn" (S. 50). Der Begriff "abgesondertes Lehn" (S. 51) verwendet S., um zu zeigen, dass Fehmarn nicht in Dänemark inkorporiert wurde. Jedenfalls nahm um 1325 der Holsteiner Graf Johann III. ("der Milde") Fehmarn ein "und ließ sich solches nebst Laland und Falster vom neuen [dänischen] König 1326 förmlich abtreten" (S. 55). [2]

Wie ist "Abtretung" zu verstehen? Bremer [3] schreibt, der Graf sei vom dänischen König [mehr oder weniger freiwillig] "belehnt" worden. Nach Johanns Tod (1359) ging Fehmarn auf seinen Sohn Adolf VII. über, nach dessen Tod (1390) an Graf Klaus (S. 143), nach Klaus' Tod (1397) an seinen Neffen Gerhard VI. (S. 145). 1420 wurde Fehmarn von König Erich heimgesucht ("Kinder wurden ermordet, Frauen und Jungfrauen geschändet", S. 156); Adolf VIII. und seine Verbündeten besiegten Erich, und Adolf ("der gute Herzog") erhielt 1435 im Frieden zu Wordingburg u.a. "Fehmarn auf Lebenszeit" (S. 159). Schon zwei Jahre später übertrug er das "entvölkerte Fehmarn" an die Hansestadt Lübeck mit der Option, es zurückzukaufen.

Einfügung: Laut Sarauw (S. 59) wurden "die Fehmeraner ... in einer Urkunde von 1390 zu den Holsteinischen Landständen gerechnet".

Bis hierher mal. Abermalige Preisfrage: Gehörte Fehmarn beim Tode Adolfs (1459) zum HRR oder nicht?


[1] Versuch einer geschichtlichen Darstellung des politischen Verhältnisses der Insel Fehmern bis zum Jahre 1329. In: Neues Staatsbürgerliches Magazin [usw.], 2 (1834), S. 29-60
[2] Letzteres bestätigt durch Jürgen Bremer: Kurzgefasste Beschreibung und Geschichte von Schleswig-Holstein [usw.]. Oldenburg 1844, S. 126, der aber Fehmarn nicht erwähnt.
[3] Jürgen Bremer: Geschichte Schleswig-Holstein bis zum Jahre 1848, Kiel 1864, S. 127; 1342 wurde die Belehnung erneuert (S. 132).
 
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Alle Achtung für deine Recherchen! ;)

Aber - tut mir leid. So differenzierte Quellen befinden sich leider nicht in meinem Besitz. Somit kann ich nur interesiert deiner Darstellung folgen.
 
Dieter, diese "Quellen" stammen alle aus dem 19. Jh. Das kannst Du in der Regel googeln. Googlebooks und andere Online-Datenbanken, zB Stabi München oder Hathitrust usw, halten Ähnliches vor.
 
Somit kann ich nur interesiert deiner Darstellung folgen.
Oh, das reicht natürlich nicht! :winke:
Das Mindeste, was ich erwarte, ist, dass Du mich auf Fehler aufmerksam machst und schlaue Rückfragen stellst.

1636bestätigte der dänische König die Zugehörigkeit Fehmarns zum Herzogtum Schleswig durch ein Gesetz.
Dieses Gesetz wird häufig erwähnt, aber ich kenne bisher weder Original noch Übersetzung. "Bestätigen" heißt unzweideutig, dass Fehmarn schon vorher Schleswig zugeschlagen wurde – aber wann und wie?
 
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[Fortsetzung]

Das zweite verfassungsrechtliche Groß-Ereignis – nach der von Dieter erwähnten Constitutio von 1326 – ist zweifellos der Ripener Freiheitsbrief von 1460 und, in Verbindung damit, die Kieler Urkunde mit dem Kernsatz "dat se [Schleswig und Holstein] bliven ewich tosamende ungedelt". S & H bilden eine Realunion und sind gleichzeitig in Personalunion mit Dänemark verbunden. Zur Zugehörigkeit Fehmarns wird nichts gesagt.

Dreißig Jahre Jahre danach (1490) wird die Verwaltungshoheit in SH zwischen den beiden Landesherren, König Johann und Herzog Friedrich, geteilt. Zum Segeberger (oder "Königlichen") Anteil gehört auch die Insel Fehmarn. [1]

Zwei Generationen später (1544) erfolgt eine weitere Teilung: König Christian III. teilt die Regierungsgewalt über SH mit seinen Brüdern Johann und Adolf. Dabei wird dem Johann ("der Aeltere") der sogenannte "Haderslebener Anteil" zugesprochen, worin auch Fehmarn enthalten ist. [2]

Nun noch die dritte Teilung: Als Johann stirbt, wird sein Anteil 1581 zum einen dem "königlichen" Landesanteil zugeschlagen, zum anderen dem herzoglich-gottorffschen; zu Gottorff kommt insbesondere die Insel Fehmarn mit der Stadt Burg. [3]

Bei welcher Gelegenheit Fehmarn aus dem HRR herausbrach, wird nirgendwo explizit erwähnt. Eine gewichtige Stimme hierzu kommt von Georg Waitz [4], der in Bezug auf die Zusammenkunft der Landesstände in Odense (1579) schreibt, bei dieser Gelegenheit sei "zuerst ... die Insel in eine nähere Verbindung zu diesem Herzogthum [Schleswig] gebracht worden, ohne jedoch ein Teil desselben zu werden".


[1] Alexander Scharff, in Sante (Hg.), "Territorien-Ploetz", Würzburg 1964, Bd. 1, S. 416-446, hier S. 434; der Autor bezieht sich vermutlich auf Bremer (1864), S. 199 f.
[2] Scharff, S. 437 bzw. Bremer, S. 227
[3] Scharff, S. 437 bzw. Bremer, S. 239
[4] Schleswig-Holsteins Geschichte. Göttingen 1851, Bd. 2, S. 383
 
[Ergänzung]

Hypothese: Bei dem 'bestätigenden Gesetz' von 1636 könnte es sich um die revidierte Landgerichtsordnung handeln. [1] Die enthält S. 245 ff. eine Übersicht "Renovirte Landes-Matricul uber beyder Fürstenthümber Schleßwig und Holstein", und Fehmarn wird darin (S. 249) zu den "Gottorfschen Marschländern" gezählt, die zu Schleswig gehören.


[1] Lesbar (und herunterladbar) unter MDZ-Reader | Band | Unser von Gottes Gnaden Christian des Vierdten zu Dennemarcken ... König ... und von desselben Gnaden Friederichen ... beyder Hertzogen zu Schleßwig Hollstein ... Revidirte Landgerichts-Ordnung ... / Christian <IV., Dänemark, K
 
Klingt plausibel.

In früheren Zeiten ist auch immer damit zu rechnen, dass man eine Klärung so lange vermied, bis es sich im eigenen Sinne lösen ließ. Das kann dann auch heute noch schwer zu durchschauen sein.
 
Hier noch der Link zu dem von JSchmidt erwähnten Aufsatz von Sarauw:

[1] Versuch einer geschichtlichen Darstellung des politischen Verhältnisses der Insel Fehmern bis zum Jahre 1329. In: Neues Staatsbürgerliches Magazin [usw.], 2 (1834), S. 29-60

MDZ-Reader | Band | Neues staatsbürgerliches Magazin mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg / Falck, Niels Nikolaus


Es gab im Jahre 811 einen Vertrag zwischen Dänemark und dem Frankenreich, der den Fluß Eider als Grenze festlegte. Fehmarn ist zwar eine Insel, aber geographisch eindeutig südlich der Eider, so dass ich vermute, dass sie dann ab 811 zum Frankenreich gehört hat. Ich konnte den Vertragstext auf die Schnelle nicht finden, aber möglicherweise steht da auch etwas zu Fehmarn.
 
811 gehörte Fehmarn ganz sicher nicht zum Reich. Es gehörte zum Gebiet der Abodriten. (Die Wagrier sind erst zu 967 von Widukind von Corvey erwähnt.)
 
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