Dies ist auf die vermeintlichen Traditionen des antiken Kaisertums rückbezogen und durch selbige legitimiert.
M. E. nach trifft es das genau. Der Begriff "Imperium" und noch viel mehr der Begriff "Kaiser" ist korrekterweise nur im Zusammenhang mit einer reklamierten Nachfolge des "Römischen Imperiums" resp. des "Römischen Kasiserreichs" anwendbar. Dies geht schon aus der Bezeichnung in den romanischen Sprachen - imperatore, empereur, emperador etc. - für den Kaiser des HRR hervor. Bereits der deutsche König (der in West- und Mitteleuropa als einziger Anspruch auf den Kaisertitel hatte) wurde deshalb gelegentlich als "römischer König" bezeichnet. Der Anspruch des HRR, Nachfolger des Karolingerreichs und damit zum Mindesten auch Nachfolger des weströmischen Kaiserreichs zu sein, wurde in West- und Mitteleuropa allgemein akzeptiert, was auch in der Translationstheorie, der mittelalterlichen Lehre von der Übertragung des Kaisertums von den Römern auf die fränkischen Könige und später auf die "deutschen" Könige zum Ausdruck kommt. Auch Napoleon, der sich selbst zum "Kaiser der Franzosen" krönte, berief sich noch auf die karolingische und die römische Kaisertradition.
Auch die russischen Zaren - der slawische Begriff von "Kaiser" (das Wort Zar kommt von Cäsar) - erklärten sich nicht einfach so zum Kaiser, sondern reklamierten für sich die Nachfolge des Kaiserreichs Byzanz (also Ostrom). Der erste russische Grossfürst, der sich "Zar" nannte (Iwan III) tat dies erst nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels. Zudem war er mit Sofia Palaiologa, einer Nichte des letzten byzantinischen und damit "oströmischen" Kaisers (dessen Titel allerdings "basileus" war) verheiratet. Also auch hier taucht der Begriff "Kaiser" und damit, im weiteren Sinn, "Imperator", im Zusammenhang mit dem Anspruch einer "Rechtsfolge" des römischen Imperiums auf. Dies gilt im Übrigen auch für die kurzlebigen Zarenreiche von Serbien und Bulgarien (Byzanz war Bulgarien kurzzeitig tributpflichtig), deren Herrscher ihre Titel immer in einen Zusammenhang zu Byzanz (und damit zu Ostrom) setzten. Sogar Mehmed II der Eroberer sah sich nach dem Fall von Byzanz noch als "Kayser-i Rum", als "Kaiser der Römer" und reihte sich so ganz gewollt in die Kontinuität des Reiches der Rum-Seldschuken (der Begriff meint "Rom"-Seldschuken) und des Oströmischen Reiches.
Wenn man von anderen Gross-Herrschern und Machthabern über verschiedene Ethnien als "Kaiser" spricht, die keinen Bezug zum Römischen Imperium haben resp. in Anspruch nehmen, so handelt es sich eben um eine Verlegenheits-Übersetzung, die eigentlich nicht korrekt ist. Der chinesische "Kaisertitel" "huangdi" meint übersetzt soviel wie "Sohn des Himmels", die Übersetzung des persischen "Schah" ist nichts weiter als "Herrscher" (Padischah ist eine Ableitung von Schah) und auch die arabische Übersetzung von "Sultan" ergibt eigentlich auch nur "Herrscher". Der indische Grossmogul hat mit "Kaiser" auch nichts zu tun, der Titel leitet sich vom persischen "mughul" ab und bedeutet "Mongole". Der Titel des "Kaisers" von Äthiopien war Negus Negesti und bedeutet "König der Könige" - wobei ich annehme, dass auch "König" nicht unbedingt eine genaue Übersetzung darstellt. Was der "Kaiser" von Japan, der "Tenno", tatsächlich für ein Titel ist, weiss ich nicht und müsste dies nachschauen. Ich bin aber überzeugt, dass auch hier "Kaiser" nur eine Verlegenheitsübersetzung ist.
Die neuzeitlichen Titel wie "Kaiser von Brasilien", "Kaiser von Mexico" oder Bokassa, der Kaiser von Zentralafrika, sind moderne Konstrukte, die man zum Verständnis der Titel "Kaiser", "Imperator" und "Zar" nicht berücksichtigen muss.