Beziehungen zu den Festlandsachsen?

Maxi OS

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Hallo,

Mich würde interessieren wie lange sich die Sachsen, die im Zuge der angelsächsischen Landnahme auf die britischen Inseln übersiedelten und die Altsachsen des Festlandes sich als ein gemeinsames Volk sahen.

Die Angelsachsen und auch die Festlandsachsen bekämpften sich ja auch untereinander sehr stark, aber existierte ein Zusammengehörigkeitsgefühl? Ich komme darauf, da ich mal gelesen hatte, dass die Gallier während der gallischen Kriege teilweise von keltischen Stämmen aus Britannien unterstützt wurden.

Da habe ich mich gefragt wie die Verbindung zwischen den Sachsen Englands und den Festlandsachsen beispielsweise während der Sachsenkriege Karls des Großen ab 772 n. Chr. war. Zu der Zeit waren meine ich auch noch viele Angelsachsen heidnisch, oder irre ich mich da?

Ich weiß, dass die angelsächsischen Königreiche sich ständig untereinander bekämpften, aber gab es dennoch noch intensive Beziehungen zu den Festlandsachsen?

Gruß

Maxi
 
Die Angelsachsen waren zur Zeit Karls des Großen bereits weitestgehend christianisiert. Einige der wichtigsten Gelehrten an Karls Hof waren Angelsachsen und das, was wir als iro-schottische Mission in Dtld. fassen, wurde vielfach von agelsächischen Mönchen getragen. Widukind von Corvey allerdings wusste noch vage, dass es sein Stamm war, der auch nach Britannien ausgewandert und dort in Händel mit Briten (Brettis) Scoten (Scotti) und Pikten (Pehtti) verstrickt waren.
 
Als "ein Volk" kann man sie schon kurz nach der Auswanderung nicht betrachten. Die Ursprungssage der Angelsachsen findet sich -auseinanderentwickelt und auf Thüringer und nicht die Briten bezogen- auch für die 'Altsachsen'. Und Sagen um Hengist und Horsa haben sich auch in Norddeutschland erhalten. Konkretere Informationen hatte man nicht. Mönche wie Widukind von Corvey wussten eher nur was Beda schrieb und dass die Sprachen bis in ottonische Zeit untereinander verständlich waren, tat ein Übriges als Hinweis. Dazu war Edgitha, die Frau Otto des Großen, Angelsächsin. Das mag dann auch zu einer entsprechenden Betonung dieser Beziehung geführt habe. Da spricht dann Bände, wie wenig Widukind schreibt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Mathilde, der er sein Werk widmete die Tochter der zweiten Frau Ottos, Kaiserin Adelheid, war. Edgitha starb 946, die Hochzeit mit Adelheid war 951, Widukind soll 925 oder 933-935 geboren sein, ab 967 geschrieben haben, Mathilde wurde 954 geboren.

Dennoch gab es keinen Grund, viel zu verschweigen.

Zu ergänzen ist, dass einige Angelsachsen ausdrücklich die verwandten Altsachsen bekehren wollten. Und das bringt uns zu noch einem Hinweis: Die Namen Sachsen und Altsachsen könnten eher als Sammelbezeichnung verstanden werden.

Jedenfalls hatte Widukind -vielleicht außer der generellen Information, dass die Auswanderung stattgefunden hat- keine direkte Kunde mehr.

(Auch Sagen der Angeln waren mitgewandert und in England angesiedelt worden, aber auch noch im Ursprungsgebiet vorhanden. Aufgefallen ist das damals ebenso wenig wie bei den schon erwähnten Sagen.)
 
Eine ganze Weile muß es ja Angeln und Sachsen getrennt gegeben haben. Das hat wohl Beda der Einfachheit halber zusammengefügt (Historia Ecclesiastica Gentis Anglorum).

Was mich viel mehr wundert, wie weit doch die englischen Angeln und Sachsen bei ihrer Christianisierung schon waren. Von irischen Mönchen schon auf den rechten Weg gebracht wurde vom Heiligen Augustin nochmals im Sinne Roms christianisiert. Was hat Karl der Große nur falsch gemacht, daß er ähnliche Sachsen 46 Jahre lang zur Christianisierung mit Krieg überzog. Diese Missionierung gipfelte dann in Verden an der Aller auf schauerliche Weise.
 
Mich würde interessieren wie lange sich die Sachsen, ...... als ein gemeinsames Volk sahen.

Zunächst ist der Begriff "Volk" in diesem Kontext irreführend. Sofern "Volk" als Synonym für "Stamm" benutzt wird, ist es akzeptabel und auch sofern "Volk" im allgemeinen Sinne als Gruppe von Menschen betrachtet wird.

In diesem Sinne sind Stämme soziale Gebilde, die deutlich besser als "Gesellschaften" zu bezeichnen sind.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinschaft

Zumal die soziale Interaktion damit angemessener beschrieben wird. Und diese soziale Interaktion der Individuen ist dann auch der Ort bzw. Prozess, an dem den kulturellen Objekten der Angel-Sachsen eine Bedeutung zugeschrieben wird (in Anlehnung an Geertz).

Und das erklärt auch die Gemeinsamkeiten, bedingt durch die mythische Abstammung von "Odin", und auch die zunehmende kulturelle Unterschiedlichkeit der Angel-Sachsen zu den Festlands-Sachsen durch Prozesse der Assimilation.

Gleichzeitig entstehen durch vielfältige Prozesse größere politische Einheiten, die als "Königreiche" politische bzw. damit staatliche Strukturen abbilden.

Beide Bereiche, die Reproduktion der sozialen Beziehungen und die Strukturierung der Machtstrukturen in den Stämmen stehen dabei in einem engen Verhältnis.

Insofern ist der Begriff des "Volks" eine wenig hilfreiche Terminologie für die politische Anthropologie der Angel-Sachsen.

Historisch ist der Prozess, der ab ca. 400 auf der Insel ablief deutlich komplexer, wie bisher dargestellt. Das englische Wiki ist deutlich besser und umfangreicher wie die entsprechende deutsche Seite. Also für einen differenzierten Zugang vgl. Link zum englischen Wiki und die entsprechenden Literaturverweise auf die durchaus nicht einheitliche Interpretation, was historisch sich ereignet hat.

https://en.wikipedia.org/wiki/Anglo-Saxons
 
Zuletzt bearbeitet:
@ thanepower: In zweierlei Hinsicht muss ich widersprechen:

Bekanntlich bin ich kein großer Freund der PC. Aber der Terminus 'Stamm' ist doch nun wirklich so definiert, dass er eine chauvinistische Sichtweise auf das so angesprochene Objekt bedingt. Zudem steht dabei immer die gemeinsame Abstammung, also eine Fiktion im Vordergrund. Soweit so gut. Aber das mit den 'Gesellschaften' beruht auf einer unzulässigen Verengung auf einen Aspekt, wobei mir einem Zirkelschluß argumentiert wird, also auf zwei Fehlschlüssen.

Daher bevorzuge ich die Bezeichnung Ethnie, die gerade durch die Problematik der Definition geprägt ist. Aber gut, die Konsequenzen bleiben sich prinzipiell gleich.

Dann ist hier nicht die Frage nach Ethnogenese, sondern die nach 'Wissen' über die Auswanderung und nach eventuellen Konsequenzen daraus gestellt worden.

Daher kann die Abstammung von Odin nicht auf das Festland übertragen werden, zumal in dieser Zeit nur die Abstammung von Adelsgeschlechtern thematisiert wird. (Wenn ich es richtig im Kopf habe, bis auf zwei hier nicht relevante Ausnahmen. Insbesondere an dem Ersatz von Ingvi und Co. durch Wut, Wille und Weh ist der Mythos zum Märchen hin verschoben, wo es nicht nur um den Adel geht.)

@ Topic:
Als wichtigeren Hinweis betrachte ich den Abbruch der sächsischen Materiellen Kultur auf dem Kontinent in Zusammenhang mit der Auswanderung oder besser mit ihren Folgen. Denn eine gewisse Zeit lang ist noch eine gegenseitige Beeinflussung zu beobachten, die in diesem Fall als Zeichen der Herkunft genommen werden kann.

Danach haben wir bis zur Zeit Karls des Großen keine wirklichen Hinweise auf die Ethnizität im fraglichen Bereich. Denn der Name 'Sachsen' wird in den Quellen als Sammelbegriff für die in Westfalen und Niedersachsen lebenden germanischsprachigen Heiden benutzt. Wir wissen nicht, ob dies auch von diesen selbst als Sammelbegriff gesehen wurde, ob es ein Pars pro toto war, oder gar nur von den vorherigen Bewohnern übernommen wurde. Das letzte Extrem ist allerdings wegen der schon genannten Sagentradition bei den festländischen Sachsen und Angeln eher unwahrscheinlich. Für einen Teil der Bevölkerung kann ein mehrfacher Wechsel zwischen dem Leben als 'Franken' und dem als 'Sachsen' angenommen werden. Auch dort kann nicht gesagt werden, wie der Zusammenhang zwischen Materieller Kultur einerseits und Gesellschaft, Religion und Zusammengehörigkeitsgefühl andererseits war. Allenfalls Zusammenhänge mit der Behauptung einer Fränkischen Herrschaft über "Sachsen" durch einige Quellen kann man wohl vermuten, ohne genaueres sagen zu können.

Zu den Vorgängen in Britannien hat thanepower schon Entscheidendes gesagt.

Damit haben wir in ottonischer Zeit vollkommen andere Gebilde vor uns. Lediglich im Bereich der Sage ist noch ganz vage eine gemeinsame Sagentradition zu erkennen, die den Zeitgenossen so nicht mehr bewusst gewesen sein muss. Eine 'Erinnerung' an den generellen Vorgang der Auswanderung mag auch jenseits der Schriftquellen schon aufgrund der Ähnlichkeit der Sprachen erhalten blieben sein. Davon zeugen vielleicht auch die Sagen von Hengist und Horsa in Norddeutschland und Jütland, die allerdings spät überliefert sind und daher -wieder jenseits der bloßen Tatsache- besser außer Betracht bleiben. (Die Finnsburg-Sage wiederum kann kaum für die Auswanderung in Anspruch genommen werden, obwohl das Gemetzel in seiner Ausführung eine dritte Parallele zum Gemetzel an den Briten und Thüringen in den oben erwähnten Ursprungssagen bildet.)

Der Rest war wohl gelehrte Entnahme aus Bedas Schriften, die auch auf dem Kontinent verbreitet waren.

Die Frage nach den Konsequenzen ist noch nicht beantwortet. Es wurde einst angedeutet, dass aufgrund der Migration Handel und Conubium keinen Schranken unterworfen war. Doch scheint dies generell weniger problematisch gewesen sein, wie die Beziehungen zu den Dänen in der Zeit der Sachsenkriege zeigen.

Fraglich ist also, ob das Recht Spuren erhalten hat. Etwa eine gegenseitige Ausdehnung des besonderen Schutzes als Stammesangehörige.

Eher wird es sich um eine liebgewonnene Geschichte gehandelt haben, aus der sich -auch mangels Reibungskräften- ein gewisses Wohlverhalten ergab. Doch auch das ist Vermutung.

Daher gehe ich davon aus, dass es nicht viel mehr zu sagen gab als Widukind festhielt. Vielleicht mit der Einschränkung, dass er vielleicht zu heidnische Überlieferungen nicht weiter verbreiten wollte.

@ Gangflow: Karl hat wohl in erster Linie falsch gemacht, dass er ein paar Jahrhunderte gewartet hat, um dann vollkommen anders sozialisierte Heiden militärisch zu unterwerfen um seine Herrschaft zu erweitern und sie dann zu Lippenbekenntnissen zu einem anderen Glauben zu zwingen. Eine sinnvolle Frage wäre, warum es dort zuvor keine Bekehrung gab. Dann wird man schnell feststellen, dass alle Versuche eine Zentralgewalt zu finden auf dem Kontinent im Gegensatz zu den Vorgängen auf der Insel fehlschlugen. Dadurch waren die durchaus stattgefundenen Belehrungen nicht dauerhaft, bzw. stabil.
 
Bekanntlich bin ich kein großer Freund der PC. Aber der Terminus 'Stamm' ist doch nun wirklich so definiert, dass er eine chauvinistische Sichtweise auf das so angesprochene Objekt bedingt.

Das hat absolut nichts mit PC zu tun, sondern der Begriff "Stamm" oder "Tribe" ist ein gängiges Konstrukt in der Historiographie, der Politologie, der Soziologie oder auch der Ethnologie.

Beliebige bekannte Beispiele:
Politologie: Fukuyama (The Origins of Political Order) benutzt dieses Konstrukt, "tribe" respektive "Stammin seinem Buch 149 Mal.

Historiographie: Wickham (The Inheritance of Rome) verwendet den Begriff 41 Mal. Ähnlich Heather (Empires and Babarians) gleich 33 Mal.

Ethnologie: Geertz (The Interpretation of Cultures) benutzt den Begriff "Tribes" 37 Mal. Und er ist ein zentraler Referenzpunkt für die moderne Ethnologie.

Soziologie: Mann (The Dark Side of Democracy) 24 Mal und Polanyi (The Great Transformation) auch 21 Mal

Und diese Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen.

Dann ist hier nicht die Frage nach Ethnogenese, sondern die nach 'Wissen' über die Auswanderung und nach eventuellen Konsequenzen daraus gestellt worden.

Der Prozess ist aber zentral für das Verständnis der Produktion von kulturellen Werten.

Die moderne Ethnologie, wie beispielsweise Geertz, stellt die Interpretation der kulturellen Werte durch die Mitglieder einer Gruppe, eines Clans, eines Stamms etc. in den Vordergrund. In diesem Sinne gibt es kein Wissen oder gemeinsam geteilte kulturelle Werte, die invariabel sind. Sie unterliegen einer diskursiven Ausdeutung.

Somit können sich kulturelle Interpretationen, die zu einem gedachten Ausgangszeit des Beginns der Trennung liegen, noch sehr ähnlich sein. Mit der Länge der Trennung unterliegen sie vielfältigen Einflüssen und werden diskursiv reinterpretiert.

Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Angel-Sachsen und Sachsen auf dem europäischen Festland sich in ihrem Verständnis von kulturellen Werten und Welten mit zunehmender Zeit unterschieden haben.
 
Was aber eben nicht das Thema ist, wenn ich die Frage richtig verstanden habe. Aber gut, dass mag an der eher unreflektierten Benutzung der entsprechenden Begriffe in der Frage liegen.

Und kulturelle Werte sowie Wissen sind einzig und allein invariabel sag- und formulierbar. Ändern sie sich, sind es keine Werte, bzw. kein Wissen mehr. Dass sie sich zu jedem Zeitpunkt in einer Entwicklung befinden, wodurch sie nur Momentaufnahme sind, ist etwas anderes. Auch die Flexibilität des Menschlichen Denkens ändert nichts daran, dass wir lediglich Äußerungen vor uns haben. Wieder ändert es wenig an den Konsequenzen.

Im Übrigen ging es mir eher darum, dass Du vor dem Ei beginnst. Allerdings sehe ich gerade, dass ich den ersten Absatz der Frage nicht berücksichtigt habe. Da trifft Deine Aussage natürlich.

Dass der Begriff Stamm benutzt wird, ändert nicht die Definition. Und mit meiner Bemerkung habe ich doch ausdrücklich gesagt, dass ich nicht auf PC abstelle, sondern auf die Definition. Hier ist viel lamentiert worden, ohne dass es geändert worden wäre. Teils werden sogar unreflektiert verschiedene (!) antike Begriffe damit wiedergegeben. Der Unterschied zu Ethnie liegt in der Distanz zum weniger natürlich wirkenden Namen und in der Diskussion um den Begriff. Ohne Angabe in welchem Sinn Ethnie benutzt wird, bleibt natürlich auch einiges unklar, wenn er nicht ganz allgemein benutzt wird.

Bei Stamm steht, wenn keine Abweichung gemacht wird immer das 'primitiv' im Raum. Zudem ist ein Stamm die Unterabteilung eines Volkes, keine eigene Ethnie. Von wem sind jetzt die Sachsen eine Unterabteilung? Ethnie ist da wieder neutral. Ich verweise da auf Morton Herbert Fried, der darstellte, dass der Begriff unbrauchbar ist.

Aus der Verlegenheit heraus, dass es bisher keine brauchbare Definition gibt, wird er weiter benutzt. Auch da ist wieder Ethnie der bessere Ausdruck, da er auch für den weniger damit befassten Leser nach Definition schreit. Ich hatte schon einmal eine diesbezügliche Diskussion im Forum angeregt, was aber nicht aufgenommen wurde.

Hinzu kommt, dass damit oft der Stamm als soziale Organisationsform verwechselt wird. Nun kann man gut sagen, dass dies bloß ein anderer Aspekt ist. Aber die Vermengung ist doch logisch nicht zulässig. Denn Stamm beschriebe dann 2 nahe beieinander liegende unterschiedliche Erscheinungen, die in der Wissenschaft zu trennen sind. Einige Autoren schlängeln sich sogar um dieses Problem herum, ohne zu merken, dass hier eine der Ursachen ihrer Probleme liegt.

Auch die Rede von Gesellschaften ist mir aus diesem Grund etwas 'unseriös'. Wir können Ethnien natüich immer als Gesellschaften beschreiben. Und angesichts der Problematik der Begriffe 'Stamm' und 'Ethnie' - da hat ja bald jeder Ethnologe eine eigene Definition, wie mitunter gesagt wurde - mag eine solche Betrachtung weiter führen. Nur ist es eben kein Ersatz für die Bezeichnung für jenes Gemeinwesen, dass der Mensch meist als natürlich betrachtet und in Ausdrücken wie 'die Athener' oder auch 'wir Westfalen' zum Ausdruck kommt. Heute haben wir da ein Nebeneinander vieler Zugehörigkeiten nur einer Person, die die Konzentration auf 'eine Nation' schon als absurd erscheinen lassen. Dennoch bildeten und bilden solche Bezüglichkeiten (Verlegenheitbegriff, weil ich hier nicht durch die eine oder andere Formulierung nicht noch eine Diskussion anfangen möchte.) für die Mehrheit der Menschheit einen Teil der Erklärung der Welt.

Ja, es bedeutet für viele Leid, wenn sie diese Bezüglichkeiten nicht leben dürfen, was sich Populisten zu nutze machen. Doch muss dies klar von der sog. Identitären Bewegung geschieden werden.

Eben aufgrund der Entwicklung und der je nur momentan invariablen Werte ergibt sich ein Unterschied hierzu. U.a. daher habe ich oben auf der korrekten, wenn auch kleinteilige und an die Schildkröte des Achill erinnernden Argumentation bestanden. Denn dies zeigt den Denkfehler auf, dass Ethnizität in Werten und Abgrenzungen feststeht.

Und dies ist gleichzeitig eine Kritik an der reinen Lehre der Ethnogenese. Denn trotz aller Veränderungen gibt es immer je aktuelle Werte und Erklärungen. Wir können diese nicht immer fassen. Aber daraus ist nicht zu schließen, dass es sie nicht gab.

Darum ist in Bezug auf den Thread zu konstatieren, dass die SAchsen in ottonischer Zeit ohne Verbindung zu den Sachsen des 5. Jahrhunderts waren. Dennoch kann es sich um dasselbe 'Volk' handeln, um mit dem Threadersteller zu sprechen. Dass man nicht zweimal in den selben Fluss steigen kann ist eben so wahr wie falsch, um das Problem Zenons nun endgültig überzustrapazieren.

Es.wurden die Beziehungen von Inselsachsen und Altsachsen in karolingische Zeit durch die angelsächsische Mission und später in ottonischer Zeit durch ein gewisses neues sächsisches Selbstbewusstsein und evt. die erwähnte Heirat neu aktualisiert.

Und die Frage nach den älteren Beziehungen ist eben mangels Quellen nicht zu beantworten.
 
Erst einmal vielen Dank für die Antworten, ich schätze ich habe im Eröffnungspost das Wort "Volk" wirklich ein wenig unreflektiert benutzt, hatte aber die einzelnen Definitionen nicht so vor Augen.
Es ging mir auch vor allem darum, wie lange sich die Sachsen Englands ihrer "Herkunft" bewusst waren, und in den Festlandsachsen "Verwandte" sahen (oder überhaupt je gesehen haben) und diese wurde beantwortet.
 
Es wäre mal interessant zu schauen, inwieweit sich in England im staufisch-angevinischen Konflikt, die Angevinen waren ja mit den Welfen verschwägert, Heinrich der Löwe teilweise im "englischen" Exil*, propgandistisch der sächsischen Herkunft erinnerte.



*physisch befand er sich dabei in der Normandie.
 
Der Angelsachse Bonifatius hat wahrscheinlich bei den Angeln in Mitteldeutschland missioniert - ohne dies auch nur zu vermerken.

Die Angelsachsen hatten eigenständige Benennungen für Stände und Adelstitel, die auf dem Festland nicht geteilt wurden, z.B. thegn, ealderman, sheriff ...

In der spärlich überlieferten Mythologie gibt es nur wenige Übereinstimmungen. Altsächsisch Saxnot und altenglisch Saxneat waren vielleicht identische Stammesgötter, vielleicht aber auch nicht. Der in der Karolingerzeit für die Altsachsen überlieferte Kult um Irminsul, scheint bei den Angelsachsen unbekannt gewesen zu sein.
 
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Ich fliege immer wieder raus. Daher ganz kurz zu Maglor.

Altsächsische Titel sind nicht überliefert. (Degen kommt allerdings im Heliand vor, z.B. für die Jünger. Es scheint die Bezeichnung für Gefolgsmann zu sein.) Die Irminsul kann durchaus ursprünglich fränkisch gewesen sein. Wenn es tatsächlich in Schlagweite von Marsberg lag, war sie jedenfalls erst spät sächsisch.
 
Ich meine, irgendwo mal gelesen zu haben, dass sich Kontakte zum Kontinent bei den Angeln und wohl auch bei den Jüten länger und stärker gehalten zu haben scheinen, als bei den Sachsen.

Wobei die Tatsache, dass die Unterscheidung zwischen Angeln, Sachsen und Jüten auf der britischen Insel schon bald keine allzu große Bedeutung mehr hatte, dagegen spricht, dass man sich sonderlich stark mit den "Zurückgebliebenen" im heutigen Norddeutschland identifizierte. Das ist mit den geografischen Gegebenheiten und den hier geführten Diskussionen zu Stammes-, Volks- oder was-auch-immer-Bewusstsein auch gut erklärbar.
 
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